OGH vom 14.07.1988, 6Ob642/88

OGH vom 14.07.1988, 6Ob642/88

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Schlosser, Dr. Angst und Dr. Redl als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hans E***, Gastwirt, Ladis 89, vertreten durch Dr. Hermann Schöpf, Rechtsanwalt in Landeck, wider die beklagte Partei Alexander H***, Landwirt, Ladis 85, vertreten durch Dr. Walter Lenfeld, Rechtsanwalt in Landeck, wegen Unterlassung (Streitwert 30.000 S), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom , GZ 1 a R 49/88-40, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Landeck vom , GZ C 65/87-33, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der außerordentlichen Revision wird stattgegeben.

Das angefochtene Berufungsurteil wird aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind wie die Kosten des Berufungsverfahrens zu behandeln.

Text

Begründung:

Der Kläger hatte im Jahre 1984 in einer Zwangsversteigerung das Eigentum an einer im Zentrum einer bekannten Fremdenverkehrsgemeinde gelegenen Hotelliegenschaft erworben; auf dem Gutsbestand dieser Liegenschaft führt er einen gastgewerblichen Betrieb. Die asphaltierte Zufahrt zum Hotelgebäude führt vom öffentlichen Straßengrund zunächst über agrargemeinschaftlichen Grund und dann über den Eigengrund des Klägers.

Der Beklagte hat im Jahre 1986 den landwirtschaftlichen Betrieb seiner Eltern übernommen. Zu diesem gehören unter anderem ein materieller Anteil an einem mehrere Jahrhunderte alten Stallgebäude sowie ein kleines Grundstück, das zwischen dem Grundstück mit dem Stallgebäude und dem Grund des Klägers liegt. Zwischen dem Grundstück mit dem Stallgebäude und den öffentlichen Verkehrsflächen liegt im Norden und Osten jeweils agrargemeinschaftlicher Grund; über diesen führt eine steil ansteigende geschotterte Zufahrt zum Stallgebäude. Der vom Beklagten landwirtschaftlich genutzte Grund liegt einige Meter höher als der Grund der Hotelliegenschaft. Ein nahezu senkrechter felsiger Abhang bildet die Geländestufe zwischen dem Hotelgrund des Klägers und dem Gelände mit der geschotterten Zufahrt und dem Stallgebäude.

Die Eltern des Beklagten hatten auf dem an den Hotelgrund angrenzenden agrargemeinschaftlichen Grund unmittelbar am Felsabhang eine Jauchengrube unterhalten. Aus dieser war Jauche in das felsige Gestein eingesickert und an der der Hotelliegenschaft zugekehrten Seite ausgetreten. Dieser Umstand war Gegenstand eines vom Kläger gegen die Eltern des Beklagten im Jahre 1986 klageweise verfolgten Unterlassungsanspruches. In diesem Rechtsstreit schloß der Kläger mit den Eltern des Beklagten am einen verfahrensbeendenden gerichtlichen Vergleich. Nach dem ersten Punkt dieses Vergleiches verpflichteten sich die Eltern des Beklagten "als außerbücherliche Eigentümer der....." (agrargemeinschaftlichen) "......Gp 120 KG ....bzw. Benützer der auf Gp 120 errichteten Jauchengrube" diese bis spätestens "innen fach- und sachgerecht abzudichten oder ab die Jauchengrube komplett entleert zu halten". Die weiteren Vergleichspunkte lauten:

"2. Für den Fall, daß, obwohl die Jauchengrube leer bzw. fach- und sachgerecht abgedichtet ist, weiterhin Jauche oder mit Jauche versetztes Wasser aus dem Erdreich bzw. Fels austritt, geht dies nicht zu Lasten der Beklagten.

3. Der Kläger verpflichtet sich, entlang der südöstlichen Grundgrenze der Gp 123 eine Drainage zu errichten.

4. Die Beklagten erklären sich damit einverstanden, daß die nordwestliche Außenwand der Jauchengrube auf Kosten des Klägers verkleidet werden kann, und zwar mit Baustoffen (Naturstein oder Holz)."

Der Beklagte hat als Übernehmer des landwirtschaftlichen Betriebes seiner Eltern im September 1986 eine neue Düngerstätte errichtet und die unmittelbar an der Grundgrenze über dem Felsabfall gelegene, Vergleichsgegenstand gewesene Jauchengrube stillgelegt. Der Einstiegdeckel dieser etwa 6 m langen und 2,6 m breiten Grube ist allerdings nicht dicht, sodaß dort Niederschlags- und Schmelzwässer eindringen können; der Austritt solcher, mit Jauche vermengter Wässer aus dem Grundablauf der Grube ist in geringfügigem Ausmaß möglich.

Die vom Beklagten im Herbst 1986 errichtete neue Düngerstätte befindet sich zwischen dem Stallgebäude und der geschotterten Zufahrt auf agrargemeinschaftlichem Grund, wo die Eltern des Beklagten bereits im Jahre 1934 eine Düngerstätte errichtet hatten. Mit Zustimmung der Agrarbehörde baute der Beklagte diese aus, vertiefte sie und führte eine Jauchengrube aus, die über einen Grundablaß entleert werden kann. Sie ist für den Mist von sechs Großvieheinheiten dimensioniert. Sie ist dicht. Sie liegt von der Grundgrenze des Klägers ungefähr 9 m entfernt.

Am trug der Bürgermeister dem Beklagten aufgrund folgender bei einem Augenschein vom getroffener Feststellungen bescheidmäßig die Mistbeseitigung und Reinigung der Gemeindestraße auf:

"Die Mistlege ist derart von Mist überfüllt, daß der Mist bereits über die Umrandung der Mistlege auf öffentliches Gut übertritt. Der Mist wird durch Schneefall, Regen und Tauwetter aufgeweicht und läuft als Jauche über öffentliches Gut und die Gemeindestraße in den Ortskanal. Die Jauche verursacht eine starke Verschmutzung der Gemeindestraße und als Folge eine Belästigung der Anrainer."

Nach der Zustellung dieses gemeindeamtlichen Bescheides hat der Beklagte die Mauerkrone seiner neuen Düngerstätte im Bereich des Verbindungsganges zum Stall aufbetoniert.

Von der Mistlege des Eigentümers des zweiten materiellen Anteiles am Stallgebäude kann nach der geländemäßigen Lage keine Verunreinigung auf den Grund des Klägers gelangen.

Der Beklagte hielt im Winter 1986/87 in seinem Stall vier Großvieh- und fünf Jungvieheinheiten. Mitte Dezember 1986 entleerte er die neue Jauchengrube völlig. Dann füllte er die Mistlege wieder mit Stallmist. Im Winter 1986/87 war die Düngerstätte des Beklagten zumindest teilweise überfüllt, sodaß Jauche über den geschotterten Zufahrtsweg abgeronnen ist.

Bei einer Verschmutzung des öffentlichen Weges können Fahrzeuge im Winter bei Schnee von der Düngerstätte des Beklagten abgeflossene Jauche auf das Grundstück des Klägers "transportieren". Im Winter 1987 trat, abgesehen vom Ausfluß aus dem Rohr unterhalb der stillgelegten Düngerstätte, aus dem Fels keine Jauche aus, weiter nordwestlich trat allerdings Jauche aus dem Hang bzw. Fels und gelangte etwa ab 20. Jänner in der weiteren Folge auf die Hotelzufahrt und den Hotelparkplatz bis zum Hoteleingang des Klägers. Durch den Jauchenaustritt kam es im Winter 1987 zeitweilig zu starken Geruchsbelästigungen.

Außer diesem im Rechtsmittelverfahren unbekämpft gebliebenen Sachverhalt traf das Erstgericht noch folgende vom Kläger in seiner Berufung teils als unvollständig und teils als unrichtig gerügte Feststellungen:

Eine Beschüttung von Düngerstätten in einem solchen Übermaß, daß Mist über die Begrenzungsmauer abfällt, ist in der Gemeinde, in der das Hotel des Klägers und das Stallgebäude stehen, an dem den Beklagten ein materieller Anteil gehört, nicht üblich. Im Falle einer Beschüttung der Düngerstätte über die Höhe der Begrenzungsmauer, wie dies der Beklagte zuließ, gelangen Miststoffe nach Verflüssigung durch natürlichen Niederschlag (Schmelzwässer oder starken Regen) als Jauchenwässer auf das anschließende abschüssige Gelände der geschotterten Zufahrt und rinnen entweder bis zu einem Straßeneinlauf des Ortskanals oder versickern im Erdreich. Oberflächlich kann Jauche aus der im Herbst 1986 neu ausgebauten Düngerstätte des Beklagten nicht auf das Grundstück des Klägers gelangen. Daß Jauchenaustritte aus dem Erdreich im Winter 1987 oberflächlich bis vor den Eingang des vom Kläger betriebenen Hotels gelangten, wäre durch eine Drainage im Sinne des Punktes 3 des am geschlossenen Vergleiches zu unterbinden gewesen.

In seiner am angebrachten Klage behauptete der

Kläger, daß Abwässer aus der vom Beklagten auf dem

agrargemeinschaftlichen Grund neu ausgebauten Düngerstätte, sei es

wegen nicht fachgerechter Ausführung der Grube, sei es wegen

übermäßiger Beschüttung, sowohl Hotelgrund als auch Teile

öffentlichen Wegegrundes, der bei der Zufahrt zum Hotel befahren

werde, verschmutzten und dadurch sowie durch unzumutbare

Geruchsbelästigung den Hotelbetrieb beeinträchtigten. Diesen

grenzüberschreitenden Abwässerfluß wertete der Kläger als

"unzulässige Immissionen......, die als unmittelbare Zuleitung

anzusehen" seien. Er stellte das Begehren, den Beklagten schuldig zu

erkennen, "die von der auf Gp 120 KG ..... errichteten Mistlege

ausgehenden Abwasserimmissionen, die das Grundstück des Klägers

Gp 123 KG ..... erreichen, zu unterlassen". Der Kläger stellte in

der Folge ausdrücklich klar, daß die Jauchengrube, die Gegenstand des mit Vergleich beendeten vorangegangenen Rechtsstreites gewesen ist, nicht Streitgegenstand des anhängigen Prozesses sein sollte. Der Kläger erachtete den Beklagten als Betreiber einer Düngerstätte auf einem von ihm im Nachbarschaftsbereich des Hotelgrundes genutzten Grund für den Unterlassungsanspruch passiv legitimiert. Der Beklagte erhob die Prozeßeinrede der rechtskräftig entschiedenen (verglichenen) Streitsache, weil sich die Wirkungen des im Vorprozeß zwischen dem Kläger und den Eltern des Beklagten abgeschlossenen Vergleiches auch auf den Beklagten als Übernehmer des von seinen Eltern geführten landwirtschaftlichen Betriebes erstreckten.

Der Beklagte machte geltend, das Klagebegehren sei wegen seiner zu weiten Fassung unschlüssig.

Der Beklagte wendete den Mangel der Anspruchsberechtigung des Klägers ein, soweit das Unterlassungsbegehren darauf gestützt werde, daß öffentlicher Straßengrund durch Jauche verunreinigt worden wäre. Er wendete den Mangel seiner passiven Anspruchslegitimation ein, da die angeblichen Emissionen nicht von einem in seinem Eigentum stehenden Grund ausgingen. Der Beklagte behauptete eine fachgerechte, dichte Ausführung der im Herbst 1986 neu angelegten Düngerstätte und bestritt, daß Straßenverunreinigungen aus seiner Düngerstätte stammten. Er wendete ein, daß bei Feuchtigkeit aus dem vom Voreigentümer des Klägers abgesprengten Fels zufolge jahrzehntelanger Durchdringung mit Jauchenwässer Jauche austrete, aber auch dies nur in einem ortsüblichen Maß und ohne Beeinträchtigung der Grundnachbarn. In dieser Hinsicht habe sich der Kläger im übrigen vergleichsweise zu einer Drainage verpflichtet und das Risiko weiterer Jauchenaustritte auf sich genommen. Das Erstgericht legte dar, daß es mangels Identität des Klagsgrundes das vom Beklagten geltend gemachte Prozeßhindernis nicht als gegeben ansehe, unterließ aber eine spruchmäßige Verwerfung der erhobenen Prozeßeinrede. Es wies das Unterlassungsbegehren ab.

Das Berufungsgericht verneinte ebenfalls die Identität des im vorangegangenen Rechtsstreit verglichenen Streitgegenstandes mit dem des anhängigen Prozesses und folgerte daraus, daß "ein von amtswegen wahrzunehmendes Prozeßhindernis" im Sinne der "von der beklagten Partei eingewendeten Einrede der entschiedenen Streitsache" nicht vorliege. Zu einer spruchmäßigen Entscheidung über die Prozeßeinrede sah sich das Berufungsgericht offenkundig mangels eines vom Beklagten ergriffenen Rechtsmittels nicht bestimmt. Das Berufungsgericht änderte das Urteil erster Instanz im Sinne des Klagebegehrens ab. Dazu sprach es aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschied, 15.000 S nicht jedoch 300.000 S übersteigt. Es sprach weiters aus, daß die Revisionszulässigkeitsvoraussetzung nach dem § 502 Abs 4 Z 1 ZPO nicht gegeben sei.

Zur rechtlichen Beurteilung der Streitsache hatte das Erstgericht gefolgert:

Der Beklagte sei als Betreiber der Düngerstätte, von der die übelriechenden, verschmutzenden Abwässer ihren Ausgang nähmen, für den Unterlassungsanspruch passiv legitimiert, dem Kläger stehe als Eigentümer eines Grundes, auf den die erwähnten Abwässer gelangten, die Anspruchsberechtigung zu. Der Weg der Jauche, die im Erdreich versickert, dann im Felshang ausgetreten und von dort auf den Grund des Klägers geronnen sei, sei nicht als unmittelbare Zuleitung zu werten, die mangels entsprechenden Rechtsgrundes nach dem letzten Satz des § 384 Abs 2 ABGB unter allen Umständen unzulässig wäre. Die Unzulässigkeit unmittelbarer Zuleitung habe der Kläger in seiner Klage ausdrücklich zum Klagsgrund erhoben. Wenn man aber trotzdem unterstellte, daß der Kläger seinen Unterlassungsanspruch nicht auf diesen ausdrücklich genannten Klagsgrund habe beschränken, sondern auch auf das im § 364 ABGB beschriebene Immissionsverbot habe stützen wollen, wäre der Unterlassungsanspruch nicht berechtigt. In der Landwirtschaft sei es nicht zu verhindern, daß Mist zu Boden falle, der sich dann verflüssige, versickere und nach den natürlichen Gegebenheiten anderswo wieder austrete. Das gelte auch für Fälle zeitweiliger Überfüllung einer Düngerstätte. Ein Abrinnen der Abwässer von der vom Beklagten betriebenen Düngerstätte bis zum Grund des Klägers über der Erdoberfläche sei nicht erwiesen worden. Das Berufungsgericht befand zum geltend gemachten Klagsgrund sowie zur Bestimmtheit und Schlüssigkeit des Begehrens, aus dem vom Kläger vorgetragenen Sachverhalt ließe sich "mit gerade noch hinreichender Deutlichkeit" eine Anspruchsableitung aus der rechtlichen Unzulässigkeit von Immissionen, die die ortsübliche Benützung (eines Nachbargrundes) hinderten, erkennen. Unterlassungsbegehren seien zur Vermeidung von Umgehungsmöglichkeiten eher weiter als enger zu fassen. Das vom Kläger formulierte Begehren sei "schlüssig im Sinne des § 226 ZPO". Die passive Anspruchslegitimation des Klägers als des Betreibers der Düngerstätte im Rahmen seiner Landwirtschaft bejahte das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit dem Erstgericht unabhängig von den Eigentums- und sonstigen Rechtsverhältnissen an dem Grund, auf dem die Düngerstätte errichtet worden sei. Zur Frage der nach dem letzten Satz des § 364 Abs 2 ZPO ohne besonderen Rechtstitel unzulässigen unmittelbaren Zuleitung führte das Berufungsgericht aus:

Nach dem Vergleich, den der Kläger im vorangegangenen Rechtsstreit mit den Eltern des Beklagten geschlossen habe, gelte nur für den Fall einer Entleerung oder fach- und sachgerechten Abdichtung der alten Jauchengrube als vereinbart, daß allfällige weitere Jauchenaustritte aus dem Fels nicht zu Lasten der Eltern des Beklagten gehen sollten. Die alte Jauchengrube sei aber nicht fachgerecht abgedichtet. Es könnten daher nach wie vor mit Jauche vermischte Niederschlags- und Schmelzwässer in die alte Jauchengrube eindringen und von dort über den alten Grundablauf austreten. Dies stelle eine unmittelbare Zuleitung dar, für die der Beklagte nicht einmal andeutungsweise einen Rechtstitel behauptet habe. Abgesehen vom Vorliegen einer unzulässigen unmittelbaren Zuleitung seien auch die Voraussetzungen einer untersagbaren mittelbaren Immission gegeben: Die vom Beklagten betriebene Düngerstätte und die Hotelliegenschaft des Klägers befänden sich in Ansehung der festgestellten Beeinträchtigungen in einer Nachbarschaftslage. Eine von der Düngerstätte des Beklagten auf den gastgewerblichen Grund des Klägers nachteilige mittelbare Auswirkung bestehe darin, daß bei Überfüllung der Düngerstätte Jauchenwässer und Mist auf die geschotterte Zufahrt, über diesen Weg auf öffentlichen Straßengrund und von dort über Fahrzeugräder auf den Parkplatz des Klägers gelangten. Dieser Umweg über öffentliches Gut "schade nicht" (um eine mittelbare Einwirkung von Jauchenwässer aus der Düngerstätte des Beklagten auf den Grund des Klägers anzunehmen). Der Betrieb einer Düngerstätte in einer solchen Weise, daß Jauchenwässer unkontrolliert auf benachbarten Straßengrund ablaufen könnten, sei auch für ein Fremdenverkehrsdorf mit teilweise landwirtschaftlichem Charakter nicht ortsüblich. Die Verunreinigung eines Hotelparkplatzes durch verschmutzten Schnee und Abwässer reiche über die zu duldenden kleineren Immissionen hinaus und bedeute für den gastgewerblichen Betrieb des Klägers eine unzumutbare Störung.

Der Beklagte betreibe die neu errichtete Düngerstätte weiter. Die von dieser ausgehende Gefahr künftiger Immissionen sei keineswegs auszuschließen.

Der Beklagte ficht das abändernde Berufungsurteil aus dem Revisionsgrund nach § 503 Abs 2 ZPO mit einem auf Wiederherstellung des klagsabweisenden Urteiles erster Instanz zielenden Abänderungsantrag an.

Der Kläger strebt die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung an.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Berufungsgericht verneinte Revisionszulässigkeit nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO ist aus den sich bei der Behandlung der Revisionsgründe darzulegenden verfahrensrechtlichen Erwägungen gegeben.

Die Revision ist auch berechtigt.

Das Vorliegen eines vom Beklagten mit dem im vorangegangenen Rechtsstreit abgeschlossenen Vergleich begründeten Prozeßhindernisses haben beide Vorinstanzen mit in sich schlüssigen, nachvollziehbaren Begründungen verneint. Damit ist diese Verfahrensfrage einer Nachprüfung durch das Revisionsgericht entzogen.

Der berufungsgerichtlichen Vergleichsauslegung kann kein Verstoß gegen anerkannte Auslegungsregeln oder allgemeine Denkgesetze vorgeworfen werden, zumal nach Treu und Glauben im rechtsgeschäftlichen Verkehr einer im Vergleich zum Ausdruck gelangten Risikoübernahme des Klägers für künftige unkontrollierte Jauchenaustritte aus dem Felsabhang an der Grenze zu seinem Hotelgrund als Geschäftsgrundlage zu unterstellen wäre, daß der oder die Betreiber der Jauchengrube jede risikovergrößernde Maßnahme unterließen, die festgestellte, zumindest sorglose Art des Betriebes der neu ausgebauten Düngerstätte durch den Beklagten aber die Möglichkeit nicht unwesentlich vergrößerte, daß neue Jauche im höher gelegenen Erdreich versickern und dann aus dem Fels in Richtung Hotelgrund austreten könnte.

Auch in der Beurteilung des Klagegrundes nach der Eignung der vom Kläger vorgebrachten Tatumstände zur rechtlichen Ableitung des gestellten Unterlassungsbegehrens unterlief den Vorinstanzen kein Fehler im Sinne der Revisionsausführungen. Schon die Behauptung einer mit der Abwasserbeeinträchtigung verbundenen "nicht zumutbaren Geruchsbelästigung" steht einer dem Kläger zu unterstellenden Beschränkung der Beurteilung seines Unterlassungsbegehrens auf den Gesichtspunkt einer nach dem letzten Satz des § 364 Abs 2 ABGB unzulässigen unmittelbaren Zuleitung entgegen.

Der Revisionswerber rügt aber darüber hinaus ausdrücklich eine unzulässige Abweichung des Berufungsgerichtes von den erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen ohne Beweiswiederholung oder -ergänzung. Ein solcher Verfahrensvorgang wäre im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO erheblich. Er liegt auch tatsächlich vor:

Die alte Düngerstätte, die Gegenstand des im vorangegangenen Rechtsstreit abgeschlossenen Vergleiches war, ist entleert und stillgelegt worden. Abwässer, die durch sie ihren Weg bis zum Grund des Klägers nehmen könnten, sind nach dessen ausdrücklicher Prozeßerklärung nicht Streitgegenstand. Daß sich aber die Möglichkeit tatsächlich verwirklichte, von der neu ausgebauten Düngerstätte ausgehende Mist- und Jauchenverunreinigungen könnten in die alte Grube eindringen, ist eine in den erstrichterlichen Feststellungen nicht gedeckte Tatsachengrundlage der Berufungsentscheidung. Sie ist auch vom Kläger nicht konkret behauptet worden. Sie ist aus dem der rechtlichen Beurteilung zu unterziehenden Sachverhalt auszuscheiden. Die Annahme unmittelbarer Zuleitung von Jauchenwässern aus der neu angelegten Düngergrube des Beklagten auf das Grundstück des Klägers entfällt damit. So engt sich die Beurteilung auf das Vorliegen einer aus der vom Beklagten betriebenen Düngerstätte ausgehenden Abwässer- und Geruchseinwirkung, deren Ausmaß und der durch sie hervorgerufenen Beeinträchtigung der Benützung der Gründe des Klägers im Sinne des ersten Satzes des § 364 Abs 2 ABGB ein.

Dazu hat das Erstgericht ein Versickern von Jauche auf dem Schotterweg und einen Wiederaustritt aus dem Felsabhang mit anschließendem Abrinnen auf den Grund des Klägers zugrundegelegt, das Berufungsgericht aber ein Abrinnen von Jauchenwässer über den Schotterweg auf den öffentlichen Straßengrund ohne ein weiteres Abrinnen auf Flächen der Hotelliegenschaft, sondern lediglich deren Verschmutzung durch Ablagerungen von Fahrzeugen, die auf dem Weg zum Hotelgrund den verunreinigten öffentlichen Straßengrund durchfahren haben, dabei selbst verunreinigt worden sind und von denen Verschmutzungen auf den Grund des Klägers wieder abgefallen sind. Dem Berufungsgericht ist zuzugestehen, daß auch die mechanische Zwischenschaltung typischerweise auf einem zunächst von der schädlichen Einwirkung betroffenen Nachbargrund wirkender Zwischenträger, durch die schädliche Einwirkungen auf den Grund des Unterlassungsklägers gebracht werden, dem Kausalzusammenhang zwischen Emission und schädlicher Einwirkung keinen grundsätzlichen Abbruch tut, wie in dem zur Entscheidung vorliegenden Fall die praktisch nicht vermeidbare weitere Verbringung von Verunreinigungen, die als Emission vom Grund des Beklagten auf öffentlichen Straßengrund gelangten und von dort über Verkehrsmittel, insbesondere Fahrzeugräder, auf den Grund des Klägers.

Gerade in solchen Fällen sind aber die konkreten Gefahren künftiger Beeinträchtigung anhand der tatsächlichen Vorfälle tunlichst genau nach Art, Menge, Häufigkeit und Auswirkungen zu ermitteln, um eine Überschreitung des nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnlichen Maßes der Einwirkung und die Wesentlichkeit einer Beeinträchtigung der ortsüblichen Benützung des Nachbargrundes verläßlich beurteilen zu können.

Dazu liegen - weil die Hauptbegründung des Berufungsgerichtes weggefallen ist und nur noch die Hilfsbegründung erheblich sein kann - mit Rücksicht auf die sehr allgemein gehaltenen Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes Feststellungsmängel vor. Diese sind allerdings nur dann erheblich, wenn die erstrichterliche Feststellung über einen Ausschluß eines (rein) oberflächlichen Abfließens von Jauchenwässer aus dem Bereich der Düngerstätte des Beklagten bis auf den Grund des Klägers (ohne Versickern und Wiederaustritt aus dem Felsgelände) als tatsächliche Entscheidungsgrundlage aufrechtzuerhalten wäre. Der Kläger hat die diesbezüglichen Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes als unrichtig bekämpft. Über diese Rüge unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger Tatsachenfeststellung hat das Berufungsgericht zu befinden.

In Stattgebung der außerordentlichen Revision war das angefochtene Berufungsurteil aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuweisen, dem die Beurteilung darüber vorbehalten bleiben muß, ob es eine Ergänzung der mündlichen Berufungsverhandlung für erforderlich hält oder nicht.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 52 ZPO.