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OGH vom 05.04.1989, 1Ob526/89

OGH vom 05.04.1989, 1Ob526/89

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert, Dr.Hofmann, Dr.Schlosser und Dr.Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W*** G***, Wien 10, Wienerbergstraße 15-19, vertreten

durch Dr.Robert Amhof und Dr.Heinz Damian, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Verlassenschaft nach Dkfm.Johann S***, Geschäftsführer, zuletzt, Feldkirch-Tisis, Jesuitengasse 8, vertreten durch Dr.Manfred Puchner, Rechtsanwalt in Feldkirch, wegen S 750.603,44 s.A. infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom , GZ 1 R 313/88-21, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom , GZ 10 Cg 5623/84-16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 20.394,44 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (hievon S 2.999,07 Umsatzsteuer und S 2.400 Barauslagen) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Im Jahre 1970 wurde von der Familie G*** das Textilunternehmen Bernhard A*** erworben und unter der Firma "G*** & Co" als offene Handelsgesellschaft fortgeführt. Zum erfolgte eine Ausgliederung des Produktionsbereiches und dessen Einbringung in die Firma "G*** & Co,

Textilwarenproduktions-Aktiengesellschaft" (im folgenden: Produktions-AG), sowie eine Umwandlung der G*** & Co OHG in die "Bernhard A***", G*** & Co Gesellschaft mbH (im folgenden: Gesellschaft mbH), die fortan für den Vertrieb zuständig war. Die Produktions-AG war eine 100-%ige Tochtergesellschaft der Gesellschaft mbH. In dem zum für die offene Handelsgesellschaft erstellten Abschluß war der Grund- und Gebäudewert der Liegenschaft in Wien 5, Siebenbrunnengasse 21, mit S 26,279.300 ausgewiesen. Für die Gesellschaft mbH wurde per eine Eröffnungsbilanz erstellt, in der der Buchwert dieser Liegenschaft um S 123,720.700 höher angesetzt und insgesamt eine Aufwertung der Sacheinlagen um S 123,879.400 vorgenommen wurde. Die Bilanz der Gesellschaft mbH zum wies nur deshalb ein ausgeglichenes Ergebnis auf, weil zur Abdeckung des aufgelaufenen Verlustes die gesetzliche Rücklage mit S 12,445.959,77 aufgelöst wurde. Die Gewinn- und Verlustrechnung der Produktions-AG für 1980 wies ein ausgeglichenes Ergebnis aus, zu dessen Erzielung allerdings die gesetzliche Rücklage mit einem Betrag von S 1,691.713,11 aufgelöst werden mußte. Die Bilanz zum wies ein Nettovermögen von S 44,487.600 auf, bei der Muttergesellschaft, also der Gesellschaft mbH, wurde unter Beteiligung en ein nahezu gleich hoher Betrag ausgewiesen. In der Bilanz 1981 der Gesellschaft mbH erfolgte eine Verminderung des Anlagevermögens um insgesamt S 54,561.000; diese Reduktion ging auf Teilwertabschreibungen zurück, die im wesentlichen auf den zu hohen Wertansatz des Geschäfts- und Fabriksgebäudes in Wien (mit S 18,658.000) und auf einen Vermögensverlust der Beteiligung an der AG im Jahre 1981 (S 34,479.000) zurückzuführen war. Im Jahre 1981 ergab sich aber nicht nur eine massive Vermögensverschlechterung, sondern auch eine negative Entwicklung der Ertragslage. Die Gewinn- und Verlustrechnung für 1981 wies bei der Gesellschaft mbH einen Verlust von S 21,535.000 und eine ausschließlich der Verlustabdeckung dienende Auflösung der gesamten gesetzlichen Rücklage in der Höhe von S 27,346.175,34 auf. Bei der Produktions-AG betrug der Verlust S 18,300.000, das Eigenkapital ging von rund S 42,800.000 auf rund S 12 Millionen zurück. Fortlaufende Erfolgsrechnungen im Jahre 1982 wiesen durchwegs Verschlechterungen gegenüber dem Vorjahr und gegenüber dem angenommenen Budget auf. Zur Vorlage in der Aufsichtsratssitzung vom wurde für beide Gesellschaften sowohl eine Bilanz als auch ein Status zum erstellt. Nach diesem Status ergibt sich für die Gesellschaft mbH eine Überschuldung von S 18,264.200, für die Produktions-AG ein Rein-(Netto)vermögen von S 14,251.900. Betrachtet man beide Gesellschaften als eine Einheit, ergibt sich zum eine konsolidierte Überschuldung von S 14,01 Millionen. Am realisierte die Gesellschaft mbH den Verkaufserlös für die Liegenschaft in Wien in der Höhe von S 127,5 Millionen. Dieser Betrag wurde zur Abstattung von Krediten an das Ö*** C*** und die I***-K***, zur Zahlung von Provisionen und Miete verwendet, ein Restbetrag von S 10,541.600 diente der Erhaltung der Liquidität. Auf Grund der Situation der Gesellschaft wurde ein Gutachten der TBG Textilberatung-GmbH, Frankfurt am Main, eingeholt. Im Gutachten vom August 1982 wird ausgeführt, daß eine Konsolidierung mit herkömmlichen Rationalisierungsmaßnahmen nicht zu erreichen und tiefgreifende strukturelle Maßnahmen erforderlich seien. Die vorgeschlagenen Maßnahmen bestanden neben einer effektiven Gestaltung des Vertriebes und der Verwaltung, die eine auffällige "administrative" Grundhaltung aufweise, in einer Personalreduktion von 320 auf 164 Personen und einem zusätzlichen Liquiditätsbedarf zur Realisierung des Umstrukturierungskonzepts von rund S 36 Millionen. Im Antrag an das Bundesministerium für Soziale Verwaltung vom auf Gewährung eines Zuschusses von S 12 Millionen wurde eine sowohl die Gesellschaft mbH als auch die Produktions-AG umfassende Vorschau erstellt, aus der hervorgeht, daß für 1982 ein Verlust von S 2,8 Millionen budgetiert war; hiebei wurde ein Liegenschaftsverkaufserlös von S 130 Millionen angenommen. Bereits Mitte 1982 mußte jedoch bekannt sein, daß beide Ansätze nicht erzielbar waren. Nach der kurzfristigen Erfolgsrechnung per November 1982 ergab sich eine Abweichung vom Verlustbudget von rund S 12,7 Millionen und eine Umsatzabweichung von rund S 49,2 Millionen. Um die benötigten S 36 Millionen für die Sanierung des Unternehmens aufzutreiben, wurden Gespräche mit dem Bund, der Stadt Pinkafeld, dem Land Burgenland und der Arbeitsmarktverwaltung geführt. Der Zuschuß von Subventionen wurde davon abhängig gemacht, daß die Gesellschafter ebenfalls Geldmittel aufbringen. Der damalige Bundeskanzler Dr.Bruno K*** machte Subventionen davon abhängig, daß das Burgenland, die Stadt Pinkafeld und die Arbeitsmarktverwaltung ebenfalls Zuschüsse leisten. Es ist nicht erwiesen, daß von den potentiellen Subventionsgebern konkrete, verbindliche Zusagen gegeben wurden; es wurden auch keine Subventionsmittel ausbezahlt.

In einer Notiz der Ressortleiter vom wurde eine Mittelzufuhr von S 30 Millionen als unabdingbar bezeichnet. In den Berichten des Aufsichtsrates der Produktions-AG, in denen auch die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft mbH erörtert wurde, ist festgehalten (7. Sitzung am ), daß eine finanzielle Unterdeckung von S 35 Millionen bestehe: Am wurde die Unterdeckung nach dem Liegenschaftsverkauf mit S 13,6 Millionen beziffert. In der 10. Sitzung des Aufsichtsrates vom wurde die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft mbH für September 1982 prognostiziert, wenn keine weiteren Betriebsmittel zufließen. Am wurde eine Überschuldung der Gesellschaft mbH per in der Höhe von S 18,3 Millionen festgehalten, in der 14. Sitzung vom war von einem erschreckenden Ergebnis der Betriebsergebnisrechnung per und in der 15. Sitzung vom von einem katastrophalen Ergebnis, das sich schon im Frühjahr abgezeichnet habe, die Rede.

Im Juni 1982 gewährten Dkfm.Johann S***, Christine H***, Gerda, Werner und Rudolf G*** der Gesellschaft mbH ein Darlehen in der Höhe von S 5 Millionen, im Dezember 1982 brachte Rudolf G*** S 10 Millionen als Darlehen in die Produktions-AG ein. Mit diesen Darlehensmitteln konnten nur die dringendsten Verbindlichkeiten abgedeckt werden. Die Gesellschaft mbH war trotz der Mittelzuführung spätestens am zahlungsunfähig. In den Monaten November 1982, Jänner 1983 und Februar 1983 entstanden Verbindlichkeiten an Sozialversicherungsbeiträgen (inklusive Verzugszinsen und Nebengebühren) im Betrag von S 750.603,44. Dkfm.Johann S*** war Vorstandsmitglied der Produktions-AG, und Geschäftsführer der Gesellschaft mbH. Auf Grund der engen wirtschaftlichen Verflechtung der beiden Unternehmen wurden bei den Vorstandssitzungen der AG gleichzeitig auch die Belange der Gesellschaft mbH besprochen; an den Sitzungen, bei welchen die wirtschaftliche Situation der beiden Betriebe besprochen wurde, nahm Dkfm.Johann S*** teil. Die Gesellschaft mbH hatte drei Geschäftsführer, Rudolf G***, Dr.Norbert K*** und Dkfm.Johann S***. Dieser hatte als Geschäftsführer praktisch keine Agenden. Bis Ende 1982 waren die Kompetenzen so aufgeteilt, daß Dr.Norbert K*** für die Produktion und die Verwaltung bzw. Finanzen zuständig war, während sich Rudolf G*** mit Marketing und Verkauf befaßte. Ab Ende 1982 war Rudolf G*** nahezu ausschließlich mit finanziellen Angelegenheiten befaßt. Dkfm.Johann S*** hatte auf die Geschäftsführung keinen Einfluß, war jedoch über die wirtschaftliche Situation der beiden Betriebe auf Grund seiner Teilnahme an den Vorstands- bzw. Geschäftsführersitzungen im Bilde. Daneben holte er Erkundigungen bei Dr.Norbert K*** ein und nahm auch Einsicht in Buchhaltungsunterlagen, wenn ihm verschiedene Positionen in der Bilanz aufklärungsbedürftig erschienen. Die (Bernhard A*** G*** & Co) Gesellschaft mbH änderte am ihre Firmenbezeichnung in "Textilwaren-Handelsgesellschaft mbH". Über diese Gesellschaft wurde am zu S 97/83 des Handelsgerichtes Wien der Konkurs eröffnet.

Die klagende Partei begehrt den Betrag von S 750.603,44 s.A. und führte aus, Dkfm.Johann S*** habe als Geschäftsführer der (Berhard A*** G*** & Co) Gesellschaft mbH gegen die Bestimmung des § 159 StGB dadurch verstoßen, daß er in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft, die bereits im November 1982 gegeben gewesen sei, neue Schulden eingegangen sei, indem er den Antrag auf Eröffnung des Konkurses unterlassen, damit die Weiterbeschäftigung der Arbeitnehmer der Gesellschaft geduldet habe, so daß fortlaufend Sozialversicherungsverbindlichkeiten entstanden seien. Er sei damit für den der klagenden Partei entstandenen Schaden in der Höhe des Klagsbetrages haftbar. Die Haftung bestehe auch nach § 85 GmbHG bzw. den §§ 67 Abs 1, 69 Abs 2 KO. Im kritischen Zeitraum sei die Gesellschaft überschuldet gewesen, so daß die Eröffnung des Konkurses zu beantragen gewesen wäre. Da im Klagsbetrag nicht abgeführte Dienstnehmeranteile an Sozialversicherungsbeiträgen enthalten seien, liege auch ein Verstoß gegen § 114 ASVG vor. Die Forderung der klagenden Partei werde im Konkurs nicht befriedigt werden. Dkfm.Johann S*** beantragte Abweisung des Klagebegehrens. Er sei zwar bis Vorstandsmitglied der Produktions-AG und Geschäftsführer der Gesellschaft mbH gewesen, beide Betriebe seien aber voll und ganz von Rudolf G*** und Dr.Norbert K*** geführt worden; er selbst habe auf die kaufmännische Gebarung keinen Einfluß gehabt; er habe zwar als Gesellschafter-Geschäftsführer an Sitzungen der Geschäftsführer bzw. des Aufsichtsrats sowie Sitzungen des Vorstands der Produktions-AG teilgenommen, aber keine Einsicht in die eigentlichen Geschäftsvorgänge gehabt. Eine Haftung nach § 114 ASVG sei nicht gegeben, weil er nach der internen Geschäftsaufteilung für die Lohnverrechnung und die Abführung der Dienstnehmeranteile nicht zuständig gewesen sei. Auch die Rückstandsausweise habe er nie zu sehen bekommen. Eine Haftung wegen Verstoßes nach § 159 StGB sei ebenfalls nicht gegeben. Es treffe nicht zu, daß die Gesellschaft mbH von November 1982 bis Februar 1983 zahlungsunfähig gewesen sei, es sei nach der internen Geschäftsaufteilung für ihn aber auch nicht erkennbar gewesen, daß die Gesellschaft überschuldet sei. Er habe bei den Sitzungen stets den Eindruck erhalten, daß Geldmittel flössen; es habe für ihn kein Zweifel bestanden, daß die in den Gesellschaften geführten Bücher ordnungsgemäß geführt wurden; es habe auch für ihn keine Veranlassung bestanden, besondere Überwachungen oder Kontrollen durchzuführen. Eine Verurteilung nach § 159 StGB sei nicht erfolgt. Aus den gleichen Gründen scheide auch eine Haftung nach § 85 GmbHG bzw. §§ 67 Abs 1 und 69 Abs 2 KO aus. Durch eine allfällig verspätete Anmeldung des Konkurses habe sich aber auch die Gläubigerlage nicht verschlechtert, weil der Schuldenstand trotz Fortführung des Betriebes nach eingetretener Zahlungsunfähigkeit keine Änderung erfahren habe.

Das Erstgericht erkannte Dkfm.Johann S*** schuldig, der klagenden Partei den Betrag von S 750.603,44 s.A. zu bezahlen. Die Bestimmung des § 159 Abs 1 Z 2 StGB in Verbindung mit § 161 StGB, wonach fahrlässige Krida u.a. derjenige begehe, der als leitender Angestellter einer juristischen Person in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit fahrlässig die Befriedigung seiner Gläubiger oder wenigstens eines von ihnen vereitelt oder schmälert, insbesondere dadurch, daß er die Eröffnung des Konkurses nicht rechtzeitig beantragt, sei ein Schutzgesetz im Sinne des § 1311 ABGB zugunsten aller durch die verspätete Konkurseröffnung geschädigten Gläubiger. Die Pflicht zur rechtzeitigen Anmeldung eines Insolvenzverfahrens sei durch interne Geschäfts- und Arbeitsaufteilung nicht dispensabel, so daß die Haftung des Beklagten nicht schon deshalb zu verneinen sei, weil er als Geschäftsführer keine Kompetenzen gehabt habe. Spätestens seit sei die Gesellschaft mbH zahlungsunfähig gewesen; dies sei dem Beklagten auch bekannt gewesen oder hätte ihm zumindest bekannt sein müssen. Durch die Aufrechterhaltung des Betriebes in der folgenden Zeit seien neue Schulden eingegangen worden; insbesondere seien Sozialversicherungsbeiträge für November 1982, Jänner und Februar 1983 aufgelaufen. Die klagende Partei sei daher durch die verspätete Konkursanmeldung in diesem Umfang geschädigt worden.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Dkfm.Johann S*** keine Folge. Es billigte die rechtliche Beurteilung des Erstrichters. Es führte ergänzend aus, die Gesellschaft mbH sei spätestens zum zahlungsunfähig gewesen. Zur Sanierung des Unternehmens wäre eine Kapitalzufuhr in der HÖhe von ca. S 36 Millionen erforderlich gewesen. Die getätigten Kapitalzuschüsse hätten an der Situation des Unternehmens nichts geändert. Es könne im vorliegenden Fall auch nicht davon gesprochen werden, daß erfolgversprechende Sanierungsschritte eingeleitet worden seien; es habe nicht mehr als eine "Sanierungshoffnung" bestanden, die die Verantwortlichkeit des Geschäftsführers nach § 159 StGB unberührt lasse.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobenen Revision des Dkfm.Johann S*** kommt Berechtigung nicht zu.

Laut Mitteilung des Rechtsanwaltes Dr.Manfred P*** ist Dkfm.Johann S*** am verstorben; dem zufolge hat auch die klagende Partei die Parteibezeichnung richtiggestellt. Nach Rechtsprechung und Lehre stellt die Vorschrift des § 159 StGB ein Schutzgesetz im Sinne des § 1311 ABGB zugunsten aller durch die nicht rechtzeitige Eröffnung des Konkurses geschädigten Gläubiger dar (WBl. 1988, 58; SZ 59/132; SZ 59/116; SZ 58/210;

SZ 58/115; SZ 53/53; SZ 51/88; Reich-Rohrwig, GmbH-Recht 142;

Doralt, GesRZ 1982, 88, 92). Ist der Schuldner eine juristische Person, ist der Täter, wer die Tathandlung als leitender Angestellter begeht; Geschäftsführer einer Gesellschaft mbH gelten als leitende Angestellte (§§ 161, 309 StGB; SZ 58/210; Liebscher im Wiener Komm. § 161 StGB Rz 9; Leukauf-Steininger, StGB2 1574). § 159 Abs 1 Z 2 StGB schützt insbesondere auch die Neugläubiger, also jene Gläubiger, die erst nach dem Zeitpunkt, ab dem die Antragstellung auf Konkurseröffnung schuldhaft unterlassen wurde, mit dem späteren Gemeinschuldner kontrahierten (WBl. 1988, 58 = ÖBA 1988, 165; SZ 53/53; Doralt, JBl 1972, 123; Reich-Rohrwig a. a.O. 144).

Der Oberste Gerichtshof will nicht übersehen, daß Karollus, Anm zu ÖBA 1988, 165 (169), hiezu die Auffassung vertritt, die Bestimmung des § 159 Abs 1 Z 2 StGB bezwecke nicht den Schutz des Neugläubigers, sondern nur jener Personen, die im Zeitpunkt des Eingehens der neuen Schuld Gläubiger waren. Hingegen sei der Schutzbereich des § 69 KO (entgegen der vom Obersten Gerichtshof vertretenen Auffassung) weiter zu fassen: die besondere Schutzwürdigkeit des Neugläubigers, der für seine Leistung nur eine "faule", weil uneinbringliche Forderung erwerbe, spreche dafür, daß die Verpflichtung zur rechtzeitigen Antragstellung nicht nur die Konkursverschleppung, sondern auch den Abschluß neuer Geschäfte im Stadium der Zahlungsunfähigkeit (bzw. Überschuldung) auch und gerade im Interesse der potentiellen Neugläubiger verhindern wolle. Dieser Auffassung ist jedoch nicht zu folgen. Die Auslegung des § 159 Abs 1 Z 2 StGB, wie sie vom Obersten Gerichtshof schon zur Bestimmung des § 486 StG in jahrzehntelanger Rechtsprechung vertreten wird, entspricht, wie auch Karollus einräumt, der herrschenden Auffassung in der Literatur (vgl die Nachweise bei Karollus a.a.O. 169). § 159 Abs 1 Z 2 StGB pönalisiert das Eingehen neuer Schulden, wenn dadurch die Befriedigung wenigstens eines Gläubigers vereitelt oder geschmälert wird. Für die Annahme eines weiteren Schutzbereiches dieser Bestimmung spricht, wie bereits Doralt, JBl 1972, 120, 122 mwN, zutreffend aufgezeigt hat, daß der Schadenseintritt beim Neugläubiger geradezu eine typische Folge des pönalisierten Verhaltens ist und der Neugläubiger noch mehr gefährdet ist als jener Gläubiger, der bereits kontrahiert hat, was einen Größenschluß nahelegt. Es sprechen demnach die besseren Gründe für ein Festhalten an der bisherigen Judikatur. Der von Karollus aufgeworfenen Frage kommt aber auch nach seiner Auffassung keine entscheidende Bedeutung zu, weil bei einem Verständnis des Schutzbereiches der Bestimmung des § 159 Abs 1 Z 2 StGB im Sinne seiner Ausführungen der Schutzbereich des § 69 KO entsprechend zu erweitern wäre und der geltend gemachte Anspruch ohnehin auch auf die Verletzung dieser Bestimmung (bzw des § 85 GmbHG) gegründet wurde. Es ist auch anerkannt, daß zu den neuen Schulden, deren Eingehen § 159 Abs 1 Z 2 StGB pönalisiert, auch Sozialversicherungsbeiträge zählen (SZ 51/88; Leukauf-Steininger a. a.O. 1060).

All dies wird von der Revision nicht bekämpft. Die Revisionswerberin macht aber geltend, daß Dkfm.Johann S*** in der Gesellschaft mbH nur einen äußerst eingeschränkten Wirkungsbereich gehabt habe und mit der eigentlichen Geschäftsführung kaum befaßt gewesen sei; insbesondere habe er mit der Abfuhr der Sozialversicherungsbeiträge nichts zu tun gehabt, weil dies nach der internen Aufteilung der Geschäftsführung Kompetenz des Geschäftsführers Dr.Norbert K*** gewesen sei. Eine Geschäftsverteilung zwischen mehreren Geschäftsführern einer Gesellschaft mbH bewirkt jedoch nicht, daß sich ein Geschäftsführer nur noch auf sein eigenes Arbeitsgebiet beschränken darf und sich um die Tätigkeit der anderen Geschäftsführer nicht mehr kümmern muß. Von den jedem Geschäftsführer obliegenden gesetzlich zwingenden Pflichten, zu denen auch die rechtzeitige Anmerkung eines Insolvenzverfahrens gehört, kann eine interne Geschäftsverteilung nicht dispensieren (WBl. 1988, 58; SZ 58/210; RdW 1985, 275; SZ 52/116). Die Stellung eines bloßen "Proforma-Geschäftsführers" ist dem Gesetz fremd. Soweit geltend gemacht wird, daß Dkfm.Johann S*** nur gesamtvertretungsbefugter Geschäftsführer gewesen sei, ist darauf zu verweisen, daß mit der Verpflichtung der Geschäftsführer einer insolventen Gesellschaft mbH, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen (§ 69 Abs 3 KO, früher § 85 GmbHG), die Antragsbefugnis jedes einzelnen Geschäftsführers ohne Rücksicht auf die bestehenden Vertretungsverhältnisse korrespondiert. Nur dann, wenn die Gesellschaft mbH als Gläubigerin gemäß § 70 KO einen Konkursantrag gegen ihren Schuldner stellt, sind die Vertretungsverhältnisse von Belang, während es sich hier um einen Schuldnerantrag nach den erwähnten gesetzlichen Bestimmungen handelt (vgl Reich-Rohrwig a.a.O. 141; vgl Schiemer, Handkommentar zum Aktiengesetz2 319; Kuhn-Uhlenbruck, Konkursordnung10 Vorbem. D Punkt 13 zu § 207 dKO; Baumbach-Hueck, GmbH-Gesetz15 Rz 31 zu § 63). Die Revision macht weiters geltend, daß Zahlungsunfähigkeit dann nicht bestehe, wenn in absehbarer Zeit die zu ihrer Behebung erforderlichen Zahlungsmittel zufließen. Es wäre zu klären gewesen, ob und für welchen Zeitraum Dkfm.Johann S*** darauf habe vertrauen dürfen, daß die Illiquidität der Gesellschaft durch Mittelzufluß behoben werden würde. Den Organen einer juristischen Person könne die nicht rechtzeitige Antragstellung auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens dann nicht vorgeworfen werden, wenn sie die Sanierung des Unternehmens mit Sorgfalt betreiben. Auch im vorliegenden Fall seien eine Reihe von Maßnahmen zur Sanierung eingeleitet worden; insbesondere habe die TBG Textilberatung-GmbH, Frankfurt am Main, ein Sanierungskonzept ausgearbeitet, dessen Realisierung durch Zuführung von S 20 Millionen eingeleitet worden sei. Verhandlungen mit der öffentlichen Hand über die Beistellung weiterer Mittel seien erfolgreich verlaufen.

Es trifft zu, daß nach nunmehr ständiger Rechtsprechung bei in Angriff genommener Sanierung die Überschuldungsprüfung durch eine Fortbestehensprognose zu ergänzen ist. So lange noch eine künftige positive Unternehmensentwicklung erwartet werden kann und die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft erhalten bleibt, fehlt es an einer konkursrechtlich relevanten Überschuldung (WBl. 1988, 129;

SZ 59/216). Zahlungsunfähigkeit ist dann nicht anzunehmen, wenn die Unfähigkeit, finanzielle Verbindlichkeiten zu befriedigen, in verhältnismäßig kurzer Zeit behoben werden kann (EvBl 1978/42;

EvBl 1969/334; EvBl 1959/88). Der Oberste Gerichtshof hat daher auch ausgesprochen, daß die fahrlässige Herbeiführung der Zahlungsunfähigkeit eines Unternehmens und selbst dessen Fortführung über den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit hinaus unter der Voraussetzung, daß sich ein wirtschaftlich entsprechend potenter Geschäftspartner in einer die Zahlungsunfähigkeit sanierenden Weise rechtsverbindlich zur Übernahme des schuldnerischen Unternehmens verpflichtet, zur Tatbestandsverwirklichung nach § 159 Abs 1 Z 1 bzw. Z 2 StGB nicht ausreicht, zugleich jedoch hervorgehoben, daß das Vertrauen auf eine bloß erhoffte, rechtsverbindlich jedoch nicht konkretisierte Hilfe von dritter Seite den Anforderungen kaufmännischer Sorgfalt nicht gerecht werde (11 Os 59, 60/86). Daß die verantwortlichen Organe der Gesellschaft Sanierungsschritte, welche die kurzfristige Behebung der eingetretenen Zahlungsunfähigkeit mit ausrechender Sicherheit erwarten ließen, in Angriff genommen hätten, wurde weder behauptet noch ist dies im Verfahren hervorgekommen. Soweit sich die beklagte Partei auf das von der TBG Textilberatung-GmbH, Frankfurt am Main, ausgearbeitete Sanierungskonzept beruft, wird verkannt, daß darin die Konsolidierung des Unternehmens von einer tiefgreifenden organisatorischen Umstrukturierung, insbesondere der Verringerung des Personalstandes von 320 auf 164 Mitarbeiter und der Zuführung liquider Mittel in der Höhe von S 36 Millionen, abhängig gemacht wurde. Die bloße Zuführung von insgesamt S 15 Millionen (als Darlehen) war daher zur Behebung der Zahlungsunfähigkeit unzureichend. Daß Maßnahmen der Umstrukturierung in Angriff genommen worden wären, wird selbst in der Revision nicht behauptet. Auf eine kurzfristige Behebung der Zahlungsunfähigkeit konnte Dkfm.Johann S*** demnach nicht vertrauen. Die durch nichts konkretisierte Hoffnung, die öffentliche Hand werde das notleidend gewordene Unternehmen (ohne dessen Umstrukturierung) sanieren, war nicht geeignet, ihn von der Verantwortlichkeit als Geschäftsführer gemäß § 159 StGB zu entbinden.

Zur Frage der Höhe des von der klagenden Partei durch die Konkursverzögerung erlittenen Schadens enthält die Revision keine Ausführungen.

Demzufolge ist spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.