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OGH vom 18.05.1995, 6Ob639/94

OGH vom 18.05.1995, 6Ob639/94

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Schinko und Dr.Tittel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** Realitätengesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Johannes Hock sen, Dr.Johannes Hock jun, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Walter P***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Paul Bachmann, Mag.Eva-Maria Bachmann, Rechtsanwälte in Wien, Nebenintervenient auf seiten der beklagten Partei D***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr.Rudolf Fiebinger, Dr.Peter Polak, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 567.448 samt Anhang (Revisionsinteresse S 300.000), infolge der Revisionen der beklagten Partei sowie der Nebenintervenientin gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom , AZ 1 R 67/94(ON 74), womit das Teil- und Zwischenurteil des Handelsgerichtes Wien vom , GZ 26 Cg 226/89-65, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Beide Revisionen werden zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 16.020 (darin S 2.670 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten einer Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die klagende Partei begehrte gestützt auf den Titel der Gewährleistung und des Schadenersatzes zuletzt die Zahlung von S

567.448 sA (das sind die Kosten der Neuherstellung eines von der beklagten Partei verfertigten Flachdaches), hilfsweise die Zahlung von S 300.000 sA. Sie brachte dazu vor, daß für den Fall als das Gericht zu der Auffassung komme, es sei ein wesentlicher aber behebbarer Mangel vorgelegen, die Kosten der Entspannung des Dachrandes S 300.000 zuzüglich Umsatzsteuer ausgemacht hätten und berief sich zum Beweise hiefür auf das dem Erstgericht bereits vorliegende Sachverständigengutachten.

Das Erstgericht fällte ein Teil- und Zwischenurteil, erkannte das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der Klägerin den Betrag von S 567.448 samt 5 % Zinsen zuzüglich 20 % Umsatzsteuer aus den Zinsen seit Klagsbehändigung zu zahlen, hinsichtlich eines Teilbetrages von S 300.000 samt 5 % Zinsen zuzüglich 20 % Umsatzsteuer aus den Zinsen seit Klagsbehändigung dem Grunde nach als zu Recht bestehend und wies das Klagemehrbegehren hinsichtlich eines Teilbetrages von S 267.448 sA ab.

Das Berufungsgericht gab den Berufungen der beklagten Partei und der Nebenintervenientin keine Folge. Es verneinte das Vorliegen einer Nichtigkeit in der Fassung des Urteilsspruches des Erstgerichtes und erachtete die Haftung der beklagten Partei nach Gewährleistungs- und Schadenersatzrecht ebenso wie das Erstgericht dem Grunde nach als gegeben.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig, weil, soweit ersichtlich, zu der verfahrensrechtlichen Vorfrage, ob über das Eventualbegehren überhaupt entschieden werden durfte, obwohl das Hauptbegehren noch nicht zur Gänze abgewiesen worden war, keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliege. Die Zulässigkeit des Eventualbegehrens, das gegenüber dem Hauptbegehren bloß ein Minus darstelle, aber auf denselben Rechtsgrund gestützt werde, sei eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionen der beklagten Partei sowie der Nebenintervenientin sind, soweit sie sich gegen das einen Teil des Klagsanspruches abweisende Teilurteil wenden, mangels Beschwer, im übrigen auch mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Rechtsmittelwerber könnten durch das einen Teil des Klagsanspruches abweisende Teilurteil nur dann beschwert sein, wenn und soweit es nicht um die Zweckmäßigkeit einer solchen Entscheidung, sondern um ihre gesetzliche Zulässigkeit (§ 391 Abs 3,§ 394 Abs 2 ZPO) geht (RZ 1981/54 mwN). Im vorliegenden Fall stand aber weder eine Gegenforderung der beklagten Partei noch ein Teilverzicht der klagenden Partei zur Beurteilung, so daß der beklagten Partei kein Rechtsmittelrecht zusteht, weil sie durch das abweisende Teilurteil gar nicht beschwert sein kann.

Auch die Rechtsmittelwerber erkennen, daß das von der klagenden Partei erhobene "Eventualbegehren" als bloßes Minus im Hauptbegehren enthalten ist. Während das Begehren auf Zahlung von S 567.448 sA die Bezifferung der Kosten der Neuherstellung des von der beklagten Partei errichteten Flachdaches darstellt, hat das "Eventualbegehren" bloß eine ziffernmäßige Beschränkung des Hauptbegehrens für den Fall zum Inhalt, als das Gericht rechtlich zu der Ansicht gelangen sollte, es liege zwar kein unbehebbarer, sondern nur ein wesentlicher aber behebbarer Mangel vor. Es ist daher dem Hauptbegehren auch dann teilweise stattzugeben, wenn die beklagte Partei nur zu der eventualiter begehrten Leistung verpflichtet ist. Damit liegt aber kein bedingtes, für den Fall der Abweisung des Hauptbegehrens selbständig zu erledigendes weiteres Begehren vor. Daß in solchen Fällen aber - die gesetzliche Zulässigkeit wie oben dargelegt vorausgesetzt - ein klagsabweisliches Teilurteil gefällt werden kann, entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (zuletzt ÖBl 1992, 273, 4 Ob 69, 70/92 mwN). Daß das Erstgericht hinsichtlich des abgewiesenen Teiles des Klagebegehrens keinen gesonderten Feststellungsausspruch über dessen Nichtzurechtbestehen in seinen Urteilsspruch aufgenommen hat, begründet keine Nichtigkeit, die im übrigen schon vom Berufungsgericht verneint wurde und vom Obersten Gerichtshof überdies nur anläßlich eines zulässigen Rechtsmittels aufgegriffen werden könnte.

Die Anwendung der Grundsätze des Gewährleistungs- und Schadenersatzrechtes sowie der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Aufklärungspflicht des Unternehmers bei Verwendung neuer Werkstoffe auf die besonderen Umstände des Einzelfalles durch das Berufungsgericht erfolgte ohne Rechtsirrtum. Eine über den konkreten Rechtsfall hinausgehende Bedeutung ist nicht gegeben, so daß die Revisionen insgesamt zurückzuweisen waren.

Da die klagende Partei auf die Unzulässigkeit der Rechtsmittel hingewiesen hat, waren ihr gemäß §§ 41 und 50 ZPO die Kosten einer Revisionsbeantwortung zuzusprechen. Die Erstattung einer weiteren Beantwortung zur Revision der beklagten Partei, die gegenüber jener (früher erhobenen) der Nebenintervenientin keine neuen Argumente enthält, war zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht mehr erforderlich.