OGH vom 10.04.2018, 5Ob239/17h
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache des Antragstellers Mag. E*****, geboren am *****, vertreten durch Dr. Franz Hitzenbichler, Dr. Bernhard Zettl, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Anmerkung einer Benützungsregelung gemäß § 17 Abs 3 WEG 2002 ob der Liegenschaft EZ ***** über den Revisionsrekurs des Mit- und Wohnungseigentümers A*****, geboren am *****, vertreten durch Kopp-Wittek Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom , AZ 53 R 157/17w, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom , TZ 3961/2017, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Ob der Liegenschaft EZ ***** ist Wohnungseigentum begründet. Die Anlage umfasst drei Wohnungen und zwei selbständige PKWAbstellplätze. Der Antragsteller war bis nach Beschlussfassung zweiter Instanz Mit und Wohnungseigentümer einer Wohnung, die er mittlerweile veräußert hat. Die weiteren Objekte stehen einerseits im Mit und Wohnungseigentum des Revisionsrekurswerbers, andererseits zweier weiterer Mit- und Wohnungseigentümer als Wohnungseigentumspartner.
Der Antragsteller begehrte – nach Einschränkung seines ursprünglich weiter gefassten Begehrens aufgrund eines Verbesserungsauftrags des Erstgerichts – die Ersichtlichmachung der Benützungsregelung gemäß § 17 WEG 2002 gemäß § 2 Z 5 lit b und c der Benützungsregelung vom . Die von ihm hiezu vorgelegte Urkunde trägt die Unterschriften sämtlicher Mit- und Wohnungseigentümer sowie des Erwerbers des Wohnungseigentumsobjekts des Antragstellers. Zwei der Unterschriften, darunter diejenige des Antragstellers, sind notariell beglaubigt.
Das bewilligte den Antrag.
Das gab dem Rekurs des nunmehrigen Revisionsrekurswerbers nicht Folge. Für die Bewilligung eines Antrags auf Ersichtlichmachung einer abgeschlossenen Benützungsvereinbarung reiche es aus, dass diese nachgewiesen wird, ohne dass es einer Prüfung bedürfte, ob sie nach wie vor zwischen allen Mit und Wohnungseigentümern der Liegenschaft aufrecht bestehe. Die Ersichtlichmachung der Benützungsvereinbarung sei nicht an den strengen urkundlichen Nachweis gebunden, den das GBG für konstitutive Eintragungen verlange. Gemäß § 52 GBG sei die Vorlage einer beweiswirkenden Urkunde ausreichend. Zu prüfen sei lediglich, ob die Vereinbarung, deren Anmerkung beantragt werde, überhaupt als eine vertraglich vereinbarte Benützungsregelung im Sinn dieser gesetzlichen Eintragungsgrundlage zu qualifizieren sei. § 17 Abs 1 WEG verlange eine schriftliche Vereinbarung sämtlicher Wohnungseigentümer. Ursprünglich sei nach dem Text der Urkunde zwar eine Unterschriftsleistung durch den Antragsteller und den Revisionsrekurswerber bereits auf Seite 5 unten vorgesehen gewesen, zwischen die Seiten 5 und 6 seien allerdings die Lage – bzw Bestandspläne ./A und ./B eingefügt worden, auf die die Benützungsvereinbarung mehrfach Bezug nehme. Damit sei es naheliegend, dass die Unterschrift aller Mit und Wohnungseigentümer erst auf Seite 6 der Urkunde erfolgt sei. Die Unterschriften des Antragstellers und des Rekurswerbers hätten sich nicht nur auf die unmittelbar darüber wiedergegebenen Texte (insbesondere betreffend eine vom Antragsteller zu erbringende Gegenleistung) bezogen, sondern auf den gesamten Vertragstext. Die Benützungsregelung liege somit in Schriftform vor. Die Beglaubigung der Unterfertigung durch einen Wohnungseigentümer reiche nach § 17 Abs 3 WEG 2002 aus, der Beurkundungsvermerk des Notars entspreche § 79 Abs 5 NO. Die gesamte textliche Gestaltung der Benützungsregelung lasse keinen Zweifel offen, dass alle Mit- und Wohnungseigentümer diese am gleichen Tag in Salzburg unterfertigt hätten. Der ordentliche Revisionsrekurs wurde mit der Begründung zugelassen, dass es zur Ersichtlichmachung nach § 17 Abs 1 dritter Satz WEG 2002 bislang nur vereinzelte Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs gebe und sich dieser mit den Formerfordernissen bei beweiswirkenden Urkunde im Lichte des § 27 GBG noch nicht näher auseinandergesetzt habe.
Rechtliche Beurteilung
Der ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts (§ 71 Abs 1 AußStrG iVm § 126 Abs 2 GBG) nicht zulässig. Die Begründung kann sich gemäß § 71 Abs 3 AußStrG auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.
1. Auch wenn im Grundbuchsverfahren im Regelfall (neben dem mit seinem Rechtsschutzbegehren gescheiterten Antragsteller) nur derjenige zum Rekurs legitimiert ist, der geltend machen kann, durch die bekämpfte Entscheidung in seinem bücherlichen Recht verletzt worden zu sein (RISJustiz RS0006710), ist in Fällen von bloßen Ersichtlichmachungen nicht grundsätzlich eine unmittelbar aus dieser Eintragung folgende Verletzung bücherlicher Rechte zu verlangen (vgl 5 Ob 128/08x mwN). Ersichtlichmachungen sind nicht generell geeignet, tatsächlich bücherliche Rechte anderer Personen zu beeinträchtigen, wird doch damit in der Regel nur auf bestimmte persönliche Verhältnisse iSd § 20 lit a GBG hingewiesen oder sie dienen zur Begründung spezifischer Rechtswirkungen entsprechend § 20 lit b GBG. In derartigen Fällen ist auf die Grundwertungen des AußStrG für die Rechtsmittellegitimation abzustellen, wonach ein Rechtsmittel demjenigen zusteht, der durch die Entscheidung in seinem rechtlich geschützten Interesse beeinträchtigt ist (5 Ob 128/08x; RISJustiz RS0006693). Demgemäß wurde bereits ausgesprochen (5 Ob 406/97k unter Hinweis auf EvBl 1962/426), dass der Eigentümer für berechtigt gehalten werden müsse, sich gegen unzulässige Eintragungen auf der ihm zugeschriebenen Grundbuchseinlage zur Wehr zu setzen. Eine – mangels Unterfertigung der zugrundeliegenden Vereinbarung – in diesem Sinn unzulässige Eintragung behauptet der Revisionsrekurswerber hier. Obwohl eine Ersichtlichmachung iSd § 17 Abs 1 WEG nur deklarative Wirkung hat (RISJustiz RS0118532), ist die Rechtsmittellegitimation des Revisionsrekurswerbers daher zu bejahen.
2. Allein das Fehlen höchstgerichtlicher Rechtsprechung zu einer bestimmten Fallgestaltung begründet noch nicht eine erhebliche Rechtsfrage (vgl RISJustiz RS0042656), wenn das Gesetz selbst eine eindeutige Regelung trifft oder im Wege einfacher Auslegung ein eindeutiges Ergebnis erzielt werden kann (RISJustiz RS0042656 [T32]). Gleiches gilt, wenn die vom Gericht zweiter Instanz als erheblich erachtete Rechtsfrage zwanglos anhand der Gesetzeslage und der bereits vorhandenen Leitlinien höchstgerichtlicher Rechtsprechung gelöst werden kann (RISJustiz RS0042656 [T48]).
3. Der Fachsenat nahm bereits zu 5 Ob 209/04b (wobl 2005/86 [Call] = NZ 2005, 250 [Hoyer]) mit ausführlicher Begründung zu den Voraussetzungen der Ersichtlichmachung einer Benützungsregelung iSd § 17 Abs 1 WEG 2002 Stellung. Die Urkunden müssten in der Form vorliegen, die zur entsprechenden Eintragungsart erforderlich sei (§ 94 Abs 1 Z 4 GBG). Da mit der Ersichtlichmachung kein Rechtserweb oder -verlust verbunden sei, genüge die Vorlage einer beweiswirkenden Urkunde, während die Rechtsbeständigkeit des der Eintragungsbewilligung zugrunde liegenden schuldrechtlichen Rechtsgeschäfts vom Grundbuchsgericht nicht zu prüfen sei. Auch zu 5 Ob 56/17x (= Zak 2017/530) hielt der Fachsenat – im Zusammenhang mit der begehrten Anmerkung einer Benützungsvereinbarung iSd § 828 Abs 2 ABGB – daran fest. Grundsätzlich sei nur der formal wirksame Abschluss der Benützungsvereinbarung durch beweiswirkende Urkunden nachzuweisen, ungeachtet der Entbehrlichkeit der weitergehenden substanziellen Prüfung sei es aber eine iSd § 94 Abs 1 Z 3 GBG zu prüfende Voraussetzung, dass die Vereinbarung überhaupt als eine vertraglich vereinbarte Benützungsregelung im Sinn der gesetzlichen Eintragungsgrundlage zu qualifizieren sei.
Zu den Voraussetzungen und Rechtswirkungen der Ersichtlichmachung einer Benützungsvereinbarung liegt daher bereits ausreichende, ausführlich begründete Rechtsprechung vor, an der sich das Rekursgericht orientierte und die auch in der Lehre (Vonkilch in Hausmann/Vonkilch4, Österreichisches Wohnrecht § 17 WEG Rz 41 f) Zustimmung fand.
4. Die Beurteilung des Rekursgerichts in Bezug auf die erforderliche Schriftlichkeit der vorgelegten Benützungsvereinbarung ist nicht zu beanstanden. Derjenige, der eine Urkunde unterfertigt, macht den durch seine Unterschrift gedeckten Text zum Inhalt seiner Erklärung (RIS-Justiz RS0014893; RS0014753). Auch wenn im Grundbuchsverfahren als reinem Urkundenverfahren (RIS-Justiz RS0081755 [T4]) zur Auslegung nur die Urkunde selbst herangezogen werden darf, sodass es dem Grundbuchsgericht verwehrt ist, eine undeutliche und zu begründetem Zweifel Anlass gebend Urkunde auszulegen (RIS-Justiz RS0060573 [T2, T 3, T 5, T 16]), können aber aus der Urkunde vom Wortlaut gedeckte unmittelbare logische Schlussfolgerungen gezogen werden (RIS-Justiz RS0060878 [T27, T 36]). Dem entsprach das Rekursgericht, wenn es die Unterschriften des Antragstellers und des Revisionsrekurswerbers ungeachtet des Umstands, dass sie erst nach der Zusatzerklärung auf Seite 6 der Urkunde gesetzt wurden, dahin auslegte, dass sie sich auf die gesamte Benützungsregelung beziehen sollten. Im Übrigen unterfertigte der Revisionsrekurswerber dort, dass „dieser Vertragstext“ (womit nur die vorstehende Benützungsregelung gemeint sein konnte) der mündlich getroffenen Vereinbarung entspreche und die ihm dafür zu gewährende Gegenleistung. Dass sich die Unterschrift des Antragstellers unter dem Satz „diese Bestätigung wurde in meinem Beisein formuliert“ nicht nur auf die Formulierung des Zusatzes oberhalb der Unterschrift des Revisionsrekurswerbers, sondern auf den gesamten Vertragsinhalt beziehen sollte und er damit auch sein Einverständnis zu all diesen Punkten erklären wollte, ist eine vom Rekursgericht in unbedenklicher Weise gezogene logische Schlussfolgerung, die keiner Korrektur bedarf. Der Auslegung von Urkunden kommt auch im Grundbuchsverfahren in der Regel – eine hier nicht vorliegende krasse Fehlbeurteilungen ausgenommen – keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu (5 Ob 8/17p; RIS-Justiz RS0043415 [T4]).
5. Da eine Ersichtlichmachung nach § 17 Abs 1 WEG 2002 unter den Begriff der Anmerkung nach § 20 lit a GBG zu subsumieren ist (Vonkilch in Hausmann/Vonkilch4, Österreichisches Wohnrecht § 17 WEG Rz 42), zumal keine besonderen Rechtswirkungen damit verbunden sind, hat diese Anmerkung gemäß §§ 27, 52 GBG aufgrund beweiswirkender Urkunden zu erfolgen. Die Anforderungen für die Bewilligung sind herabgesetzt, es bedarf keiner Vorlage von Originalurkunden, die Beglaubigungserfordernisse für Privaturkunden nach § 31 GBG müssen ebenso wenig erfüllt sein wie die formellen und materiellen Voraussetzungen einverleibungsfähiger öffentlicher Urkunden nach § 33 GBG (Rassi Grundbuchsrecht² Rz 169; 5 Ob 209/04b = wobl 2005/86 [Call] = NZ 2005/250 [Hoyer]). Was eine beweiswirkende Urkunde ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (RIS-Justiz RS0110535). Soweit keine anderen gesetzlichen Formvorschriften oder Gültigkeits-voraussetzungen zu beachten sind, liegt es im Ermessen des Grundbuchgerichts, ob es die als Eintragungsgrundlage präsentierte Urkunde als ausreichend erachtet (5 Ob 258/99y; 5 Ob 46/17a).
Wenn die Vorinstanzen die vorgelegte Benützungsregelung als ausreichend beweiswirkende Urkunde ansahen, ist dies nicht korrekturbedürftig. § 27 Abs 1 GBG ist dann nicht im strengsten Sinn des Wortlauts zu verstehen, wenn dies im Einzelfall unter Berücksichtigung der Art der Eintragung und ihres Zwecks nicht geboten ist (RIS-Justiz RS0110534). Dass die beiden nicht mit Seitenzahl versehenen Planskizzen nachträglich unterschoben worden wären, behauptet der Revisionsrekurswerber gar nicht. Der Beglaubigungsvermerk des Notars, der gemäß § 17 Abs 3 zweiter Satz WEG 2002 zumindest hinsichtlich eines Wohnungseigentümers vorliegen muss, setzt gemäß § 79 Abs 1 Z 3 NO nur voraus, dass die Partei die Unterschrift vor dem Notar setzt oder ausdrücklich anerkennt, dass die Unterschrift von ihr stammt. Eine Notwendigkeit, den Beglaubigungsvermerk zeitgleich mit der Unterschriftsleistung zu setzen, ist dem Gesetz daher nicht zu entnehmen. Eine ausdrückliche Aufsandungserklärung brauchte die Benützungsregelungsvereinbarung als bloß beweiswirkende Urkunde nicht zu enthalten. Dass die Mit- und Wohnungseigentümer ihre ausdrückliche Einwilligung zur „Anmerkung der Benützungsregelung gemäß § 828 Abs 2 ABGB“ erteilten, kommt schon aus diesem Grund keine Relevanz zu. Im Übrigen handelt es sich dabei um eine offensichtliche Fehlbezeichnung, ist doch eine Benützungsregelung im Sinn dieser Gesetzesstelle aufgrund des ob der gesamten Liegenschaft begründeten Wohnungseigentums rechtlich gar nicht möglich.
6. Ein der Beschlussfassung exakt entsprechender Antrag lag zuletzt vor. Über Verbesserungsauftrag erfolgte eine Einschränkung des ursprünglich auch § 2 Z 5 lit a des Vertrags umfassenden Antrags. Zwar darf das Grundbuchgericht gemäß § 96 Abs 1 GBG nicht mehr oder etwas anderes bewilligen als die Partei angesucht hat, ein Minus darf aber jedenfalls bewilligt werden (RIS-Justiz RS0060665). Die Einschränkung des schon ursprünglich auf eine Benützungsregelung iSd § 17 WEG 2002 abzielenden Antrags auf Ersichtlichmachung von § 2 Z 5 lit b und c der Benützungsregelung betrifft nur ein „Minus“ und kein anderes Recht als ursprünglich beantragt.
7. Eine inhaltliche substanzielle Prüfung der vorgelegten Benützungsvereinbarung hat nach der bereits zitierten Rechtsprechung nicht stattzufinden. Abgesehen davon wurden Einwendungen gegen die inhaltliche Ausgestaltung der Benützungsvereinbarung erstmals im Revisionsrekursverfahren erhoben. Der Rekurs befasste sich nur mit Formfragen in Bezug auf die vorgelegte Urkunde. Eine im Rechtsmittel an die zweite Instanz unterlassene Rechtsrüge kann aber im Revisionsrekurs nicht mehr nachgetragen werden (RIS-Justiz RS0043480 [T12]), was auch für unbekämpfte selbständige Streitpunkte gilt (RIS-Justiz RS0043480 [T22]). Auch aus diesem Grund ist auf die diesbezügliche Argumentation nicht weiter einzugehen.
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2018:0050OB00239.17H.0410.000 |
Dieses Dokument entstammt dem Rechtsinformationssystem des Bundes.