OGH vom 23.01.2017, 5Ob239/16g

OGH vom 23.01.2017, 5Ob239/16g

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Grohmann, Mag. Wurzer, Mag. Malesich und Mag. Painsi als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache des Antragstellers V***** B*****, vertreten durch Dr. Ramin Mirfakhrai, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegner 1. C***** N*****, vertreten durch Mag. Arno Pajek, Rechtsanwalt in Wien, sowie die übrigen Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft ***** als Zweit- bis Siebzehntantragsgegner, wegen § 21 Abs 3 iVm § 52 Abs 1 Z 8 WEG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 39 R 39/16y-16, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 52 Abs 2 WEG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Ob ausreichende Gründe vorliegen, den Verwaltungsvertrag auf Antrag eines Mit und Wohnungseigentümers aufzulösen, lässt sich immer nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilen (RISJustiz RS0111893). Die Beurteilung, ob ein bestimmtes Verhalten des Verwalters als grobe Vernachlässigung seiner Pflicht zu werten ist, eröffnet dabei einen gewissen Beurteilungsspielraum. Solange die Vorinstanzen ihre Entscheidung innerhalb dieses Beurteilungsspielraums treffen, liegt keine erhebliche Rechtsfrage vor (RISJustiz RS0042763).

2. Das Individualrecht auf Auflösung des Verwaltungsvertrags kann nur dann erfolgreich ausgeübt werden, wenn nach dem Verhalten des Verwalters begründete Bedenken gegen seine Treue und Interessenwahrungspflicht bestehen. Es muss sich dabei um Gründe handeln, die nach allgemeiner Verkehrsauffassung so gewichtig sind, dass die Wahrnehmung der Interessen der Wohnungseigentümer nicht mehr gesichert ist (RISJustiz RS0083249). Dabei ist im Hinblick auf das Verbot der Wiederbestellung (§ 21 Abs 3 WEG) zu berücksichtigen, dass durch eine solche Abberufung der Mehrheit der Mit und Wohnungseigentümer, die dem Verwalter weiterhin das Vertrauen schenken, also gegen die Abberufung sind, ein Verwalterwechsel aufgezwungen wird (RISJustiz RS0083249 [T7]). Es bedarf einer gravierenden, die Vertrauensbasis zerstörenden Pflichtverletzung (RISJustiz RS0083249 [T4]). Eine gegen diese Grundsätze verstoßende Fehlbeurteilung durch die Vorinstanz, die durch den Obersten Gerichtshof korrigiert werden müsste, zeigt der Revisionswerber nicht auf.

3. Nach den Feststellungen wurde der Erstantragsgegner (damals noch Wohnungseigentümer) im Jahr 2006 mit Beschluss der Eigentümergemeinschaft zum (Fremd)Verwalter der Liegenschaft bestellt. Sein Verwalterhonorar wurde je Kalenderjahr und Quadratmeter Nutzfläche des Hauses (1.924,71 m²) mit dem „gesetzlichen Betrag“ (§ 22 MRG iVm § 15a Abs 3 Z 1 MRG: zum 2,77 EUR/m²) festgesetzt. Er verwaltete nur diese Liegenschaft. Bereits seit 1985 hatte er die Verwaltungstätigkeit ausgeübt. Er ist nicht konzessionierter Immobilienmakler oder treuhänder und verfügt über keine Haftpflichtversicherung.

4. Der Antragsteller rechtfertigt die Abberufung des bestellten Hausverwalters – soweit relevant – mit dem Fehlen von Gewerbeberechtigung und Berufshaftpflichtversicherung.

5. Aus dem WEG ergibt sich keine Verpflichtung zur Bestellung eines zur Ausübung des Gewerbes der Immobilienverwalter (§ 94 Z 35 GewO 1994) berechtigten Gewerbetreibenden. Nach § 19 Satz 1 WEG kann die Eigentümergemeinschaft sowohl eine natürliche als auch eine juristische Person zum Verwalter bestellen. Bestellungsfähig sind nicht nur gewerblich konzessionierte Immobilienverwalter, sondern auch Privatpersonen, einschließlich eines zu diesem Zweck gegründeten Vereins, soferne diese nicht gewerbsmäßig im Sinn der GewO, also in Gewinnabsicht tätig werden (E. M. Hausmann in Hausmann/Vonkilch Österreichisches Wohnrecht³ § 19 WEG Rz 13; Würth/Zingher/Kovanyi II23 [2015] § 19 WEG Rz 4; 5 Ob 27/76 mwN = MietSlg 29.504). Auch die Bestellung eines Wohnungseigentümers zum Fremdverwalter ist nach der Rechtsprechung zulässig (5 Ob 246/03t mwN).

6. Die Verpflichtung zum Abschluss einer Vermögensschadenhaftpflichtversicherung besteht nach § 117 Abs 7 Satz 5 GewO 1994 nur für die zur Ausübung des Gewerbes der Immobilienverwalter berechtigten Gewerbebetreibenden, zu denen der Erstantragsgegner eben nicht zählt.

7. Der Antragsteller wirft dem Hausverwalter eine nach § 366 Abs 1 Z 1 GewO 1994 verbotene und mit Verwaltungsstrafe bedrohte Ausübung eines Gewerbes ohne entsprechende Berechtigung vor. Die Frage, ob ein (früherer) Wohnungseigentümer, der nur ein Haus um den pauschalen Auslagen/Kostenersatz des § 22 MRG (vgl RISJustiz RS0070206; RS0070214) verwaltet, tatsächlich in Gewinnerzielungsabsicht iSd § 1 Abs 2 GewO 1994 handelt (vgl RISJustiz RS0060304) und den Bestimmungen der GewO unterliegt, muss nicht beantwortet werden. Es gibt keinen Anhaltspunkt in Vorbringen und Feststellungen dafür, dass der Verwalter anlässlich seiner Bestellung und Bevollmächtigung vorgespiegelt oder den Anschein erweckt hat, konzessionierter Immobilienverwalter zu sein und über eine ausreichende Berufshaftpflichtversicherung zu verfügen. Entscheidet sich die Eigentümergemeinschaft zur Bestellung einer solchen Privatperson als Verwalter und kommt es zum Abschluss eines Bevollmächtigungsvertrags, kann dem Hausverwalter die Aufnahme und Führung seiner Verwaltertätigkeit nicht als gravierende, seine Abberufung rechtfertigende Verletzung von Verwalterpflichten vorgeworfen werden. In Wahrheit macht der Antragsteller mit seiner Argumentation zum Fehlen von Gewerberechtigung und Haftpflichtversicherung keine pflichtwidrige Führung der Verwaltung geltend, sondern versucht, die Wirkung des seit Jahren rechtswirksamen Bestellungsbeschlusses der Eigentümergemeinschaft über die Bestellung des Erstantragsgegners zum Hausverwalter, die auch im Grundbuch angemerkt wurde, zu beseitigen.

8. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2017:0050OB00239.16G.0123.000

Dieses Dokument entstammt dem Rechtsinformationssystem des Bundes.