OGH vom 24.03.2015, 4Ob49/15g
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Musger, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Rassi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei v*****Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Doralt Seist Csoklich, Rechtsanwalts Partnerschaft in Wien, gegen die beklagte Partei Ing. P***** K*****, vertreten durch Dr. Martin Leitner, Dr. Ralph Trischler, Rechtsanwälte in Wien, wegen Räumung (100.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 13 R 1/14h 37, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung:
Die Vorinstanzen wiesen das wegen titelloser Benützung erhobene Räumungsbegehren der klagenden Partei mit der wesentlichen Begründung ab, dass der Beklagte die Liegenschaft von der Republik Österreich als Rechtsvorgängerin der klagenden Partei erworben habe.
Die Revisionswerberin zeigt keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf.
Rechtliche Beurteilung
1. Die Entscheidung des Berufungsgerichts über eine Beweisrüge ist mängelfrei, wenn es sich mit dieser befasst, die Beweiswürdigung des Erstgerichts überprüft und nachvollziehbare Überlegungen über die Beweiswürdigung anstellt und in seinem Urteil festhält (RIS Justiz RS0043150; RS0043268). Diesen Anforderungen hat das Berufungsgericht jedenfalls entsprochen, weshalb der Vorwurf der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens unbegründet ist. Zudem ist das Berufungsverfahren nicht schon dann mangelhaft, wenn das Berufungsgericht nur auf weitere Beweisergebnisse verweist oder bislang nicht ins Treffen geführte Argumente zur Untermauerung der Richtigkeit der erstgerichtlichen Beweiswürdigung heranzieht (RIS Justiz RS0043461 [T7]).
2.1 Die angefochtene Entscheidung bedarf auch wegen der geltend gemachten „gehäuften Aktenwidrigkeiten“ keiner höchstgerichtlichen Korrektur. Eine Aktenwidrigkeit ist nämlich nur dann gegeben, wenn Feststellungen auf aktenwidriger Grundlage getroffen werden, das heißt, wenn der Inhalt einer Urkunde, eines Protokolls oder eines sonstigen Aktenstücks unrichtig wiedergegeben und deswegen ein fehlerhaftes Sachverhaltsbild der rechtlichen Beurteilung unterzogen wird (RIS Justiz RS0043347). Angebliche Fehler in der Wertung tatsächlicher Feststellungen können keine Aktenwidrigkeit begründen (9 ObA 104/88).
2.2 Der Vorwurf, das Berufungsgericht sei „aktenwidrig“ davon ausgegangen, dass ADir ***** als leitender Mitarbeiter des Finanzministeriums zum Verkauf der Liegenschaft an den Beklagten ermächtigt gewesen sei, kann eine Aktenwidrigkeit nicht belegen; Derartiges hat das Erstgericht nämlich ohnehin ausdrücklich festgestellt. Das Berufungsgericht hat sich auf der Tatsachenebene mit der Ermächtigung von ADir ***** ausführlich auseinandergesetzt und überdies den dazu von der klagenden Partei geltend gemachten Verfahrensmangel wegen angeblich fehlender erstgerichtlicher Beweiswürdigung mit eingehender Begründung ausdrücklich verneint (vgl RIS Justiz RS0042963; RS0030748). Dabei ist auch keine Verletzung der Grundsätze der Logik bzw ein Verstoß gegen die Denkgesetze erkennbar.
Aus diesen Erwägungen kann auch die dem Berufungsgericht in diesem Zusammenhang vorgeworfene Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes wegen aktenwidriger Annahme einer Tatsachenfeststellung keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung begründen.
2.3 Richtig ist, dass die im Zuge der Erledigung der Beweisrüge getroffene Aussage des Berufungsgerichts, die klagende Partei habe im erstinstanzlichen Verfahren nicht vorgebracht, dass eine Genehmigung des Ministeriums befristet gewesen und ungenützt abgelaufen sei, dem Akteninhalt widerspricht. Das Berufungsgericht lehnte die begehrte Ersatzfeststellung, dass die Frist ungenützt verstrichen sei, aber nicht nur mit aktenwidriger Begründung, sondern mit umfangreichen weiteren Argumenten ab. Die Aktenwidrigkeit erweist sich somit als nicht entscheidungswesentlich (RIS Justiz RS0043347 [T9]; Kodek in Rechberger , ZPO 4 § 471 Rz 7), weil die bekämpfte Feststellung, dass vor dem kein wirksamer Fristablauf vorgelegen sei, auch ohne diese Aktenwidrigkeit übernommen worden wäre.
3. Erwägungen der Tatsacheninstanzen, weshalb ein Sachverhalt als erwiesen angenommen wird, fallen in das Gebiet der nicht revisiblen Beweiswürdigung (RIS Justiz RS0043189 [T7]), weshalb die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Glaubwürdigkeit des Beklagten vom Obersten Gerichtshof nicht zu überprüfen sind. Insoweit die klagende Partei auch in diesem Zusammenhang eine aktenwidrige Begründung des Berufungsgerichts geltend macht, ist ihr entgegenzuhalten, dass sich das Berufungsgericht bei der Behandlung der damit im Zusammenhang stehenden Beweisrüge noch auf eine Reihe von anderen Beweisergebnissen stützte, weshalb einer allfälligen Aktenwidrigkeit keine Relevanz zukäme.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:OGH0002:2015:0040OB00049.15G.0324.000
Fundstelle(n):
NAAAD-59275