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OGH vom 16.03.2000, 2Ob41/00v

OGH vom 16.03.2000, 2Ob41/00v

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Austro Control Österreichische Gesellschaft für Zivilluftfahrt mbH, 1030 Wien, Schnirchgasse 11, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17 - 19, gegen die beklagte Partei H*****, vertreten durch Dr. Werner Walch, Rechtsanwalt in Wien, wegen restlich S 716.698,42 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom , GZ 2 R 198/99f-28, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom , GZ 15 Cg 122/97m-22, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

Die Anträge der beklagten Partei auf Einleitung von Normenprüfungsverfahren beim Verfassungsgerichtshof gemäß Art 89 Abs 1, 139 Abs 1 B-VG hinsichtlich der Gesetzmäßigkeit der Flugsicherungsan- und Abfluggebührenverordnung 1993 BGBl 1993/423 idF BGBl 1995/452 sowie gemäß Art 89 Abs 2, 140 Abs 1 B-VG hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des § 122 Abs 2 Luftfahrtgesetz werden zurückgewiesen.

Im Übrigen wird der Revision der beklagten Partei Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Klagebegehren des Inhalts, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen S 716.698,42 samt 4 % Zinsen aus S 11.048,48 seit , aus S 53.706,24 seit , aus S 67.836,64 seit , aus S 87.628,21 seit , aus S 102.725,81 seit , aus S 69.310,56 seit , aus S 75.680,64 seit , aus S 28.869,12 seit , aus S 35.521,92 seit , aus S 87.885 seit , aus S 86.900,69 seit sowie aus S 9.585,11 seit und die Prozesskosten zu bezahlen, abgewiesen wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei zu Handen ihres Vertreters binnen 14 Tagen die mit S 126.715,15 (hierin enthalten S 21.119,19 USt) bestimmten Prozesskosten erster Instanz, die mit S 56.531,60 (hierin enthalten S 19.880 Barauslagen und S 6.108,60 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens sowie die mit S 48.506 (hierin enthalten S 26.510 Barauslagen und S 3.666 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin des Bundesamtes für Zivilluftfahrt (Art I § 2 Abs 1 Austro-Control-Gesetz BGBl 1993/898). Die beklagte Partei ist ein gewinnorientiertes Unternehmen, das Rettungsflüge durchführt. Einen Teil der Kosten dieser Rettungsflüge tragen die jeweiligen "Kunden", den Rest übernimmt der ÖAMTC.

Die beklagte Partei ist Halterin mehrerer Luftfahrzeuge, die bei An- und Abflügen Flugsicherungsdienste und Einrichtungen der Klägerin am Flughafen I***** in Anspruch genommen haben. Es handelte sich hiebei um Hubschrauberflüge, die im Sichtflug zum Zwecke der Bergung von Vermissten und Unfallopfern durchgeführt wurden. Die Hubschrauber der Beklagten sind nur für den Sichtflug zugelassen und kommen auch nur in diesem zum Einsatz. Die von der Klägerin übernommene Luftsicherung muss dessenungeachtet die Hubschrauber der Beklagten im Rahmen ihrer Luft(raum)kontrolle in Evidenz halten und beobachten, um die Luftsicherheit gewährleisten zu können. Beim Instrumentenflug werden im Gegensatz zum Sichtflug die elektronischen Navigationseinrichtungen sowie das Instrumentenlandesystem und Radar, sohin kostspielige(re) Einrichtungen, direkt in Anspruch genommen.

Die klagende Partei hat der beklagten Partei für ihre Flugsicherungsdienste im Zeitraum April 1996 bis Februar 1997 Gebühren vorgeschrieben. Die beklagte Partei lehnt deren Zahlung mit der Begründung ab, dass es sich bei diesen Flugbewegungen um Notarzthubschraubereinsätze handle, die unter die Gebührenbefreiung des § 9 lit b Flugsicherungsan- und Abfluggebührenverordnung (FSAG-V) 1993 BGBl 1993/423 idgF fielen. Dem verfahrensgegenständlichen Gebührenanspruch der Klägerin liegen keine Flugbewegungen zugrunde, die im Zusammenhang mit Unfällen von Luftfahrzeugen erfolgt sind.

Mit ihrer am eingebrachten Klage begehrt die Klägerin von der Beklagten die Zahlung von An- und Abfluggebühren von S 716.698,42.

Die Höhe der Klagsforderung samt Fälligkeitszeitpunkten wurde von der beklagten Partei zuletzt außer Streit gestellt und das Klagebegehren - unter Hinweis auf den bereits erwähnten Ausnahmetatbestand für Flugbewegungen bei Notarzthubschraubereinsätzen einerseits sowie Geltendmachung von Argumenten gegen die Gesetzmäßigkeit der FSAG-V bzw Verfassungskonformität des maßgeblichen § 122 Abs 2 LFG - nur mehr dem Grunde nach bestritten.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Das Berufungsgericht gab der lediglich aus dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobenen Berufung der beklagten Partei nicht Folge. Es erklärte die ordentliche Revision für zulässig, weil der Oberste Gerichtshof in der ebenfalls einen Gebührenanspruch nach dem FSAG-V der klagenden Partei (dort für den Zeitraum Dezember 1993 bis Mai 1994) behandelnden Vorentscheidung 4 Ob 560, 561/95, der auch das Berufungsgericht folgte, "mangels Anlasses" zur Gesetz- bzw Verfassungsmäßigkeit der zitierten Bestimmungen keine Stellung genommen habe, sodass dieser Frage "übergeordnete Bedeutung" zukomme.

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision der beklagten Partei mit den Anträgen, die bekämpfte Entscheidung im Sinne einer vollständigen Klageabweisung abzuändern; in eventu werden auch Aufhebungsanträge gestellt. Schließlich werden hierin auch die aus dem Spruch ersichtlichen Anträge auf Einleitung von Normenprüfungsverfahren durch den Obersten Gerichtshof beim Verfassungsgerichtshof zwecks Aufhebung der davon betroffenen Bestimmungen gestellt.

Die klagende Partei hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage verneint und der Antrag gestellt wird, der Revision der Gegnerin den Erfolg zu versagen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und auch berechtigt.

Der Oberste Gerichtshof hat zwar bereits in der von den Vorinstanzen herangezogenen Entscheidung 4 Ob 560, 561/95 (ecolex 1996, 168 [nur Leitsatz]; RIS-Justiz RS0088990, 0088992, 0098994 und 0088995) zwischen denselben Parteien (die hier Beklagte war dort zweitbeklagte Partei) zur Auslegung des Begriffes "Such- und Rettungsflüge" in § 9 lit b FSAG-V ausführlich Stellung bezogen, ohne hiegegen verfassungsrechtliche Bedenken zu artikulieren, wozu er jedoch (im Übrigen ebenso wie das Berufungsgericht) - hätte er solche gehegt - ohnedies auch von Amts wegen gemäß Art 89 Abs 2 iVm Art 139 Abs 1, 140 Abs 1 B-VG verpflichtet gewesen wäre, und ist dort - in ausführlicher rechtshistorischer wie auch rechtssystematischer Auslegung - zum Ergebnis gekommen, dass von den Flugsicherungsstreckengebühren und Flugsicherungsan- und Abfluggebühren nach § 9 der zitierten Verordnung nur Such- und Rettungsflüge im Zusammenhang mit einem Unfall eines Zivilluftfahrzeuges befreit sind; Flüge von Notarztjets und "Christophorus"-Hubschraubern zur Suche und Bergung von Vermissten und Abgängigen oder zur Versorgung von Verünglückten und zur Beförderung von Arzneimitteln etc genießen keine Gebührenbefreiung. In einer (weiteren) Entscheidung 6 Ob 1503/96 hat der Oberste Gerichtshof überdies und ergänzend ausgeführt, dass die FSAG-V gerade die gleichmäßige Aufteilung der gesamten Kosten für die Flugsicherung nach einem festgelegten Berechnungsschlüssel grundsätzlich für alle An- und Abflüge bezweckt; die Festsetzung und (im Falle der Nichtzahlung auch) gerichtliche Geltendmachung dieser öffentlich-rechtlichen Gebührenansprüche, insbesondere wenn sich der Staat (wie hier) zur Erfüllung besonderer Rechtsträger bedient, ist durch die Verfassung nicht verwehrt.

Seit der zitierten Entscheidung des vierten Senates hat sich nun die Rechtslage insoweit (entscheidungswesentlich) geändert, als zwar § 122 Abs 2 des LFG nach wie vor unverändert in Geltung steht, jedoch der § 9 der zitierten FSAG-V, dessen Stammfassung BGBl 1993/423 noch der damals erkennende Senat anzuwenden gehabt hatte, zwischenzeitlich durch die Novelle BGBl 1995/452 gänzlich neugefasst und erweitert worden ist. Diese novellierte Fassung trat nach ihrem ebenfalls geänderten § 11 Abs 3 am in Kraft und ist somit auf die hier verfahrensgegenständlichen, erst nach diesem Zeitpunkt gelegenen Gebühren- und Abrechnungszeiträume anzuwenden.

Rechtsgrundlage für die verfahrensgegenständliche Gebührenvorschreibung bildet im Rahmen der unstrittig in den Bereich der Hoheitsverwaltung fallenden Flugsicherung (RIS-Justiz RS0050214) der bereits mehrfach genannte § 122 Abs 2 LFG iVm der darauf fußenden FSAG-V (Einleitungspräambel BGBl 1993/428 und BGBl 1995/452). Bereits das Berufungsgericht hat der Rechtsmittelwerberin - zum Vorwurf der mangelnden Determiniertheit der erstgenannten Bestimmung - mehrere Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes entgegengehalten, in denen dieser vergleichbare Ermächtigungen zur Erlassung von Gebührenordnungen im Zusammenhang ebenfalls mit Gebührenvorschreibungen im Luftfahrbereich für verfassungskonform erachtete (so die Erkenntnisse B 2511/94 vom , sowie B 2113, 2114/94, 2126/94, 663/95 ebenfalls vom jeweils zum vergleichbaren Art I § 6 Abs 2 Austro-Control-Gesetz BGBl 1993/898 iVm Austro-Control-Gebührenverordnung [ACGV] BGBl 1994/2). Gegen diese zutreffenden Ausführungen vermag die Revision keine inhaltlich neuen Argumente ins Treffen zu führen. Dem Hinweis in der Revision auf das - § 30 DüngemittelG samt Verordnungsermächtigung zur Festsetzung von Registergebühren aufhebende - Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg 13.309 ist entgegenzuhalten, dass die Vorschreibung einer Gebühr nach dem Aufwand für eine Überwachungstätigkeit, die nicht näher gesetzlich determiniert, sondern (ausschließlich) im Ermessen der Behörde gelegen ist, hier gerade nicht vorliegt, sodass auch kein Widerspruch zu Art 18 Abs 2 B-VG zu ersehen ist. Zutreffend verweist in diesem Zusammenhang aber auch die Revisionsgegnerin darauf, dass die von der beklagten Partei in ihrer Revision für ihren Rechtsstandpunkt ebenfalls zugrunde gelegte Textierung des Art 9 Z 1 lit a des Beschlusses Eurocontrol (von der Gebühr befreit sind "Flüge, die auf ihrem gesamten Streckenteil nach Sichtflugregeln durchgeführt werden") nicht mehr dem geltenden Wortlaut entspricht, weil danach (Fassung laut letzter maßgeblicher Änderung vom gemäß Kundmachung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom , ÖNfL I-B 10/95; ebenso nunmehr Art 8 Z 1 lit a in der am in Kraft getretenen konsolidierten Fassung auf Grund des Beschlusses Nr. 57 der Anwendungsbedingungen für das Flussicherungsstreckengebührensystem und der Zahlungsbedingungen, ÖNfl I B 93/1999) eine - wie von der Revisionswerberin vertretene - generelle Gebührenbefreiung für Sichtflüge ("VFR-Flüge") nicht (mehr) besteht, sondern nur noch für gemischte VFR/IFR-Flüge im Luftraum solcher Vertragsstaaten, "in denen für VFR-Flüge keine Gebühr erhoben wird", was aber für Österreich gerade nicht zutrifft. Gerade diese Änderung der Bestimmung wird in der Revision übersehen. Im Übrigen hat auch der 4. Senat des Obersten Gerichtshofes bereits diesen Beschluss der Erweiterten Kommission von Eurocontrol in dieser nunmehr geltenden Fassung seiner Entscheidung zugrunde gelegt, sodass sich jedenfalls insoweit keine Rechtsänderung seither (zugunsten der beklagten Partei), welche ein Abgehen von der Entscheidung 4 Ob 560, 561/95 rechtfertigen könnte, ergeben hat. Zu einer Anrufung des Verfassungsgerichtshofes wegen Verfassungswidrigkeit des § 122 LFG sieht sich der Oberste Gerichtshof daher auch auf Grund des Vorbringens im vorliegenden Verfahren, speziell der Revision der beklagten Partei, nicht veranlasst.

Zu untersuchen bleibt damit die Gebührenausnahmevorschrift des § 9 FSAG-V. Während - ausgehend vom dort verfahrensgegenständlichen Gebührenzeitraum Dezember 1993 bis Mai 1994 im der Vorentscheidung 4 Ob 560, 561/95 zugrunde liegenden Verfahren 26 C 1002/94v des Bezirksgerichtes Innsbruck - die zitierte Verordnung (speziell deren § 9) noch in ihrer Stammfassung gemäß BGBl 1993/423 anzuwenden war, liegen dem nunmehrigen Verfahren Gebühren der Monate April 1996 bis Februar 1997 zugrunde, für welche sohin § 9 der FSAG-V-Novelle 1995 BGBl 452, in Kraft getreten am , anzuwenden ist. Insoweit ist somit gegenüber der zitierten Vorentscheidung zwischenzeitlich eine Änderung der Rechtslage eingetreten, die somit eine Neubewertung erfordert.

§ 9 FSAG-V idF BGBl 1993/423, wie er vom vierten Senat des Obersten Gerichtshofes anzuwenden war, hatte folgenden Wortlaut:

"Ausnahmen von der Gebührenpflicht

§ 9. Von der Gebührenpflicht sind befreit:

a) Flüge zur Kontrolle oder Vermessung von Funknavigationshilfen;

b) Such- und Rettungsflüge;

c) Einsatzflüge gemäß § 145 des Luftfahrtgesetzes."

Durch die FSAG-V-Novelle 1995 BGBl 452 erhielt § 9 folgenden neuen Wortlaut:

"Ausnahmen von der Gebührenpflicht

§ 9. (1) Von der Gebührenpflicht sind befreit:

a) Flüge, die auf Flughäfen starten und landen und dabei ausschließlich die in luftfahrtüblicher Weise verlautbarten Segelflugbereiche benützen;

b) Flüge mit zivilen Luftfahrzeugen, die Fallschirmspringer absetzen;

c) Such- und Rettungsflüge;

d) Einsatzflüge gemäß § 145 des Luftfahrtgesetzes.

(2) Die Ausnahme von der Gebühr gemäß Abs 1 lit b kann nur vor der Durchführung des Fluges durch entsprechende Angaben im Flugplan geltend gemacht werden."

Aus der Gegenüberstellung dieser beiden Fassungen ergibt sich zunächst, dass die auch hier relevanten lit c und d (vormals lit b und c) sprachlich und inhaltlich unverändert geblieben sind. Anstelle der früheren lit a traten jedoch zwei neue lit (Ausnahmen von der Gebührenpflicht für Segelflugbereiche und Flüge mit zivilen Luftfahrzeugen zur Absetzung von Fallschirmspringern).

Der vom Verordnungsgeber verwendete Begriff der "Such- und Rettungsflüge" wurde sowohl in der Stammfassung (lit b) als auch in der novellierten Fassung (lit c) weit gefasst. Anders als die Ausnahme für "Einsatzflüge" (lit c, nunmehr lit d) enthielt und enthält die Verordnung auch keine (jedenfalls unmittelbare) Bezugnahme auf die Bestimmungen des LFG (wie sie der vierte Senat auf dessen § 135 leg cit im interpretativen Wege reduzierte). Ob für eine solche einschränkende Interpretation - weiterhin - Platz ist, kann dahingestellt bleiben, und zwar aus folgenden Erwägungen:

Neben der Gesetzgebung ist auch die Vollziehung durch den verfassungsmäßig verankerten Gleichheitsgrundsatz (Art 2 StGG; Art 7 B-VG) gebunden, der heute als umfassendes Willkürverbot verstanden wird (Walter/Mayer, Grundriß des österr Bundesverfassungsrechts8 Rz 1354; 1 Ob 151/98g). Zur Vermeidung interpretativer Widersprüche zum Verfassungsrecht trifft hiebei die Gerichte grundsätzlich die Pflicht zu einer demgemäß immer gebotenen, dem äußerst möglichen Wortsinn eines Gesetzeswortlautes nicht widersprechenden verfassungskonformen Auslegung (Bydlinski in Rummel, ABGB2 Rz 21 zu § 6 mwN; RIS-Justiz RS0052446); wenn zwei oder mehrere Auslegungsvarianten (denk-)möglich sind, gebührt der verfassungskonformen Auslegung der Vorrang, weil davon auszugehen ist, dass der (einfache) Normen-(Gesetz-, Verordnungs-)geber bemüht ist, Verfassungswidrigkeiten in einfachen Gesetzen oder Verordnungen zu vermeiden (vgl 8 ObA 92/97f). Ausnahmetatbestände müssen - innerhalb dieser verfassungsmäßig gezogenen Grenzen - dem Gebot der Sachlichkeit entsprechen; alle Rechtsvorschriften müssen gegenüber allen Staatsbürgern gleichmäßig angewendet werden. Der Gleichheitssatz gestattet somit nur sachlich gerechtfertigte Differenzierungen (Mayer, Kurzkommentar zum B-VG2 463 ff). Für die Beurteilung der Sachlichkeit ist in entscheidendem Maße das Interesse, das mit den betreffenden Maßnahmen geschützt ist, von Bedeutung. Gleichartige Interessen dürfen nicht grundlos unterschiedlich behandelt werden. Auch wenn der Normsetzer einen Gestaltungsspielraum hat (VfSlg 11.369, 12.227), so muss er diesen doch unter Beachtung der vorstehenden Grundsätze nützen. Betrachtet man nun die Gebührenausnahmen des § 9 FSAG-V unter diesem Aspekt, so zeigt sich, dass - gegenüber der Stammfassung neu und zusätzlich - hievon überhaupt Flüge mit zivilen Luftfahrzeugen befreit sind, die Fallschirmspringer absetzen (Abs 1 lit b). Diese Befreiung begünstigt - wie in der Revision zu Recht hervorgehoben wird - ausschließlich bestimmte sportliche und freizeitliche Aktivitäten. Würde man nun - wie dies der Oberste Gerichtshof in der Vorentscheidung formulierte, für die allerdings noch die eine solche Ausnahme nicht enthaltende Stammfassung des § 9 leg cit maßgeblich war - die Befreiung für "Such- und Rettungsflüge" weiterhin auf die Flüge iSd § 135 LFG beschränken, so entstünde in der Tat eine gravierend unsachliche Situation: Die hier zur Beurteilung anstehenden Flüge dienen nämlich ausschließlich der notwendigen Rettung aus lebensbedrohenden oder zumindest aus erheblich gesundheitsbedrohenden Gefahrensituationen; diese Aufgabe ist - wie sich ua aus § 19 Sicherheitspolizeigesetz BGBl 1991/566 ergibt - eine grundsätzlich öffentliche Aufgabe (Abs 1:

"Sind Leben, Gesundheit, Freiheit oder Eigentum von Menschen gegenwärtig gefährdet oder steht eine solche Gefährdung unmittelbar bevor, so trifft die Sicherheitsbehörden die erste allgemeine Hilfeleistungspflicht ...", und zwar gemäß Abs 4 "ungeachtet der Zuständigkeit einer anderen Behörde zur Abwehr der Gefahr; sie endet mit dem Einschreiten der zuständigen Behörde, der Rettung oder der Feuerwehr"), ist also eine Aufgabe, die vom (Bundes-)Gesetzgeber als eine Angelegenheit im Interesse der Allgemeinheit festgelegt wurde. Würde man sohin - im Geltungsbereich der neu formulierten Verordnungsbestimmungen - die seinerzeitige Auslegung des Begriffs "Such- und Rettungsflüge" durch den vierten Senat des Obersten Gerichtshofes fortschreiben, so wären zwar bestimmte sportliche Veranstaltungen gebührenbefreit und damit (ausschließlich) private Interessen wesentlich begünstigt; Flüge hingegen, die dem öffentlichen Interesse der Rettung von Menschen aus existentiellen Gefahren dienen, wären ohne eine solche Ausnahme mit der vollen Gebühr belastet. Da nach § 122 Abs 2 dritter Satz LFG die Gebührensätze für die bestehenden Flugsicherungseinrichtungen so zu bemessen sind, dass der mit der Flugsicherung verbundene Personal- und Sachaufwand (zu ergänzen: zur Gänze) gedeckt wird, würde eine solche Fortschreibung einer solcherart einschränkenden Auslegung des Weiteren bedeuten, dass die bei einem Such- oder Rettungsflug anfallende Gebühr notwendigerweise so zu bemessen ist, dass sie zumindest anteilig auch den Aufwand mitzudecken in der Lage ist, der durch Fallschirmspringerflüge verursacht wird. Eine solche Auslegung wäre jedoch im Lichte des Gleichheitsgrundsatzes und des ihm immanenten Sachlichkeitsgebotes unzulässig, weil er für solche sportliche und freizeitliche Aspekte eine gleichheitswidrige Privilegierung schüfe. Die Bejahung der (vollen) Gebührenpflicht auch für Such- und Rettungsflüge würde im Ergebnis ein gleichheitswidriges Sonderopfer zu Gunsten dieser privilegierten Personengruppe bedeuten. Eine dem Gleichheitsprinzip somit entsprechende verfassungskonforme Interpretation der strittigen Bestimmung erfordert daher die Auslegung, dass der Begriff "Such- und Rettungsflüge" in § 9 Abs 1 lit c FSAG-V auch auf diejenigen Flüge zu erstrecken ist, welche der Rettung und der Bergung von Menschen dienen, auch wenn diese nicht im Zusammenhang mit dem Unfall eines Zivilluftfahrzeuges steht.

In diesem Sinne kommt daher der Revision der beklagten Partei, welche in ihrem Rechtsmittel diese Ungereimtheiten aufgezeigt hat, Berechtigung zu. Demgemäß waren die klagestattgebenden Urteile beider Vorinstanzen im Sinne einer gänzlichen Klageabweisung abzuändern.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Dabei wurden bloß die Kosten für die "gutachterliche Stellungnahme" nicht zugesprochen, weil diese einerseits ziffernmäßig nicht bescheinigt sind (§ 54 Abs 1 ZPO) und andererseits ausschließlich die rechtliche (verfassungsmäßige) Beurteilung der Sache betreffen, deren Lösung ohnedies von Amts wegen den Gerichten obliegt.

Zurückzuweisen waren schließlich die aus dem Spruch näher ersichtlichen Anträge auf Befassung des Verfassungsgerichtshofes. Es entspricht nämlich der ständigen Rechtsprechung, dass den Parteien ein Antragsrecht auf Befassung des Verfassungsgerichtshofes nicht zukommt (SZ 68/89, 70/91; RS0053805)