OGH vom 20.05.2020, 6Ob30/20k
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Schramm als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek, Dr. Nowotny sowie die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen A*****, geboren ***** 2006, und J*****, geboren ***** 2007, vertreten durch das Land Vorarlberg (Bezirkshauptmannschaft Bregenz, 6900 Bregenz, Bergmannstraße 1) als Kinder- und Jugendhilfeträger, über den Revisionsrekurs der Minderjährigen gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch als Rekursgericht vom , GZ 3 R 218/19k-171, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Bregenz vom , GZ 7 Pu 86/19p-167, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass G*****, als Vater der Minderjährigen A***** und J***** schuldig ist, diesen ab jeweils einen um 30 EUR erhöhten monatlichen Unterhaltsbeitrag, somit jeweils insgesamt 480 EUR, zu zahlen, und zwar die bereits fällig gewordenen Beiträge binnen 14 Tagen und die künftig fällig werdenden Beiträge jeweils zum Monatsersten im Vorhinein.
Das Mehrbegehren der Minderjährigen, ihren Vater ab zu einer weiteren monatlichen Unterhaltsleistung von jeweils 16 EUR, insgesamt daher je 496 EUR zu verpflichten, wird abgewiesen.
Text
Begründung:
Die Minderjährigen A***** und J***** sind die Kinder von P***** und G*****. Der Vater war zuletzt zu einem monatlichen Unterhaltsbeitrag von 331 EUR für A***** und 275 EUR für J***** verpflichtet worden. Er ist für ein weiteres, 2012 geborenes Kind und für seine Ehegattin N***** sorgepflichtig. Sein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen beträgt 3.183 EUR.
Die Minderjährigen beantragten für den Zeitraum ab unter Berücksichtigung des vom Vater je Kind zu beziehenden halben Familienbonus Plus die Erhöhung seiner Geldunterhaltspflicht auf jeweils 590 EUR.
Das erhöhte die Verpflichtung des Vaters ab auf jeweils 450 EUR monatlich. Die Unterhaltsbemessungsgrundlage sei je Kind um den halben Familienbonus Plus, daher insgesamt um 125 EUR auf 3.308 EUR zu erhöhen. Die Kinder hätten unter Berücksichtigung der weiteren Sorgepflichten einen Anspruch auf je 15 % der Bemessungsgrundlage. Die Anrechnung der Transferleistungen habe stattzufinden, ohne dass der Familienbonus Plus dabei noch einmal zu berücksichtigen sei. Daraus ergebe sich ein Unterhaltsbeitrag von 449,67 EUR (rund 450 EUR) pro Kind.
Das gab dem auf Erhöhung des Unterhaltsbeitrags pro Kind um weitere 62 EUR (auf insgesamt 512 EUR) gerichteten Rekurs der Minderjährigen nicht Folge und ließ den Revisionsrekurs zu, weil die Berücksichtigung des Familienbonus Plus bei Anrechnung der Transferleistungen höchstgerichtlich nicht geklärt sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Minderjährigen ist , er ist teilweise auch .
Nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs handelt es sich beim Familienbonus Plus – so wie beim Unterhaltsabsetzbetrag – um einen echten Steuerabsetzbetrag. Der Gesetzgeber hat den Familienbonus Plus mit der Zielsetzung eingeführt, die verfassungsrechtlich gebotene steuerliche Entlastung der Geldunterhaltspflichtigen nunmehr durch die erwähnten steuergesetzlichen Maßnahmen herbeizuführen. Dadurch findet eine Entkoppelung von Unterhalts- und Steuerrecht statt. Die verfassungsrechtlich gebotene steuerliche Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen erfolgt nunmehr durch den Familienbonus Plus und den Unterhaltsabsetzbetrag. Der Familienbonus Plus ist nicht in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen; eine Anrechnung von Transferleistungen findet nicht mehr statt. Familienbonus Plus und Unterhaltsabsetzbetrag bleiben damit unterhaltsrechtlich neutral (4 Ob 150/19s; RS0132928).
Bei Bekämpfung der rechtlichen Beurteilung hat der Oberste Gerichtshof die materiell-rechtliche Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung nach allen Richtungen hin zu prüfen (RS0043352). Daher ist bei Ausmessung des Unterhalts der Minderjährigen zu berücksichtigen, dass der Familienbonus Plus nicht in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen – und der Vater daher auch nicht auf dessen Bezug anzuspannen (6 Ob 1/20w mwN) – ist.
Der Unterhaltsbemessung ist daher das durchschnittliche Monatsnettoeinkommen des Vaters von 3.183 EUR zugrunde zu legen. Die Anrechnung von Transferleistungen hat zur Gänze zu unterbleiben. Im Hinblick auf die vom Gesetzgeber getroffene pauschalierende Maßnahme kommt es auch auf die im Revisionsrekurs angesprochene Höhe des Grenzsteuersatzes, dem das Einkommen des Unterhaltspflichtigen unterliegt, nicht an.
Angesichts der weiteren Sorgepflicht des Vaters für jeweils ein weiteres Kind im Alter unter 15, ein Kind im Alter unter zehn Jahren und für seine Ehefrau stehen den Minderjährigen 15 % der Unterhaltsbemessungsgrundlage zu, sohin jeweils 477,45 EUR. Dieser Betrag ist auf 480 EUR monatlich zu runden (Gitschthaler, Unterhaltsrecht4 [2019] Rz 536a/2; vgl 6 Ob 1/20w).
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2020:0060OB00030.20K.0520.000 |
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Fundstelle(n):
FAAAD-59055