OGH 27.02.2017, 6Ob30/17f
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** S*****, vertreten durch Dr. Andres Pfleger, Rechtsanwalt in München und dem Einvernehmensanwalt Mag. Andreas Köttl, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei P***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Hans-Moritz Pott, Rechtsanwalt in Schladming und Liezen wegen 67.925,80 EUR sA und Feststellung (Streitwert 5.000 EUR) über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 142/16a-74, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1.1. Wer den Schiverkehr im Bereich einer künstlichen oder natürlichen Gefahrenquelle eröffnet oder unterhält, hat die Pflicht zur Sicherung des Verkehrs und zur Ergreifung der nach der Verkehrsauffassung erforderlichen und zumutbaren Schutzmaßnahmen (RIS-Justiz RS0023326). Dabei ist der Pistenhalter am Sorgfaltsmaßstab des § 1299 ABGB zu messen (RIS-Justiz RS0023326 [T18]).
1.2. Im Rahmen seiner Verkehrssicherungspflicht sind der Pistenhalter und seine Leute grundsätzlich verpflichtet, dort entsprechende Schutzmaßnahmen zu ergreifen, wo den Schifahrern durch nicht oder schwer erkennbare Hindernisse Gefahren drohen (RIS-Justiz RS0023255). Der Pistenhalter muss stets mit einem Sturz von Schifahrern über den Pistenrand hinaus rechnen (RIS-Justiz RS0023499). Wenn der Pistenbetreiber außerhalb der Piste selbst ein (künstliches) Hindernis schafft, dann muss er dieses auch wieder entfernen, jedenfalls aber entsprechend absichern, damit es für vernünftige Durchschnittsfahrer keine ernstliche Gefahr darstellen kann, wenn er damit rechnen muss, dass Schifahrer von der Piste in dieses ungesicherte Gelände abkommen (1 Ob 75/00m).
1.3. Die den Pistenhalter treffende Pistensicherungspflicht bedeutet nicht die Verpflichtung, den Schifahrer vor jeder möglichen Gefahr zu schützen. Der Pistenhalter und seine Leute sind zur Ergreifung entsprechender Schutzmaßnahmen vielmehr nur dann verpflichtet, wenn den Schifahrern atypische, also solche Gefahren drohen, die unter Bedachtnahme auf das Erscheinungsbild und den angekündigten Schwierigkeitsgrad der Piste auch für einen verantwortungsbewussten Schifahrer unerwartet auftreten oder schwer abwendbar sind. Das gilt jedenfalls für solche Hindernisse, die der Schifahrer nicht ohne weiteres erkennen oder die er trotz Erkennbarkeit nur schwer vermeiden kann (1 Ob 41/00m; RIS-Justiz RS0023417). Ob es sich bei dem konkreten Hindernis um ein solches handelt, mit dem der Schifahrer ausgehend vom konkreten Charakter der Piste rechnen musste und es auch nicht erkennen konnte, ist regelmäßig eine Frage des Einzelfalls (RIS-Justiz RS0023417 [T3]).
1.4. Für die Art und den Umfang der Pistensicherungspflicht ist das Gesamtverhältnis zwischen der Größe und der Wahrscheinlichkeit der atypischen Gefahr sowie ihre Abwendbarkeit einerseits durch das Gesamtverhalten eines verantwortungsbewussten Benützers der Piste und andererseits durch den Pistenhalter mit nach der Verkehrsauffassung adäquaten Mitteln maßgebend (RIS-Justiz RS0023469 [T8]). Ob in diesem, im Wesentlichen von der konkreten örtlichen Situation abhängigen Rahmen die Pistenhalterin das ihr Zumutbare unterlassen hat, entzieht sich wegen der Einzelfallbezogenheit generellen Aussagen (RIS-Justiz RS0023237 [T3]).
2. Im vorliegenden Fall verließ der Kläger bei seiner Abfahrt die Piste, welche im Übrigen als schwarze Piste markiert war. Der Kläger hatte nach den Feststellungen der Vorinstanzen eine gute Sichtmöglichkeit und hätte die Trittstufen erkennen können. Angesichts der großen Breite der Piste von 80 m ist in der Auffassung der Vorinstanzen, die beklagte Partei habe mit Stürzen im Bereich der außerhalb der Piste vorhandenen Trittstufen nicht rechnen müssen, keine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung zu erblicken. Wenn die Vorinstanzen darauf abstellten, dass die Trittstufen für den Kläger nicht überraschend auftauchten, so hielten sie sich damit im Rahmen der Rechtsprechung, die für die Abgrenzung von typischen und atypischen Gefahren auch das Überraschungsmoment heranzieht (RIS-Justiz RS0023417 [T10]).
3. Damit bringt die Revision aber keine Rechtsfragen der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Bedeutung zur Darstellung, sodass diese spruchgemäß zurückzuweisen war.
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** S*****, vertreten durch Dr. Andres Pfleger, Rechtsanwalt in München und dem Einvernehmensanwalt Mag. Andreas Köttl, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei P***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Hans-Moritz Pott, Rechtsanwalt in Schladming und Liezen wegen 67.925,80 EUR sA und Feststellung (Streitwert 5.000 EUR) im Verfahren über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 142/16a-74, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revisionsbeantwortung wird zurückgewiesen.
Der Antrag auf Zuspruch von Kosten wird abgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Die Revisionsbeantwortung der beklagten Partei langte beim Obersten Gerichtshof am ein. Bereits am erging jedoch die Sachentscheidung. Die Revisionsbeantwortung war daher spruchgemäß zurückzuweisen.
Kosten waren nicht zuzusprechen, weil die Revisionsbeantwortung nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war (§ 508a Abs 2 ZPO).
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2017:0060OB00030.17F.0227.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
BAAAD-59039