OGH vom 01.03.2017, 5Ob237/16p
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen Dr. Grohmann, Mag. Wurzer, Mag. Malesich und Mag. Painsi als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache des Antragstellers Mag. Dr. P***** G*****, vertreten durch Dr. Michael Ott und Mag. Christoph Klein, Rechtsanwälte in Wien, gegen die Antragsgegner 1. Fachverband *****, und 2. Eigentümergemeinschaft des Hauses *****, beide vertreten durch Dr. Wilhelm Schlein, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 2 iVm §§ 3, 6 MRG, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 38 R 9/16d13, mit dem der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom , GZ 42 Msch 40/14t9, aufgehoben wurde, den
Sachbeschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird in Ansehung des Begehrens auf Wiederherstellung eines Kaminanschlusses für das Vorzimmer der Wohnung Nr *****, bestätigt.
Im Übrigen wird der angefochtene Beschluss dahin abgeändert, dass der Sachbeschluss des Erstgerichts in Ansehung der Erneuerung oder Abdichtung der kompletten Gasleitung in der genannten Wohnung einschließlich der Durchführung aller Vor- und Nacharbeiten (Punkt 1. erster und dritter Absatz) wiederhergestellt wird.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Mit Mietvertrag vom mietete der Vater des im Jahr 1947 geborenen Antragstellers die gegenständliche Wohnung von seinem Onkel, dem damaligen Liegenschaftseigentümer. Die Liegenschaft wurde vom Bruder des Mieters verwaltet. Das Mietverhältnis begann am und wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen. Der Mieter bestätigte im Mietvertrag, das Mietobjekt im guten Zustand übernommen zu haben und verpflichtete sich, es auf eigene Kosten im guten Zustand zu erhalten sowie eventuelle Beschädigungen unverzüglich zu beheben. Er verzichtete auf das Recht, die Instandhaltungen im Inneren des Mietobjekts vom Vermieter zu fordern.
Zum Zeitpunkt der Anmietung war ein Badezimmer im hinteren Bereich sowie ein Duschbadezimmer im vorderen Bereich vorhanden. Es gab eine Dampfwasserheizung. Durch einen Heizkessel wurde heißer Dampf erzeugt. Es kann nicht festgestellt werden, ob der dazugehörige Ofen mit festen Brennstoffen oder mit Gas betrieben wurde. Der Heizkessel für die Dampfwasserheizung blieb in einem hinteren Raum der Wohnung bestehen. Die Dampfwasserheizung selbst wurde in den 1950er Jahren außer Betrieb genommen.
Es kann nicht festgestellt werden, seit wann eine Gasleitung in der Wohnung vorhanden war und von wem diese installiert wurde. Bereits in der Kindheit des Antragstellers, jedenfalls in den 1950er Jahren, war ein Gasanschluss vorhanden, weil in der Küche mit einem Gasherd gekocht wurde. Im Jahr 1960 wurde eine zuvor bestehende Gasleitung im Haus erneuert. 1961 und 1968 ließ der Vormieter die Gasleitung auf seine Kosten erweitern. Dabei wurden mehrere Meter Rohrleitungen neu verlegt. Diese Arbeiten erfolgten mit Wissen und Einverständnis des Hausverwalters, der selbst im Haus wohnte.
Nach dem Tod seines Vaters 1971 traten der Antragsteller und seine Mutter in die Mietrechte ein. Seit dem Tod der Mutter im Jahr 2011 ist der Antragsteller alleiniger Hauptmieter.
1977 erfolgte die Umstellung von Stadt auf Erdgas. Dabei wurde geprüft, welche Gasgeräte auf das neue Erdgas umgestellt bzw umgebaut werden konnten. Laut Schreiben der Wiener StadtwerkeGaswerke vom war dies bei zwei Heizgeräten in der Wohnung nicht der Fall. Für einen Groß und einen Kleingaswasserheizer sowie ein Heizgerät wurden die Umbaukosten bekannt gegeben. Der Umbau für den Gasherd erfolgte kostenlos. Die Mutter des Antragstellers ließ auf ihre Kosten die Gasanlage instandsetzen und erweitern. Dabei wurden 18 Meter Rohrleitungen unter Putz neu verlegt. Im Lauf der Jahrzehnte ließen die Mieter die Gasgeräte erneuern und regelmäßig warten. Die gesamte Wohnung wurde durch Gasgeräte beheizt. Es wurde auch weiter ein Gasherd zum Kochen verwendet.
1983/1984 wurde das vierstöckige Haus um drei Geschoße aufgestockt. Die Zahl der Kamine wurde von 90 auf 58 reduziert. Ein zur Wohnung des Antragstellers gehörender Kamin, an den das Gasheizgerät im Vorzimmer angeschlossen war, wurde abgemauert, was den Mietern nicht bekannt war. Der Gaskonvektor im Vorraum wurde weiter betrieben, obwohl dieser an den abgemauerten, nicht mehr funktionsfähigen Kamin angeschlossen war. Erst im Zuge einer Überprüfung durch den Rauchfangkehrer im März 1994 wurde dies festgestellt, weshalb am ein Heizverbot für das Heizgerät erlassen wurde. Der vordere Teil der Wohnung konnte daher nicht mehr beheizt werden. Der Antragsteller ersuchte den Hausverwalter mit Schreiben vom um baldige Sanierung durch Wiederinstandsetzung des Kamins. In einer gutachterlichen Stellungnahme wurde die Errichtung einer wärmegedämmten Poterie vorgeschlagen, um an den Kamin Nr 48 ein weiteres Gasgerät sowie die Abgasleitung eines Durchlauferhitzers im Bad anzuschließen. Im Auftrag und auf Kosten des Liegenschaftseigentümers wurde im Vorzimmer und im Duschbadezimmer eine solche Poterie errichtet, an die das Gasheizgerät im Vorzimmer und das Abgasrohr für den Durchlauferhitzer im Duschbadezimmer angeschlossen wurden. Diese Geräte konnten daher wieder in Betrieb genommen werden. Das Heizgerät beheizte den Vorraum mit 21,57 m2, einen weiteren Vorraum von 3,92 m2, das Duschbadezimmer mit 3,19 m2 sowie durch das Offenlassen der Türen auch zwei weitere Zimmer mit 14,80 m2 und 15,50 m2.
1990 wurde an der Liegenschaft Wohnungseigentum begründet. Der Erstantragsgegner ist Wohnungseigentümer der vom Antragsteller gemieteten Wohnung. Diese Wohnung wird der Kategorie C zugeordnet. Dem Antragsteller wird ein Hauptmietzins gemäß § 45 MRG auf Basis von Kategorie C und einer Nutzfläche von 282,88 m2 vorgeschrieben.
2011 stellte der Rauchfangkehrer fest, dass der Gasdurchlauferhitzer im Duschbadezimmer nicht mehr funktionstüchtig ist, weil der Mauerstutzen in der Poterie schadhaft ist. Daraufhin wurde ein Heizverbot für den Durchlauferhitzer erlassen. Der Gasdurchlauferhitzer im Duschbadezimmer und das Gasheizgerät im Vorzimmer konnten deshalb nicht mehr betrieben werden, der vordere Bereich der Wohnung war seit März 2011 daher nicht mehr beheizbar. Die anderen mit Gas betriebenen Heizgeräte im übrigen Bereich der Wohnung konnten weiter beheizt werden.
Die Poterie im Vorzimmer und Duschbadezimmer wurde im Auftrag des Erstantragsgegners entfernt. Der Antragsteller ließ in der Folge das Gasheizgerät im Vorzimmer demontieren. Der entsprechende Gasanschluss wurde abgepfropft. Am stellte ein Installateur fest, dass die Gasinnenleitung der Wohnung undicht ist. Die Zuleitung ist hingegen dicht. Das Energieversorgungsunternehmen ließ den am Gang befindlichen Sektionshahn für die Wohnung sperren.
2013 wurden die Elektroinstallationen im Auftrag und auf Kosten der Antragsgegner zur Gänze erneuert. Die Badewanne im hinteren Badezimmer wurde neu installiert.
Seit Herbst 2013 kann die Wohnung aufgrund der wegen der undichten Gasleitung vorgenommenen Absperrung nicht mehr mit Gas beheizt werden. Der Antragsteller kaufte zwei Katalytöfen, die mit Propangasflaschen betrieben werden, um die Wohnung notdürftig zu beheizen. Eine Warmwasseraufbereitung ist durch einen Nachtspeicherofen, der nach der Instandsetzung der Elektroinstallation nur mit Tagstrom betrieben werden kann, gegeben. Der Gasherd kann nicht mehr benützt werden, zum Kochen verwendet der Antragsteller einen Campingkocher, der mit Gasflaschen betrieben wird. Der Antragsteller schaffte aber keinen Elektroherd an, um damit kochen zu können.
Zur Behebung der Mängel und Wiederherstellung der Gaszufuhr muss die komplette Gasleitung inklusive der Gaszähleranlage, der abgepfropften Leitungsteile, der Absperrarmaturen der Gaskonvektoren und des Durchlauferhitzers im Bad erneuert bzw dicht gestellt werden. Vor der Inbetriebnahme der Heizgeräte und des Gasdurchlauferhitzers muss ein Rauchfangkehrer die Kamine überprüfen. Um das Gasheizgerät im Vorzimmer zur Beheizung der umliegenden Räume wieder in Betrieb nehmen zu können, muss ein funktionsfähiger Kaminanschluss, wie er bis zur Aufstockung des Hauses in den 1980er Jahren bestanden hat, wiederhergestellt werden.
Der Antragsteller begehrt, den Antragsgegnern nach § 3 iVm § 6 MRG aufzutragen, die komplette Gasleitung samt der Gaszähleranlage, den abgepfropften Leitungsteilen und den Absperrarmaturen von einem konzessionierten Installationsunternehmen in Unterputzführung erneuern bzw dicht stellen zu lassen und alle Vor und Nacharbeiten durchzuführen, einen Kaminanschluss für das Vorzimmer der Wohnung wiederherzustellen sowie eine wirksame Be und Entlüftung im Duschbadezimmer einzubauen.
Die Antragsgegner bestritten insbesondere die Erhaltungspflicht eines Vermieters, wenn der Mieter – wenngleich mit Zustimmung des Vermieters – eine Gasleitung installiert habe. Die Wohnung habe zum Zeitpunkt der Anmietung weder über eine Wärmeversorgungsanlage oder eine Etagenheizung noch eine Warmwasseraufbereitung verfügt. Katgorie C sei Vertragsinhalt. Die Wohnung lasse eine Verwendung zu, wie dies nach dem Vertragszweck erforderlich sei.
Ausgehend von den eingangs wiedergegebenen Feststellungen trug das Erstgericht den Antragsgegnern auf, die komplette Gasleitung samt Gaszähleranlage, abgepfropften Leitungsteilen und Absperrarmaturen von einem konzessionierten Installationsunternehmen in Unterputzführung erneuern bzw dicht stellen zu lassen und alle Vor und Nacharbeiten durchzuführen, sowie einen Kaminanschluss für das Vorzimmer der Wohnung wiederherzustellen. Diese Arbeiten seien innerhalb eines Monats in Angriff zu nehmen und danach innerhalb von 14 Tagen durchzuführen. Den Antrag auf Einbau einer Be und Entlüftung im Duschbadezimmer wies es hingegen (unbekämpft) ab. Rechtlich folgerte es zusammengefasst, das Mietverhältnis falle in den Vollanwendungsbereich des MRG. Die in § 3 MRG geregelte Erhaltungspflicht des Vermieters sei zwingend. Es handle sich um einen ernsten, in die Erhaltungspflicht des Vermieters fallenden Schaden des Hauses, wenn in der Wohnung eines Mieters verlaufende Gasleitungen unbenützbar würden. Bei Weiterbetrieb der Leitungen bestehe nämlich die Möglichkeit von Feuer oder Explosionsschäden. Die Erhaltungspflicht des Vermieters nach § 3 Abs 2 Z 2 MRG hänge nicht davon ab, ob die zu behebenden Schäden vom Mieter verursacht oder schuldhaft herbeigeführt worden seien. Ein ernsthafter Schaden könne auch nicht durch die Sperre der betroffenen Gasleitung behoben werden. Die nach § 3 Abs 3 Z 2 lit c MRG privilegierten Arbeiten seien ohne Rücksicht auf die Deckung der Kosten und ohne Möglichkeit, die Unwirtschaftlichkeit der Erhaltung des Gebäudes einzuwenden, durchzuführen. Die Wiederherstellung des Kaminanschlusses sei notwendig, um den vorderen Bereich der Wohnung wieder mit einem Heizgerät im Vorzimmer, wie es jahrzehntelang bestanden habe, beheizen zu können.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragsgegners Folge und hob den Sachbeschluss des Erstgerichts im bekämpften Umfang zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. In der rechtlichen Beurteilung verneinte es die Erhaltungspflicht des Vermieters für die ausschließlich durch den Mieter hergestellten Gasleitungen. Nach der jüngeren Rechtsprechung liege zwar ein ernster Schaden des Hauses vor, wenn im Fall der Unterlassung einer Reparatur die Möglichkeit von Feuer, Explosions oder Wasserschäden bestehe. Zu einer erst durch den Mieter geschaffenen Gasleitung habe der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass das ausdrückliche oder konkludente Einverständnis der Vermieterin mit der Zuleitung und der Benützung von Gasgeräten alleine noch nicht ihre Verpflichtung nach sich ziehe, die in der Folge schadhaft gewordene Gasleitung auf ihre Kosten erneuern zu lassen. Die Beurteilung, welche Substanz im Inneren des Bestandobjekts zu erhalten sei, müsse daran gemessen werden, in welcher Ausstattung dieses dem Mieter übergeben worden sei. Stelle man ausschließlich auf den gegenwärtigen Zustand ab, führe dies zum unbilligen Ergebnis, dass ein Vermieter für die Erhaltung der bei Anmietung noch gar nicht vorhandenen Gasleitungen, für deren Vorhandensein er auch keine Gegenleistung durch den vereinbarten Mietzins erhalte, aufkommen müsse und infolge Privilegierung der Erhaltungsarbeiten nach § 3 Abs 3 Z 2 lit c MRG nicht einmal die mangelnde Kostendeckung oder Unwirtschaftlichkeit einwenden könne. Werde eine von den Gasleitungen ausgehende Gefahr durch Absperrung der Gaszufuhr gebannt, sei damit auch der ernste Schaden des Hauses beseitigt. Der Vermieter habe seinen Erhaltungspflichten entsprochen. Die Erhaltungspflicht des Vermieters könne jedoch nicht abschließend beurteilt werden, weil nicht feststehe, ob sämtliche Gasleitungen ausschließlich vom Mieter bzw seinen Rechtsvorgängern hergestellt worden seien. Den Antrag auf Wiederherstellung eines für die Beheizbarkeit der Wohnung erforderlichen Kaminanschlusses hielt das Rekursgericht für nicht ausreichend bestimmt, weshalb es eine Erörterung zu einer entsprechenden Konkretisierung des Antrags und Erstattung eines ergänzenden Vorbringens für notwendig erachtete.
Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung die Frage, welche Erhaltungspflichten den Vermieter bei Vorliegen eines ernsten Schadens des Hauses infolge undichter, vom Mieter errichteter Gasleitungen träfen, nicht eindeutig beantwortet habe.
Der beantworteteRevisionsrekurs des Antragstellers ist zulässig und teilweise berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
1. Es ist nicht umstritten, dass das Mietverhältnis dem Vollanwendungsbereich des MRG unterliegt.
2.1 Die zwingende (RISJustiz RS0112725 [T5]; RS0069928; RS0020841 [T8]) Verpflichtung des Vermieters, den Mietgegenstand selbst zu erhalten (§ 3 Abs 2 Z 2 MRG) erfasst nur die Behebung von ernsten Schäden des Hauses oder die Beseitigung einer vom Mietgegenstand ausgehenden erheblichen Gesundheitsgefährdung oder die Übergabe eines zu vermietenden Mietgegenstands in brauchbarem Zustand.
2.2 Die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nimmt einen nach § 3 Abs 2 Z 2 erster Fall MRG vom Vermieter zu behebenden ernsten Schaden des Hauses auch dann an, wenn der Weiterbetrieb von fehlerhaften Elektro, Gas oder Wasserleitungen im Inneren des Bestandobjekts die Gefahr von Feuer, Explosions und Wasserschäden in sich birgt (RISJustiz RS0069985 [T2]; 5 Ob 42/02s = RISJustiz RS0069985 [T6] = RS0067704 [T1, T 2]; T. Hausmann/O. Riss in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht3§ 3 MRG Rz 16; Beer/Vospernik in Illedits/Reich-Rohrwig, Wohnrecht2§ 3 MRG Rz 18). Nach Lehre und Rechtsprechung muss es sich dabei aber um eine aktuelle Gefährdung handeln (5 Ob 42/02s; RISJustiz RS0069985 [T6]; RS0067704 [T2] zu Brand oder Explosionsgefahr als Folge mangelhafter Elektroinstallationen im Mietgegenstand; T. Hausmann/O. Riss aaO Rz 17). Ob eine Feuer oder Explosionsgefahr als Folge fehlerhafter Leitungen die Erhaltungspflicht des Vermieters auch nach dem Tatbestand des § 3 Abs 2 Z 2 zweiter Fall MRG idF der WRN 2006 (erhebliche Gesundheitsgefährdung der Bewohner des Mietgegenstands) auslöst (vgl 5 Ob 174/10i [Gefahr eines Stromschlags durch mangelhafte Elektroinstallationen]; T. Hausmann/O. Riss aaO Rz 17 aa; 17 ac; Beer/Vospernik aaO Rz 17), ist nicht relevant.
2.3 Nach den Feststellungen der Vorinstanzen musste die Gaszufuhr vom zuständigen Energieversorger gesperrt werden, weil die im Bestandobjekt verlaufende Gasleitung undicht war. Dass zuvor Explosionsgefahr bestand, wie die Vorinstanzen ihrer Beurteilung zugrunde legten, wird in dritter Instanz nicht in Zweifel gezogen.
3.1 Das Rekursgericht verneint eine Erhaltungspflicht des Vermieters hinsichtlich der vom Mieter selbst hergestellten Gasinnenleitungen. Die zu RISJustiz RS0021048 zitierte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs stützt seinen Standpunkt allerdings nicht. Danach zieht das Einverständnis der Vermieterin mit der Gaszuleitung und der Benützung von Gasgeräten durch die Mieterin allein noch nicht die Pflicht der Vermieterin nach sich, die in der Folge schadhaft gewordene Gasleitung auf ihre Kosten erneuern zu lassen.
3.2 Die im eben genannten Rechtssatz dokumentierten Entscheidungen betreffen jedoch nicht die zwingende Erhaltungspflicht des Vermieters nach § 3 Abs 2 Z 2 MRG.
3.3 Zu 5 Ob 682/83 war ein Anspruch des Mieters, dessen Mietverhältnis nicht dem „Mieterschutz“ unterlag, auf Ersatz von Aufwendungen für die Herstellung von Gaszuleitungen nach §§ 1096, 1097, 1036 ABGB zu beurteilen. Die Entscheidung 5 Ob 38/85 bezieht sich auf die Erhaltung eines, in Sondernutzung von Mietern stehenden und daher nicht als gemeinsame Wärmeversorgungsanlage nach § 3 Abs 2 Z 3 MRG anzusehenden, defekt gewordenen Heizkessels ohne Indiz für Explosions oder Feuergefahr. In dem zu 10 Ob 1608/95 entschiedenen Fall eines mangelhaften Heizkessels war § 3 MRG nicht anwendbar.
4.1 Die Undichtheit der Gasinnenleitung stellte aufgrund bestehender Explosionsgefahr einen ernsten Schaden nach § 3 Abs 2 Z 2 erster Fall MRG dar. Die Erhaltungspflicht des Vermieters wird durch die Sperre der Gaszufuhr nicht erfüllt, auch wenn dadurch die unmittelbare Explosionsgefahr gebannt wird. Ernste Schäden des Hauses müssen (im Rahmen der ordnungsgemäßen Erhaltung der Liegenschaft) werden (vgl RISJustiz RS0083089). Wenn schon die Beseitigung eines schadhaften Radiators als Bestandteil einer zentralen Wärmeversorgungsanlage (§ 3 Abs 2 Z 3 MRG) nach der Rechtsprechung keine Schadensbehebung darstellt (5 Ob 8/92), muss dies umso mehr für die hier vorgenommene Sperre der Gaszufuhr durch das Energieversorgungsunternehmen gelten.
4.2 Die Erhaltungspflicht des Vermieters (auch) nach § 3 Abs 2 Z 2 MRG besteht gegenüber allen Mietern des Hauses und nicht nur gegenüber dem Mieter des betroffenen Objekts. Ein Interessenausgleich lässt sich nur über das Schadenersatzrecht herstellen (RISJustiz RS0069992 [T6]). Fragen der Verursachung und des Verschuldens am Entstehen eines ernsten, die Erhaltungspflicht des Vermieters auslösenden Schadens, sind in einem außerstreitigen Verfahren zur Durchsetzung dieser Erhaltungspflicht grundsätzlich nicht zu prüfen (RISJustiz RS0069992 [T2]). Dem Vermieter stehen Einwendungen gegen den Auftrag zur Durchführung von Erhaltungsarbeiten nur aus den gesetzlichen Regelungen über die Erhaltungspflicht nach § 3 MRG zu (RIS-Justiz RS0117706). Der Einwand, der Mieter habe selbst die Erhaltungspflicht (im Zusammenhang mit Änderungen des Bestandgegenstands nach § 9 MRG) übernommen, kann daher im Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 2 iVm § 6 MRG nicht erhoben werden (5 Ob 181/16b mwN).
5.1 Die WRN 2015, BGBl I 2015/100, erweiterte mit § 3 Abs 2 Z 2a MRG die Erhaltungspflicht des Vermieters im Vollanwendungsbereich um Arbeiten, die zur Erhaltung von mitvermieteten Heizthermen, mitvermieteten Warmwasserboilern und sonstigen mitvermieteten Wärmebereitungsgeräten in den Mietgegenständen des Hauses erforderlich sind. Korrespondierend wurde die in § 8 Abs 1 Z 1 MRG geregelte Duldungspflicht des Hauptmieters ausgedehnt.
5.2 Diese Bestimmungen sind nach der Übergangsregelung des § 49g Abs 2 MRG idF des WRN 2015 auch in gerichtlichen Verfahren anzuwenden, die am bereits anhängig geworden, aber noch nicht rechtskräftig entschieden worden sind.
5.3 Die im Schrifttum behandelte Frage, ob diese Neuregelung nicht nur Therme, Boiler und eigentliche Wärmebereitungsgeräte, sondern auch andere Teile einer objektinternen Wärmeversorgungsanlage, wie beispielsweise Heizkörper, Rohrzuleitungen oder Ventile, erfasst (Böhm, „Wärmebereitungsgerät“ – Das juristische Unwort des Jahres 2014!, immolex 2015, 10 [12]; Kothbauer, WRN 2015: Neue Erhaltungspflicht für Heizthermen und Boiler, immolex 2014, 367 [368]; Rainer in Rainer, Handbuch des Miet und Wohnrechts, Kap 5.2.2.1 (Stand Mai 2015, RdW at; Stabentheiner/Vonkilch, Wohnrecht Jahrbuch 2015, 12), muss hier jedoch nicht beantwortet werden. Dasselbe gilt für die Qualifikation einer vom Mieter selbst hergestellten Gasleitung als „mitvermietet“.
5.4 Der Gesetzgeber der WRN 2015 begründete den Bedarf nach der Neuregelung mit der höchstgerichtlichen Judikatur, wonach der Vermieter im Vollanwendungsbereich des MRG während des Mietverhältnisses aufgetretene Mängel im Inneren des Mietobjekts – von ernsten Schäden des Hauses und erheblichen Gesundheitsgefährdungen abgesehen – nicht beheben müsse. Die bestehende Haftung des Vermieters sollte um eine Aufgabe erweitert werden (ErläutRV 352 BlgNR 25. GP 1).
5.5 Ist der Vermieter nach § 3 Abs 2 Z 2 erster Fall MRG zwingend zur Behebung eines im Mietgegenstand aufgetretenen ernsten Schaden des Hauses verpflichtet, bedarf es keiner Erweiterung seiner Erhaltungspflicht, wie sie die WRN 2015 im Vollanwendungsbereich mit § 3 Abs 2 Z 2a MRG vorgenommen hat.
6.1 Bei Explosionsgefahr infolge undichter Gasinnenleitungen sind die Voraussetzungen der Erhaltungspflicht des Vermieters nach § 3 Abs 2 Z 2 erster Fall MRG verwirklicht. Der Differenzierung der Erhaltungspflicht danach, ob die Gasleitungen vom Mieter selbst hergestellt oder vom Vermieter bereitgestellt wurden, bedarf es nicht. In Ansehung der Erneuerung oder Dichtstellung der Gasleitung ist der Sachbeschluss des Erstgerichts wiederherzustellen.
6.2 Die Argumente des Antragstellers beziehen sich ausschließlich auf die Erhaltung der Gasleitung. Die Rechtsauffassung des Rekursgerichts zur Unbestimmtheit des Antrags auf Wiederherstellung eines Kamins und die Notwendigkeit zur Erörterung zieht er überhaupt nicht in Zweifel. In diesem Umfang ist der Aufhebungsbeschluss des Rekursgerichts zu bestätigen.
7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG. Die danach maßgeblichen Billigkeitserwägungen können erst in dem die Sache zur Gänze erledigenden Sachbeschluss angestellt werden (RISJustiz RS0123011 [T1]).
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2017:0050OB00237.16P.0301.000 |
Schlagworte: | 1 Generalabonnement,8 außerstreitige Wohnrechtssachen |
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