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OGH vom 26.04.2000, 3Ob254/99w

OGH vom 26.04.2000, 3Ob254/99w

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei R*****, vertreten durch Dr. Paul Appiano, Dr. Paul Georg Appiano und Dr. Bernhard Kramer, Rechtsanwälte in Wien, gegen die verpflichtete Partei Renate N*****, wegen S 366.947,39 sA, über den Revisionsrekurs des Hypothekargläubigers Land Niederösterreich, vertreten durch Dr. Volkmar Schicker und Dr. Alfred Roschek, Rechtsanwälte in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichtes St. Pölten vom , GZ 7 R 66/99g-33, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Scheibbs vom , GZ 3 E 5010/98k-30, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Revisionsrekurswerber hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Der betreibenden Partei wurde zur Hereinbringung ihrer vollstreckbaren Forderung von S 366.947,39 sA die Zwangsversteigerung einer Liegenschaft der Verpflichteten bewilligt. Bei der Versteigerung am wurde ein Meistbot von S 250.000 erzielt. Im Lastenblatt der Liegenschaft ist unter LNr 1a eine Wegedienstbarkeit, unter LNr 6a ein Pfandrecht für einen Höchstbetrag von S 910.000 für die Raiffeisenbank O*****, unter LNr 8a ein Pfandrecht für eine Forderung von S 100.000 samt 9 % Verzugszinsen und eine Nebengebührensicherungstellung von S 10.000 für das Land Niederösterreich und unter LNr 10a das Pfandrecht für eine Forderung von S 385.000 samt 6 % Zinsen, 7 % Verzugszinsen und 7 % Zinseszinsen und eine Nebengebührensicherstellung von S 77.000 für die betreibende Partei einverleibt. Beim Pfandrecht C-LNr 6a ist die Löschungsverpflichtung zugunsten des Landes Niederösterreich angemerkt. Zu TZ 65/1995 ist der Vorrang des Pfandrechtes C-LNr 10 und zu TZ 675/1995 der Vorrang des Pfandrechtes C-LNr 8 jeweils vor dem Höchstbetragspfandrecht C-LNr 6 einverleibt. Der nunmehrige Revisionsrekurswerber Land Niederösterreich meldete eine Forderung von S 94.014 zur Barzahlung an. Im Schriftsatz verwies er auf den in der Urkundensammlung des Grundbuches zur Einsichtnahme aufliegenden Originalschuldschein und legte eine (unterfertigte) Aufstellung der Gesamtforderung bei, in der ein aushaftendes Darlehen von S 94.000 und Verzugszinsen von S 14 (von einer Rate per a S 1.000) aufgelistet werden. Jene Bank, die den beiden übrigen Pfandgläubigern den Vorrang eingeräumt hatte, teilte mit, dass ihre Forderung noch mit einem Betrag von S 44.515,94 sA aushafte und dass sie Barzahlung begehre. Urkunden legte sie keine bei. Die betreibende Partei dagegen meldete S 366.947,39 an Kapital sowie Zinsen, Kosten und Spesen zum Teil im Rahmen des Festbetragspfandrechts und zum Teil im Rahmen der Nebengebührensicherstellung, insgesamt einen Betrag von S 463.559,88 an. Sie legte Schuldschein und Pfandurkunde in beglaubigter Abschrift sowie ua eine Kopie des Exekutionstitels vor, aus dem auch hervorgeht, dass für die Klagsforderung in C-LNr 10a das Pfandrecht einverleibt ist. Die Verteilungstagsatzung blieb unbesucht.

Das Erstgericht wies das gesamte Meistbot von S 250.000 der betreibenden Partei zur teilweisen Berichtigung ihrer in C-LNr 10a sichergestellten Forderung zu. Dazu wies es derselben Partei die gesamten Fruktifikationszinsen zu.

Gegen diesen Beschluss erhob der Pfandgläubiger Land Niederösterreich Rekurs mit dem Antrag, der betreibenden Partei im Umfang des zurücktretenden Pfandrechts C-LNr 6a eine Zuweisung an Kapital von S 44.515,94 samt anteiligen Zinsen, sodann auf die Forderung des Rekurswerbers an Kapital S 94.014 samt anteiligen Zinsen sowie den Rest des Meistbots wiederum der betreibenden Partei samt anteiligen Meistbotszinsen zuzuweisen. Darin ging der Pfandgläubiger davon aus, dass der Vorrang des Pfandrechtes der betreibenden Partei älter sei als der ihr eingeräumte. Das Erstgericht habe jedoch zu Unrecht außer Betracht gelassen, dass das zurücktretende Höchstbetragspfandrecht nur noch mit einem Betrag von S 44.515,94 aushafte und dieser Pfandgläubiger seine Forderung nur in diesem Umfang angemeldet habe. Es habe außerdem nicht beachtet, dass wegen der bloß relativen Wirkung der Vorrangseinräumung mangels Zustimmung des Zwischenberechtigten (des Rekurswerbers) das vortretenden Recht nur in dem Umfang und nach der Beschaffenheit des zurücktretenden Rechts (§ 30 Abs 3 GBG) erworben werden könne.

Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Rekursgericht diesem Rekurs nicht Folge und sprach aus, dass der Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Das Rekursgericht pflichtete dem Rekurswerber darin bei, dass wegen des später eingeräumten Vorrangs das Pfandrecht der betreibenden Partei dem Pfandrecht des Rekurswerbers vorgehe. Mangels Zustimmung derselben als Zwischenberechtigtem habe die betreibende Partei nur den Rang nach Beschaffenheit des zurücktretenden Rechts (Pfandrecht im Höchstbetrag von S 910.000) erworben.

Die Zuweisung aufgrund einer Höchstbetragshypothek durch sofortige Ausfolgung aus dem Meistbot setze den Nachweis des Bestandes der Forderung in einer bestimmten Höhe voraus. Werde durch die ordnungsgemäß angemeldete Forderung der Höchstbetrag nicht ausgeschöpft, so sei die Differenz gemäß § 224 Abs 2 EO zinstragend anzulegen. Nur wenn sich aus den vorgelegten Beweismitteln mit Sicherheit ergebe, dass aufgrund der eingetragenen Höchstbetragshypothek auch in Zukunft nie mehr eine Zuweisung erfolgen könnte, in diesem Sinn sich die Anmeldung nicht nur als mangelhaft oder unvollständig, sondern als eindeutig unberechtigt herausstelle, käme die sofortige endgültige Abweisung des Zuweisungsantrages in Betracht. Dies sei aber durch die Forderungsanmeldung der zurücktretenden Bank in keiner Weise dokumentiert. Aus diesem Grund erwerbe die betreibende Partei als vortretende Pfandgläubigerin den Rang im Umfang und nach Beschaffenheit des zurücktretenden Pfandrechts im Höchstbetrag von S 910.000.

Auf Antrag der Rekurswerberin änderte das Rekursgericht seinen Ausspruch über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses dahin ab, dass es diesen für zulässig erklärte. Es fehle Rechtsprechung des OGH zur Frage der Ausnützung einer Höchstbetragshypothek im Fall der Vorrangseinräumung.

Mit seinem Revisionsrekurs beantragte der Pfandgläubiger Land Niederösterreich in erster Linie die Abänderung des angefochtenen Beschlusses im Sinne seines schon im Rekurs gegen den Meistbotsverteilungsbeschluss gestellten Abänderungsantrages. Hilfsweise wird aber begehrt, der betreibenden Partei im Umfang des zurücktretenden Pfandrechtes C-LNr 6a an Kapital S 44.515,94 "samt anteiligen Zinsen" zur Berichtigung durch Barzahlung zuzuweisen und den Differenzbetrag bis zum Meistbot entsprechend § 224 Abs 2 EO zinstragend anzulegen. Wiederum in eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Festzuhalten ist zunächst, dass eine Beschwer des Revisionsrekurswerbers zu bejahen ist, weil dieser insofern durch den angefochtenen Beschluss benachteiligt wird, als er bei einer Verringerung des der betreibenden Partei zuzuweisenden Betrages im begehrten Ausmaß jedenfalls im Ausmaß des von ihm angemeldeten Kapitals zum Zuge kommen könnte (vgl Heller/Berger/Stix, EO4, 1597 mwN aus der älteren Rsp; 3 Ob 90/72; EvBl 1976/82; SZ 57/43 = JBl 1985, 242 uam). Ohne dass es einer Beurteilung bedürfte, ob der Revisionsrekurswerber seine Forderung § 210 EO entsprechend angemeldet hat, wäre ihm bei Richtigkeit seiner Rechtsansicht

jedenfalls der aus dem Grundbuch (und zwar dem Hauptbuch: SZ 68/209 =

RZ 1996/40 = ZIK 1996, 174 mwN; Heller/Berger/Stix 1437) ersichtliche

Kapitalbetrag (bis zur Höhe der Anmeldung) zuzuweisen (SZ 53/118; RZ 1989/7, 42; SZ 68/209 = RZ 1996/40 = ZIK 1996, 174).

In der Sache ist den Erwägungen des erkennenden Senates vorauszuschicken, dass der Revisionsrekurswerber keine Einwände gegen Bestand und Höhe der von der betreibenden Partei angemeldeten Forderung erhebt. Die Nachvollziehbarkeit der Forderungsanmeldung und die Tauglichkeit der vorgelegten Urkunden bedarf daher keiner Erörterung (SZ 70/135 = ÖBA 1998/683, 127).

Auch im Revisionsrekurs bezweifelt der Hypothekargläubiger - zu Recht - nicht, dass wegen des früheren Einlangens des Gesuchs auf Verbücherung der Vorrangeinräumung dem Pfandrecht der betreibenden Partei der Vorrang vor seinem eigenen zukommt. Richtigerweise gehen auch sowohl das Rekursgericht als auch der Revisionsrekurswerber davon aus, dass dieser Vorrang mangels Zustimmung des Hypothekargläubigers als Zwischenberechtigtem nur relative Wirkung im Sinn des § 30 Abs 3 GBG haben konnte.

Bei seinen Erwägungen übersieht jedoch der Revisionsrekurswerber, dass nach § 30 Abs 6 GBG nachträgliche Änderungen im Bestand oder Umfange des zurücktretenden Rechtes, wenn nichts anderes vereinbart ist, auf den Rang des vortretenden Rechtes keinen Einfluss haben. Daraus folgt, dass (mangels entgegenstehender, hier aber nicht behaupteter Vereinbarung) selbst der gänzliche Wegfall des zurücktretenden Rechts am Rang des vortretenden nichts ändern würde. Demnach kommt es insofern auf die (allerdings völlig unbegründete) Ansicht des Revisionsrekurswerbers, aus der Barzahlungserklärung des zurückgetretenen Gläubigers ginge hervor, das Kreditverhältnis, zu dessen Sicherung die zunächst vorrangige Höchstbetragshypothek bestellt wurde, wäre erloschen, überhaupt nicht an.

Da in den Rechtsmitteln das Entstehen einer Forderung im Rahmen des durch die Höchstbetraghypothek gesicherten Kredites gar nicht bezweifelt, vielmehr eine Zuweisung an die betreibende Partei im zugestandenen Ausmaß nicht bekämpft wird, ist auch nicht zu prüfen, ob die auf die Entscheidung GlU 14.053 gestützte Ansicht von Klang (in Klang**2 II 509) zutrifft, wonach der Vorrang vor einer Kredithypothek erst dann zur Wirksamkeit gelangt, wenn die Entstehung einer Forderung im Rang dieses Kredites dargetan wird. War dies unbestrittenermaßen der Fall, dann erlangte auch die Vorrangeinräumung gegenüber der betreibenden Partei ihre (relative) Wirkung. Klang (an der zitierten Stelle) ist jedenfalls darin zuzustimmen, dass auch bei relativer Wirkung der Vorrangseinräumung nachfolgende Änderungen im Bestand des zurücktretenden Rechtes bedeutungslos sind, wenn beide Rechte Hypotheken sind. Nicht uneingeschränkt richtig ist jedoch seine Begründung, die Zwischenberechtigten könnten auch ohne Rangabtretung beim Erlöschen der zurücktretenden Hypothek nicht in deren Rang einrücken; der Eigentümer habe eben durch seine (erforderliche) Zustimmung zur Vorrangseinräumung über die freigewordene Stelle im Voraus zugunsten der vortretenden Hypothek verfügt. Das trifft nämlich nicht zu, wenn zugunsten des Zwischenberechtigten, wie im vorliegenden Fall, eine dem Rangtausch im Rang vorgehende Löschungsverpflichtung angemerkt ist. Diese verhindert ja nach § 469a ABGB (hier idF vor der Nov BGBl 1997/30) die Verfügung des Eigentümers nach § 469 (JBl 1989, 659; Petrasch in Rummel, ABGB**2 Rz 3 zu § 469a; Hinteregger in Schwimann, ABGB**2 Rz 4 zu § 469a). § 30 Abs 6 GBG (wie auch die Vorgängerbestimmung des § 50 3. TNzABGB) unterscheidet aber nicht zwischen absolut und relativ wirksamem Rangtausch. Eine teleologische Reduktion im Sinne einer Nichtanwendung auf Vorrangeinräumungen mit relativer Wirkung käme nur bei Wertungswidersprüchen, etwa zum durch § 30 Abs 3 GBG vorgesehenen Schutz des Zwischenberechtigten, in Frage. Eine solche Reduktion erscheint aber jedenfalls dann nicht erforderlich, wenn das zurücktretende Recht eine Höchstbetragshypothek ist, weil die Zwischenberechtigten stets mit einer neuerlichen Ausnützung derselben rechnen müssen. Zu berücksichtigen ist weiters, dass das zurücktretende Pfandrecht, für welches die Löschungsverpflichtung besteht, bis zu einem Höchstbetrag einverleibt wurde und nach stRsp demnach erst durch die Endabwicklung

des Grundverhältnisses erlischt (EvBl 1998/203 = NZ 2000, 82 = RdW

1998, 732 = ÖBA 1999/768, 158 mN; Petrasch in Rummel, ABGB**2 Rz 9 zu

§ 451; Hinteregger in Schwimann, ABGB**2 Rz 21 zu § 449 je mwN). Dass das Grundverhältnis aber bereits beendet wurde, ergibt sich weder aus der Barzahlungserklärung des zurückgetretenen Gläubigers noch sonst aus der Aktenlage. Damit ist aber nicht davon auszugehen, dass die Eigentümerin bereits zur Löschung verpflichtet wäre. Auch die Löschungsverpflichtung kann somit an der Irrelevanz einer nachträglichen Verringerung der durch das zurückgetretene Höchstbetragspfandrecht gesicherten Forderung nichts ändern. Demnach kann für einen solchen Fall die Einschränkung des Vorranges auf den Umfang und die Beschaffenheit des zurückgetretenen Rechts nur bedeuten, dass das vortretende Recht den Vorrang nur bis zum eingetragenen Höchstbetrag (aber nicht nur bis zur Höhe der noch bestehenden Forderung des zurücktretenden Gläubigers) erhalten kann.

Nach Auffassung des erkennenden Senates kann aus dem Begriff "Beschaffenheit" nicht abgeleitet werden, eine vortretende Festbetragshypothek würde gleichsam in eine Höchstbetragshypothek umgewandelt werden, wenn das zurücktretende Recht eine solche ist. Der ersteren kommt daher auch nicht gegebenenfalls (etwa bei mangelnder Nachweisung der Zinsen) der Vorteil der zinstragenden Anlegung nach § 224 Abs 2 EO zugute. Der auf eine solche Konversion hinauslaufenden Rechtsansicht des Revisionsrekurswerbers kann daher in keiner Weise gefolgt werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 EO iVm §§ 50, 40 ZPO.