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OGH vom 11.06.2008, 7Ob36/08g

OGH vom 11.06.2008, 7Ob36/08g

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Marktgemeinde L*****, vertreten durch Dr. Martin Prokopp, Rechtsanwalt in Baden, gegen die beklagten Parteien 1. K***** KG, *****, vertreten durch Dr. Franz Gütlbauer und andere, Rechtsanwälte in Wels, und 2. m***** AG & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Walter Richter, Rechtsanwalt in Wien, dieser vertreten durch Dr. Franz Gütlbauer und andere, Rechtsanwälte in Wels, wegen Unterlassung und Wiederherstellung (Gesamtstreitwert 15.000 EUR), über die Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 166/07g-68, womit das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom , GZ 23 Cg 7/05w-54, in der Hauptsache bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden, soweit sie nicht bereits (nämlich hinsichtlich der Abweisung des Unterlassungsbegehrens) in Rechtskraft erwachsen sind, aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Zweitbeklagte betreibt ein Telekommunikationsunternehmen. Für die Errichtung von Mobilfunkanlagen ist die Erstbeklagte von der Zweitbeklagten beauftragt, bei den Grundstückseigentümern um die Zustimmung zur Kabelverlegung und Masterrichtung anzusuchen, die notwendigen Verhandlungen zu führen und die baulichen Leistungen (Leitungsverlegung udgl) zu erbringen.

Die Zweitbeklagte plante eine Mobilfunkanlage in der Gemeinde B*****. Um die Sendestation mit Strom versorgen zu können, musste eine Anbindung der Sendeanlage an das Stromnetz auf dem Gemeindegebiet der Klägerin erfolgen. Die Erstbeklagte wandte sich daher an die Klägerin unter Beischluss eines Plans über den beabsichtigten Trassenverlauf für das Stromkabel und ersuchte um Gebrauchserlaubnis gemäß § 1 Abs 1 des NÖ Gebrauchsabgabegesetzes in Ansehung der Verkehrsflächen. Dem Lageplan war auch ein Stromübergabepunkt zu entnehmen, ohne dass dessen genaue Beschaffenheit ersichtlich war. Das Ansuchen wurde von Natalie Ü***** sowohl im Namen der Erstbeklagten als auch in Vertretung der Zweitbeklagten unterfertigt. Die Vertreter der Klägerin waren mit dem Plan deshalb nicht einverstanden, weil er eine Querung der Straße in einem Bereich vorsah, in dem sie vor Kurzem die Verlegung einer neuen Asphaltdecke veranlasst hatten. Der Bauamtsleiter erklärte Natalie Ü***** vor Ort ausdrücklich, dass der neu verlegte Oberflächenbelag der Straße keinesfalls aufgeschnitten werden dürfe und schlug eine andere Leitungsführung vor, die die neu hergestellte Straßenoberfläche unberührt ließ. Ungeachtet der Ergebnisse der Besprechung wurde der Klägerin in der Folge ein Lageplan übermittelt, der mit den Wünschen der Klägerin nicht übereinstimmte. Dies wurde vom Bauamtsleiter der Klägerin gerügt. In der Folge ging ihm ein neuer Lageplan zu, der seinen Vorgaben entsprach. Lediglich dieser Trassenführung und keinem anderen Verlegeplan stimmte die Klägerin zu.

Unter Zugrundelegung dieses Plans teilte die Klägerin der Erstbeklagten mit, dass sie die Verlegung des Stromkabels genehmige, wobei sie darauf hinwies, dass vor Durchführung der Grabungsarbeiten rechtzeitig die Bewilligung gemäß § 90 StVO zu beantragen und die Trassierung der Leitung mit der Klägerin abzusprechen sei. Sie wies auch darauf hin, dass die Kabelverlegung auf Grundstücken erfolge, die in einem Hochwasserüberflutungsgebiet lägen und die Klägerin für die Anlage kein Leitungsrecht einräumen könne.

Ohne zuvor um eine Bewilligung nach § 90 StVO anzusuchen, nahmen die Mitarbeiter der Erstbeklagten entgegen der Vereinbarung die Verlegung der Kabel unter Aufschneiden der neuen Asphaltdecke in Angriff. Ob das Abgehen von der Vereinbarung bewusst erfolgte oder auf ein Kommunikationsproblem im Unternehmen der Erstbeklagten zurückzuführen ist, steht nicht fest. Am Stromübergabepunkt wurde ein (neuer) Stromkasten errichtet. Die Mitarbeiter der Klägerin erfuhren von den Arbeiten erst unmittelbar vor deren Abschluss. Die Errichtung eines weiteren Stromkastens wurde damit begründet, dass in dem dort bereits vorhandenen Stromkasten kein Platz mehr für den Anschluss der weiteren Leitung vorhanden gewesen sei.

Die Künette wurde nach Abschluss der Verlegearbeiten zugeschüttet, verdichtet und mit einer Asphaltschicht versehen, die den Übergang zum Bestand deutlich erkennen lässt.

Von der Trassenführung sind die im Eigentum der Klägerin stehenden Grundstücke Nr 921/6 EZ 401, Nr 2208/9 EZ 2553 und Nr 2352 EZ 2358 je GB 04018 ***** betroffen. Sie werden als allgemein zugängliche Straße und daran anschließender Gehsteig benutzt. Im Grundbuch ist zu Grundstück Nr 2208/9 die Widmung als „öffentliches Gut" ersichtlich gemacht.

Zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands, das heißt für die Entfernung der Kabel und des Stromkastens, sind Arbeiten hinsichtlich der Straße zu einem Entgelt von 8.282 EUR und hinsichtlich des Gehsteigs von 1.025,50 EUR notwendig. Müsste nur die Deckschicht der Straße derart erneuert werden, dass sie sich optisch nicht vom Bestand abhebt, so erforderte dies einen Aufwand von etwa 90 EUR. Würden die Kabel neu, nun entsprechend der Vereinbarung, verlegt werden, so müsste man dafür weitere 3.374,08 EUR aufwenden.

Die Beklagten haben sich stets bereit erklärt, die Straßen- und Gehsteigoberfläche dem Bestand anzugleichen. Eine Bereitschaft zur Entfernung der Kabel und des Stromkastens lag jedoch nie vor.

Die Klägerin begehrt nun - soweit es für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung ist (die Abweisung des weiteren Begehrens, die Beklagten hätten es zu unterlassen, auf den genannten Grundstücken Leitungen jedweder Art zu verlegen, erwuchs in Rechtskraft) - die Entfernung der verlegten Leitung und die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands. Sie habe den Arbeiten der Beklagten nur unter der Bedingung zugestimmt, dass der erst vor Kurzem völlig neu hergestellte Verschleißasphalt durch die Verlegearbeiten nicht zerstört werde. Dennoch hätten die Beklagten ohne weitere Rücksprache mit der Klägerin und ohne Einholung einer Bewilligung nach § 90 StVO die Verlegearbeiten vereinbarungswidrig so ausgeführt, dass die Straße im Bereich des neuen Verschleißasphaltbelags aufgeschnitten und anschließend Straße und Gehsteig nur unzulänglich wiederhergestellt worden seien. Die Klägerin sei in ihrem Eigentumsrecht verletzt und stütze ihren Anspruch auf jeden erdenklichen Rechtsgrund, insbesondere auf § 523 ABGB. Die Beklagten hätten ein Ansuchen auf Errichtung eines Stromkastens auf dem Gehsteig der Klägerin zu keinem Zeitpunkt gestellt. Die Rechtswidrigkeit des Eingriffs der Beklagten sei nicht dadurch aufgehoben, dass dieser bereits beendet sei. Weiters sei zu berücksichtigen, dass die verlegte Leitung zweifellos Erhaltungsarbeiten erfordern werde, die neuerlich zu Eingriffen ins Eigentum der Klägerin führen würden.

Die Beklagten beantragen die Klagsabweisung und stützen sich darauf, dass sie die Trassierung der Leitung mit der Klägerin abgesprochen hätten. Die Verlegung sei sach- und fachgerecht erfolgt und für die Klägerin ohne jeden Nachteil. Die Eingriffe in die Straße seien bereits erfolgt. Die Klägerin könne höchstens Verbesserungsmaßnahmen verlangen. Sie sei nach den Bestimmungen des Telekommunikationsgesetzes (TKG) verpflichtet, der Zweitbeklagten die unentgeltliche Benützung des öffentlichen Guts für die gegenständliche Anlage zu gestatten, was sowohl für das Kabel als auch den Elektrokasten gelte. Das Klagebegehren sei rechtsmissbräuchlich und schikanös.

Das Erstgericht gab (auch) dem Entfernungs- und Wiederherstellungsbegehren statt. Die Erstbeklagte sei bei der Trassenführung von der zwischen den Streitteilen getroffenen Vereinbarung abgegangen, wodurch die Beklagten in das Eigentumsrecht der Klägerin eingegriffen hätten. Die Klägerin sei daher berechtigt, die Beseitigung der vereinbarungswidrig verlegten Leitung und Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands zu verlangen. Die Geltendmachung des Rechts sei nicht schikanös, weil der Eigentümer sonst keine Möglichkeit hätte, sich gegen einen unberechtigten Eingriff, wenn er bereits abgeschlossen sei, zur Wehr zu setzen.

Das Berufungsgericht bestätigte das angefochtene Urteil. Es vertrat die Ansicht, die Klägerin lege ihren Ausführungen selbst zugrunde, dass es sich bei den betroffenen Grundstücken um öffentliches Gut handle. Damit komme eine Beschränkung des Eigentumsrechts der Klägerin durch das Leitungsrecht der Zweitbeklagten gemäß § 5 Abs 3 TKG 2003 in Betracht, welches keiner gesonderten Bewilligung nach dem TKG 2003 bedürfe. Auch ein solches Leitungsrecht sei einer privatrechtlichen Vereinbarung zugänglich. Die Beklagten hätten sich selbst darauf berufen, dass es nach der von § 6 Abs 1 TKG 2003 geforderten Abstimmung der Vorgangsweise zu einer entsprechenden Vereinbarung über die Leitungsführung (an die sich die Beklagten nach ihrem Standpunkt gehalten hätten) gekommen sei. Komme es aber zu einer privatrechtlichen Vereinbarung, könnten sich die Beklagten nicht darauf berufen, sie seien ohne weiteres gemäß § 5 Abs 3 TKG 2003 auch zu einer anderen Ausübung des Leitungsrechts berechtigt gewesen. Verstoße die Ausübung des Leitungsrechts gegen die mit der Klägerin getroffenen Vereinbarung, sei sie zur Eigentumsfreiheitsklage berechtigt. Das Bestehen der Klägerin als Grundeigentümerin auf die Einhaltung der über die Nutzung einer Liegenschaft getroffenen Vereinbarung sei nicht rechtsmissbräuchlich. Andernfalls stünde der Klägerin überhaupt kein rechtliches Mittel zur Verfügung, einer vertragswidrigen Einwirkung auf ihre Liegenschaften im Nachhinein zu begegnen. Es sei auch für die Klägerin nicht gleichgültig, wo das Kabel verlaufe, seien doch in der Zukunft Erhaltungsarbeiten zu erwarten. Der Klägerin sei schon deshalb ein Interesse daran zuzubilligen, dass die Kabelführung gemäß der Vereinbarung erfolge, weil ihr die Disposition über ihr Eigentum zuzugestehen sei und sie die Verpflichtung treffe, die Rechte der Zweitbeklagten zu wahren.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Bedeutung einer über Leitungsrechte nach dem TKG 2003 getroffenen privatrechtlichen Vereinbarung gegenüber der von § 5 Abs 3 TKG 2003 eingeräumten Berechtigung nicht bestehe.

Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten mit einem Abänderungsantrag, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, sie ist auch im Sinn des Aufhebungsantrags berechtigt.

Bereitsteller eines Kommunikationsnetzes sind berechtigt, Leitungsrechte an öffentlichem Gut, wie Straßen, Fußwege, öffentliche Plätze und dem darüber liegenden Luftraum, ausgenommen das öffentliche Wassergut, unentgeltlich und ohne gesonderte Bewilligung nach diesem Gesetz in Anspruch zu nehmen (§ 5 Abs 3 TKG 2003). Berechtigte gemäß § 5 Abs 3 leg cit haben ihre Vorgangsweise bei der Ausübung dieser Rechte mit den Eigentümern oder Nutzungsberechtigten der betroffenen Grundstücke abzustimmen (§ 6 Abs 1 TKG 2003). Werden Leitungsrechte geltend gemacht, so hat der Leitungsberechtigte den Eigentümern unter Beigabe einer Planskizze die auf ihren Liegenschaften beabsichtigten Herstellungen bekannt zu geben (§ 6 Abs 2 TKG 2003). Bei Ausübung von Rechten (unter anderem) nach § 5 TKG 2003 ist mit tunlichster Schonung der benutzten Liegenschaften, der in Anspruch genommenen Anlagen und der Rechte Dritter sowie in möglichst wenig belästigender Weise vorzugehen. Insbesondere hat der Berechtigte während der Ausführung der Arbeiten auf seine Kosten für die tunlichste Aufrechterhaltung des bestimmungsgemäßen Gebrauchs der benützten Liegenschaft und der in Anspruch genommenen Anlagen zu sorgen und nach Beendigung der Arbeiten schleunigst einen klaglosen Zustand herzustellen (§ 10 Abs 1 TKG 2003).

§ 5 Abs 3 TKG 2003 bezieht sich nur auf das öffentliche Gut. Gemäß der Intention des Art 11 der Richtlinie 2002/21/EG (Rahmenrichtlinie) soll öffentliches Gut für Übertragungswege, die später für öffentliche oder private Dienste genutzt werden sollen, benützt werden dürfen (EB auch abgedruckt in Zanger/Schöll, Telekommunikationsgesetz, § 5 Rz 62).

Zunächst ist zu prüfen, ob die im Eigentum der Klägerin stehenden Grundstücke als öffentliches Gut im Sinn des TKG 2003 zu beurteilen sind. Dies ist - im Gegensatz zur Ansicht des Berufungsgerichts - weder unstrittig (die Klägerin bestreitet dies in ihrer Berufung sogar ausdrücklich) noch für alle Grundstücke aus dem festgestellten Grundbuchsstand abzuleiten.

In § 5 Abs 3 TKG 2003 wird durch die beispielhafte Aufzählung von Straßen, Fußwegen und öffentlichen Plätzen präzisiert, dass von einem öffentlichen Gut bereits dann auszugehen ist, wenn Grundstücke als Verkehrsflächen gewidmet und genützt werden, sie also von jedem benützt werden können (vgl auch Zanger/Schöll aaO, Rz 74, Damjanovic, et al, Handbuch des Telekommunikationsrechts 116). Auch nach §§ 287, 288 ABGB sind Verkehrsflächen, die dem bestimmungsgemäßen unmittelbaren Gebrauch durch jedermann dienen, öffentliches Gut (Spielbüchler in Rummel3, § 287 ABGB Rz 3, § 288 ABGB Rz 2; Eccher in KBB2, §§ 287, 288 ABGB Rz 1 ff). Die Ersichtlichmachung im Grundbuch ist nicht Voraussetzung für das Bestehen des Gemeingebrauchs (Eccher aao Rz 3 mwN). Dass die betroffenen Grundstücke der Klägerin als Straße und Gehsteig dem allgemeinen Gebrauch gewidmet sind und auch als solche benützt werden, ist nicht strittig. Es ist also davon auszugehen, dass sie öffentliches Gut sind.

Nach § 5 Abs 3 TKG 2003 kann der Bereitsteller eines Telekommunikationsnetzes Leitungsrechte am öffentlichen Gut unentgeltlich und ohne gesonderte Bewilligung nach dem TKG 2003 in Anspruch nehmen. Er muss nach § 6 Abs 1 TKG 2003 nur seine Vorgangsweise bei der Ausübung des Rechts mit dem Grundeigentümer „abstimmen". Im Gegensatz dazu werden Leitungsrechte an privaten Liegenschaften nur durch „Vereinbarung" und, falls diese nicht zustande kommt, durch Entscheidung der Fernmeldebehörde, die jeder der Beteiligten anrufen kann, begründet (§ 6 Abs 3 und 4 TKG 2003). Offen bleibt, wie bei der vom Gesetz geforderten „Abstimmung" vorzugehen ist. Aus § 6 Abs 2 TKG 2003 lässt sich jedenfalls ableiten, dass der Leitungsberechtigte den Eigentümer unter Beigabe einer Planskizze über die beabsichtigte Herstellung informieren muss. Klar ist nach den gesetzlichen Anordnungen, dass „Abstimmung" nicht mit „Vereinbarung", wie sie für private Grundstücke vorgesehen ist, gleichzusetzen ist, wird doch einerseits ein anderer Begriff gewählt und andererseits kein Verfahren vorgesehen, wenn es zu keiner Vereinbarung mit dem Eigentümer eines öffentlichen Guts kommt. Dies bedeutet also, dass die Leitungsrechte am öffentlichen Gut grundsätzlich ex lege bestehen (vglauch Zanger/Schöll aaO §6 Rz 7). Die Verpflichtung zur Abstimmung ist im Zusammenhang mit § 10 TKG 2003 zu sehen, nach dem die Ausübung der Rechte mit tunlichster Schonung der benutzten Liegenschaft auszuüben sind und ein „klagloser" Zustand nach Beendigung der Arbeiten wiederherzustellen ist. Durch die Abstimmung soll der schonendste Eingriff und die zu erwartenden Kosten (absehbare Schäden) abgeklärt werden. Die Zweitbeklagte hätte daher vor Durchführung ihrer Verlegungsarbeiten mit der Klägerin keine Vereinbarung über den Leitungsverlauf treffen müssen, sondern hätte nach (im aufgezeigten Sinn zu verstehender) Abstimmung das nach dem Gesetz bestehende Leitungsrecht in Anspruch nehmen können. Schließt sie jedoch mit dem Liegenschaftseigentümer eine Vereinbarung, so hat auch dafür der allgemeine Rechtsgrundsatz „pacta sunt servanda" (Verträge sind einzuhalten) zu gelten. Dies ist schon im Interesse der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes zu fordern. Die Beklagten haben gegen diesen Grundsatz insoweit verstoßen, als sie abweichend von der geschlossenen Vereinbarung einen Leitungsverlauf wählten, von dem bekannt war, dass einerseits die Klägerin mit ihm nicht einverstanden war und andererseits durch ihn ein neuer Oberflächenbelag (Verschleißasphalt) zerstört wird. Es liegt diesbezüglich wegen der Vertragsverletzung ein Eingriff in das Eigentumsrecht der Klägerin vor. Dem Umstand, dass keine Bewilligung nach § 90 StVO eingeholt wurde, kommt hingegen schon deshalb keine Bedeutung zu, weil die Arbeiten bereits abgeschlossen sind und es daher auf das Verhindern allfälliger Beeinträchtigungen des Straßenverkehrs durch die Arbeiten (die hier ohnehin nicht einmal behauptet wurden) nicht ankommt.

Soweit sich die Klägerin auch gegen die Herstellung eines neuen Stromkastens mit der Begründung wendet, sie habe der Errichtung nicht zugestimmt, übersieht sie aber, dass sich aus der vorliegenden Vereinbarung eines Stromübergabepunktes auch die Zustimmung zu den für dessen Umsetzung notwendigen Maßnahmen, damit auch zur Errichtung eines notwendigen weiteren Stromkastens, zwanglos ergibt. Abgesehen davon bestünde, wenn man eine Vereinbarung mangels Bestimmtheit verneinen wollte, auch insoweit das gesetzliche Leitungsrecht nach § 5 Abs 3 TKG 2003. Dass die Maßnahmen vom TKG 2003 umfasst sind, wurde von der Klägerin nie in Frage gestellt. Mit der Errichtung des Stromkastens wurde daher nicht widerrechtlich in das Eigentumsrecht der Klägerin eingegriffen.

Liegt ein Eingriff in das Eigentumsrecht vor, so kann der Grundeigentümer die Wiederherstellung des früheren Zustands fordern (vgl RIS-Justiz RS0112687). Der Umstand, dass es sich um ein öffentliches Gut handelt, das als öffentlicher Weg dient, ändert nichts an dem sich aus § 354 ABGB ergebenden Eigentumsbegriff (RIS-Justiz RS0010864, RS0009767). Die Klägerin kann daher grundsätzlich einen Eingriff in ihr Eigentumsrecht (durch vereinbarungswidrige Verlegung einer Leitung) geltend machen und Abhilfe fordern.

Die Beklagten haben aber auch eingewandt, dass die Rechtsausübung der Klägerin hier rechtsmissbräuchlich sei.

Rechtsmissbräuchlich ist eine Rechtsausübung grundsätzlich dann, wenn sie ausschließlich oder doch weit überwiegend zum Zweck der Schädigung eines anderen erfolgt (RIS-Justiz RS0037903). Rechtsmissbrauch liegt aber nicht nur dann vor, wenn die Schädigungsabsicht den einzigen Grund der Rechtsausübung bildet, sondern auch dann, wenn zwischen den vom Handelnden verfolgten eigenen Interessen und den beeinträchtigten Interessen des anderen ein ganz krasses Missverhältnis besteht (RIS-Justiz RS0026265). Besteht ein begründetes Interesse des Rechtsausübenden, einen seinem Recht entsprechenden Zustand herzustellen, wird die Rechtsausübung nicht schon dadurch zu einer rechtsmissbräuchlichen, wenn der sein Recht Ausübende unter anderem auch die Absicht verfolgt, mit der Rechtsausübung dem anderen Schaden zuzufügen (RIS-Justiz RS0026271). Die Geltendmachung eines Begehrens auf Beseitigung einer konsenslosen und bescheidlosen Benützung einer Liegenschaft in nicht unbeträchtlichem Umfang kann grundsätzlich niemals als schikanös bezeichnet werden (2 Ob 106/00b).

Die Klägerin verhielt die Vertreterin der Beklagten zum Abschluss der vorliegenden Vereinbarung über den Trassenverlauf ausschließlich deshalb, weil sie den von ihr erst kürzlich hergestellten Asphaltoberflächenbelag der Straße nicht beschädigen lassen wollte. Genau das ist durch die vereinbarungswidrige Vorgangsweise der Arbeiter der Erstbeklagten unabänderbar geschehen. Für das Entfernen der Leitung müsste nun die Straße ein weiteres Mal aufgeschnitten werden. Dass die verlegte Leitung selbst die Klägerin behindern würde, war weder Grund für die Vereinbarung noch wird dies im Verfahren von der Klägerin behauptet.

Bei der Beurteilung des Rechtsmissbrauchs ist im vorliegenden Fall vor allem zu berücksichtigen, dass die Liegenschaften der Klägerin - im Gegensatz zu Vorjudikaten - keineswegs unbelastet waren. Vielmehr lasteten auf dem öffentlichen Gut die ex lege bestehenden Leitungsrechte der Zweitbeklagten nach § 5 Abs 3 TKG 2003. Die Last wurde durch die geschlossene Vereinbarung lediglich präzisiert. Es wäre der Klägerin nicht frei gestanden, sich dem Ansuchen der Zweitbeklagten auf Benützung des öffentlichen Guts überhaupt zu entziehen. Unter diesen Umständen ist das Begehren der Klägerin auf Entfernen der bereits verlegten Leitung und Wiederherstellung der Straßenoberfläche mit der (auch in der Revisionsbeantwortung wiederholten, alleinigen) Begründung, dass sie das Zerschneiden der Straßenoberfläche untersagen habe wollen, als rechtsmissbräuchlich zu bewerten. Die Klägerin ist ohnedies durch § 10 TKG 2003 geschützt. Es ist nach Beendigung der Verlegung ein „klagloser Zustand" herzustellen, also die Straße in tadellosen Zustand zu versetzen und - insbesondere im Hinblick auf die getroffene, wenn auch gebrochene Vereinbarung - die Oberfläche soweit wie möglich dem Bestand anzupassen.

Auch allfällige Erhaltungsarbeiten können den Zustand der Straße nicht noch weiter beeinträchtigen als dies bereits geschehen ist, weil die Straße schon aufgeschnitten wurde. Dies kann durch Entfernung der Leitung nicht ungeschehen gemacht werden. Im Übrigen konnte die Klägerin nicht substantiieren, welche Erhaltungsarbeiten bei einem Kabel zu erwarten seien, die den Zustand der Straße weiter verschlechtern könnten. Damit ist aber die Klägerin, die das Verlegen der Leitung ohnehin grundsätzlich hätte dulden müssen, hinsichtlich des Straßenzustands nach Herstellen einer tadellosen Asphaltoberfläche nicht anders gestellt als sie es beim (zusätzlichem) Entfernen der Leitung wäre. Durch das Beharren auf dem Entfernen der verlegten Leitung und deren Neuverlegung würde sie nichts gewinnen, sondern ausschließlich den Beklagten, die dann neben den Wiederherstellungskosten insbesondere auch die Kosten der Entfernung und der Neuverlegung tragen müssten, Schaden zufügen. Nach den vorliegenden Umständen des Einzelfalls stellt sich daher die Rechtsausübung der Klägerin, nämlich das Begehren auf Entfernung der Leitung und Wiederherstellung des gesamten „ursprünglichen" Zustands, als rechtsmissbräuchlich dar.

Das Begehren der Klägerin und auch ihr Vorbringen sind zwar auf die Entfernung der Leitung und der Wiederherstellung des Zustands nach Entfernung gerichtet, doch ist davon als Minus das Begehren auf Herstellung des ordnungsgemäßen Zustands der Straßenoberfläche (unabhängig von der Entfernung der Leitung) enthalten, weil die Leistungen teilbar sind. Hiefür ist das Begehren aber nicht ausreichend präzisiert. Es bedarf der Erörterung mit der Klägerin, welche Teilleistungen sie nunmehr (allein) für die Sanierung der Straßenoberfläche begehrt, da das Entfernungsbegehren nicht zu Recht besteht. Dass ein entsprechender Teilzuspruch von der Klägerin gar nicht gewollt wäre, ist im Gegensatz zu den Revisionsausführungen keineswegs zwingend anzunehmen, sodass auch insoweit eine Erörterung vorzunehmen ist. Danach werden im Hinblick auf das präzisierte Begehren geeignete Feststellungen zu treffen sein.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.