OGH vom 18.04.2002, 6Ob3/02p
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Alois O*****, vertreten durch MMag. Dr. Verena Rastner, Rechtsanwältin in Lienz, gegen die beklagten Parteien 1. Elisabeth W*****, und 2. Johann W*****, beide vertreten durch Dr. Reinhold Unterweger, Rechtsanwalt in Lienz, wegen Aufkündigung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 468/01g-21, womit über die Berufung der klagenden Partei das Endurteil des Bezirksgerichtes Matrei in Osttirol vom , GZ C 219/00k-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revision selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beklagten sind seit über 20 Jahren Mieter der im Dachgeschoss des Hauses des Klägers befindlichen Wohnung. Der Kläger kündigte am das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs auf und beantragte die Übergabe des Mietobjekts. Er lebe mit seiner Gattin und zwei Kindern auf engstem Raum. Für alle Hausbewohner gebe es nur eine Toilette im Obergeschoss. Der Sohn des Klägers sei sprachbehindert und werde von den Beklagten gehänselt. Die aggressiven Spannungen machten ein weiteres Zusammenleben mit den Mietern im Einfamilienhaus unmöglich. Der 68-jährige Kläger leide an der Parkinson'schen Krankheit. Der Kläger behalte sich die Beistellung einer Ersatzwohnung für die Mieter vor.
Die Beklagten wandten gegen die Kündigung ein, dass diese aus sozialen Gründen nicht gerechtfertigt und dass ihnen bisher keine Ersatzwohnung angeboten worden sei.
Mit dem rechtskräftigen Zwischenurteil vom stellte das Erstgericht im Spruch der Entscheidung fest, dass der vom Kläger geltend gemachte Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 9 MRG - vorbehaltlich der Ersatzbeschaffung - gegeben sei. In den Entscheidungsgründen verneinte das Erstgericht das Vorliegen des weiteren vom Kläger nach der Z 8 leg cit geltend gemachten Kündigungsgrundes (Kündigung wegen Eigenbedarfs des Vermieters bei Vorliegen überwiegender Interessen gegenüber denjenigen des Mieters). Das Haus weise zwei selbständige Wohneinheiten auf. Es sei deshalb eine Interessenabwägung geboten, die zu Gunsten der einkommensschwachen Beklagten ausschlage, die von der Obdachlosigkeit bedroht seien. Der Kläger benötige die vermietete Wohnung zwar für seine Tochter, auf deren Pflege er angewiesen sei. Dieser Umstand begründe aber höchstens eine gleichwertige Interessenlage (an der Beendigung bzw Aufrechterhaltung des Mietverhältnisses). Der Aufkündigung nach § 30 Abs 2 Z 8 MRG müsse daher ein Erfolg versagt bleiben. Über die auf die Z 9 leg cit gestützte Kündigung sei mit Zwischenurteil gemäß § 32 MRG zu entscheiden. Der Eigenbedarf des Klägers sei zu bejahen.
Das Zwischenurteil blieb unbekämpft. Der Kläger bot in der Folge den Beklagten kein Ersatzobjekt an. Die Beklagten beantragten die Fortsetzung des Verfahrens.
Das Erstgericht hob mit seiner Endentscheidung die gerichtliche Aufkündigung auf und wies das Übergabsbegehren ab. Mit dem rechtskräftigen Zwischenurteil sei implizit der Kündigungsgrund nach der Z 8 verneint worden. Auf den Kündigungsgrund nach der Z 9 könne sich der Kläger mangels Anbots einer Ersatzwohnung nicht mehr berufen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Nach verschiedenen Lehrmeinungen und einer noch zu § 21a MG ergangenen Entscheidung des LGZ Wien vom werde mit einem Zwischenurteil nach § 32 Abs 1 MRG (früher § 21a Abs 1 MG) implizit auch über das Nichtvorliegen der anderen Kündigungsgründe abgesprochen. Wenn mehrere Kündigungsgründe geltend gemacht werden, sei ein gesondertes Absprechen über das Vorliegen der einzelnen Kündigungsgründe nicht denkbar. Über die Aufkündigung habe eine einheitliche Entscheidung zu ergehen. Das Erstgericht habe daher zulässigerweise im Zwischenurteil in den Entscheidungsgründen das Nichtvorliegen des Kündigungsgrundes nach § 30 Abs 2 Z 8 MRG festgestellt. Darin liege eine Abweisung des auf diesen Kündigungsgrund gestützten Kündigungsbegehrens. Der Kläger hätte daher das Zwischenurteil bekämpfen müssen. Auf die Berufungsausführungen zum Kündigungsgrund nach der Z 8 müsse daher nicht weiter eingegangen werden. Da der Kläger keine Ersatzbeschaffung vorgenommen habe, sei die Aufkündigung zu Recht aufgehoben worden.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil der Entscheidung keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme.
Mit seiner außerordentlichen Revision beantragt der Kläger die Abänderung dahin, dass dem Klagebegehren stattgegeben werde, hilfsweise die Aufhebung zur Verfahrensergänzung.
Der Oberste Gerichtshof hat den Beklagten die Erstattung einer Revisionsbeantwortung freigestellt. Sie beteiligten sich am Revisionsverfahren nicht.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist mangels oberstgerichtlicher Rechtsprechung sowohl zur alten Rechtslage nach § 21a MG als auch zum geltenden § 32 MRG zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.
Der klagende Vermieter steht auf dem Standpunkt, dass mit dem gemäß § 32 Abs 1 MRG erlassenen, mangels Anfechtung rechtskräftig gewordenen Zwischenurteil, mit dem festgestellt wurde, dass der geltend gemachte Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 9 MRG - vorbehaltlich der Ersatzbeschaffung - gegeben ist, noch nicht rechtskräftig über den weiters vom Kläger geltend gemachten Kündigungsgrund nach der Z 8 leg cit abgesprochen worden sei, weil dies einen Ausspruch im Spruch des Zwischenurteils vorausgesetzt hätte. Über diesen Kündigungsgrund hätte daher mit Endurteil entschieden werden müssen. Der Vermieter hätte das Zwischenurteil hinsichtlich des Kündigungsgrundes der Z 8 weder anfechten können noch müssen. Zu diesem Revisionsvorbringen ist Folgendes auszuführen:
§ 32 MRG geht im Wesentlichen auf den durch die MG-Novelle 1974 eingeführten § 21a MG zurück und regelt das Verfahren über die Ersatzbeschaffung. Beide Gesetzesbestimmungen sehen in ihrem Abs 1 vor, dass sich der kündigende Vermieter, wenn ihn die Verpflichtung zum Anbot von Ersatzmietgegenständen trifft, das Anbot in der Kündigung vorbehalten darf und die Ersatzmietgegenstände erst im Zuge des Verfahrens anbieten muss. Wenn der Mieter Einwendungen erhebt, hat das Gericht vorab durch Zwischenurteil darüber zu entscheiden, ob der Kündigungsgrund - vorbehaltlich der Ersatzbeschaffung - gegeben ist. Nach Abs 2 beider Gesetzesstellen hat der Vermieter nach Feststellung des Kündigungsgrundes im Zwischenurteil binnen drei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft dem Mieter einer Wohnung zwei entsprechende Wohnungen zur Auswahl mit Schriftsatz als Ersatz anzubieten. Der Vermieter kann erst nach Ablauf von drei Monaten nach Zustellung seines Anbots an den Mieter die Fortsetzung des Verfahrens beantragen. Wenn der Vermieter die Ersatzmietgegenstände nicht anbietet, kann der Mieter die Fortsetzung des Verfahrens beantragen. Würth vertrat schon 1974 (Der § 21a Mietengesetz und seine praktische Anwendung, ImmZ 1974, 359) die Auffassung, dass mit einem Zwischenurteil nicht etwa nur über das Vorliegen des Kündigungsgrundes (der eine Verpflichtung zur Ersatzbeschaffung vorsieht), sondern über alle Einwendungen des Gekündigten abgesprochen wird und dass für den Fall, dass der Vermieter mehrere Kündigungsgründe geltend gemacht hat, vorrangig die anderen Kündigungsgründe, die keine Ersatzbeschaffung vorsehen, zu prüfen seien. Ein Zwischenurteil über das Vorliegen des Kündigungsgrundes mit Verpflichtung zur Ersatzbeschaffung spreche in den Entscheidungsgründen über das Nichtvorliegen der anderen Kündigungsgründe ab, enthalte also eine Abweisung dieser Begehren und könne vom Kündigenden bekämpft werden. Dies sei vergleichbar mit dem Fall des mit seiner eingewendeten Gegenforderung obsiegenden Beklagten, der das klageabweisende Urteil mit der Begründung bekämpfen könne, dass die Abweisung schon wegen Nichtbestehens der Klageforderung erfolgen hätte müssen. Würth begründet seine Ansicht mit den Ausführungen im Ausschussbericht (AB 1261 BlgNR XIII. GP 4), dass in dem mit Zwischenurteil zu erledigenden Verfahrensabschnitt "alle sonst den Grund des Anspruchs betreffenden Rechtsgründe, Einwendungen, Angriffs- und Verteidigungsmittel abschließend zu prüfen und zu erledigen" seien und führt weiters noch ins Treffen, dass bei einer Aufkündigung, die auf mehrere Kündigungsgründe gestützt wird, nur eine einheitliche Entscheidung ergehen könne und ein gesondertes Absprechen über das Vorliegen einzelner Kündigungsgründe nicht denkbar sei.
Diese Rechtsansicht vertritt Würth auch zur Nachfolgebestimmung des § 32 MRG (in Rummel ABGB2 Rz 4 zu § 23 MRG; in Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht20 Rz 4 zu § 32 MRG).
Schimetschek (Das Anbot einer Ersatzwohnung nach § 21a Mietengesetz, ImmZ 1978, 35) behandelt die Frage, ob nach einem in der ersten Verfahrensstufe ergangenen Zwischenurteil in der zweiten Verfahrensstufe vom Vermieter noch die Frage aufgerollt werden dürfe, ob der geltend gemachte Kündigungstatbestand nicht einem anderen Kündigungsgrund zu unterstellen wäre und verneint dies unter Hinweis auf die oberstgerichtliche Entscheidung MietSlg 28.406. Dem Zwischenurteil komme eine beschränkte Rechtskraftwirkung zu. Reiber/Liehl (Die Kündigung im Mietrecht) vertreten zu § 32 MRG die Auffassung, dass bei Geltendmachung mehrerer Kündigungsgründe nur für den Fall ein Zwischenurteil zu erlassen sei, wenn das Gericht zum Ergebnis komme, dass nur der Kündigungsgrund vorliege, der eine Ersatzbeistellung erfordere. Gegen das Zwischenurteil könne der Kündigende ein Rechtsmittel ergreifen. Sie übernehmen ferner unter Zitierung des 1974 veröffentlichten Aufsatzes von Würth und der Entscheidung des LGZ Wien vom MietSlg 34.503 die Ansicht, dass bei Geltendmachung mehrerer Kündigungsgründe nur eine einheitliche Entscheidung zu ergehen habe.
Das LGZ Wien folgte in der oben zitierten Entscheidung den Argumenten Würths. Mit dem Zwischenurteil werde in den Entscheidungsgründen auch über das Nichtvorliegen der anderen geltend gemachten Kündigungsgründe abgesprochen und das darauf gestützte Kündigungsbegehren implizit abgewiesen. Der Kündigende müsse das im Spruch stattgebende Zwischenurteil bekämpfen.
Die von Schimetschek zitierte oberstgerichtliche Entscheidung 7 Ob 567, 568/76 (MietSlg 28.406/8 = EvBl 1976/651 = ImmZ 1977, 43) verwies den kündigenden Vermieter, der gegen die Aufhebung der Kündigung Revision erhoben und mit der Rechtsrüge einen Kündigungsgrund ohne Ersatzbeschaffung (§ 19 Abs 1 MG) releviert hatte, auf die beschränkte materielle Rechtskraft des gemäß § 21a MG erlassenen Zwischenurteils. Die Frage, welchem Kündigungsgrund der vom Revisionswerber geltend gemachte Kündigungstatbestand zu unterstellen sei, könne im Revisionsverfahren nicht mehr aufgerollt werden. Unter der "beschränkten" Rechtskraftwirkung verstand der 7. Senat offensichtlich nur die Bindungswirkung des Zwischenurteils innerhalb des Prozesses, wie sich dies aus seinem Zitat der Entscheidung SZ 34/51 ergibt, die einem in einem Vorprozess ergangenen Zwischenurteil keine über den Prozess hinausgehende Bindungswirkung zuerkannte.
Eine oberstgerichtliche Rechtsprechung zu § 32 MRG liegt offenkundig nicht vor.
Der Auffassung Würths und des LGZ Wien ist aus folgenden Erwägungen zu folgen:
1. Der Revisionswerber konnte das Zwischenurteil trotz Obsiegens anfechten: Auch wenn der Kläger hinsichtlich eines der (beiden) geltend gemachten Kündigungsgründe dem Grunde nach obsiegte, war er durch das Zwischenurteil beschwert. Sowohl der materiellrechtliche Kündigungsanspruch als auch die verfahrensrechtliche Position des Aufkündigenden sprechen dafür, dass der Kündigungsgrund wegen Eigenbedarfs nach der Z 9 des § 30 Abs 2 MRG nur subsidiären Charakter hat, wenn der Vermieter auch andere Kündigungsgründe geltend macht, die ihn zu keiner Ersatzbeschaffung verpflichten, wie hier nach Z 8. Auch wenn er nicht ausdrücklich sein Kündigungsbegehren nur hilfsweise auf die Z 9 stützte, ist davon auszugehen, dass er primär eine Kündigung nach Z 8 ohne die wirtschaftliche Belastung der Beschaffung einer Ersatzwohnung, also die Endentscheidung ohne das Sonderverfahren des § 32 MRG anstrebt. Die Entscheidung über einen nur hilfsweise gestellten Antrag setzt notwendig die Abweisung des primär gestellten Hauptbegehrens voraus. Dieser Grundsatz ist auch hier zu beachten.
2. Die Rechtsmittelzulässigkeit setzt das Vorliegen einer Beschwer, also ein Anfechtungsinteresse, voraus (Kodek in Rechberger ZPO2 Rz 9 vor § 461 mwN). Eine stattgebende Entscheidung kann unter bestimmten Voraussetzungen vom Obsiegenden bekämpft werden, auch wenn sich seine Beschwer nicht aus dem Spruch, sondern nur aus den Entscheidungsgründen ergibt. Wohl gilt grundsätzlich, dass sich die Beschwer nur aus dem Spruch der Entscheidung ergibt (RS0041735, vgl JBl 2000, 124), ausnahmsweise wird aber beispielsweise bei Rekursen gegen Aufhebungsbeschlüsse des Berufungsgerichtes (womit dem Erstgericht Rechtsansichten überbunden werden) und vor allem bei Zwischenurteilen eine Beschwer der Parteien allein durch die Begründung der Entscheidung anerkannt (Kodek aaO Rz 10 mwN; zur Anfechtung von Aufhebungsbeschlüssen: SZ 55/133; RS0111502; zur Anfechtung von Zwischenurteilen: 3 Ob 146/99p). Auch die Entscheidung nach § 32 MRG ist ein Zwischenurteil, das über den Grund des Kündigungsanspruchs abspricht und alle Einwendungen des Beklagten zu erledigen hat. Der obsiegende Kläger hätte trotz Bejahung des von ihm (hilfsweise) geltend gemachten Kündigungsgrundes nach Z 9 das Zwischenurteil anfechten können. Die für ihn nachteilige Begründung, es läge der andere Kündigungsgrund nicht vor, begründete einen Eingriff in seine materielle und verfahrensrechtliche Stellung im Sinne einer von der Lehre so genannten "wirkungsbezogenen", "abgeleiteten" oder "sekundären" Beschwer (Kodek aaO Rz 10). Mit dem Zwischenurteil wurde dem Grunde nach das Vorliegen des Kündigungsgrundes rechtskräftig mit der Rechtsfolge festgestellt, dass der Kläger eine Ersatzwohnung beizustellen hat. Damit wurde die Frist des § 32 Abs 2 MRG ausgelöst. Schon diese Rechtsfolge begründete eine Beschwer des Klägers. Da er - wie schon ausgeführt - den Kündigungsgrund und dessen Rechtsfolge aber nur sekundär anstrebte, hätte er das Zwischenurteil jedenfalls bekämpfen können, auch wenn mit dem Spruch allein seinem Rechtsschutzbegehren dem Grunde nach stattgegeben wurde. Der Fall ist tatsächlich mit der Anfechtungsbefugnis des mit seiner Gegenforderung obsiegenden Beklagten vergleichbar, der eine Klageabweisung aus anderen Gründen erreichen will und darf.
3. Mit der Bejahung der Befugnis des Klägers, das Zwischenurteil anzufechten, ist noch nicht die Frage beantwortet, ob er das Zwischenurteil auch bekämpfen musste, um nicht die Überprüfungsmöglichkeit hinsichtlich des im Zwischenurteil nur in der Begründung verneinten Kündigungsgrundes nach § 30 Abs 2 Z 8 MRG zu verlieren. Es stellt sich also die Frage der Rechtskraft und Bindungswirkung des Zwischenurteils, das im Spruch den Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 8 MRG nicht anführte. Auch für die Rechtskraft gilt grundsätzlich, dass nur der Spruch der Entscheidung in Rechtskraft erwachsen kann. Die Entscheidungsgründe individualisieren allerdings den Spruch und bestimmen den Umfang der Rechtskraft ("relative Rechtskraftwirkung der Entscheidungsgründe"). Die Rechtskraft und die Bindungswirkung (als Ausfluss der materiellen Rechtskraft) einer Vorentscheidung über Ansprüche derselben Parteien im Nachfolgeprozess sind in der Lehre und Rechtsprechung sehr unterschiedlich behandelte, komplexe Themen. Bei der Lösung dieser Probleme spielt auch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften über den Begriff des Streitgegenstandes eine wesentliche Rolle (vgl dazu SZ 70/60; 6 Ob 295/00a; zur nicht einheitlichen Judikatur: 6 Ob 59/99s; Oberhammer, Objektive Grenzen der materiellen Rechtskraft, Bindung und Präklusion, JBl 2000, 206). Hier geht es nicht um die Bedeutung der Rechtskraft einer Vorentscheidung für einen Folgeprozess, sondern um die Rechtskraft eines im selben Prozess ergangenen Zwischenurteils. Dieses spricht dem Grunde nach über den als Einheit aufzufassenden Kündigungsanspruch ab, genauso wie ein über einen Zwischenfeststellungsantrag ergangenes Zwischenurteil das strittige präjudizielle Rechtsverhältnis zur Gänze abschließend feststellt. Der subsidiäre Charakter des Kündigungsgrundes des § 30 Abs 2 Z 9 MRG und die im § 32 Abs 2 MRG normierten prozessualen Folgen des Zwischenurteils lassen erkennen, dass der Streitgegenstand, über den mit Zwischenurteil entschieden wird, auch die anderen Kündigungsgründe erfasst, auch wenn dies im Spruch des Zwischenurteils nicht ausdrücklich zum Ausdruck gebracht wird, wenn er sich streng am Wortlaut des Gesetzes orientiert und nicht das klarstellende Wort "nur" der Feststellung voranstellt ("Festgestellt wird, dass - vorbehaltlich der Ersatzbeschaffung - nur der Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 9 MRG gegeben ist"). Dass der Gesetzgeber das Sonderverfahren des § 32 MRG in diesem Sinne auffasst, ergibt sich aus den dargelegten Gründen des subsidiären Charakters des Kündigungsgrundes, über den mit Zwischenurteil erst nach Verneinung der anderen, den Kündigenden weniger belastenden Kündigungsgründe abzusprechen ist und weiters aus der schon in der Entscheidung MietSlg 28.406/8 angesprochenen Rechtskraftwirkung, die bei einem Zwischenurteil auch durch die individualisierenden Entscheidungsgründe ausgelöst wird. Die gegenteilige Auffassung des Revisionswerbers führte zu dem dogmatisch bedenklichen und praktisch unerwünschten Ergebnis, dass zuerst über den nur hilfsweise (sekundär) geltend gemachten Kündigungsgrund in einem Sonderverfahren entschieden würde, diese Entscheidung aber dann eine rein hypothetische (und damit überflüssige) würde, wenn der Kläger im weiteren Verfahren und auch mit seinem Rechtsmittel gegen die Endentscheidung noch die anderen Kündigungsgründe relevieren dürfte und damit auch obsiegen könnte.
4. Da mit dem rechtskräftigen Zwischenurteil mit bindender Wirkung das Nichtvorliegen des Kündigungsgrundes nach § 30 Abs 2 Z 8 MRG feststeht, ist auf die Revisionsausführungen zu diesem Kündigungsgrund nicht mehr einzugehen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 40 und 50 ZPO.