OGH vom 22.01.2014, 3Ob250/13f
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Univ. Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Pflegschaftssache der minderjährigen Kinder A*****, und J*****, beide in Pflege und Erziehung der Mutter C*****, beide vertreten durch den Jugendwohlfahrtsträger Land Niederösterreich, dieser vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Amstetten, Fachgebiet Jugendwohlfahrt, über den „außerordentlichen Revisionsrekurs“ des Vaters M*****, vertreten durch Dr. Alois Zehetner, Rechtsanwalt in Amstetten, gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom , GZ 23 R 324/13i, 23 R 325/13m-33, womit infolge Rekurses des Vaters die Beschlüsse des Bezirksgerichts Amstetten je vom , GZ 1 PU 52/13v 6 und 7, bestätigt wurden, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Das Erstgericht verpflichtete den Vater zur Zahlung eines einstweiligen Unterhalts gemäß § 382a EO von monatlich 105,40 EUR ab je Kind. Das Rekursgericht gab dem dagegen gerichteten Rekurs des Vaters nicht Folge und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig ist. Gegen diese Entscheidung erhob der Vater ein als „außerordentlicher Revisionsrekurs“ bezeichnetes, persönlich beim Erstgericht überreichtes Rechtsmittel. Das Erstgericht legte das Rechtsmittel unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor.
Diese Vorgangsweise widerspricht dem Gesetz.
Gemäß § 402 Abs 4 iVm § 78 EO sind auf den Revisionsrekurs im vorliegenden Fall die Vorschriften der ZPO anzuwenden. Für die Berechnung des Entscheidungsgegenstands des Rekursgerichts sind gesetzliche Unterhaltsansprüche gemäß § 58 Abs 1 JN mit dem 36-fachen Betrag jenes monatlichen Unterhaltsbeitrags zu bewerten, der zum Zeitpunkt der Entscheidung zweiter Instanz noch strittig war (RIS Justiz RS0122735). Der Wert des Entscheidungsgegenstands ist für jedes der zwei Kinder gesondert zu beurteilen; es kommt nicht zu einer Zusammenrechnung (RIS Justiz RS0017257; RS0112656). Der Wert des Entscheidungsgegenstands im Rekursverfahren betrug daher (105,40 x 36 =) 3.794,40 EUR pro Kind.
Nach § 528 Abs 2 Z 1 ZPO ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 5.000 EUR nicht übersteigt, es sei denn, es handelt sich um Streitigkeiten nach § 502 Abs 4 oder 5 ZPO. Gemäß § 528 Abs 2 Z 1a ist der Revisionsrekurs - vorbehaltlich des Abs 2a - in familienrechtlichen Streitigkeiten nach § 49 Abs 2 Z 1 und 2 JN jedenfalls unzulässig, in denen der Entscheidungsgegenstand insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt (§ 502 Abs 4 ZPO), wenn das Gericht zweiter Instanz ausgesprochen hat, dass der Revisionsrekurs nicht zulässig ist. Die absolute Untergrenze für die Zulässigkeit des Revisionsrekurses von (nunmehr) 5.000 EUR gilt daher nicht, wenn es sich um eine der in § 49 Abs 2 Z 1 und 2 JN bezeichneten familienrechtlichen Streitigkeiten handelt.
Ungeachtet der nunmehr geltenden Fassung des § 49 Abs 2 Z 2 JN, der gerade Unterhaltsstreitigkeiten zwischen Eltern und Kindern aus seinem Geltungsbereich ausnimmt, ist wie für Oppositionsstreitigkeiten (3 Ob 138/08b mwN) auch für die Gewährung einstweiligen Unterhalts eine Differenzierung zwischen den Unterhaltsansprüchen von Ehegatten und Kindern zu vermeiden (4 Ob 86/12v). Wenn - wie hier - der Entscheidungsgegenstand zweiter Instanz insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses ausgesprochen hat, ist kein außerordentlicher Revisionsrekurs zulässig (§ 528 Abs 3 ZPO), sondern ist nach § 528 Abs 2a iVm § 508 ZPO im Wege eines mit einem ordentlichen Revisionsrekurs verbundenen Abänderungsantrags beim Rekursgericht Abhilfe zu suchen (RIS Justiz RS0005912).
Der „außerordentliche Revisionsrekurs“ ist daher dem Erstgericht zurückzustellen, das ihn dem Rekursgericht vorzulegen haben wird.
Ob der Rechtsmittelschriftsatz der inhaltlichen Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten. Auf die unterbliebene Einbringung im ERV wird hingewiesen (RIS Justiz RS0128266).
Fundstelle(n):
HAAAD-58467