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OGH vom 23.12.1998, 7Ob346/98b

OGH vom 23.12.1998, 7Ob346/98b

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter, Dr. Schalich, Dr. Tittel und Dr. Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Carlo Foradori, Rechtsanwalt, Innsbruck, Claudiastraße 11, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Markus K*****, wider die beklagte Partei W***** AG, ***** vertreten durch Dr. Günter Zeindl, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 350.000,-- sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 249/98v-29, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom , GZ 6 Cg 91/97m-25, bestätigt wurde, in nichtöffenlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben. Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben; die Rechtssache wird an das Erstgericht zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind wie weitere Kosten des Verfahrens erster Instanz zu behandeln.

Text

Begründung:

Der Gemeinschuldner war früher Angestellter der Beklagten und hatte bei ihr eine Unfallversicherung mit einem Taggeld von S 1.000 abgeschlossen. Als er im Herbst 1995 den Handel mit Kraftfahrzeugen beginnen wollte, schlug ihm der für Unternehmensberatungen zuständige Vertreter der Beklagten Harald L***** vor, aus der Unfallversicherung das Taggeld herauszunehmen und an dessen Stelle eine Betriebsunterbrechungsversicherung abzuschließen. Da der Gemeinschuldner im Fall einer Betriebsunterbrechung ein Taggeld von S 2.000 bekommen wollte, errechnete L***** eine Versicherungssumme von S 720.000. Der Gemeinschuldner wurde vom Berater der Beklagten dahin informiert, daß das Taggeld mit dem vereinbarten Betrag gezahlt werde, ohne daß die entgangenen Einnahmen nachgewiesen werden müßten. Dabei war erörtert worden, daß die Einnahmen des Gemeinschuldners unregelmäßig sein würden. Der Gemeinschuldner hatte auch erklärt, daß die Betriebsunterbrechungsversicherung für ihn nur dann in Frage komme, wenn er pro Tag fix S 2.000 erhält, ohne den tatsächlichen Entgang durch Bucheinsicht oder Vorlage von Unterlagen nachweisen zu müssen. Erst nach der Zusage, daß er im Versicherungsfall pro Tag den Betrag von S 2.000 bekomme, schloß der Gemeinschuldner den Betriebsunterbrechungsversicherungsvertrag ab. Am wurde die Polizze unter Anschluß der Allgemeinen Bedingungen für die Sachversicherunng, die Allgemeinen Bedingungen für die Betriebsunterbrechungs- versicherung für freiberuflich und selbständig Tätige (ABFT 1995) und die Besonderen Bedingungen 501, 507 und 551 ausgestellt. Die Klausel 501 lautet:

"Taxe

Für Versicherungsfälle gemäß Art 1 Pkt 3.1 der ABFT (völlige Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit und/oder Unfallfolgen) und Pkt 3.2 (Quarantäne) gilt der Versicherungswert (Art 5 ABFT) als Taxe gemäß § 57 VersVG. Pro Tag wird 1/360 des auf diese Weise festgesetzten Versicherungswertes geleistet."

Nachdem der Gemeinschuldner Art 12 Abs 7 ABFT 1995 gelesen hatte, wonach der Versicherungsnehmer dem Versicherer jede Untersuchung über Ursachen und Höhe des Schadens und über den Umfang seiner Verpflichtung zur Leistung zu gestatten, jede hiezu dienliche Auskunft auf Verlangen auch schriftlich zu erteilen und Belege beizubringen und zu diesem Zweck die ordngungsgemäßen Bücher und Aufzeichnungen gemäß Art 11 zur Verfügung zu stellen hat, sprach er Martin M*****, einen weiteren Vertreter der Beklagten, auf die getroffene Vereinbarung an, daß als Taggeld S 2.000 unabhängig vom tatsächlichen Schaden und unabhängig von einer Bucheinsicht bezahlt würden. M***** setzte sich darauf mit Harald L***** in Verbindung. Dieser telefonierte mit Gerhard U*****, der in der Zentrale der Beklagten für die Betriebsunterbrechungsversicherung und die Unfallversicherung zuständig war. U***** bestätigte, daß im gegenständlichen Fall eine taxative Abrechnung erfolgen könne, der Gemeinschuldner im Versicherungsfall also den festgelegten Tagessatz bekommen würde. Wäre diese Zusicherung nicht erfolgt, hätte der Gemeinschuldner die Betriebsunterbrechungsversicherung storniert, weil er statt des Taggeldes aus der Unfallversicherung einen bestimmten Tagessatz in der Betriebsunterbrechungsversicherung erhalten wollte. Die Taggeldversicherung aus der Unfallversicherung war durch die Betriebsunterbrechungsversicherung ersetzt worden. Die Leute der Beklagten haben dem Gemeinschuldner ausdrücklich erklärt, daß diese Zusage ausreiche, obwohl er eine schriftliche Erklärung gefordert hatte.

Im Zuge der ergänzenden Vertragsbestimmungen zum Versicherungsvertrag sind Zusagen und Erklärungen des Versicherers nur gültig, wenn sie firmenmäßig gezeichnet bestätigt worden sind, was hier nicht geschehen ist.

Nachdem es dem Gemeinschuldner nicht gelungen war, das Gewerbe auf eigenen Namen anzumelden, erklärte sich sein Vater Otto K***** bereit, es auf seinen Namen anzumelden. Am wurde daher ein Nachtrag zur Polizze vom verfaßt, in welchem Otto K***** als Bezugsberechtigter festgehalten wurde. Am wurde für Otto K***** der Gewerbeschein für den Handel gemäß § 124 Z 11 GewO 1994 beschränkt auf den Handel mit Gebrauchtfahrzeugen und Neuwagen mit dem Standort B*****, hier jedoch beschränkt auf einen Bürobetrieb, ausgestellt. Letztere Einschränkung erfolgte deshalb, weil Anraineransprüche zu befürchten waren, wenn beim Haus des Vaters des Gemeinschuldners regelmäßig mehrere Fahrzeuge abgestellt worden wären. Die Tätigkeit des Gemeinschuldners war aber nicht auf einen Bürobetrieb beschränkt. Er hat vielmehr die Gebrauchtfahrzeuge, die er vorwiegend im benachbarten Ausland gekauft hat, dort selbst abgeholt und, sofern sie unbeschädigt waren, selbst nach Tirol gefahren, soferne sie beschädigt waren, mit Anhängern nach Tirol transportiert. Die Fahrzeuge stellte er entweder auf der Liegenschaft seiner Großmutter oder bei Tankstellen ab. Der Gemeinschuldner war im Betrieb allein tätig.

Am erlitt der Gemeinschuldner bei einem Unfall einen offenen Bruch des Griffelfortsatzes der linken Speiche, des Kahnbeines und des Dreieckbeines. Da er Linkshänder ist, betraf diese Verletzung den Gebrauchsarm. Dieser war bis durch einen Unterarmgipsverband mit Daumeneinschluß praktisch gebrauchsunfähig. Bis war der Gemeinschuldner verletzungsbedingt krankgeschrieben. Bis dahin war er nicht in der Lage, Auto zu fahren. Er hätte verschiedene Dinge, wie administrative Tätigkeiten im Büro und auch Leitungsfunktionen, ausüben können. In dem Zeitpunkt zwischen Entlassung aus dem Krankenhaus und 14 Tage danach hätte er allerdings derartige Tätigkeiten ebenfalls nicht ausüben können.

In der Zeit seiner Krankschreibung hat der Gemeinschuldner keine Bürotätigkeit verrichtet, weil eine solche sinnlos gewesen wäre. Er wäre nicht in der Lage gewesen, ihm angebotene Fahrzeuge zu besichtigen, nach Österreich zu transportieren und zu verkaufen. Am hat der Gemeinschuldner seinen Betrieb wegen finanzieller Schwierigkeiten geschlossen und das Gewerbe ruhend gemeldet.

Am hatte die Schadenreferentin der Beklagten dem Gemeinschuldner mitgeteilt, daß er zur weiteren Bearbeitung des Versicherungsfalls seine Bilanzen und Buchhaltungsunterlagen vorlegen möge. Der Gemeinschuldner hatte zwar solche Unterlagen, war aber der Meinung, daß nach der Taxe abzurechnen sei. Die Beklagte hat in einem Schreiben vom neuerlich vergeblich um Überlassung des Gewerbescheins und der Bilanzen 1994 bis 1996 zur Überprüfung des Unterbrechungsschadens angefordert.

Am wurde über das Vermögen des Gemeinschuldners das Konkurs- und Schuldenregulierungsverfahren eröffnet.

Otto K***** hat seine Ansprüche aus der Betriebsunterbrechungsversicherung dem Gemeinschuldner abgetreten.

Der Gemeinschuldner (nunmehr der Masseverwalter) begehrt die Zahlung von S 350.000,-- samt 10,22 % Zinsen seit . Er sei in der Zeit vom bis krankgeschrieben und völlig arbeitsunfähig gewesen. Die Beklagte habe daher aus der Betriebsunterbrechungsversicherung für 175 Tage die fixe Taxe von S 2.000 pro Tag zu zahlen. Die Angestellten der Beklagten hätten dem Gemeinschuldner die Zahlung einer fixen Tagestaxe im Versicherungsfall zugesagt. Die Vorlage von Buchhaltungsunterlagen sei nach deren ausdrücklichen Erklärungen nicht notwendig gewesen. Der Gemeinschuldner sei daher nicht verpflichtet gewesen, der Beklagten Einsicht in seine Buchhaltungsunterlagen zu gewähren. Das Gewerbe des Gemeinschuldners sei zwar im Namen seines Vaters, allerdings allein vom Gemeinschuldner geführt worden. Der Vater des Gemeinschuldners habe ihm als Bezugsberechtigter alle Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag abgetreten.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Es liege kein Versicherungsfall vor, weil der Gemeinschuldner keinen Unfall im Sinne des Art 1 Pkt 3.1.3 ABFT 1995 erlitten habe. Der Gemeinschuldner sei auch nicht selbständig erwerbstätig gewesen. Seine allfällige gewerbliche Tätigkeit habe sich auf reine Bürotätigkeiten beschränkt, sodaß der Versicherungsschutz auch nur in diesem Rahmen bestehen könne. Auf die Abtretung der Ansprüche durch Otto K***** könne sich der Gemeinschuldner nach Art 9 ABFT 1995 nicht berufen. Im übrigen liege keine Betriebsunterbrechung vor, weil der Betrieb eingestellt worden sei. Der Gemeinschuldner sei auch nicht gänzlich arbeitsunfähig, sondern in der Lage gewesen, den Betrieb zu leiten und die Aufsicht im Betrieb zu führen, insbesondere den Bürobetrieb aufrechtzuerhalten. Die Beklagte sei aber auch leistungsfrei, weil der Gemeinschuldner gegen die Obliegenheiten nach Art 11 Abs 1 und 12 Abs 7 ABFT 1995 verstoßen habe, über Aufforderung der Beklagten die Bilanzen vorzulegen. Der Höhe nach stehe dem Versicherten nur zu, was sich nach Art 3, 4 und 5 ABFT 1995 errechne. Die Taxenvereinbarung nach Bedingung 501 sei im Zusammenhang mit Art 5 ABFT und § 57 VersVG zu sehen. Die Beklagte habe nie zugesagt, daß die volle Taxe jedenfalls ausgezahlt werde.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit Ausnahme eines Zinsenmehrbegehrens statt. Es liege ein Unfall nach den vereinbarten Allgemeinen Versicherungsbedingungen vor. Der Gemeinschuldner sei durch den Unfall auch völlig arbeitsunfähig gewesen. Die Betriebseinstellung sei erst am , also nach dem Zeitpunkt, bis zu welchem Ansprüche geltend gemacht würden, erfolgt. Daher liege auch eine Betriebsunterbrechung vor. Die Beklagte habe somit die vereinbarte Taxe von S 2.000 pro Tag zu zahlen. Auf gegenteilige Vertragsbestimmungen und § 57 VersVG könne sie sich nicht berufen, weil der Gemeinschuldner den Widerspruch zwischen schriftlicher Vereinbarung und mündlicher Erklärung beanstandet habe und die Vertreter der Beklagten nach Rückfrage in der Generaldirektion bestätigt hätten, daß Bucheinsicht nicht erfolgen werde, sondern die Tagestaxe zur Anwendung komme. Sie hätten auch ausdrücklich erklärt, daß ihre mündlichen Zusagen ausreichten. Unter diesen Umständen sei die Beklagte an die Zusagen ihrer Vertreter gebunden, obwohl entgegen der ergänzenden Vertragsbestimmungen zu dem Versicherungsvertrag Zusagen und Erklärungen des Versicherers nur gälten, wenn sie firmenmäßig gezeichnet bestätigt worden seien, was hier nicht der Fall sei. Damit könne auch kein Verstoß gegen die Obliegenheiten nach Art 11 und 12 ABFT 1965 vorliegen, weil die Beklagte auf die Vorlage von Büchern und Aufzeichnungen zur Ermittlung des Schadens ausdrücklich verzichtet habe. Schließlich bestünden auch keine Bedenken gegen die Berechtigung des Gemeinschuldners zur Klage. Gemäß Art 9 der ABFT 1995 könne zwar die Abtretung des Entschädigungsanspruchs dem Versicherer gegenüber nicht geltend gemacht werden, solange die Entschädigung nicht einvernehmlich oder durch Sachverständigenverfahren bestimmt sei. Hier aber sei spätestens bei Abschluß des Nachtrages vom Versicherungsvertrag auch der Beklagten bekannt gewesen, daß der Gemeinschuldner Versicherungsnehmer und sein Vater Bezugsberechtigter sei. Der Gemeinschuldner habe eigene Ansprüche als Versicherungsnehmer geltend gemacht. Die Abtretung der Ansprüche des Bezugsberechtigten sei nur aus formalen Gründen erforderlich gewesen. Der Schaden sei zweifelsfrei beim Gemeinschuldner eingetreten.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichts und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Der Gemeinschuldner sei jedenfalls Versicherungsnehmer, sein Vater Bezugsberechtigter. Es liege demnach eine Versicherung auf fremde Rechnung im Sinne der §§ 74 ff VersVG vor. Gemäß § 75 Abs 1 VersVG stünden die Rechte aus dem Versicherungsvertrag sachlich zwar dem Versicherten zu; das formelle Verfügungsrecht bleibe aber gemäß § 76 Abs 1 VersVG beim Versicherungsnehmer. In der Abtretung der Rechte durch den Bezugsberechtigten an den Gemeinschuldner liege die für die Auszahlung an den Versicherungsnehmer gemäß § 76 Abs 3 VersVG erforderliche Zustimmung. An der Aktivlegitimation des Gemeinschuldners (nunmehr des Masseverwalters) sei demnach nicht zu zweifeln.

Entgegen der Auffassung der Beklagten sei der Gemeinschuldner die gesamte Zeit der Betriebsunterbrechung zu 100 % arbeitsunfähig gewesen. Daß er in der Lage gewesen wäre, zu telefonieren, ändere nichts an der Beurteilung seiner Behinderung als völlige Arbeitsunfähigkeit, weil die Ausübung einer solchen Tätigkeit nicht den geringsten wirtschaftlichen Erfolg hätte haben können, solange er nicht in der Lage gewesen wäre, mit dem Auto zu fahren, die zu kaufenden Fahrzeuge zu besichtigen und die gekauften Fahrzeuge abzutransportieren. Auf die Pflicht zur Schadensminderung gemäß Art 12 Abs 1 ABFT 1995 in Verbindung mit der Möglichkeit, nach Art 8 ABFT 1995 Ersatz für Aufwendungen zu erhalten, habe sich die Beklagte in erster Instanz nicht berufen. Die diesbezüglichen Ausführungen in der Berufung verstießen daher gegen das Neuerungsverbot. Soweit die Beklagte in ihrer Rechtsrüge von einer Betriebseinstellung ausgehe und daraus folgere, daß eine Betriebsunterbrechung als Voraussetzung eines Versicherungsfalles nicht vorliegen könne, weiche die Berufung vom festgestellten Sachverhalt ab. Der Betrieb des Gemeinschuldners sei, wenngleich nur wenige Tage, auch nach Beendigung des Krankenstandes und den Zeitpunkt, bis zu welchem die Versicherungsleistung geltend gemacht werde, weitergeführt und erst dann eingestellt worden.

Auch die Berufung der Beklagten auf Obliegenheitsverletzungen gehe fehl. Ihre Leute hätten mit dem Kläger die Abrechnung des Versicherungsfalls nach fixen Tagessätzen vereinbart. Die schriftliche Ausfertigung des Vertrags weiche allerdings davon ab. Eine solche Abweichung gelte nur dann als genehmigt, wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb eines Monats nach Empfang des Versicherungsscheines schriftlich widerspricht. Eine solche Genehmigung nach § 5 Abs 2 VersVG sei allerdings nur dann anzunehmen, wenn der Versicherer den Versicherungsnehmer bei Aushändigung des Versicherungsscheines auf diese Genehmigungsfiktion hingewiesen habe. Eine solche Belehrung habe die Beklagte aber nicht ausgesprochen. Sei diese Formvoraussetzung nicht erfüllt, komme der Vertrag, soferne die Allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Voraussetzungen für einen Vertragsschluß vorlägen, abgesehen von den "Abweichungen" zustande. Der Inhalt des Antrages werde entgegen der Polizze Vertragsinhalt, auch wenn nach allgemeinen Grundsätzen Dissens vorliege und der Vertrag dementsprechend nicht zustandegekommen wäre, sofern nur ein Versicherungsvertrag mit dem vom Antragsteller gewünschten Inhalt rechtlich und versicherungstechnisch überhaupt möglich sei. Der Oberste Gerichtshof habe früher in solchen Fällen zwar Dissens angenommen. Seiner auf § 44 VersVG beruhenden Argumentation sei durch die VersVG-Novelle 1994 BGBl 1994/509 der Boden entzogen worden, durch welche im § 44 VersVG der Satz "dies gilt nicht für Erklärungen des Versicherungsnehmers, zu deren Entgegennahme für den Versicherer er gemäß § 43 bevollmächtigt ist" eingefügt worden sei. Damit sei nunmehr davon auszugehen, daß die oben bereits dargelegten Rechtsfolgen eines Verstoßes des Versicherers gegen die Formvorschrift des § 5 Abs 2 VersVG einträten.

Es werde aber auch nicht das für die vorliegende Sachversicherung geltende Bereicherungsverbot verletzt. § 55 VersVG, wonach der Versicherer niemals verpflichtet sei, mehr als den eingetretenen Schaden zu ersetzen, sei zwingendes Recht. Die Vorschrift bilde die Grundlage des versicherungsrechtlichen Bereicherungsverbots. Eine weiterreichende Vereinbarung wäre nichtig. Vom Bereicherungsverbot würden allerdings Ausnahmen anerkannt. Der Wert des versicherten Gutes könne gemäß § 57 VersVG, ohne daß der Versicherungsnehmer den wahren Wert der Schadenshöhe nachweisen müsse, vorweg durch eine Taxe festgelegt werden. Die Vereinbarung einer Taxe dürfe aber nicht zur Umgehung des Bereicherungsverbotes dienen. Daher gelte sie gemäß § 57 Satz 2 VersVG dann nicht als der Wert des versicherten Interesses, wenn sie diesen erheblich übersteige. Als erheblich werde die Überschreitung schon bei mehr als 10 % angesehen. Die Beweislast für die Überschreitung trage der Versicherer. Diese Beweisführung werde dem Versicherer aber dadurch erleichtert, daß im Fall der "Anfechtung" der Taxe als erheblich überhöht die Auskunfts- und Belegpflicht des Versicherungsnehmers wieder auflebe. Andererseits könne der Kläger deshalb, weil er sich geweigert habe, der Beklagten Einsicht in seine Buchunterlagen zu gewähren, nicht schon zur Gänze seines Anspruchs auf Versicherungsentschädigung verlustig gehen. Abgesehen davon, daß die Beklagte bei der Einwendung der Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung übersehe, daß, soferne es um eine Obliegenheit nach § 6 Abs 3 VersVG gehe, infolge der Abänderung dieser Bestimmung durch die VersVG-Novelle 1994 nicht mehr das "Alles-oder-Nichts- Prinzip" gelte, könne dem Kläger, wenn er sich bisher geweigert habe, der Beklagten die geforderten Informationen zu geben, deshalb nicht einmal leichte Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden, weil er aufgrund der bewiesenen Vereinbarung mit den Leuten der Beklagten als versicherungsrechtlicher Laie davon habe ausgehen können, diesen Aufforderungen nicht Folge leisten zu müssen. Die Beklagte sei also nicht etwa aufgrund dieses Verhaltens des Klägers leistungsfrei geworden. Sie hätte daher in erster Instanz vorbringen müssen, daß die vereinbarte Taxe den tatsächlichen Schaden erheblich übersteige und dann von den Möglichkeiten der Zivilprozeßordnung, nun im Prozeß die Vorlage der Buchunterlagen durch den Kläger zu erzwingen, Gebrauch machen müssen, um den entsprechenden Beweis zu führen. Sie habe aber weder eine entsprechende Behauptung aufgestellt, noch den Versuch dieser Beweisführung unternommen. Daher sei zu unterstellen, daß die vereinbarte Taxe keine erhebliche Überschreitung des tatsächlichen Schadens bewirke und hier durch die Vereinbarung einer Taxe keine Umgehung des Bereicherungsverbotes erfolgt sei.

Die dagegen von der Beklagten erhobene Revision ist im Sinne des darin enthaltenen Aufhebungsantrages berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Polizze weicht vom Versicherungsantrag nicht ab. Der Vertreter der Beklagten hatte dem Gemeinschuldner erklärt, daß im Versicherungsfall die Taxe fix ausgezahlt werde, ohne daß die Höhe des durch die Betriebsunterbrechung entstandenen Schadens durch Bucheinsicht oder Vorlage von Unterlagen nachzuweisen wäre. Die Polizze enthält die Klausel 501, nach der für den Versicherungsfall der völligen Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit oder Unfallsfolgen der Versicherungswert als Taxe gemäß § 57 VersVG gilt und pro Tag 1/360 des auf diese Weise festgesetzten Versicherungswertes geleistet wird. Bei dem vereinbarten Versicherungswert von S 720.000 ergibt sich somit eine Taxe von S 2.000 pro Tag. Gemäß § 57 VersVG kann in der gesamten Schadensversicherung der Versicherungswert durch Vereinbarung auf einen bestimmten Betrag (Taxe) festgelegt werden; die Taxe gilt auch als der Wert, den das versicherte Interesse zur Zeit des Eintrittes des Versicherungsfalls hat, es sei denn, daß sie den wirklichen Versicherungswert in diesem Zeitpunkt erheblich übersteigt. Die Vereinbarung einer solchen Taxe erleichtert die Feststellung der Höhe des vom Versicherer zu leistenden Schadenersatzes. Der Versicherungsnehmer hat bei Vorliegen einer Taxvereinbarung daher nicht die Höhe des tatsächlichen Schadens darzutun; es ist vielmehr von der Richtigkeit der vereinbarten Taxe auszugehen. Wegen des damit verbundenen Vorteils nimmt der Gesetzgeber sogar eine gewisse Bereicherung des Versicherungsnehmers in Kauf. Diese Durchbrechung des Bereicherungsverbots begegnet allerdings insofern einer Schranke, als sich der Versicherer darauf berufen kann, daß zur Zeit des Versicherungsfalls die Taxe den Ersatzwert erheblich übersteigt; insoweit trifft die Beweislast den Versicherer (Bruck/Möller, VVG8 Anm 4 zu § 57; Prölss/Martin, VVG26 Rz 3 zu § 57; Schauer, Das österreichische Versicherungsvertragsrecht3, 174 f). Die Auskunfts- und die Belegpflicht des Versicherungsnehmers (§ 34 VersVG; Art 12 Abs 7 ABFT 1995) greifen insoweit nicht Platz, als sie den Zweck verfolgen, den Versicherer über den Ersatzwert zu informieren; denn insoweit ist nach der getroffenen Taxvereinbarung eine Unterrichtung des Versicherers nicht erforderlich. Ficht der Versicherer aber die Taxe an, leben die beiden Obliegenheiten wieder voll auf (Bruck/Möller aaO Anm 31 zu § 57 VVG). Zunächst ist daher von der Richtigkeit der getroffenen Taxvereinbarung auszugehen. Erhebt der Versicherer den Einwand, daß die Taxe den Versicherungswert erheblich übersteigt, hat er Behauptungen darüber aufzustellen, daß die Taxe den Ersatzwert um mehr als 10 % übersteigt (Bruck/Möller aaO Anm 41 zu § 57 VVG; Prölls/Martin aaO Rz 3 zu § 57 VVG; Schauer aaO). § 57 VersVG ist absolut zwingend. Vereinbarungen, wonach die Taxe absolut unanfechtbar ist oder der Versicherer auf jeden Nachweis der Taxe verzichtet, sind daher unwirksam (Bruck/Möller aaO Anm 48 zu § 57 VVG).

Sollten die festgestellten Vereinbarungen aus Anlaß der Erstellung des Versicherungsantrages dahin aufzufassen sein, daß die Beklagte auf einen Nachweis der Richtigkeit der Taxe auch für den Fall verzichtet hat, daß die Taxe den Versicherungswert erheblich übersteigt, dann wäre der Vertrag insoweit wirkungslos. Im vorliegenden Fall bedarf es daher auch nicht der Prüfung, ob eine solche Vereinbarung getroffen werden sollte. Das Berufungsgericht hat allerdings richtig erkannt, daß die Beklagte den Einwand, daß die Taxe den Versicherungswert von mehr als 10 % übersteigt, nicht erhoben hat. Sie steht auch noch in der Revision bloß auf den unrichtigen Standpunkt, daß der Kläger von vornherein die Richtigkeit der Taxe zu beweisen gehabt hätte. Das ist aber nach den vorstehenden Ausführungen nicht der Fall. Daß der Kläger auch im Prozeß die geforderten Belege nicht vorgelegt hat, verstößt mangels "Anfechtung" der Taxe durch die Beklagte daher nicht gegen die nur im Fall einer solchen "Anfechtung" bestehende Auskunfts- und Belegpflicht.

Bei der Betriebsunterbrechungsversicherung als Sachversicherung sind Sachen und nicht Personen versichert. Gegenstand einer solchen Versicherung ist der Betrieb, nicht die Person des Betriebsinhabers. Die Entschädigung aus der Versicherung kann sich daher immer nur auf den Ausfall eines Betriebes, nicht aber auf einen bloßen Personenschaden erstrecken. Schon das Wort "Unterbrechung" weist darauf hin, daß der Versicherungsfall nur dann gegeben ist, wenn der Betrieb zufolge der 100 %igen Arbeitsunfähigkeit des Betriebsinhabers bloß unterbrochen, nicht aber dauernd eingestellt wird (SZ 59/227). In der Revision meint die Beklagte dazu, daß weder eine 100 %ige Arbeitsunfähigkeit des Gemeinschuldners noch eine Unterbrechung dessen Betriebs vorgelegen seien. Nach Art 1 Abs 1 ABFT 1995 ersetzt der Versicherer den Unterbrechungsschaden, soweit eine gänzliche oder teilweise Unterbrechung des Versichertenbetriebs durch einen Sach- oder Personenschaden verursacht wird. Als Personenschaden gilt die völlige (100 %ige) Arbeitsunfähigkeit der den Betrieb verantwortlich leitenden Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen (Art 1 Abs 3 Pkt 1 ABFT 1995). Die völlige (100 %ige) Arbeitsunfähigkeit beginnt, wenn die den Betrieb verantwortlich leitende Person ihre berufliche Tätigkeit nach objektivem ärztlichen Urteil in keiner Weise ausüben kann und auch nicht ausübt; sie endet, wenn diese Person nach medizinischem Befund arbeitsfähig ist oder ihre berufliche Tätigkeit wieder ausübt (Art 1 Abs 3 Pkt 1.1 ABFT 1995).

Eine 100 %ige Arbeitsunfähigkeit lag hier vor, weil der Gemeinschuldner als einzige im Betrieb tätige Person die dort anfallenden und gepflogenen Arbeiten während der Dauer seiner Krankschreibung nicht ausführen konnte; eine rein leitende Tätigkeit oder die Beschränkung auf Büroarbeiten wäre bei der Art des Betriebes nicht sinnvoll gewesen.

Ob hier eine "Betriebsunterbrechung" stattgefunden hat, läßt sich aufgrund der getroffenen Feststellungen allerdings noch nicht abschließend beurteilen. Der Gemeinschuldner war vom Unfall am bis zum krankgeschrieben und hat den Betrieb am ruhend gemeldet. Es liegen aber keine Feststellungen darüber vor, welche Maßnahmen zur Betriebsstillegung notwendig waren und ob nach dem noch (Abwicklungs-)Geschäfte geschlossen wurden. Maßgebend für eine Betriebsunterbrechung ist nämlich nicht bloß, daß nur ein Betriebsstillstand vorgelegen ist, nach dessen Beendigung der Betrieb wieder fortgeführt wird (SZ 59/227), wozu auch Abwicklungsgeschäfte gehören können. Ein die Unterbrechung begründender Betriebsstillstand ist auch dann anzunehmen, wenn zwar eine Wiederaufnahme des Betriebs letztlich nicht erfolgt, aber zumindest ernstlich ins Auge gefaßt, aus besonderen Gründen aber dann nicht möglich war. Das Erstgericht wird daher noch Feststellungen über die nach dem Ende der Krankschreibung bis zur Ruhendmeldung des Gewerbes durchgeführten geschäftlichen Tätigkeiten des Gemeinschuldners zu treffen haben. Falls sich daraus eine betriebliche Tätigkeit in dem genannten Zeitraum nicht ableiten läßt, wären auch noch Feststellungen darüber erforderlich, ob der Gemeinschuldner beim Eintritt des Versicherungsfalls die Fortführung des Betriebs ernstlich beabsichtigt hat und welche Gründe ihn bewogen haben, diese Absicht nicht zu verwirklichen.

Die Revision hatte daher im Sinne des darin enthaltenen Aufhebungsantrages Erfolg.

Die Entscheidung über die Kosten des gesamten Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.