OGH vom 07.04.2020, 4Ob45/20a
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon.-Prof. Dr. Brenn, Priv.-Doz. Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj S***** S*****, geboren am ***** 2002, in Unterhaltssachen vertreten durch das Land Steiermark als Kinder- und Jugendhilfeträger (Bezirkshauptmannschaft Murau, Murau, Bahnhofviertel 7), wegen Unterhalt, über den Revisionsrekurs des Vaters K***** S*****, vertreten durch Mag. Athanasia Toursougas-Reif, Rechtsanwältin in Pöls-Oberkurzheim, gegen den Beschluss des Landesgerichts Leoben als Rekursgericht vom , GZ 2 R 271/19f-29, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Murau vom , GZ 3 Pu 81/18k-24, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Der für die 17-jährige Minderjährige geldunterhaltspflichtige Vater war zuletzt aufgrund einer Unterhaltsvereinbarung aus dem Jahr 2002 zu einer monatlichen Unterhaltszahlung von 152 EUR verpflichtet.
Bereits im Dezember 2000 übergaben die väterlichen Großeltern dem Vater deren Liegenschaft samt Wohnhaus. Aufgrund des Übergabsvertrags wurden zugunsten der Großeltern deren Wohn- und Versorgungsrechte als Reallast des Ausgedinges grundbücherlich sichergestellt. Nach dem Tod des Großvaters verpflichtete sich der Vater gegenüber seiner Mutter zu monatlichen Zahlungen von „Miete“ und Heizkosten. Er vereinbarte mit seiner Mutter auch die Löschung der aufgrund des Übergabsvertrags einverleibten Belastungen sowie die Einverleibung einer Reallast der Mietzins- und Heizkostenrente.
Die durch den Kinder- und Jugendhilfeträger vertretene begehrte zuletzt, den monatlichen Unterhalt für Oktober 2018 bis Dezember 2018 auf 340 EUR, für Jänner 2019 bis September 2019 auf 365 EUR und ab Oktober 2019 auf 400 EUR zu erhöhen.
Der Vater sprach sich dagegen aus und wies ua darauf hin, dass von seinem Einkommen die von ihm gegenüber seiner Mutter zu leistenden monatlichen Leistungen aus der Reallast abzuziehen seien.
Das Erstgericht erhöhte die Unterhaltsverpflichtung des Vaters antragsgemäß. Es legte seiner Entscheidung eine Bemessungsgrundlage von 1.830 EUR zugrunde, wobei es in diesem Betrag den Familienbonus Plus rechnerisch nicht einbezog. Das Erstgericht ging davon aus, dass die Zahlungen des Vaters an seine Mutter nicht abzugsfähig seien. Bei der Übergabe der Liegenschaft an den Vater habe es sich um eine reine Vermögensbildung gehandelt, aus der Liegenschaft könne kein Erwerb erzielt werden.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte den Revisionsrekurs in Ermangelung von oberstgerichtlicher Rechtsprechung zur Frage zulässig, ob in Geld umgewandelte Ausgedingeleistungen unterhaltsrechtlich von Bedeutung seien.
Der Vater beantragt in seinem Revisionsrekurs, den Unterhaltserhöhungsantrag abzuweisen. Neben der vom Rekursgericht als erheblich erachteten Rechtsfrage macht er zur Zulässigkeit auch geltend, dass der Beschluss aufgrund der zum Familienbonus Plus ergangenen Entscheidung 4 Ob 150/19s zu korrigieren sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist, ungeachtet des Zulassungsausspruchs des Rekursgerichts, in Ermangelung von erheblichen Rechtsfragen iSv § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig.
1.1 Nach der Judikatur dienen (die einem Übergabsvertrag zugrundeliegenden) Leibrentenzahlungen oder Ausgedingeleistungen (nur) der Vermögensbildung des Übernehmers und bilden daher grundsätzlich keine Abzugspost von der Unterhaltsbemessungsgrundlage (RIS-Justiz RS0047393; 4 Ob 237/97z). Anderes gilt, wenn der erfolgte Vermögenserwerb dem Übernehmer eine Existenzgrundlage (etwa bei der Übernahme eines Betriebs) verschafft, die ihm ein entsprechendes Einkommen erst ermöglicht und damit seinen Unterhalt sichert (RS0108463; 4 Ob 237/97z; 1 Ob 12/98s; 3 Ob 170/05d). Die Leistungen werden dann mit einer Betriebsausgabe verglichen.
1.2 Von diesen Grundsätzen sind die Vorinstanzen nicht abgewichen. Die Zahlungen des Vaters dienen dem Erhalt von Vermögen aus einer vorweggenommenen Erbteilung und daher der Bildung seines Vermögens. Wenn die Vorinstanzen hier eine Abzugspost auch im Hinblick auf den Umstand verneinten, dass die Zahlungen eben nicht der Schaffung einer Existenzgrundlage dienen, hält sich dies im Rahmen der Rechtsprechung.
1.3 Nach der oben referierten Rechtsprechung wird nicht danach unterschieden, ob es sich um Geld- oder Naturalleistungen handelt, sodass die vom Rekursgericht aufgeworfene Frage zur Anwendbarkeit der Rechtsprechung bei in Geld umgewandelten Ausgedingeleistungen die Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht stützen kann. Für das Vorliegen einer Abzugspost macht es keinen Unterschied, ob der Vater durch Ausgedingeleistungen, Leibrentenzahlungen oder – wie nunmehr – Zahlungen aufgrund einer Reallast belastet ist.
2. Auch hinsichtlich des Familienbonus Plus wird keine erhebliche Rechtsfrage aufgeworfen.
2.1 Der Senat hat sich mit Fragen zum Familienbonus Plus jüngst umfassend auseinandergesetzt (4 Ob 150/19s) und ist dabei zum Ergebnis gekommen, dass der Familienbonus Plus weder in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen noch bei der Anrechnung von Transferleistungen zu berücksichtigen ist. Familienbonus Plus und Unterhaltsabsetzbetrag bleiben damit unterhaltsrechtlich neutral.
2.2 Die Vorinstanzen haben im Ergebnis ohnedies im Sinne dieser Judikatur entschieden. Ungeachtet seiner weiteren Ausführungen zum Familienbonus Plus hat das Erstgericht diesen weder als Teil der Bemessungsgrundlage von 1.830 EUR herangezogen noch eine Anrechnung der Familienbeihilfe vorgenommen. Vielmehr ging es von den nach der Prozentwertmethode bemessenen Unterhaltsbeträgen aus. Mit seiner bestätigenden Entscheidung ist das Rekursgericht von der aufgezeigten Rechtsprechung zum Familienbonus Plus nicht abgewichen.
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2020:0040OB00045.20A.0407.000 |
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