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OGH vom 15.01.1992, 1Ob506/92

OGH vom 15.01.1992, 1Ob506/92

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Barbara K*****, vertreten durch Dr. Gerhard Kochwalter, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Klaus R*****, vertreten durch Dr. Friedrich Staudacher, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Feststellung des Erbrechts (Streitwert S 100.000), infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom , GZ 5 R 104/90-9, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom , GZ 27 Cg 374/89-5, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Klägerin ist eine Schwester der am verstorbenen Sophie W*****, geb. ***** 1911, zuletzt wohnhaft gewesen in Klagenfurt *****. Diese hinterließ eine letztwillige Anordnung folgenden Wortlauts:

„Testament im Namen der Republik.

Ich Sophie W***** verfüge für den Fall meines Ablebens bei vollem Bewußtsein, unbeeinflußt von Zwang oder Irrtum über mein Vermögen wie folgt. Ich setze

Klaus R*****

am W***** Sophie.“

Der Beklagte gab auf Grund dieser letztwilligen Anordnung im Abhandlungsverfahren 21 A 28/89 des Bezirksgerichtes Klagenfurt die bedingte Erbserklärung zum gesamten Nachlass ab. Die Klägerin erklärte sich (zu einem Viertel des Nachlasses) als gesetzliche Erbin nach Sophie W*****. Mit Beschluss des Abhandlungsgerichtes vom , 21 A 28/89-28, wurden die Streitteile im Hinblick auf die widersprechenden Erbserklärungen auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

Die Klägerin begehrt den Ausspruch, dass das im Verfahren 21 A 28/89 des Bezirksgerichtes Klagenfurt kundgemachte Testament der Erblasserin Sophie W***** ungültig sei und ihr das Erbrecht zum Nachlass der Sophie W***** auf Grund des Gesetzes zu einem Viertel zustehe. Das Testament vom sei in Ermangelung einer Erbseinsetzung nichtig. Die letztwillige Verfügung stamme unter Umständen gar nicht von der Erblasserin, was ein Vergleich des Schriftbildes dieser Urkunde mit anderen von der Erblasserin gezeichneten Schriftstücken augenscheinlich mache. Nach dem Schriftbild sei Sophie W***** offenkundig testierunfähig gewesen, sie habe das Schriftstück nicht nach freiem Willen verfasst. Die Erblasserin habe auch geäußert, kein schriftliches Testament errichtet zu haben und habe auf einem Zettel festgehalten, dass das Haus Carmen B***** zufallen solle.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Der Wille der Verstorbenen, ihn zum Erben zu berufen, sei deutlich erkennbar. Sophie W***** habe unbeeinflusst und geistig voll geordnet ihren letzten Willen erklärt und diesen auch mündlich zum Ausdruck gebracht.

Das Erstgericht sprach aus, dass das im Verfahren 21 A 28/89 des Bezirksgerichtes Klagenfurt kundgemachte Testament der Erblasserin Sophie W*****, verstorben am , vom ungültig sei und der Klägerin das Erbrecht zum Nachlass zu einem Viertel zustehe. Das Erstgericht ging davon aus, dass das Testament formungültig sei.

Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung des Beklagten Folge, hob das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache an das Gericht erster Instanz zurück. Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschied, S 50.000 übersteige. Es erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof als zulässig.

Das Berufungsgericht gelangte zum Ergebnis, dass die letztwillige Verfügung den Willen der Erblasserin, den Beklagten zum Erben einzusetzen, hinreichend deutlich zum Ausdruck bringe. Das Erstgericht werde demnach die weiteren, von der Klägerin gegen die Gültigkeit des Testamentes erhobenen Einwendungen zu prüfen haben.

Der gegen den Beschluss des Berufungsgerichtes erhobene Rekurs der Klägerin ist nicht gerechtfertigt.

Rechtliche Beurteilung

Vorweg ist zu bemerken, dass die Erbrechtsklage nach herrschender Rechtsprechung und Lehre eine negative Feststellungsklage ist. Die Erbrechtsklage ist demnach auf die Feststellung des mangelnden Erbrechts des Beklagten zu richten, hingegen erfolgt keine positive Entscheidung über die Erbberechtigung des Klägers (JBl. 1987, 655; SZ 58/187; SZ 56/180; Welser in Rummel ABGB2 I Rz 24 zu §§ 799, 800; Koziol-Welser, Grundriß9 II 393). Das in einer Erbrechtsklage gestellte Begehren auf Feststellung des Erbrechts des Klägers umfasst aber auch das Begehren auf Feststellung der Unwirksamkeit des Erbrechtstitels, auf den sich der Beklagte beruft. Es ist daher auf Grund eines solchen Begehrens - unter Abweisung des auf Feststellung des Erbrechts des Klägers gerichteten Mehrbegehrens - die Feststellung der Unwirksamkeit des Erbrechtstitels, auf den sich der Beklagte beruft, möglich (SZ 58/187). Im Hinblick auf diese Rechtslage steht aber auch einer Berichtigung des Klagebegehrens im fortgesetzten Verfahren nichts entgegen.

Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass die letztwillige Erklärung, auf die der Beklagte seine Erbberechtigung stützt, nicht die ausdrückliche Erklärung enthält, dass der Beklagte als Erbe zum Nachlass der Erblasserin berufen werde. Die Äußerung der Erblasserin ist in diesem Sinne undeutlich. Solche Äußerungen sind aber nicht schlechthin ungültig. Ihr Sinn ist vielmehr durch Auslegung zu ermitteln (NZ 1974, 71; SZ 38/221; Welser aaO Rz 7 zu §§ 552, 553; Koziol-Welser aaO 326). Die Auslegung hat auch hier von der gewöhnlichen Bedeutung der Worte auszugehen, wobei die Erklärung als Einheit in ihrem Gesamtzusammenhang zu betrachten ist (Ehrenzweig-Kralik, Erbrecht3 121). Auch Unvollständigkeit macht eine Verfügung nicht ungültig, wenn die Absicht des Erblassers ermittelt werden kann (GlU 11.741; Welser aaO Rz 10). Da im vorliegenden Fall der Urkundeninhalt feststeht und zur Auslegung des Urkundeninhalts keine weiteren, über die Absicht der Parteien durchgeführten Beweise herangezogen wurden und nur die Frage zu beurteilen ist, ob die festgestellte Erklärung als letztwillige Verfügung, nämlich als Erbeinsetzung gewertet werden kann, steht diese Frage der Beurteilung durch den Obersten Gerichtshof offen (vgl. SZ 25/85, 203; JBl. 1989, 61 ua).

Die Zusammenschau der letztwilligen Erklärung als Einheit kann, wie Ehrenzweig-Kralik aaO 121, mit Recht ausführen, Zweifel der grammatikalischen Auslegung beseitigen. Als bemerkenswertes Beispiel einer solchen Auslegung führen die genannten Autoren aaO FN 11 die Entscheidung des Bayrischen Obersten Landesgerichtes, FamRZ 1976, 549, an, in der die Lücke der Erbeinsetzung der Frau als Vorerbin aus dem gesamten Inhalt der letztwilligen Verfügung (ein gemeinschaftliches Testament, in dem die Frau den Gatten zum Vorerben einsetzte und der Mann den Zeitpunkt des Nacherbfalls festlegte, jedoch die Einsetzung der Frau als Vorerbin unterblieb) ergänzt wurde. Auch im vorliegenden Fall fehlt die ausdrückliche Erklärung, dass der Beklagte als Erbe zum gesamten Nachlass berufen wird. Es deutet aber, wie schon das Berufungsgericht zutreffend erkannte, die Überschrift Testament, wenn auch mit dem ungewöhnlichen Zusatz „im Namen der Republik“ auf die Absicht hin, letztwillig zu verfügen. Die Erblasserin erklärte weiters, für den Fall ihre Ablebens über ihr Vermögen zu verfügen und nannte schließlich den Beklagten, offenbar als denjenigen, zu dessen Gunsten die Verfügung getroffen wird. Es ist daher dem Berufungsgericht darin zu folgen, dass die Auslegung der letztwilligen Verfügung in ihrer Gesamtheit keinen Zweifel daran übrig lässt, dass der Beklagte zum Erben des gesamten Nachlasses berufen wurde. Eine formungültige Verfügung liegt demnach nicht vor. Das Erstgericht wird demnach im Sinne des Auftrages des Berufungsgerichtes die übrigen, gegen die Gültigkeit der letztwilligen Verfügung erhobenen Einwendungen zu prüfen haben.

Demzufolge ist spruchgemäß zu entscheiden.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.