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OGH vom 25.02.1993, 6Ob27/92

OGH vom 25.02.1993, 6Ob27/92

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Redl, Dr.Kellner und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Firmenbuchsache der prot. Firma C***** Handelsgesellschaft mbH mit dem Sitz in Wien infolge Revisionsrekurses der Gesellschaft, vertreten durch Dr.Michael Gnesda, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom , GZ 6 R 124/91-31, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom , GZ 7 HRB 37.479-22, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Seit ist die A***** Handelsgesellschaft mbH, deren Firmenwortlaut seit in C***** Handelsgesellschaft mbH geändert wurde, im Firmenbuch beim Handelsgericht Wien eingetragen. Alleinzeichnungsberechtigter Geschäftsführer ist Mag.Franz E*****. In der am vorgelegten Gesellschafterliste scheinen als Gesellschafter Mag.Orhan S***** und Dr.Michael G***** auf.

Am beantragte die Gesellschaft, einen Notar als Gerichtskommissär damit zu beauftragen, den kaduzierten Geschäftsanteil des ausgeschlossenen Gesellschafters Mag.Orhan S***** nach der Feilbietungsordnung und den vorgelegten Feilbietungsbedingungen öffentlich zu versteigern. In der Generalversammlung vom sei die Einforderung der offenen Stammeinlagen von insgesamt S 90.000,-- mit einer angemessenen Leistungsfrist bis beschlossen worden. Dem Gesellschafter Mag.Orhan S***** sei für die Einzahlung des auf ihn entfallenden Stammeinlageanteiles von S 85.000,-- eine Nachfrist bis und eine weitere bis gesetzt worden. Nach deren ungenütztem Verstreichen sei namens des Geschäftsführers mit Schreiben vom der Ausschluß des Mag.Orhan S***** als Gesellschafter erklärt worden. Nunmehr werde die öffentliche Versteigerung dessen Geschäftsanteiles im Nominale von S 170.000,--, auf welche lediglich S 85.000,-- eingezahlt seien, begehrt. Laut Angaben des Wirtschaftstreuhänders der Gesellschaft sei der Geschäftsanteil im Hinblick auf den bilanzmäßig ausgewiesenen Reinverlust der Gesellschaft höchstens mit dem Nominalwert der ausstehenden Einlage, also mit S 85.000,--, zu bewerten, sodaß ein Ausrufpreis von S 85.000,--, wie er in den Feilbietungsbedingungen unter Punkt 6 angeführt ist, angemessen sei.

Mit Beschluß vom bestellte das Erstgericht zur Verwertung eines kaduzierten Geschäftsanteiles den öffentlichen Notar Dr.Otmar R***** zum Gerichtskommissär mit dem Ersuchen und der Anweisung, den kaduzierten Geschäftsanteil des ausgeschlossenen Gesellschafters Mag.Orhan S***** an der C***** Handelsgesellschaft mbH nach der Feilbietungsordnung und den vorgelegten Feilbietungsbedingungen öffentlich zu versteigern und binnen dreier Monate zu berichten.

Dieser Beschluß wurde dem ausgeschlossenen Gesellschafter nicht zugestellt.

Im Amtsblatt der Wiener Zeitung vom wurde die freiwillige Feilbietung für den , 15 Uhr, in der Kanzlei des Gerichtskommissärs unter Anführung der Feilbietungsbedingungen, darunter auch, daß der Ausrufungspreis S 85.000,-- betrage und Anbote unter diesem Betrag nicht angenommen würden, kundgemacht.

Am erhob der ausgeschlossene Gesellschafter gegen den Beschluß des Erstgerichtes Rekurs im wesentlichen mit dem Vorbringen, die Gesellschaft habe ihn zu keiner der Gesellschafterversammlungen gehörig geladen; es seien keinerlei Zustellungen an die der Gesellschaft bekannte richtige Adresse erfolgt. Die Gesellschaft versuche auf diese Weise, seinen Geschäftsanteil ohne sein Wissen und ohne seine Kenntnis versteigern zu lassen. Die Feilbietungsbedingungen entsprächen nicht der Gesetzeslage; der Ausrufungspreis hätte zumindest mit dem Nominale des Geschäftsanteiles von S 170.000,-- festgesetzt werden müssen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs Folge, hob den Beschluß des Erstgerichtes auf und trug diesem die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf.

Der mit Generalversammlungsbeschluß ausgeschlossene Gesellschafter einer GesmbH sei zwar einerseits mangels Gesellschafterstellung nicht zur Antragstellung auf Verwertung seines kaduzierten Geschäftsanteiles (etwa durch öffentliche Versteigerung) berechtigt, die Versteigerung hänge auch nicht von seiner Zustimmung dazu ab, andererseits vermindere sich aber der Gesellschaft gegenüber gemäß § 68 Abs 5 GmbHG die Haftung des ausgeschlossenen Gesellschafters um den Betrag, um den der bei der Versteigerung erzielte Erlös den geschuldeten Betrag übersteige. Die Gesellschaft verkaufe demnach den dem ausgeschlossenen Gesellschafter abgenommenen Geschäftsanteil auf dessen Rechnung.

Durch die Bewilligung der Versteigerung des Geschäftsanteiles, insbesondere durch die Feststellung der Versteigerungsbedingungen und hier wieder in erster Linie durch die Bestimmung des Ausrufungspreises, werde zweifellos in die Rechte des ausgeschlossenen Gesellschafters eingegriffen. Damit komme diesem Beteiligtenstellung und auch die Rekurslegitimation zu. Da der Beschluß des Erstgerichtes dem Rekurswerber überhaupt nicht zugestellt worden sei, sei dessen Rechtsmittel auch rechtzeitig.

Der Rekurs sei schon deshalb berechtigt, weil der ausgeschlossene Gesellschafter im Hinblick auf seine Beteiligtenstellung vor Beschlußfassung über den Versteigerungsantrag hätte gehört werden müssen. Dadurch sei eine von Amts wegen wahrzunehmende Verletzung des rechtlichen Gehöres gegeben. Die Frage der Rechtmäßigkeit des Zustandekommens von Generalversammlungsbeschlüssen könne nicht im Außerstreitverfahren, sondern nur durch Anfechtung gemäß § 41 GmbHG geklärt werden. Inwieweit hier auch eine Klage auf Unwirksamkeit des Ausschlusses möglich sei, müsse nicht geprüft werden; der Einwand der Rechtswidrigkeit der Kaduzierung gehe jedenfalls ins Leere.

Das Erstgericht habe sich nicht ausreichend mit dem Inhalt der vorgelegten Versteigerungsbedingungen auseinandergesetzt. Auch zu diesen sei der ausgeschlossene Gesellschafter nicht einvernommen worden. Nicht einmal der Äußerung des Wirtschaftstreuhänders der Gesellschaft sei zu entnehmen, daß der Geschäftsanteil mit S 85.000,-- zu bewerten wäre. Das Erstgericht werde daher - abgesehen von der Anhörung der Beteiligten - insbesondere Sachverständigengutachten über den Wert des zu versteigernden Geschäftsanteiles einzuholen haben. Eine Unterschreitung des Schätzwertes bei der Bestimmung des Ausrufungspreises setze im übrigen grundsätzlich die Zustimmung aller Beteiligten voraus.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil zur Frage der Parteistellung des ausgeschlossenen Gesellschafters einer GesmbH im Verfahren über den Antrag auf öffentliche Versteigerung des kaduzierten Geschäftsanteiles eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus den genannten Gründen zwar zulässig, im Ergebnis aber nicht berechtigt.

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß die §§ 1 bis 19 AußStrG und daher auch dessen § 9 auch in Handelsregistersachen gelten und die Zulässigkeit der Anfechtung von Verfügungen des Registergerichtes daher nicht nach dem FGG, sondern nach § 9 AußStrG zu prüfen ist (vgl die in Edlbacher, Außerstreitgesetz unter E 66 und 67 zu § 9 zitierten zahlreichen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes). An dieser Rechtslage hat auch das Firmenbuchgesetz nichts geändert. § 18 FBG sieht das im bisherigen § 146 Abs 1 FGG nur für die Fälle des § 145 FGG vorgesehene Prinzip des beiderseitigen Gehöres schlechtin für alle durch Verfügungen des Gerichtes in Angelegenheiten des Firmenbuches erfaßten Rechtseingriffe bezüglich hievon betroffener Personen vor, denen ja bereits nach dem bisher in Geltung gestandenen Recht Beteiligtenstellung damit auch ein Rekursrecht zustand, wobei es ausreichend sein wird, diese von einem derartigen beabsichtigten Eingriff - insbesondere durch Zustellung einer Gleichschrift oder Kopie eines darauf abzielenden Antrages - zu verständigen (vgl Eiselsberg-Schenk-Weißmann, FBG 97).

Zutreffend hat das Rekursgericht ausgeführt, daß durch die Versteigerung eines kaduzierten Geschäftsanteiles die Rechte des ausgeschlossenen Gesellschafters sehr einschneidend berührt werden, weil er nach § 68 Abs 5 GmbHG einerseits für den aus dem erzielten Erlös nicht gedeckten Teil seiner Schulden weiter haftet und ihm andererseits ein den geschuldeten Betrag übersteigender Mehrerlös zufließt. Er hat daher ein rechtliches Interesse, daß die für eine solche öffentliche Versteigerung geltenden gesetzlichen Bestimmungen eingehalten und durch die Versteigerungsbedingungen, deren Vorlage der Gesellschaft freisteht, nicht verletzt werden. Der Versteigerungsantrag samt den darin enthaltenen Versteigerungsbedingungen wäre ihm daher zuzustellen gewesen. Dieser Mangel ist jedoch dadurch geheilt, daß dem Rekurswerber dessen Inhalt durch die Veröffentlichung im Amtsblatt der Wiener Zeitung tatsächlich zur Kenntnis gelangte und ihm durch das Rekursrecht das rechtliche Gehör gewährt wird.

Nach § 68 Abs 2 GmbHG kann die Gesellschaft innerhalb eines Monates (ab rechtsgültiger Kaduzierung) den Verkauf aus freier Hand zu einem Preis vornehmen, der den Bilanzwert des Geschäftsanteiles mindestens erreicht. Nach Ablauf dieser Frist kann die Gesellschaft den Geschäftsanteil nur im Wege öffentlicher Versteigerung verkaufen lassen. Diese Versteigerung hat nach den Bestimmungen der Feilbietungsordnung und nicht nach jenen der Exekutionsordnung zu erfolgen (Reich-Rohrwig, GesmbH-Recht, 599; Gellis, GmbHG2, 381). Die Gesellschaft ist berechtigt, Versteigerungsbedingungen festzusetzen. Ein Einflußrecht auf diese Versteigerungsbedingungen steht dem ausgeschlossenen Gesellschafter jedoch nur insoweit zu, als durch diese Bedingungen die Grundsätze einer öffentlichen Versteigerung und die in der Feilbietungsordnung enthaltenen Bestimmungen verletzt werden, so etwa, wenn eine Versteigerung ohne gehörige Ankündigung erfolgt, der freie Zutritt für Bieter beschränkt wird oder andere Vorschriften verletzt werden, die der Erzielung eines günstigen Versteigerungserlöses dienen. Der Gesetzgeber hat eine Vorschrift über einen Mindestverwertungserlös des Geschäftsanteiles ausdrücklich nur für den Verkauf aus freier Hand normiert, weil hier ein Regulativ durch das freie Spiel der Kräfte und eine öffentliche Kontrolle fehlen, eine solche für den Fall der öffentlichen Versteigerung aber nicht gesetzt. Die Feilbietungsordnung sieht eine obligatorische Schätzung oder einen Ausrufpreis, unter welchem ein Zuschlag nicht erfolgen darf, nicht vor. Der ausgeschlossene Gesellschafter kann auf das Versteigerungsergebnis nur dadurch Einfluß nehmen, daß er interessierte Personen zum Mietbieten animiert; es ist ihm auch nicht verwehrt, selbst mitzubieten (vgl Scholz, GmbHG Rz 7 zu § 23d GmbHG; Gördeler in Hachenburg, GmbHG7 Rz 9 zu § 23d GmbHG). Ein Nachteil für die Gesellschaft kann hieraus nicht entstehen, weil der ausgeschlossene Gesellschafter für einen allfälligen Fehlbetrag weiter zu haften hat und der Zuschlag erst Wirksamkeit erlangt, wenn die Gesellschaft der Übertragung des Geschäftsanteiles an den Ersteher zustimmt. Die Festlegung eines Ausrufungspreises, unter welchem Angebote nicht angenommen werden, in den Versteigerungsbedingungen der Gesellschaft - eine Bestimmung, die sich zugunsten des ausgeschlossenen Gesellschafters auswirkt und gar nicht erforderlich wäre - kann dieser daher nicht erfolgreich bekämpfen. Entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes ist daher eine Verfahrensergänzung durch Anhörung der Beteiligten und insbesondere die Einholung eines Sachverständigengutachtens über den Wert des zu versteigernden Geschäftsanteiles nicht erforderlich.

Eine Verwertung des Anteiles kommt nur dann in Betracht, wenn dieser wirksam kaduziert worden ist. Sind die Vorausetzungen des § 66 GmbHG nicht erfüllt oder wurde das dort vorgeschriebene Verfahren nicht genau beachtet, ist die Kaduzierung unwirksam und der säumige Gesellschafter somit nicht wirksam ausgeschlossen. Die öffentliche Versteigerung ist in diesem Falle unwirksam und selbst der gutgläubige Ersteher nicht geschützt. Die Nichtigkeit der Kaduzierung kann vom betroffenen Gesellschafter auf jede beliebige Weise geltend gemacht werden (Scholz aaO Rz 32 zu § 21 mwN). Daß hiezu eine Feststellungsklage geeignet ist (GesRZ 1977, 101), hindert nicht, daß die Nichtigkeit der Kaduzierung auch im Zuge des Verfahrens vor dem Firmenbuchgericht zur öffentlichen Versteigerung geltend gemacht werden kann und zunächst gelöst werden muß.

Der Rechtsmittelwerber hat in seinem Rekurs gegen den erstgerichtlichen Beschluß nicht nur vorgebracht, zu den Gesellschafterversammlungen nicht gehörig geladen worden zu sein, eine Anfechtung der entsprechenden Generalversammlungsbeschlüsse wäre nur mit Klage nach § 41 GmbHG möglich (gewesen), sondern auch ausgeführt, die Gesellschaft habe trotz Kenntnis seiner tatsächlichen Adresse ihm durch bewußte Anführung einer nicht mehr aktuellen Adresse keine Zustellungen zukommen lassen, um den Geschäftsanteil ohne sein Wissen versteigern zu lassen. Mangels gehöriger Zustellungen seien daher die Voraussetzungen für eine öffentliche Versteigerung des Geschäftsanteiles nicht gegeben, weil er sich mit keinerlei Gesellschafterverpflichtungen im Verzug befinde. Mit diesem Vorbringen, zu welchem der Rechtsmittelwerber mangels seiner Beiziehung in erster Instanz keine Möglichkeit hatte, wird aber auch die Wirksamkeit der Kaduzierung bestritten. Kann diese Vorfrage für die öffentliche Versteigerung mit den Mitteln des Außerstreitverfahrens geklärt werden (§ 2 Abs 2 Z 7 AußStrG), dann ist sie auch in diesem Verfahren zu lösen. Da im vorliegenden Fall eine ganze Reihe von Urkunden, die für die Beurteilung der Rechtsgültigkeit der Zustellungen nach § 66 GmbHG (vgl hiezu GesRZ 1977, 101) maßgeblich sind, bereits im Akt erliegen und das Erstgericht in der Zwischenzeit auch den Gesellschafter und Auskunftspersonen vernommen hat, hat es im Ergebnis daher bei der vom Rekursgericht aus unzutreffenden Gründen ausgesprochenen Aufhebung des erstgerichtlichen Beschlusses zu verbleiben.