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OGH vom 27.08.2014, 2Ob36/14d

OGH vom 27.08.2014, 2Ob36/14d

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** W*****, vertreten durch Dr. Peter Posch und andere Rechtsanwälte in Wels, gegen die beklagten Parteien 1. O***** M*****, und 2. H***** GmbH, *****, beide vertreten durch Dr. Horst Lumper, Rechtsanwalt in Bregenz, sowie die Nebenintervenientinnen auf Seiten der beklagten Parteien 1. V***** Aktiengesellschaft, *****, und 2. A*****-Aktiengesellschaft, *****, beide vertreten durch Achammer Mennel Rechtsanwälte OG in Feldkirch, wegen 258.513,22 EUR sA und Feststellung (Streitinteresse: 3.000 EUR), über die außerordentlichen Revisionen der klagenden Partei und der Nebenintervenientinnen auf Seiten der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 149/13y 49, womit infolge der Berufungen der klagenden und der erstbeklagten Partei sowie der Nebenintervenientinnen auf Seiten der beklagten Parteien das Teil- und Zwischenurteil des Landesgerichts Feldkirch vom , GZ 57 Cg 43/12d 32, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom , GZ 57 Cg 43/12d 36, teilweise bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

Den Revisionen wird teilweise Folge gegeben.

I. Das Teil- und Zwischenurteil der Vorinstanzen wird dahin abgeändert, dass die Entscheidung einschließlich des bereits in Rechtskraft erwachsenen Teils insgesamt zu lauten hat:

„1. Das Leistungsbegehren, die beklagten Parteien seien zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei 258.513,22 EUR samt 4 % Zinsen aus 205.099,93 EUR vom bis und aus 258.513,22 EUR seit zu bezahlen, besteht dem Grunde nach zu 50 % zu Recht.

2. Das auf 129.256,61 EUR samt 4 % Zinsen aus 102.549,97 EUR vom bis und aus 129.256,61 EUR seit lautende Leistungsmehrbegehren wird abgewiesen.

3. Das Begehren, es werde festgestellt, dass die erstbeklagte Partei der klagenden Partei für sämtliche künftige Schäden, Nachteile und nachteilige Folgen aus dem Unfall vom auf der Staumauer des Speichers R***** zu haften habe, wird im Umfang von einem Drittel abgewiesen.

4. Das Begehren, es werde festgestellt, dass die zweitbeklagte Partei zur ungeteilten Hand mit der erstbeklagten Partei der klagenden Partei für sämtliche künftige Schäden, Nachteile und nachteilige Folgen aus dem Unfall vom auf der Staumauer des Speichers R***** zu haften habe, wird im Umfang von 50 % abgewiesen.“

Die Entscheidung über die auf dieses Teilbegehren entfallenden Verfahrenskosten bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

II. Im Übrigen hinsichtlich der Abweisung des gegen die zweitbeklagte Partei gerichteten Feststellungsbegehrens im Umfang weiterer 50 % werden die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben.

Die Rechtssache wird in diesem Umfang zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die hierauf entfallenden Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger, selbständiger Berufstaucher, wurde bei einem Unfall am auf der Staumauer des Speichers R***** schwer verletzt, als er in den Schwenkbereich eines Baggers geriet und zwischen diesem und einem Geländer eingeklemmt wurde. Am Bagger war ein Hinweisschild angebracht, das den Aufenthalt im Schwenkbereich des Baggers verbot. Baggerfahrer war der Erstbeklagte. Die zweitbeklagte Partei war Eigentümerin des Baggers und stand zur ersten Nebenintervenientin, der Betreiberin des Stausees, in einem Vertragsverhältnis, dessen rechtliche Qualifikation strittig ist. Der Kläger wiederum war von der N***** GmbH mit Taucheinsätzen im Stausee beauftragt worden, wobei diese GmbH ebenfalls von der ersten Nebenintervenientin beauftragt worden war. Die zweite Nebenintervenientin ist Haftpflichtversicherer der ersten Nebenintervenientin. Die Arbeiten sind beim Ablassen von Wasser des Stausees jedes Mal notwendig, weil sich der Grundabfluss mit diversem Schwemmmaterial verlegt. Dieses wird mit einem Seilbagger entfernt, was am Tag des Unfalls die Aufgabe des Erstbeklagten war.

Der Kläger begehrte von den beklagten Parteien den Ersatz seines mit insgesamt 258.513,22 EUR sA bezifferten Schadens und stellte auch ein Feststellungsbegehren.

Er brachte vor, der Erstbeklagte habe den Unfall verschuldet. Er hätte sich überzeugen müssen, dass sich keine Personen im Gefahrenbereich aufhielten, allenfalls hätte er eines Einweisers oder einer Aufsichtsperson bedurft. Die zweitbeklagte Partei sei von der ersten Nebenintervenientin mit der Durchführung der Baggerungen beauftragt gewesen, dabei handle es sich um einen Werkvertrag. Der Kläger sei weder in den Betrieb der zweitbeklagten Partei noch in jenen der ersten Nebenintervenientin eingegliedert gewesen. Er stütze seine Ansprüche auf „jeden erdenklichen Rechtsgrund“.

Die beklagten Parteien wandten ein, das Vertragsverhältnis der zweitbeklagten Partei mit der ersten Nebenintervenientin entspreche einem Mietvertrag. Erstere habe den Seilbagger samt Baggerfahrer zur Verfügung gestellt. Der Erstbeklagte sei wie auch schon bei seinen früheren Arbeitseinsätzen gegenüber der ersten Nebenintervenientin weisungsgebunden gewesen und habe von dieser seine Arbeitsanweisungen erhalten. Er sei in den Betrieb der ersten Nebenintervenientin eingegliedert gewesen. Richtigerweise hätte die Klage daher gegen die erste Nebenintervenientin gerichtet werden müssen, die zweitbeklagte Partei sei nicht passiv legitimiert. Den Kläger treffe überdies das Alleinverschulden. Er habe aus unerfindlichen Gründen trotz entsprechender Aufforderung des Erstbeklagten den Gefahrenbereich nicht verlassen und die Warnschilder missachtet. Der Erstbeklagte habe mit einem solchen Verhalten des Klägers nicht rechnen müssen.

Die Nebenintervenientinnen vertraten ebenfalls die Ansicht, dass der Kläger den Unfall selbst verschuldet habe. Ein allfälliges Fehlverhalten des Erstbeklagten trete gegenüber der auffallenden Sorglosigkeit des Klägers in den Hintergrund und sei zu vernachlässigen. Das Feststellungsinteresse werde bestritten.

Im Übrigen widersprachen die Nebenintervenientinnen jedoch dem Vorbringen der beklagten Parteien: Die erste Nebenintervenientin habe die zweitbeklagte Partei durch Werkvertrag mit den Baggerarbeiten beauftragt. Dies folge schon daraus, dass die Anwendung der Werkvertragsnorm für Bauleistungen, die Ö Norm B 2110, ausdrücklich vereinbart worden sei und die zweitbeklagte Partei im Betreff ihre Anbots vom festgehalten habe: „Ausbaggerungsarbeiten Grundablass, Staumauer R***** KW Oberstufe L*****“. Der Kläger sei in den Betrieb der zweitbeklagten Partei eingegliedert gewesen. Dem Erstbeklagten komme als Aufseher im Betrieb das Haftungsprivileg des § 333 ASVG zugute.

Das Erstgericht entschied, nachdem es die Verhandlung auf den Grund des Anspruchs eingeschränkt hatte, mit Zwischenurteil, dass das gegen den Erstbeklagten gerichtete Zahlungsbegehren dem Grunde nach zu zwei Drittel zu Recht bestehe. Mit Teilurteil gab es auch dem gegen den Erstbeklagten gerichteten Feststellungsbegehren in diesem Umfang statt. Eine (spruchmäßige) Abweisung des jeweiligen Mehrbegehrens unterblieb. Hingegen wurde das Klagebegehren, soweit es sich gegen die zweitbeklagte Partei richtete, zur Gänze abgewiesen (vgl die Urteilsberichtigung ON 36).

Zum Vertragsverhältnis zwischen der zweitbeklagten Partei und der ersten Nebenintervenientin hielt es das Erstgericht für außer Streit stehend, dass „ein Vertrag hinsichtlich der Bewegung von Schlamm vom Grund des Speichers R*****“ bestand, wobei von diesem Vertrag „die Bereitstellung eines Baggers sowie die Zurverfügungstellung des Erstbeklagten als Baggerführer umfasst“ gewesen sei.

Über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus stellte es noch fest:

Im Rahmen des zwischen der zweitbeklagten Partei und der ersten Nebenintervenientin geschlossenen Vertrags wurde die Ö-Norm B 2110 vereinbart. Gegenstand des Vertrags war ua „das Beistellen eines Raupenbaggers für die Freibaggerung des Staumauer-Grundablasses lt Anweisung unserer Betriebsleitung“ sowie der An- und Abtransport inklusive Baggerführer.

Der eingesetzte Bagger hatte eine Bauartgeschwindigkeit von 1,78 Meilen/Stunde, das entspricht 2,86 km/h. Der Erstbeklagte war früher für die zweitbeklagte Partei als Baggerfahrer tätig. Seit seiner Pensionierung übernimmt er für sie gelegentlich noch Baggerarbeiten, so auch im gegenständlichen Fall.

Der Erstbeklagte war gegen 11:20 Uhr des Unfallstags mit der Entfernung von Schwemmmaterial aus dem Stausee beschäftigt. Dabei stand ihm der Kläger „assistierend“ zur Seite, indem er unter Wasser den Grundabfluss des Sees kontrollierte und den Erstbeklagten sodann auf die genaue Stelle unter Wasser, an der gebaggert werden musste, hinwies. Der Kläger hat am Unfallstag nicht zum ersten Mal in dieser Funktion an den Arbeiten mitgewirkt, sondern bereits Tage zuvor. Der Erstbeklagte hat bereits in früheren Jahren diese Tätigkeit ausgeführt. Sowohl der Kläger als auch der Erstbeklagte wussten, was zu tun war. „Keiner war gegenüber dem anderen weisungsberechtigt. Beide waren auch nicht in den Betrieb der ersten Nebenintervenientin eingegliedert.“

Die Dammkrone ist nur etwas breiter als der Bagger und zu beiden Seiten durch ein ca 1 m hohes metallenes Geländer gesichert. Zu beiden Seiten sind Bordsteine angebracht, zwischen denen eine Fahrbreite von 3 m verbleibt. Infolge der Breite des Baggerlaufwerks von 3,15 m war es notwendig, den Bagger auf „Baggermatratzen“ zu stellen. Dadurch wurde es auch möglich, den oberen Teil des Baggers über das Geländer zu schwenken. Etwa auf Höhe der Unfallsörtlichkeit gibt es zudem links und rechts erkerförmige Ausbuchtungen.

Aufgabe des Erstbeklagten war es, das hochgehobene Schwemmmaterial auf der gegenüberliegenden Seite der Staumauer wieder abzuladen. Zu diesem Zweck führte der Bagger auf der Dammkrone Schwenkbewegungen durch. Der Erstbeklagte ließ den Greifer des Baggers auf den Grund des Stausees hinab und zog ihn dann (beladen) rund 38 m nach oben. Sobald sich der Greifer 10 bis 12 m unterhalb der Oberkante des Geländers befand, begann der Erstbeklagte mit dem Schwenkmanöver. Der gesamte Vorgang dauert ca 1 Minute.

Während der Aushubarbeiten war das Fahrwerk des Baggers gesperrt. Der Baggeraufbau bzw die Gegengewichte reichen im hinteren Bereich ca 1,4 m über das Raupenfahrwerk hinaus. Dieser Teil des Baggers ragt beim Schwenken über das Geländer.

Kurz vor dem Unfall ging der Kläger zum Standort des Baggers, um dem Erstbeklagten zu sagen, wo er baggern soll. Während der Erstbeklagte sodann in dem ihm vom Kläger mitgeteilten Bereich baggerte, stand der Kläger für einen nicht näher feststellbaren Zeitraum auf einer der erwähnten Ausbuchtungen (offenbar vor dem Bagger). Nach einer Weile wollte der Kläger die Ausbuchtung verlassen, wobei seine „Motive“ dafür nicht festgestellt werden konnten, insbesondere ob dies über Anweisung des Erstbeklagten geschah „und wer wem welche Zeichen gab bzw was die beiden miteinander gesprochen haben“.

Als sich der Bagger ungefähr in einer vertikalen Ausrichtung zur Dammkrone befand, sodass der Kläger den Bagger zwischen Fahrwerkraupe und Geländer passieren konnte, verließ er die Ausbuchtung und ging seitlich am Bagger vorbei. Er blieb jedoch „im hinteren Bereich nach dem Raupenfahrwerk“ stehen und beugte sich über das Geländer, um in den Stausee zu schauen. Der Erstbeklagte „sah den Kläger weglaufen und setzte seine Arbeit fort, als der Kläger noch am Gehen war, sohin den Gefahrenbereich noch nicht verlassen hatte“. Während sich der Kläger zwischen dem Geländer und den hinteren Gegengewichten des Baggers befand, begann der Erstbeklagte den Bagger zu schwenken. Dadurch wurde der Kläger eingeklemmt und schwerst verletzt. Die Verletzungsfolgen sind noch nicht ausgeheilt „und die weitere gesundheitliche Entwicklung ist nicht vorhersehbar“.

Der Erstbeklagte hatte sich vor dem Schwenken des Baggers nicht rückversichert, ob der Kläger den Gefahrenbereich am hinteren Ende des Baggers tatsächlich verlassen hat. Andererseits ist der Kläger aus nicht näher feststellbaren Gründen im Gefahrenbereich des Baggers stehen geblieben bzw hat er den Gefahrenbereich nicht so schnell verlassen, wie dies nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge möglich gewesen wäre. Hätte er dies getan, wäre der Unfall vermeidbar gewesen; ebenso, wenn sich der Erstbeklagte vor der Wiederaufnahme seiner Arbeit vergewissert hätte, dass der Kläger den Gefahrenbereich verlassen hat.

Rechtlich meinte das Erstgericht, mangels Anwendbarkeit des EKHG komme die Gefährdungshaftung der zweitbeklagten Partei als Halterin des Baggers nicht in Betracht. Sie hafte auch nicht gemäß § 1315 ABGB oder wegen Verletzung von Verkehrssicherungspflichten.

Den Erstbeklagten treffe die deliktische Haftung. Schon aufgrund des besonderen Gefahrenpotentials hätte er sich vor Wiederaufnahme der Arbeiten vergewissern müssen, dass der Kläger den Gefahrenbereich tatsächlich bereits verlassen hat. Den Kläger treffe ein Mitverschulden, das mit einem Drittel zu bemessen sei.

Das von sämtlichen Parteien und den Nebenintervenientinnen angerufene Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung im Umfang des Zwischenurteils über das gegen den Erstbeklagten gerichtete Zahlungsbegehren und (insoweit mit einer Maßgabe) der als implizit unterstellten Abweisung des gegen ihn gerichteten (Zahlungs- und Feststellungs-)Mehrbegehrens sowie der Abweisung des gegen die zweitbeklagte Partei gerichteten Klagebegehrens. Im Umfang der teilweisen Stattgebung des gegen den Erstbeklagten gerichteten Feststellungsbegehrens wurde das erstinstanzliche Urteil hingegen aufgehoben. Die Berufung der zweitbeklagten Partei wurde zurückgewiesen. Ferner wurde einem Kostenrekurs der Nebenintervenientinnen Folge gegeben. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision gegen den bestätigenden Teil seiner Entscheidung nicht zulässig sei.

Zur Berufung des Klägers führte das Berufungsgericht nach eingehender Befassung mit der Rechtsprechung zur Abgrenzung von Werkvertrag und Sachmiete samt Dienstverschaffungsvertrag (ua am Beispiel eines „Kranvertrags“) aus, trotz des Hinweises auf die Ö Norm B 2110, welche allgemeine Vertragsbestimmungen für Bauleistungen im Rahmen eines Werkvertrags enthalte, ergebe sich aus dem Vertragstext eindeutig, dass nicht ein Arbeitserfolg, sondern das „Beistellen eines Raupenbaggers [...] einschließlich Baggerfahrer“ geschuldet werde, wobei die Freibaggerung des Staumauergrundablasses „laut Anweisungen unserer Betriebsleitung“, also jener der ersten Nebenintervenientin, zu erfolgen gehabt habe. Der Vertrag enthalte somit ausdrückliche Vereinbarungen dazu, unter wessen Verantwortlichkeit der Arbeitserfolg hergestellt habe werden sollen. Es sei daher nicht von einem Werkvertrag, sondern von einem Mietvertrag über den Bagger mit gleichzeitigem Dienstverschaffungsvertrag zwischen der ersten Nebenintervenientin und der zweitbeklagten Partei auszugehen. Dieser Beurteilung stehe die erstinstanzliche Feststellung nicht entgegen, dass der Erstbeklagte (wie auch der Kläger) in den Betrieb der ersten Nebenintervenientin nicht eingegliedert gewesen sei, weil es sich dabei um eine Rechtsfrage handle. Die zweitbeklagte Partei habe ihre Leistungspflicht aus dem Dienstverschaffungsvertrag mit dem Arbeitsantritt des Erstbeklagten erfüllt; für dessen Fehlleistungen habe sie nicht einzustehen. Die zweitbeklagte Partei hätten auch keine Verkehrssicherungspflichten getroffen. Zur deliktischen Haftung des Erstbeklagten verwies das Berufungsgericht auf die Ausführungen des Erstgerichts.

Die Berufung der beklagten Parteien beurteilte das Berufungsgericht hinsichtlich der zweitbeklagten Partei als unzulässig, weil es ihr infolge ihres vollen Obsiegens an der Beschwer fehle. Dem sein Verschulden bestreitenden Erstbeklagten erwiderte es, von einer Überspannung der Sorgfaltspflicht könne angesichts der Gefährlichkeit des Schwenkmanövers keine Rede sein. Der Erstbeklagte habe seine Arbeiten zu einem Zeitpunkt fortgesetzt, als sich der Kläger für ihn erkennbar noch in unmittelbarer räumlicher Nähe zum Bagger befunden habe. In der durch das Geländer bedingten räumlichen Begrenztheit (keine Ausweichmöglichkeit) sah das Berufungsgericht weiteres Gefahrenpotential. Es hielt auch die Verschuldensteilung des Erstgerichts für sachgerecht.

Der Berufung der beiden Nebenintervenientinnen hielt das Berufungsgericht zunächst entgegen, ihre Prozessbehauptung, der Kläger sei in den Betrieb der zweitbeklagten Partei eingegliedert gewesen, widerspreche dem Prozessstandpunkt der beklagten Parteien und sei deshalb unbeachtlich. Im Übrigen scheide eine solche Eingliederung schon aus den zur Berufung des Klägers genannten Gründen aus (kein Werkvertrag, sondern Dienstverschaffungsvertrag). Schließlich hätten die Verfahrensergebnisse auch keinen Hinweis darauf erbracht, dass der Erstbeklagte Aufseher im Betrieb iSd § 333 ASVG sein könnte. Es habe zu den Aufgaben des Klägers gehört, dem Erstbeklagten jene Stellen zu zeigen, an denen Baggerarbeiten erforderlich seien. Dem Erstbeklagten sei keinerlei Überwachungsfunktion zugekommen, er sei auch nicht für das Zusammenspiel persönlicher und technischer Kräfte verantwortlich gewesen. Es sei vielmehr ein Zusammenspiel gleichberechtigter Personen vorgelegen, ohne dass es auf die Erteilung oder die Möglichkeit von Weisungen angekommen wäre. Zu der auch von den Nebenintervenientinnen bekämpften Verschuldensteilung verwies das Berufungsgericht auf seine Ausführungen zur Berufung des Erstbeklagten.

Erfolgreich blieb die Berufung der Nebenintervenientinnen jedoch wegen eines die Feststellung über die mangelnde Vorhersehbarkeit der gesundheitlichen Entwicklung des Klägers betreffenden Begründungsmangels. Aus diesem Grund wurde das erstinstanzliche Urteil im Umfang der teilweisen Stattgebung des gegen den Erstbeklagten gerichteten Feststellungsbegehrens aufgehoben.

Dieses Berufungsurteil erwuchs hinsichtlich der Abweisung der Ansprüche des Klägers im Ausmaß eines Drittels in Teilrechtskraft.

Im Übrigen wird die zweitinstanzliche Entscheidung vom Kläger und den beiden Nebenintervenientinnen nicht auch von den beklagten Parteien mit außerordentlichen Revisionen bekämpft.

Während der Kläger mit seinem Rechtsmittel hinsichtlich seines Leistungs- und Feststellungsbegehrens den Ausspruch der Haftung (auch) der zweitbeklagten Partei im Umfang von zwei Drittel anstrebt, begehren die Nebenintervenientinnen die Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinne der gänzlichen Abweisung des gegen den Erstbeklagten gerichteten Leistungsbegehrens. Hilfsweise werden Aufhebungsanträge gestellt.

Sowohl der Kläger als auch die beklagten Parteien beantragen in den ihnen freigestellten Revisionsbeantwortungen, das gegnerische Rechtsmittel als unzulässig zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben. Auch die Nebenintervenientinnen beantragen, der Revision des Klägers nicht Folge zu geben.

Beide Revisionen sind zulässig, weil das Berufungsgericht bei der Beurteilung des Vertragsverhältnisses zwischen der zweitbeklagten Partei und der ersten Nebenintervenientin, aber auch bei der Verschuldensabwägung zwischen dem Kläger und dem Erstbeklagten den ihm zukommenden Ermessensspielraum in korrekturbedürftiger Weise überschritten hat. Beide Rechtsmittel sind auch teilweise berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

I. Zur Revision des Klägers:

Der Kläger macht geltend, das Berufungsgericht habe den zwischen der zweitbeklagten Partei und der ersten Nebenintervenientin geschlossenen Vertrag zu Unrecht nicht als Werkvertrag qualifiziert. Die Vereinbarung der Ö Norm B 2110 mit einer ausdrücklichen Abweichung betreffend den Haftrücklass lasse keine andere Deutung zu. Es liege ein Fall unvertretbarer Vertragsauslegung vor. Der Werkvertrag entfalte Schutzwirkungen zugunsten des Klägers, sodass die zweitbeklagte Partei nach § 1313a ABGB für das Fehlverhalten des Erstbeklagten einzustehen habe.

Hiezu wurde erwogen:

1. Kein Verfahrensmangel:

Der geltend gemachte Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wurde geprüft; er liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 dritter Satz ZPO).

2. Werkvertrag oder Sachmiete mit Dienstverschaffungsvertrag:

2.1 Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist die Zurverfügungstellung einer Arbeitsmaschine samt Überlassung einer Arbeitskraft gegen Entgelt in der Regel Sachmiete verbunden mit einem Dienstverschaffungsvertrag, wenn es dem Mieter überlassen ist, wie er die Arbeitsmaschine zusammen mit der Arbeitskraft verwendet (8 ObA 203/02i; 8 ObA 73/03y; 3 Ob 145/10k mwN; zum „Kranvertrag“ vgl RIS-Justiz RS0020656).

Maßgeblich für die Abgrenzung zum Werkvertrag ist, dass der Bestandvertrag den Gebrauch einer Sache vermitteln soll. Es kommt darauf an, ob der Erfolg von dem bewirkt werden soll, für dessen Zwecke die Sache verwendet wird oder von dem Eigentümer. Das Mietverhältnis setzt begrifflich eine Sache voraus, die in die tatsächliche Gewalt des Mieters gelangt. Werden fremde Sachen, also zB technische Hilfsmittel, zur Herbeiführung eines Arbeitserfolgs benützt, ist maßgeblich, ob diese technischen Hilfsmittel im Einzelfall dem Kunden für bestimmte Zeit gegen Entgelt zum Gebrauch überlassen oder aber vom Unternehmer selbst zur eigenverantwortlichen Herbeiführung des vom Besteller gewünschten Arbeitserfolgs verwendet werden (3 Ob 145/10k mwN; RIS-Justiz RS0020619).

Ausschlaggebend ist, wer nach dem Inhalt des geschlossenen Vertrags die entscheidenden Weisungen geben sollte. Wurden dazu keine ausdrücklichen Vereinbarungen getroffen, bedarf es einer sorgfältigen Würdigung aller feststellbaren Umstände, um durch Auslegung zu ermitteln, welche Absichten die Parteien mit der Überlassung des (hier) Baggers und der Bestellung eines Baggerfahrers verfolgten und wie sie sich die rechtliche Abwicklung des Vertragsverhältnisses gedacht haben (3 Ob 145/10k mit Hinweis auf deutsche Judikatur).

2.2 Die Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs hatten bereits mehrfach ähnlich gelagerte Sachverhalte zum Gegenstand, die je nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zu unterschiedlichen Ergebnissen führten:

7 Ob 9/95: Der Auftraggeber hatte erklärt, er würde „neuerlich einen Bagger samt Fahrer benötigen“. Die Baggerungen wurden „nach den Anweisungen des auf der Baustelle anwesenden“ Auftraggebers ausgeführt. Der Oberste Gerichtshof ging von einem Werkvertrag aus. Ausschlaggebend für die Beurteilung war vor allem der Zusammenhang mit (dort festgestellten) Voraufträgen und der Umstand, dass anders als hier Sachmiete gar nicht geltend gemacht worden war.

8 ObA 203/02i: In dieser Entscheidung, mit der eine außerordentliche Revision zurückgewiesen wurde, vertrat der Oberste Gerichtshof die Auffassung, es handle sich um eine Arbeitskräfteüberlassung im Sinne des AÜG, wenn der Beklagte dem Generalunternehmer lediglich einen Bagger samt Fahrer zur Verfügung stellte, der nach den Anweisungen des Generalunternehmers einzusetzen war. Aus dem Umstand, dass der Auftrag auf Bestellung eines Baggers samt Baggerfahrer „zwecks Durchführung von Zuschüttarbeiten“ lautete, sei der Abschluss eines Werkvertrags nicht ableitbar.

8 ObA 73/03y: Ähnlich äußerte sich der Oberste Gerichtshof zu einem Sachverhalt, bei dem der Unternehmer einen Lkw mit Ladekran samt Fahrer zur Verfügung gestellt hatte, der nach den Anweisungen des Bestellers einzusetzen war. Vertragsgegenstand sei „gerade nicht“ die eigenverantwortliche Herstellung des gewünschten Erfolgs gewesen.

1 Ob 165/04b: Zu prüfen war die Verantwortlichkeit für die Beschädigung eines Baggers anlässlich von „Regiearbeiten“. Der Oberste Gerichtshof beurteilte das Vertragsverhältnis als Werkvertrag. Er betonte unter Bezugnahme auf die Vorjudikatur, den getroffenen Feststellungen sei kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, dass der Baggerfahrer des Klägers an Weisungen des Generalunternehmers gebunden und daher auf Grund eines Dienstverschaffungsvertrags temporär in die Betriebsorganisation der beklagten Partei eingegliedert gewesen wäre.

3 Ob 145/10k: Schon im Anbot wurde dort festgehalten, dass der Unternehmer „nur den Kran und den Fahrer stellt. Das Anschlagen der Last wird in eigener Verantwortung und auf eigenes Risiko durch den Auftraggeber vorgenommen“. Der Vertrag wurde als gemischtes Rechtsgeschäft, bestehend aus Miet- und Dienstverschaffungsvertrag qualifiziert.

2.3 Im vorliegenden Fall gibt es zu den früheren Aufträgen, zum Vertragsanbot der zweitbeklagten Partei (trotz Hinweises auf ein solches in Beilage ./1) oder allfälligen im Vorfeld geführten Gesprächen (vgl ebenfalls Beilage ./1) weder Parteivorbringen noch Feststellungen. Grundlage für die Auslegung kann daher nur die Vertragsurkunde sein. Für di

e Auslegung einer Urkunde ist deren Wortlaut allein maßgeblich, solange nicht behauptet und bewiesen wird, dass aufgrund außerhalb der Urkunde liegender Umstände sich ein übereinstimmender Parteiwille oder ein vom allgemeinen Sprachgebrauch abweichender objektiver Sinn der Erklärung ergibt (2 Ob 11/10x mwN; 2 Ob 84/13m; RIS-Justiz RS0043422 [T6 und T 13]). Dieser Beweis wurde im vorliegenden Fall nicht erbracht. Maßgebliche Auslegungskriterien des § 914 ABGB sind der Wortsinn in seiner gewöhnlichen Bedeutung und die Absicht der Parteien. Unter der „Absicht der Parteien“ ist die dem Erklärungsgegner erkennbare und von ihm widerspruchslos zur Kenntnis genommene Absicht des Erklärenden zu verstehen (2 Ob 11/10x mwN; 2 Ob 84/13m).

2.4 Festzuhalten ist, dass die Vorinstanzen den für die rechtliche Beurteilung relevanten - Inhalt des von der ersten Nebenintervenientin an die zweitbeklagte Partei gerichteten Auftragsschreibens (Beilage ./1) nur unvollständig festgestellt haben, die Echtheit der Urkunde aber zugestanden wurde und ihr Wortlaut im Hinblick auf die Urkundenerklärungen des Klägers und der Nebenintervenientinnen (jeweils Verweisung auf das eigene Vorbringen) als in diesem Rechtsstreit unstrittig anzusehen ist (strittig ist nur die rechtliche Qualifikation). Es ist prozessual unbedenklich, unstrittiges Parteivorbringen - und dazu gehört auch der Inhalt einer in ihrer Richtigkeit nicht bestrittenen Urkunde - ohne weiteres der Entscheidung zugrunde zu legen (§§ 266 f ZPO). Dies gilt auch für das Verfahren vor dem Revisionsgericht, weshalb der wesentliche Inhalt des erwähnten Schreibens in die rechtliche Beurteilung des Obersten Gerichtshofs einbezogen werden kann (vgl 2 Ob 173/12y mwN).

2.5 Dem Berufungsgericht ist zuzugeben, dass die von ihm hervorgehobenen Formulierungen („Beistellen eines Raupenbaggers für die Freibaggerung des Staumauer-Grundablasses lt Anweisung unserer Betriebsleitung“; „Raupenbagger […] einschl. Baggerfahrer“) für Sachmiete und Dienstverschaffung sprechen könnten. Die Auslegung hat sich aber nicht auf eine isolierte Betrachtung einzelner Formulierungen zu beschränken, sondern erfordert die Erfassung des gesamten Sinngehalts der Urkunde (vgl 2 Ob 84/13m).

Dabei fällt die Vereinbarung der für Bauwerkverträge maßgeblichen Ö Norm B 2110 mit einer ausdrücklichen Abbedingung des Haftrücklasses besonders ins Gewicht. Ein sogenannter Haftrücklass dient im Regelfall der Sicherung von Gewährleistungsansprüchen, insbesondere des Anspruchs des Werkbestellers auf Verbesserung des mangelhaften Werks (2 Ob 260/05g mwN; RIS Justiz RS0018098). Hätten die Vertragsparteien keinen Werkvertrag abschließen wollen, wäre diese Vereinbarung sinnentleert.

Dazu kommt, dass in der Vertragsurkunde schon im Kopf nicht nur von „Beistellung Raupenbagger“, sondern auch von „Entleerung Speicher R*****“ und „Entlandungsarbeiten“ die Rede ist, ein „Leistungszeitraum“ festgelegt wurde und der Abrechnung die zu erstellenden und von „unserer ÖBA bestätigten Regieberichte“ zugrunde liegen sollten. Als Eventualposition wird ua eine „Stehzeit Raupenbagger“ genannt.

Insgesamt bietet die Vertragsurkunde nach Auffassung des Senats hinreichend deutliche Anhaltspunkte dafür, dass der Bagger samt Fahrer nicht der ersten Nebenintervenientin zur eigenverantwortlichen Nutzung überlassen werden sollte, sondern dass die Absicht der Vertragsparteien auf die Erbringung einer örtlich, zeitlich und ihrem Gegenstand nach konkretisierten Werkleistung durch die zweitbeklagte Partei, nämlich der „Freibaggerung des Staumauer Grundablasses“ gerichtet war. Dem steht nicht entgegen, dass dies nach den „Anweisungen“ des Werkbestellers geschehen sollte (vgl § 1168a ABGB). Die „nächstliegende Auslegung rechtsgeschäftlichen Verhaltens“ (vgl 1 Ob 165/04b) führt somit entgegen der Meinung des Berufungsgerichts auch hier zu einem Werkvertrag.

3. Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter:

3.1 In Lehre und Rechtsprechung ist allgemein anerkannt, dass Schutz- und Sorgfaltspflichten aus einem Vertragsverhältnis nicht nur zwischen den Vertragsparteien, sondern auch gegenüber bestimmten dritten Personen bestehen, die durch die Vertragserfüllung erkennbar in erhöhtem Maße gefährdet werden und der Interessensphäre eines Vertragspartners angehören. In diesem Fall erwirbt der Dritte unmittelbare vertragliche Ansprüche gegen den Schuldner, der dann auch gemäß § 1313a ABGB für das Verschulden jener Personen haftet, deren er sich zur Erfüllung bediente. Begünstigte Personen in diesem Sinne sind Dritte, deren Kontakt mit der vertraglichen Hauptleistung beim Vertragsabschluss vorhersehbar war und die der Vertragspartner (beim Werkvertrag der Besteller) entweder erkennbar durch Zuwendung der Hauptleistung begünstigte oder an denen er ein sichtbares eigenes Interesse hat, oder denen er selbst offensichtlich rechtlich zur Fürsorge verpflichtet ist. Der begünstigte Personenkreis ist aufgrund einer objektiven Auslegung des Vertrags zu bestimmen (vgl 2 Ob 70/12a mwN; 2 Ob 191/12w; RIS-Justiz RS0013961, RS0017185, RS0020769, RS0034594, RS0037785).

3.2 Nach diesen Kriterien fällt der Kläger in den Schutzbereich des zwischen der zweitbeklagten Partei und der ersten Nebenintervenientin geschlossenen Werkvertrags:

Schon bei Vertragsabschluss musste allen Beteiligten klar gewesen sein, dass Bagger- und Tauchunternehmer zusammenarbeiten würden. Ein zeitlicher, räumlicher und sachlicher Kontakt des Klägers mit der vertraglichen Hauptleistung der zweitbeklagten Partei (Baggerungen) war somit vorhersehbar. Dass die erste Nebenintervenientin dem Kläger zur rechtlichen Fürsorge verpflichtet war, ergibt sich aus dem mit dem Tauchunternehmen geschlossenen Werkvertrag (§ 1169 iVm § 1157 ABGB). Diese Fürsorgepflicht dient primär dem Schutz des Lebens und der Gesundheit des Unternehmers und seiner Leute, deren er sich bei der Werkerstellung bedient (vgl 2 Ob 240/12a; RIS-Justiz RS0021827 [T16]).

Die Schutz- und Sorgfaltspflichten, welche die zweitbeklagte Partei bei der Erbringung ihrer Werkleistung als vertragliche Nebenverpflichtung trafen, beschränkten sich daher nicht auf den Werkbesteller, sondern erstreckten sich auch auf den Kläger. Die zweitbeklagte Partei hat ihm gegenüber gemäß § 1313a ABGB für die schuldhafte Verletzung dieser Pflichten durch den Erstbeklagten als ihren Erfüllungsgehilfen nach vertraglichen Grundsätzen einzustehen. Dass der Kläger gegen eine der Vertragsparteien einen direkten vertraglichen Schadenersatzanspruch hätte, haben die Parteien nicht behauptet und ist auch aus den Feststellungen nicht ableitbar (vgl RIS-Justiz RS0022814).

4. Kein Haftungsprivileg:

4.1 Stehen einander zwei Betriebsunternehmer als Vertragskontrahenten gegenüber, kann es nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zum Haftungsausschluss nach § 333 Abs 1 ASVG kommen, wenn der Verletzte die Sphäre seines eigenen Betriebs verlässt und sich in den Aufgabenbereich des anderen Unternehmens, wenn uU auch nur kurzfristig, einordnet. Der Verletzte muss bei Verrichtung dieser Tätigkeit in den fremden Betrieb eingegliedert sein; ein Verhältnis persönlicher oder wirtschaftlicher Abhängigkeit ist dabei nicht erforderlich (2 Ob 214/11a mwN; 2 Ob 33/13m; RIS-Justiz RS0021534, RS0084172). Diese Grundsätze sind auch ohne direkte Vertragsbeziehung in Fällen organisatorisch koordinierter Zusammenarbeit mehrerer Unternehmer zur Erzielung eines gemeinsamen Erfolgs heranzuziehen (vgl 2 Ob 114/08s mwN; 2 Ob 26/12f = RIS-Justiz RS0128707).

4.2 Für eine Eingliederung des Klägers in den Betrieb der zweitbeklagten Partei bietet der Sachverhalt entgegen der auch in ihrer Revisionsbeantwortung vertretenen Ansicht der Nebenintervenientinnen keinen Anhaltspunkt. Den Feststellungen lässt sich hinreichend deutlich entnehmen, dass der vertragliche Aufgabenbereich des Klägers darin bestand, den Grundabfluss zu kontrollieren und dem Erstbeklagten zu zeigen, wo er baggern muss. Er hat daher, wie das Berufungsgericht zutreffend betonte, seinen eigenen Aufgabenbereich nicht verlassen, als er sich auf die Dammkrone begab und dem Erstbeklagten erklärte, wo er das Schwemmmaterial wegbaggern soll. Auf einzelne Formulierungen, wie jener, dass der Kläger dem Erstbeklagten „assistierte“, kommt es bei dieser Beurteilung nicht an.

5. Erstes Zwischenergebnis:

Die Revision des Klägers erweist sich somit insoweit als berechtigt, als die (vertragliche) Haftung auch der zweitbeklagten Partei für die aus dem Unfall vom resultierenden Schäden des Klägers dem Grunde nach zu bejahen ist. Das Ausmaß dieser Haftung wird im Folgenden noch zu erörtern sein.

II. Zur Revision der Nebenintervenientinnen:

Die Nebenintervenientinnen machen geltend, die Vorinstanzen hätten die Verschuldensfrage unrichtig gelöst. Das Fehlverhalten des Klägers überwiege derart, dass ein allfälliger Sorgfaltsverstoß des Erstbeklagten völlig in den Hintergrund trete. Es sei daher vom Alleinverschulden des Klägers auszugehen. Im Übrigen habe der Erstbeklagte die Stellung eines Aufsehers im Betrieb innegehabt.

Hiezu wurde erwogen:

1. Verschuldensabwägung:

1.1 Der Senat tritt zunächst den zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts zum schuldhaften Sorgfaltsverstoß des Erstbeklagten bei, auf die daher verwiesen werden kann (§ 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO).

1.2 Dem steht der Sorgfaltsverstoß des Klägers gegenüber, der sich, obwohl mit dem Arbeitsvorgang vertraut, aus nicht nachvollziehbaren Gründen länger als nötig im Gefahrenbereich aufhielt und auf die Schwenkbewegung des Baggers nicht achtete.

1.3 Bei der Verschuldensabwägung entscheidet für das Gewicht des Verschuldens vor allem die Größe und Wahrscheinlichkeit der durch das schuldhafte Verhalten bewirkten Gefahr (RIS-Justiz RS0026861). Bei Gegenüberstellung des beiderseitigen Fehlverhaltens vermag der Senat ein Überwiegen einer der beiden Sorgfaltsverletzungen nicht zu erkennen. Das Verschulden des Erstbeklagten wiegt nicht schwerer als die Sorglosigkeit des Klägers, es tritt dieser gegenüber aber auch keineswegs völlig in den Hintergrund. Nach den konkreten Umständen des Falls erscheint vielmehr eine Verschuldensteilung im Verhältnis von 1:1 sachgerecht.

2. Kein Haftungsprivileg:

2.1 Das Haftungsprivileg des Dienstgebers (§ 333 Abs 1 ASVG) gilt gemäß § 333 Abs 4 ASVG auch für Ersatzansprüche Versicherter und ihrer Hinterbliebenen gegen gesetzliche oder bevollmächtigte Vertreter und gegen Aufseher im Betrieb. Die Eigenschaft als Aufseher im Betrieb setzt aber voraus, dass der Geschädigte in den Betrieb wie ein Dienstnehmer eingegliedert, dem Aufseher also wie einem mit Weisungsrechten ausgestatteten Dienstvorgesetzten untergeordnet ist (vgl 2 Ob 321/01x mwN; RIS Justiz RS0085612, RS0085661).

2.2 Es wurde bereits zur Revision des Klägers ausgeführt, dass dieser in den Betrieb der zweitbeklagten Partei nicht eingegliedert war. Weder der Kläger noch der Erstbeklagte hatten im Vorfeld des Unfalls ihren eigentlichen Aufgabenbereich verlassen, von einer Weisungsbefugnis des Erstbeklagten konnte daher keine Rede sein. Die in der Revision zitierte Entscheidung 2 Ob 24/86 bezog sich auf einen nicht vergleichbaren Sachverhalt (Einweisung eines Kranführers zur Erleichterung der Lastaufnahme).

3. Weitere Revisionausführungen:

Die Nebenintervenientinnen relevieren in ihrem Rechtsmittel mehrere Umstände, die lediglich für die Haftung der zweitbeklagten Partei (bzw deren Regressverhältnis zur ersten Nebenintervenientin) bedeutsam sind (Werkvertrag; temporäre Eingliederung des Klägers in den Betrieb der zweitbeklagten Partei; Verfahrensrüge; keine „widersprüchliche Prozesshandlung“). Insoweit fehlt es ihnen jedoch infolge der das Klagebegehren gegen die zweitbeklagte Partei zur Gänze abweisenden Entscheidungen der Vorinstanzen an der Beschwer. Im Übrigen ist auf die entsprechenden Ausführungen zur Revision des Klägers zu verweisen.

4. Zweites Zwischenergebnis:

Der Erstbeklagte haftet dem Kläger für die Folgen der erlittenen Verletzungen im Sinne der vorgenommenen Verschuldensteilung nach allgemeinen Grundsätzen. Die Revision ist insoweit teilweise berechtigt, als der Verschuldensanteil des Erstbeklagten mit 50 % (statt zwei Drittel) zu bemessen ist.

III. Ergebnis und Kosten:

1. In teilweiser Stattgebung beider Revisionen ist in Abänderung der angefochtenen Entscheidung mit Zwischenurteil hinsichtlich beider beklagter Parteien deren Haftung dem Grunde nach auszusprechen und zwar im Ausmaß von 50 %. Eine teilweise stattgebende Entscheidung über das gegen die zweitbeklagte Partei gerichtete Feststellungsbegehren ist wegen des vom Berufungsgericht beanstandeten Begründungsmangels derzeit aber noch nicht möglich, weshalb die Urteile der Vorinstanzen in diesem Umfang aufzuheben sind. Seiner neuerlichen Entscheidung über das Feststellungsbegehren wird das Erstgericht hinsichtlich beider beklagter Parteien die vom Obersten Gerichtshof vorgenommene Verschuldensteilung zugrunde zu legen haben. Die im unbekämpfbaren Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts über zwei Drittel des gegen den Erstbeklagten gerichteten Feststellungsbegehrens dazu geäußerte (abweichende) Rechtsansicht ist unbeachtlich (RIS Justiz RS0042279).

2. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 und 4 ZPO, hinsichtlich des Zwischenurteils auf § 393 Abs 4 ZPO. Lediglich der Kostenausspruch in Punkt Vb. der angefochtenen Entscheidung (betreffend die Zurückweisung der Berufung der zweitbeklagten Partei) ist von der Endentscheidung unabhängig und bleibt vom Kostenvorbehalt unberührt.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2014:0020OB00036.14D.0827.000