OGH vom 20.02.2020, 6Ob27/20v
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Schramm als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek, Dr. Nowotny sowie die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Martin Holzer, Rechtsanwalt in Bruck an der Mur, gegen die beklagte Partei A***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Christian Prader und andere Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen 142.255,43 EUR sA (Revisionsinteresse 105.983,95 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 161/19i-42, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
I. Die Entscheidung des Berufungsgerichts wird in ihrer Urschrift in Punkt 3. dahin berichtigt, dass die Zeichenfolge „105.9833,95“ durch die Zahl „105.983,95“ ersetzt wird.
Die Durchführung der Berichtigung der Entscheidung in Urschrift und Ausfertigungen obliegt dem Berufungsgericht.
II. Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Das Berufungsgericht hat das Vorbringen der Klägerin im zweiten Rechtsgang dahin verstanden, dass diese nur noch die bereicherungsrechtlichen, nicht jedoch schadenersatzrechtliche Ansprüche verfolge. Der Frage, wie ein bestimmtes Vorbringen zu verstehen ist, kommt aber grundsätzlich keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu (RS0042828 [T3]). Dies gilt auch für die Beurteilung der Schlüssigkeit des Vorbringens (RS0042828 [T19]).
2. Darüber hinaus entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass auch ein Problem der Vertragsauslegung nur dann eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO darzustellen vermag, wenn dem Berufungsgericht eine auffallende Fehlbeurteilung unterlaufen ist (RS0044298 [T27]). Eine solche kann hier aber nicht erkannt werden:
2.1. Die Beklagte meint, ihre Tätigkeit für die Klägerin bzw die H***** E***** GmbH habe zum einen darin bestanden, in ihrer Funktion als Unternehmensberaterin Unternehmen zu suchen, die für eine mögliche Transaktion geeignet und bereit waren; außerdem sollte sie für den Fall einer tatsächlichen Übernahme des Unternehmens durch die Klägerin bzw die H***** E***** GmbH den M&A-Transaktionsprozess begleiten. Damit seien Suche nach geeigneten Unternehmen und eigentlicher Kaufvorgang zu trennen. Dennoch hätten die Vorinstanzen nur ein Erfolgshonorar für die Suche, nicht aber eine Aufwandsentschädigung im Zusammenhang mit dem Kaufvorgang als berechtigt anerkannt. Sie übersieht damit allerdings, das Punkt IV. der abgeschlossenen Mandatsvereinbarung zum einen Regelungen über ein Erfolgshonorar „im Falle auf der Vermittlungstätigkeit der [Beklagten] beruhende[r] Abschlüsse von Kauf- oder Abtretungsverträgen oder wirtschaftlich gleichwertigen Verträgen“ und zum anderen die Berechtigung der Beklagten zur Verrechnung tatsächlichen Aufwands nach üblichen Honorarsätzen bei „mangelnde[m] Abschluss von [derartigen Verträgen] trotz Vermittlung und Verhandlungsaufnahme von einem oder mehreren Kaufinteressenten durch die [Beklagte]“ vorsieht. Die Auffassung des Berufungsgerichts, der Beklagten sei im Hinblick auf den tatsächlich erfolgten Vertragsabschluss betreffend die W***** GmbH lediglich ein Erfolgshonorar zugestanden, ist deshalb jedenfalls vertretbar. Im Übrigen legt die Beklagte in ihrer außerordentlichen Revision auch nicht dar, worin ihr zusätzlicher Aufwand tatsächlich bestanden haben sollte.
2.2. Die Beklagte gesteht in ihrer außerordentlichen Revision zu, dass ihr nach den zwischen den Parteien geltenden Allgemeinen Auftrags- und Honorarbedingungen ein Erfolgshonorar zwar ausgehend vom Vertragswert des vermittelten Vertrags in Höhe von 3.841.601 EUR zugestanden wäre, sie ein solches jedoch ausgehend (lediglich) vom Barkaufpreis in Höhe von 2.950.000 EUR in Rechnung gestellt habe. Warum sich diese Kalkulationsgrundlage nunmehr bloß deshalb zugunsten der Beklagten verändern sollte, weil die Klägerin bzw die H***** E***** GmbH Rückzahlungen aufgrund von Mehrfachverrechnungen aus dem Titel der Bereicherung verlangen, kann die Beklagte nicht schlüssig erklären. Im konkreten Fall war Abrechnung auf Basis Barkaufpreis vereinbart worden.
2.3. Das Berufungsgericht ging davon aus, dass mit ursprünglichem Vertragsabschluss 52 % der Geschäftsanteile des erwähnten Unternehmens und in der Folge weitere 24 % der Anteile erworben worden waren, somit insgesamt 76 % des Unternehmens. Damit sei von einem Barkaufpreis in Höhe von 2.242.000 EUR (= 76 % von 2.950.000 EUR) als Basis für das Erfolgshonorar auszugehen. Dem hält die außerordentliche Revision lediglich entgegen, tatsächlich habe es sich dabei um eine nachträgliche Vertragsänderung gehandelt, indem den Partnern des Erwerbsgeschäfts Nachlässe gewährt worden seien; das Erfolgshonorar sei somit vom gesamten und nicht bloß vom anteiligen Unternehmenswert (= Barkaufpreis) zu errechnen. Damit übersieht die Beklagte allerdings die Feststellungen der Vorinstanzen, wonach der Erwerb weiterer Anteile ursprünglich lediglich beabsichtigt war, worauf auch schon das Berufungsgericht hingewiesen hat. Auf § 8 Abs 2 MaklerG, den die Beklagte analog heranziehen will und aufgrund dessen Nachlässe, die der Auftraggeber dem Dritten gewährt, nur dann die Berechnungsgrundlage (für die Höhe des Provisionsanspruchs) vermindern, wenn sie schon beim Abschluss des Geschäfts vereinbart worden waren, kommt es hier somit nicht an.
3. Die Beklagte meint in ihrer außerordentlichen Revision, der Klägerin stünden lediglich 8,58 % an Verzugszinsen zu, das Berufungsgericht habe jedoch 9,08 % zugesprochen. Dabei übersieht sie, dass bereits das Erstgericht einen Zinsenzuspruch in letztgenannter Höhe vorgenommen, die Beklagte dies in ihrer Berufung aber nicht gerügt hat. Sie ist deshalb nicht berechtigt diese Frage nunmehr im Revisionsverfahren aufzuwerfen.
4. Richtig ist, dass das Berufungsgericht die Klagsforderung mit 105.983,95 EUR als zu Recht, die Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend erkannte und die Beklagte zur Zahlung von „105.9833,95“ EUR samt Zinsen verpflichtete. Dabei handelte es sich allerdings lediglich um einen offenbaren Schreibfehler, der nach § 419 ZPO zu berichtigen war (vgl dazu bloß 4 Ob 34/08s).
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2020:0060OB00027.20V.0220.000 |
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