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OGH vom 19.09.2001, 3Ob33/01a

OGH vom 19.09.2001, 3Ob33/01a

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R*****, vertreten durch Mag. Michael Tinzl und Mag. Albert Frank, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei V*****, vertreten durch Dr. Walter Lenfeld und Dr. Wilfried Leys, Rechtsanwälte in Landeck, wegen S 180.399 sA, über die Rekurse beider Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 244/00i-14, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Imst vom , GZ 1 C 64/00v-8, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Beide Rekurse werden zurückgewiesen.

Die Parteien haben die Kosten des Rekursverfahrens selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Klägerin begehrt mit der am eingebrachten Klage, ihrem bei der Verteilungstagsatzung vom im Zwangsversteigerungsverfahren 8 E 1053/98s des Erstgerichtes erhobenen Widerspruch Folge zu geben und auszusprechen, dass die im Meistbotsverteilungsbeschluss vom vorgenommene Zuweisung an die Beklagte aus der zu C-LNR 11 angemeldeten Forderung in Höhe von S 180.399 nicht zu Recht bestehe.

Zu C-LNR 11 ist für die (nunmehrige) Beklagte aufgrund der Pfandurkunde vom ein Höchstbetragspfandrecht in Höhe von S 4,200.000 einverleibt.

Im Zwangsversteigerungsverfahren 8 E 1053/98s des Erstgerichtes fand die (erste) Meistbotsverteilungstagsatzung am statt. Die nunmehrige) Beklagte meldete zu C-LNR 11 den Betrag von S 4,200.000 an und legte hiezu die Pfandbestellungsurkunde samt Kreditvertrag Konto Nr 502-69128-4 und einen Computerausdruck über den Saldo vor.

Die (nunmehrige) Klägerin erhob bereits in dieser Meistbotsverteilungstagsatzung am gegen die gesamte Anmeldung Widerspruch, weil die Höhe des aushaftenden Saldos nicht ausreichend konkretisiert und nachgewiesen sei und "die Kontoverdichtung" fehle.

Das Erstgericht verwies die Klägerin mit ihrem Widerspruch gemäß § 231 EO unter Einräumung einer einmonatigen Frist zur Klagseinbringung auf den Rechtsweg. Eine Widerspruchsklage wurde innerhalb dieser Frist nicht eingebracht.

Mit Meistbotsverteilungsbeschluss vom wurden der Beklagten in der bücherlichen Rangordnung zu C-LNR 11 S 4,200.000 zur weiteren fruchtbringenden Anlegung zugewiesen. Zur Begründung führte das Erstgericht aus, die vorgelegten Kontoauszüge seien nicht nachvollziehbar gewesen; vielmehr wären sogenannte Kontoverdichtungen vorzulegen gewesen, welche die Kontoentwicklung nachvollziehen ließen und ermöglichen würden, die allfällige Zinsenverjährung zu überprüfen.

Die beklagte Partei stellte mit Schriftsatz ON 45 den Antrag auf Zuweisung dieses Betrages von S 4,200.000 zur (teilweisen) Berichtigung ihrer Forderung durch Barzahlung; sie brachte vor, die eingetragenen Höchstbetragshypotheken seien vereinbarungsgemäß für alle bestehenden und künftig entstehenden Forderungen zur Sicherstellung gegeben worden; das aushaftende Obligo übersteige die einverleibten Höchstbetragshypotheken bei weitem. Die beklagte Partei verwies auf die bereits mit Schriftsatz ON 42 vorgelegte Zusatzvereinbarung zu Konto Nr 502-44886-5 vom , wonach zur zusätzlichen Sicherstellung aller Forderungen und Ansprüche aus Haupt- und Nebenverbindlichkeiten, die aus der Inanspruchnahme des Kredites erwachsen sind oder erwachsen werden, ua die Wiederverwendung der Höchstbetragshypothek C-LNR 11 zu dienen habe.

In der vom Erstgericht anberaumten (Nachtrags-)Verteilungstagsatzung am erhob die Klägerin Widerspruch gegen die Anmeldungen der Beklagten ON 45, weil sich aus ihnen nicht ergebe, welche Kreditverbindlichkeiten den einzelnen Anmeldungen zugrundeliegen. Der zu C-LNR 11 sichergestellte Kredit sei nur bis ordnungsgemäß bedient worden. Der Kredit hätte in gleichen aufeinanderfolgenden, jeweils am 30. 6. und 31. 12. fälligen Teilbeträgen von S 116.600 und beginnend am mit S 118.600, getilgt werden sollen, wobei die anfallenden Zinsen jeweils am 30. 6. und 31. 12. eines jeden Jahres separat zu berechnen gewesen wären. Eine kontokorrentmäßige Abrechnung der Zinsen sei nicht vereinbart worden. Ein Großteil der Forderung sei verjährt.

Mit Meistbotsverteilungsbeschluss vom wurde der beklagten Partei die in C-LNR 11 aufgrund der Pfandbestellungsurkunde vom einverleibte Hypothek von höchstens S 4,200.000 "an Hauptsache per aus Kreditvertrag vom und Kreditkonto-Nr 502-681284 S 4,748.788" im Betrag von insgesamt S 4,748.788 zur teilweisen Berichtigung ihrer Forderung (mit S 4,200.000) durch Barzahlung zugewiesen. Die klagende Partei wurde mit ihrem Widerspruch unter Setzung einer Frist von einem Monat auf den Rechtsweg verwiesen. Zur Begründung führte das Erstgericht aus, aus den Pfandbestellungsurkunden ergebe sich, dass die einzelnen Hypotheken auch für alle anderen Kredite der Verpflichteten haften. Die Frage der Verjährung von Zinsen könne im Exekutionsverfahren nicht geklärt werden, weil die Zinsen in die Hauptforderung eingearbeitet worden seien und die Ermittlung allenfalls verjährter Zinsen durch einen Sachverständigen erfolgen müsste.

Die Klägerin führte zur Begründung der Widerspruchsklage im Wesentlichen aus, es liege kein Kontokorrentkredit, sondern ein Abstattungskredit vor. Der Betrag von S 180.399 betreffe einen Saldo aus bereits verjährten Zinsen.

Die Beklagte wendete ein, die Zinsen unterlägen der 30jährigen Verjährungsfrist, weil eine kontokorrentmäßige Abrechnung des Kredites vereinbart worden sei. Die Höchstbetragshypothek hafte für alle Kreditverbindlichkeiten, somit auch für weitere Forderungen. Die Klägerin sei bereits mit Beschluss vom auf den Rechtsweg verwiesen worden, habe jedoch keine Klage eingebracht; ihr nunmehriger Widerspruch sei daher nicht zu berücksichtigen.

Das Erstgericht gab der Klage statt, weil jedenfalls der strittige Teilbetrag verjährt sei.

Das Berufungsgericht hob dieses Urteil infolge Berufung der Beklagten auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach allfälliger Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück; es sprach aus, der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil zur Frage, ob ein Gläubiger bei der Meistbotverteilung im Nachtragsverteilungsverfahren (bei der Entscheidung über die Ausfolgung bisher zinstragend angelegter Beträge) von seiner ursprünglichen Anmeldung abgehen kann, (soweit von hier aus überschaubar) keine höchstgerichtliche Judikatur vorliege.

Zur Begründung führte das Rekursgericht im Wesentlichen aus, die Widerspruchsklage sei nicht verspätet, weil die Frist zur Klagserhebung mit der Zustellung des Verteilungsbeschlusses beginne, "gegen den Widerspruch erhoben wurde". Mit der Unterlassung der Widerspruchsklage gegen den ersten Verteilungsbeschluss vom sei die Zuweisung zur zinstragenden Anlegung in Rechtskraft erwachsen, aber noch keine Grundlage für die Ausfolgung dieser Beträge getroffen worden.

Ob eine Kontokorrentabrede getroffen wurde, sei anhand der von den Vertragsteilen getroffenen Vereinbarung und allfälliger Nebenabreden zu beurteilen. Hiezu mangle es für eine abschließende Beurteilung insofern an einer ausreichenden Sachverhaltsgrundlage, als das Erstgericht keine Feststellungen über die Vereinbarungen der Erstverpflichteten mit der Beklagten bezüglich der Abrechnung und der Abstattung des Kredits zu Konto Nr 502-681284 getroffen habe, weshalb die bekämpfte Entscheidung schon deshalb der Aufhebung verfallen müsse.

Die Beklagte habe bereits in ihrem Ausfolgungsantrag im Exekutionsverfahren (ON 45) behauptet, dass die zu ihren Gunsten bestehenden Höchstbetragspfandrechte zur Sicherstellung für alle bestehenden und künftig entstehenden Forderungen begründet worden seien. Die Verpflichteten hätten ihre Verbindlichkeiten aus den einzelnen Kreditverträgen keineswegs getilgt; das insgesamt aushaftende Obligo aus allen Kreditverträgen übersteige die einverleibten Höchstbetragshypotheken bei weitem. Ob allerdings durch die Höchstbetragshypothek zu C-LNR 11 im Sinne der Behauptungen der Beklagten auch ihre übrigen im Ausfolgungsantrag angeführten Forderungen besichert werden sollten, könne der vom Erstgericht bislang geschaffenen Sachverhaltsgrundlage ebenfalls nicht entnommen werden.

Rechtliche Beurteilung

Die von beiden Parteien erhobenen Rekurse sind entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichtes, an den der Oberste Gerichtshof gemäß § 526 Abs 2 ZPO nicht gebunden ist, nicht zulässig.

Auf dieses Verfahren ist noch die EO idF vor der EO-Nov 2000 anzuwenden. Die Zuweisung und zinstragende Anlegung des Höchstbetrags erfolgte nach § 224 Abs 2 EO, weil die ausreichende Anmeldung bzw der ausreichende Nachweis der Forderung unterblieben war.

Mit der EO-Nov 2000 (gemäß Art III Abs 1 geltend für nach dem eingeleitete Exekutionsverfahren) wurde § 224 Abs 2 EO ersatzlos aufgehoben. Soweit eine gehörige Anmeldung unterbleibt, darf nunmehr eine Zuweisung (auch zur zinstragenden Anlegung) nicht mehr erfolgen (zur Rechtsänderung durch die EO-Nov 2000 s Angst in Angst, EO § 224 Rz 3 ff). Die vom Berufungsgericht als erheblich bezeichnete Rechtsfrage stellt sich somit nach der neuen Rechtslage nicht mehr. Ihre Lösung kann über den konkreten Rechtsstreit hinaus nur mehr für Zwangsversteigerungsverfahren Bedeutung haben, die bis eingeleitet wurden. Daraus folgt allein nicht, dass das Vorliegen einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung schon aus diesem Grund zu verneinen wäre, weil noch zahlreiche Zwangsversteigerungsverfahren anhängig sind, für die die alte Rechtslage maßgebend ist.

Der Oberste Gerichtshof hat jedoch bereits die in derartigen Fällen nach der Rechtslage vor der EO-Nov 2000 einzuhaltende Vorgangsweise aufgezeigt: Vor der Verfügung über den angelegten Barbetrag ist eine Nachtragsverteilung nach den Vorschriften der §§ 209 ff EO durchzuführen. Der zinstragend angelegte Betrag darf dem Gläubiger der durch das Höchstbetragspfandrecht gesicherten Forderung nur dann zur Berichtigung durch Barzahlung zugewiesen werden, wenn er spätestens bei der anzuberaumenden Verteilungstagsatzung den Bestand der gesicherten Forderung in der entsprechenden Höhe nachweist (3 Ob 24/88, 3 Ob 109/90). Dass der Höchstbetragshypthekar nicht an seine ursprüngliche, nicht ausreichende Anmeldung gebunden ist, ergibt sich schon daraus, dass die Zuweisung des Höchstbetrags zur zinstragenden Anlegung (§ 224 Abs 2 EO idF vor der EO-Nov 2000) auch dann erfolgt, wenn der Gläubiger eine Forderung überhaupt nicht angemeldet hat (Angst in Angst, § 224 Rz 3 mit Nachweis der Rsp). Bei einer mangelhaften Anmeldung ist der Buchberechtigte nicht schlechter zu stellen, als hätte er überhaupt nicht angemeldet (3 Ob 11/88 uaE in RIS-Justiz RS0003226).

Die Entscheidung des Rekursgerichtes folgt diesen Grundsätzen.

Auch die beklagte Partei zeigt in ihrem Rekurs an den Obersten Gerichtshof keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung auf. Abgesehen von der vom Rekursgericht bereits im Sinn der beklagten Partei gelösten Frage der Zulässigkeit des Abgehens von der bisherigen Anmeldung wird nur die Frage releviert, ob bereits Spruchreife eingetreten ist. Die Entscheidung im Einzelfall, ob eine weitere Aufklärung des Sachverhalts erforderlich ist, ist jedoch vom Obersten Gerichtshof nicht zu überprüfen).

Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes hängt somit nicht von der Lösung einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des gemäß § 78 EO maßgebenden § 528 Abs 1 ZPO ab; die Rekurse sind daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO. Auch für die Rekursbeantwortungen sind keine Kosten zuzusprechen, weil in ihnen nicht auf die Unzulässigkeit der Rekurse hingewiesen wird.