OGH vom 08.04.2020, 3Ob32/20g
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat Dr.
Roch als Vorsitzenden sowie die Hofräte Priv.-Doz. Dr. Rassi und Mag. Painsi und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei N*****, vertreten durch Dr. Birgit Lajtai-Nagl, Rechtsanwältin in Villach, gegen die beklagte Partei D*****, vertreten durch Dr. Mario Petutschnig, Rechtsanwalt in Villach, wegen Räumung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 156/19x-17, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Ein dem Familienverhältnis entspringender tatsächlicher Wohnzustand ist nicht nur dann anzunehmen, wenn eine Verpflichtung besteht, anderen Familienangehörigen Wohnung zu geben; vielmehr gibt es zahlreiche aus dem natürlichen Zusammengehörigkeitsgefühl unter Familienangehörigen entspringende tatsächliche Benützungsgewährungen, die rechtlich nicht geregelt, gegen den Willen des Gewährenden nicht rechtlich durchsetzbar und jederzeit widerrufbar sind (RISJustiz RS0020503). Lassen die konkreten Umstände des Falls auf ein aus dem natürlichen Zusammengehörigkeitsgefühl unter Familienangehörigen entstandenes Wohnverhältnis schließen, so ist es – anders als im Fall eines Prekariums zwischen nicht miteinander verwandten Personen (vgl RS0019200; RS0020518 [T2, T 3]) – Sache des Benützers der Wohnung, konkrete Umstände darzulegen und zu beweisen, die einen unzweifelhaften Schluss auf das Vorliegen eines Rechtstitels zur Wohnungsbenützung zulassen (RS0020500 [T3]).
2. Dieser Nachweis ist dem Beklagten nicht gelungen. Nach den Feststellungen wurde zwar nie ausdrücklich darüber gesprochen, dass die ihm von seiner Mutter (der damaligen Eigentümerin der Liegenschaft) im Jahr 1997 gestattete Nutzung von Räumen im ersten Obergeschoß des Hauses jederzeit widerrufen werden könne. Allerdings konnte die von ihm behauptete Mietzinsvereinbarung (ebenso wie deren Abänderung dahin, dass er anstelle einer Mietzinszahlung Arbeitsleistungen als Entgelt für die Gebrauchsüberlassung erbringen solle) nicht festgestellt werden. Von einem als entgeltlich zu qualifizierenden Vereinbarungsgefüge kann hier daher
– anders als nach dem der vom Beklagten ins Treffen geführten Entscheidung 5 Ob 252/12p zugrunde liegenden Sachverhalt – keine Rede sein. Am Vorliegen eines jederzeit widerruflichen, bloßen familienrechtlichen Wohnverhältnisses kann auch der Umstand nichts ändern, dass der Beklagte
– ohne rechtliche Verpflichtung – im Laufe der Jahre diverse Renovierungsarbeiten in den von ihm bewohnten Räumlichkeiten vornahm und im Jahr 2018 überdies einige Löcher in der Außenfassade des Hauses verspachtelte, sowie gelegentlich den Rasen mähte und – gegen Bezahlung durch seine Mutter – Schnee schaufelte (vgl RS0020507; RS0020511; 5 Ob 257/15b).
3. Dass das Berufungsgericht aus der behaupteten Wohnrechtsvereinbarung zwischen der Mutter des Beklagten und dessen (damaliger) Gattin iSd § 11 Abs 2 Z 2 NAG keinen den Beklagten begünstigenden Titel zur Nutzung der Wohnung ableitete, begründet schon deshalb keine erhebliche Rechtsfrage, weil dieses erstmals in der Berufung erstattete Vorbringen des Revisionswerbers gegen das Neuerungsverbot verstieß.
4. Soweit der Beklagte auf dem Standpunkt steht, seine Mutter habe im Zusammenhang mit dem Verkauf der Liegenschaft das Prekarium ihm gegenüber nicht wirksam widerrufen, weil sie bloß eine entsprechende Bitte geäußert habe, entfernt er sich von den Feststellungen, wonach die Mutter ihn schriftlich aufforderte, bis längstens aus der Wohnung auszuziehen. Nicht anders war das entsprechende Schreiben vom Beklagten als redlichem Erklärungsempfänger zu verstehen.
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2020:0030OB00032.20G.0408.000 |
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