OGH vom 11.11.1998, 3Ob244/98y
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Berufungsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Robert K*****, vertreten durch Dr. Bernhard Krause, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei N*****gmbH, ***** vertreten durch Dr. Leopold Boyer, Rechtsanwalt in Zistersdorf, wegen S 389.253,60 sA und Unterlassung (Revisionsstreitwert S 350.973,60), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom , GZ 3 R 37/98b-37, womit infolge Berufungen beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Handelsgericht vom , GZ 4 Cg 41/96m-25, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Der Kläger war seit Februar 1994 bei der Beklagten als freier Handelsvertreter tätig. Seine Aufgabe war es, Inserate für die Zeitschrift "N*****" in den Bezirken Gänserndorf und Mistelbach zu akquirieren.
Der schriftliche Vertrag zwischen den Parteien enthielt in Punkt IX. eine Konkurrenzklausel, wonach sich der Kläger verpflichtete, innerhalb von zwei Jahren ab Beendigung des Vertragsverhältnisses bei keiner anderen in den Bezirken Gänserndorf und Mistelbach herausgegebenen oder erscheinenden Zeitung als freier Handelsvertreter oder Angestellter zu arbeiten. Für den Fall der Verletzung dieses Verbotes war eine Konventionalstrafe von S 100.000 vereinbart.
Im Jahr 1996 entschloß sich der Kläger jedoch, ein eigenes Medium herauszugeben, und zu diesem Zweck lud er zwei Mitarbeiter der Beklagten zu einem Gespräch ein. Ebenfalls anwesend war ein späterer Mitgesellschafter des Klägers, der die Aufgabe hatte, die Idee einer Zeitungsneugründung zu präsentieren. Zu diesem Zweck war auch bereits ein zwei- bis vierseitiges Konzept bezüglich Aufbau, Strategie und Rohkalkulation von diesem ausgearbeitet worden. Die Mitarbeiter (von denen einem überdies eine Beteiligung an der neu zu gründenden Firma vorgeschlagen wurde) wurden im Zug dieses Gespräches gefragt, ob sie sich vorstellen könnten, ein derartiges Projekt in Angriff zu nehmen. Nach einer Woche Bedenkzeit fand ein weiteres Gespräch statt, bei dem die beiden bekanntgaben, weiter für die Beklagte arbeiten zu wollen.
Als die Geschäftsleitung derselben von diesem Abwerbungsversuch erfuhr, lud sie den Kläger am zu einem Gespräch in den Geschäftsräumen der Beklagten vor und sprach ihm dort, nachdem der Versuch, ihn von seinem Vorhaben abzuhalten, erfolglos blieb, die "fristlose Kündigung" aus. Der Kläger sollte jedoch, da in derselben Woche Anzeigenschluß für die Ausgabe 10/96 des N*****s war, noch die Arbeiten für diese Ausgabe beenden und sämtliche Unterlagen abgeben. Zu diesem Zweck akquirierte er am noch drei Anzeigen.
Nach seinem Ausscheiden bei der Beklagten gründete der Kläger mit zwei anderen Männern eine OEG, welche am ins Firmenbuch eingetragen wurde. Die erste Ausgabe der Zeitschrift "T*****", deren Erscheinungsgebiet sich mit dem des "N*****" deckt und sogar über dieses hinausgeht, wurde Anfang Oktober 1996 herausgegeben. Der Kläger selbst ist dabei im Impressum als Redaktions- und Anzeigenleiter angeführt.
In erster Instanz begehrte der Kläger ua die Zahlung von insgesamt S 389.253,60 sA. Dazu brachte er im wesentlichen vor, die beklagte Partei habe am den auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Vertrag zum Monatsende aufgelöst. Neben noch offenen Provisionen stünden ihm wegen der vorzeitigen Auflösung netto S 80.005 gemäß § 23 HVertrG und ein Ausgleichsanspruch von S 200.000 netto gemäß § 24 HVertrG zu. Das für die Zeit nach Beendigung des Vertragsverhältnisses vereinbarte Konkurrenzverbot sei gemäß § 25 HVertrG unwirksam. Er habe zwar mehrere Monate nach Beendigung seiner Zusammenarbeit mit der Beklagten im Rahmen einer OEG ein eigenes Magazin auf den Markt gebracht, im Mai 1996 aber keinen wie immer gearteten Vertrauensbruch gesetzt und auch nicht versucht, irgendwelche Dienstnehmer der Beklagten abzuwerben. Bei dem Treffen am sei überhaupt noch kein fertiges Konzept vorgelegen. Es sei nicht festgestanden, insbesondere welches Medium es sein sollte, in welcher Sparte, welcher Name, welche Erscheinungsweise; ebenso seien das Gebiet, Druckauflage, die Rechtsform und die Anzahl der Mitarbeiter nicht festgelegt worden; auch nicht, welche Computeranlage nötig sei, welche Räumlichkeiten zur Produktion genützt werden sollten, sowie die Kosten für Druck, Verteilung und Lithographie etc. Der Termin habe nur zum Abtasten der möglichen Interessen der Beteiligten gedient, es habe sich um eine "Ideenbörse" gehandelt, wie man eine Zeitung gründen könnte. Beim Gespräch am sei auch darüber geredet worden, ob die Geschäftsführer der Beklagten nicht mit dem Kläger eine neue Zeitung herausgeben würden. Erst am sei das Schreiben des Beklagtenvertreters über die Einforderung der Konventionalstrafe dem Kläger zugestellt worden. Erst ab diesem Zeitpunkt habe er einen Grund gehabt, sich selbständig zu machen. Es sei unrichtig, daß am eine sofortige Auflösung des Vertragsverhältnisses ausgesprochen und ihm ein Hausverbot erteilt worden sei. Er habe - ua in den Räumen der Beklagten - für diese bis Ende Mai gearbeitet.
Die Beklagte beantragte Klagsabweisung und wandte im wesentlichen ein, daß der Kläger entgegen dem Konkurrenzverbot im Vertrag ein Magazin mit der Bezeichnung "T***** ..." unter der "Robert K***** & Partner OEG" mit der Büroanschrift S***** herausgegeben und verbreitet habe. Dem Kläger stehe auch kein Anspruch auf Fortzahlung zu, ebensowenig einer auf Entschädigung in der Höhe von S 200.000. Sein zu einer sofortigen Auflösung des Vertrages am führendes Verhalten sei ein grober Vertrauensbruch gewesen und berechtige die Beklagte zur sofortigen Auflösung. Er habe nämlich - offensichtlich seien seine Vorbereitungsarbeiten für seine Firmen- und Zeitungsgründung schon bis zum Beginn der Produktion fortgeschrittten gewesen - den Grafiker der Beklagten und einen weiteren Anzeigenverkäufer abzuwerben und für seine in Gründung befindliche Zeitschrift zu "ködern" versucht. Die Geschäftsleitung der Beklagten habe dies am Freitag [] in Erfahrung gebracht und sofort am darauffolgenden Montag dem Kläger vorgehalten. In einem Zug sei die sofortige Auflösung ausgesprochen worden, verbunden mit einem Hausverbot. Infolge der vertragswidrigen Tätigkeit des Klägers, nämlich der versuchten Abwerbung der Mitarbeiter der Beklagten, der Akquirierung von Kunden für ein Konkurrenzunternehmen, sei für die Beklagte die Berechtigung zur jederzeitigen Auflösung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gegeben gewesen. Der Kläger habe sich mehrerer Handlungen schuldig gemacht, die ihn des Vertrauens unwürdig gemacht hätten. Er habe auch die Beklagte in wesentlichen geschäftlichen Angelegenheiten in Irrtum geführt. Jedenfalls habe er wesentliche Vertragsbestimmungen verletzt. In diesem Sinn stehe ihm auch weder eine Kündigungsfrist noch ein Ausgleichsanspruch zu. Er habe entgegen dem Konkurrenzverbot "hinter dem Rücken der Beklagten" ein Konkurrenzmedium aufgebaut, ihre Kunden abgeworben und die Abwerbung ihrer Mitarbeiter versucht. Die Konkurrenzklausel sei keineswegs nichtig, weil in der taxativen Aufzählung der zwingenden Vorschriften des HVertrG 1993 die Bestimmung des § 25 nicht angeführt sei.
Das Erstgericht sprach (im Bereich des Zahlungsbegehrens) dem Kläger S 31.900 sA zu und wies das Mehrbegehren von S 357.353,60 ab. Es traf, soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung, die am Beginn dieser Entscheidung wiedergegebenen Feststellungen. In rechtlicher Hinsicht legte es dar, daß die Beklagte nach § 22 Abs 1 HVertrG zur fristlosen Vertragslösung berechtigt gewesen sei, da sich der Kläger durch seine Abwerbungsversuche eines Verhaltens schuldig gemacht habe, das ihn des Vertrauens der Beklagten unwürdig gemacht habe und das somit einen wichtigen - zur sofortigen Vertragsbeendigung berechtigenden - Grund nach § 22 Abs 2 HVertrG darstelle. Zwar dürfe der selbständige Handelsvertreter gleichzeitig für verschiedene Auftraggeber tätig sein, doch liege darin allein noch keine Gefahr, einzelne Auftraggeber durch unsachliche Vorgangsweisen zu bevorzugen oder zu schädigen. Dies sei aber sehr wohl der Fall, wenn der Handelsvertreter eigene Interessen verfolge, die sich zum Nachteil des Auftraggebers besonders durch Verlust von Kunden und qualifizierten Mitarbeitern auswirken könne. Daraus folge auch, daß der Kläger nach § 24 Abs 3 Z 2 HVertrG keinen Ausgleichsanspruch habe. Die Vereinbarung einer Konkurrenzklausel für die Zeit nach Beendigung des Vertragsverhältnisses sei jedoch nach dem entgegen der Rechtsansicht der Beklagten zwingenden § 25 HVertrG unwirksam. Insgesamt stehe daher dem Kläger nur die Provision für zwei Hefte in voller Höhe zu.
Mit dem angefochtenen Urteil gab das Berufungsgericht der Revision der Beklagten nicht Folge, derjenigen des Klägers gab es dagegen teilweise dahin Folge, daß es ihm insgesamt S 38.280 sA zusprach und das Mehrbegehren von S 350.973,60 sA abwies.
Die von ihm übernommenen Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes beurteilte es dahin, daß der Kläger den Auflösungstatbestand des § 22 Abs 2 Z 2 HVertrG (Vertrauensunwürdigkeit) verwirklicht habe.
Den in der Rechtsrüge der Berufung des Klägers behaupteten Widerspruch zwischen der von der Beklagten ausgesprochenen "fristlosen Kündigung" und dem Weiterarbeiten des Klägers zumindest noch bis verneinte es. Zwar entspreche es der herrschenden Rechtsprechung, daß eine vom Dienstgeber in Kenntnis eines Entlassungstatbestandes ausgesprochene Kündigung als Verzicht auf die Geltendmachung des Entlassungsgrundes aufzufassen sei (Arb 9.492; 9.137). Umgekehrt habe es aber der Oberste Gerichtshof für zulässig erachtet, bei Vorliegen eines Entlassungsgrundes statt der Entlassung eine Kündigung mit einer verkürzten Kündigungsfrist auszusprechen (SZ 7/178; Arb 6.391); dies vor allem, wenn es im Interesse des Dienstnehmers liege. Zwar sehe Punkt VIII. des Handelsvertretervertrages zwischen den Streitteilen die Möglichkeit einer jederzeitigen, begründungsfreien und unbefristeten Kündigung vor, doch verstoße diese Bestimmung gegen die zwingenden Vorschriften des § 21 Abs 1 und 2 HVertrG. Eine Kündigung durch die Geschäftsführer der Beklagten hätte daher nur unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist ausgesprochen werden dürfen.
Im vorliegenden Fall hätte die sofortige Auflösung des Dienstverhältnisses mit aufgrund der laufenden Produktion der Ausgabe 10/96 nicht nur Interessen der Beklagten, sondern - aufgrund entgangener Provisions- bzw drohender Schadenersatzansprüche - auch Interessen des Klägers verletzt. Umgekehrt sei aufgrund der hauptsächlich im Außendienst ausgeübten Tätigkeit des Klägers die Gefahr weiterer Abwerbungsversuche nicht so groß gewesen, daß man aus Sicht der Beklagten unbedingt ein Hausverbot aussprechen habe müssen, um nicht in den Verdacht einer Bagatellisierung (und damit Verwirkung) des Auflösungsgrundes zu gelangen. Da auch der Kläger selbst keinerlei Vorbehalt gegen eine Beendigung seiner Tätigkeit mit Abschluß der Inseratenakquisition für die Ausgabe 10/96 erhoben habe, sei im Sinne der Entscheidung 4 Ob 196/55 (Arb 6.391) von einer Kündigung mit wirksam verkürzter Kündigungsfrist (anstelle vorzeitiger Auflösung) auszugehen. Damit habe die Erklärung der Beklagten aber nicht gegen § 21 HVertrG (§ 23 Abs 1 letzter Satz HVertrG) verstoßen, sodaß Schadenersatzansprüche des Klägers ebensowenig bestünden wie Ausgleichsansprüche nach § 24 HVertrG. Es sei nicht nachvollziehbar, warum der Kläger bei seinen Abwerbungsversuchen "nicht schuldhaft" gehandelt haben solle.
Berechtigt sei die Berufung aber insofern, als das Erstgericht zu Unrecht aus dem zugesprochenen Nettobetrag nicht auch die darauf entfallende Umsatzsteuer zugesprochen habe.
Den das restliche Zahlungsbegehren abweisenden Teil des Berufungsurteils bekämpft der Kläger mit seiner auf unrichtige rechtliche Beurteilung der Sache gestützten außerordentlichen Revision.
Es liege eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung vor, weil eine entsprechende Rechtsprechung zu den die Rechtssache betreffenden Problemen der §§ 21 ff HVertrG nicht vorliege. Insbesondere enthalte auch § 22 HVertrG Neuerungen gegenüber der früheren Rechtslage, sodaß auch dazu eine einheitliche Judikatur des Obersten Gerichtshofes fehle. In der Sache führt der Kläger noch aus, daß der Umstand, daß die Beklagte ihn nach Ausspruch der "fristlosen Kündigung" noch weiterarbeiten habe lassen, dafür spreche, daß er keinen wichtigen Grund zur Vertragsauflösung gesetzt habe, der einem Auflösungsgrund des § 22 HVertrG entsprechen würde. Darüber hinaus habe der Kläger die beiden Mitarbeiter der Beklagten nicht einmal zu einem Vertragsbruch überredet. Im Rahmen der freien Wirtschaft müsse davon ausgegangen werden, daß sich der Kläger als Handelsvertreter für die Beklagte dadurch keinesfalls vertrauensunwürdig gemacht habe. In seiner Tätigkeit als Handelsvertreter könne ihm ja keinerlei schuldhaftes Verhalten zur Last gelegt werden. Mangels ausreichender Konkretisierung eines Konkurrenzprojektes könne auch von keiner Konkurrenztätigkeit ausgegangen werden. Der Kläger habe auch kein systematisches Abwerben im Sinn des UWG vorgenommen. Es gebe auch keine Feststellungen darüber, daß es sich bei der geplanten Zeitschrift um ein Konkurrenzprodukt zur Zeitschrift der Beklagten handle. Es sei auch der dem Handelsvertretergesetz immanente Umstand, daß ein Handelsvertreter auch für mehrere Unternehmen tätig sein könne, vom Berufungsgericht nicht berücksichtigt worden. Entgegen dessen Rechtsansicht seien die vom Kläger beantragten ergänzenden Feststellungen dahingehend, daß keine Konkurrenzzeitung beim Kontaktgespräch in Aussicht gestellt worden sei und dieses auch nur dem "Abtasten der Interessen" gedient habe, keineswegs irrelevant. Außerdem hätte noch festgestellt werden müssen, daß der Kläger bei den Gesprächen die beiden Zeugen nicht zum Vertragsbruch überredet habe.
Da die Vereinbarung kürzerer als der in § 21 Abs 1 HVertrG genannten Kündigungsfristen unwirksam sei, wäre die vertraglich vereinbarte Kündigungsfrist einzuhalten gewesen, wenn man davon ausgehe, daß keine vorzeitige Vertragsauflösung ausgesprochen worden sei.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision ist nicht zulässig.
Wie auch bereits in den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zum Handelsvertretergesetz (HVertrG) 1993 (578 BlgNR 18. GP) hervorgehoben wurde, entspricht § 22 Abs 2 HVertrG dem früheren § 22 HVG. Der einzige sprachliche Unterschied liegt im Verweis auf § 5 in § 22 Z 2 HVertrG, wodurch aber inhaltlich keine Änderung eingetreten ist, weil § 7 HVertrG wörtlich § 5 HVG entspricht, wenn man davon absieht, daß (wie auch in § 22 HVertrG) der Begriff des Geschäftsherrn durch den des Unternehmers ersetzt wurde. Wie auch bereits dazu in den ErlBem (insoweit abgedruckt bei Feil, Makler- und Handelsvertreterrecht 139) klargestellt wurde, ist mit der zwecks Angleichung an die Handelsvertreterrichtlinie der EWG vorgenommenen Umbenennung keine inhaltliche Veränderung verbunden. Nichts anderes kann aber auch für die Regelung der vorzeitigen Auflösung (jedenfalls durch den Unternehmer) gelten, die ebenfalls inhaltlich nicht verändert wurde. Insbesondere gilt auch noch nach der Neuregelung des Handelsvertreterrechtes, daß die Regeln des Handelsvertretergesetzes über die vorzeitige Auflösung des Vertrages aus wichtigem Grund nichts anderes darstellen als einen Ausdruck des allgemeinen Prinzips, wonach Dauerschuldverhältnisse, deren Fortsetzung unzumutbar geworden ist, aus wichtigem Grund vorzeitig aufgelöst werden können (Jabornegg HVG, 448 mN; vgl zum allgemeinen Grundsatz ua Koziol/Welser I10 197 und die dort zit LuRsp; weiters RIS-Justiz RS0018377). Da § 22 HVertrG (wie schon die §§ 21 bis 23 HVG) die Regelungsmethode der Generalklausel mit demonstrativer Aufzählung gewählt hat (Jabornegg aaO 450 f; vgl auch Küstner, Neues Handelsvertreterrecht in Österreich RdW 1994, 390 ff), kommen auch noch andere als die dort genannten Gründe in Betracht. Im konkreten Fall hat sich der beklagte Unternehmer sowohl auf Vertrauensbruch (wohl im Sinn des § 22 Abs 2 Z 2 HVertrG) als auch auf wesentliche Vertragsverletzung im Sinne der Z 3 dieser Gesetzesstelle berufen.
Ob aber ein Verhalten eines Handelsvertreters einen wichtigen Grund im Sinne des § 22 Abs 1 und 2 HVertrG verwirklicht, kann jeweils nur an Hand des Einzelfalles beurteilt werden, wie der Oberste Gerichtshof im speziellen Fall schon zur Frage ausgesprochen hat, ob eine Vertragsverletzung wesentlich im Sinn des § 22 Abs 2 Z 3 HVertrG ist (RIS-Justiz RS00108379).
In der Bejahung der Verwirklichung eines wichtigen Grundes durch das Berufungsgericht ist keinesfalls eine die Zulässigkeit bewirkende Fehlbeurteilung zu erkennen. Auch wenn die Konkurrenzklausel im Vertrag ihrem Wortlaut nach nur für die Zeit nach Vertragsbeendigung gelten sollte, kann im Hinblick auf die Interessenlage der Parteien, die natürlich umso mehr für die Vereinbarung eines Konkurrenzverbotes während der Vertragszeit spricht, jedenfalls im Sinne einer bloßen Teilnichtigkeit auf die Vereinbarung dieses Wettbewerbsverbots für die Dauer des Vertrages geschlossen werden. In diesem Zusammenhang wiederholt der Kläger vergeblich die schon in der Berufung aufgestellte Behauptung sekundärer Feststellungsmängel. Dabei übersieht er aber, daß das Berufungsgericht die begehrten Feststellungen zwar als rechtlich irrelevant angesehen hat, jedoch im Tatsachenbereich die erstgerichtliche Beweiswürdigung über die Konkretheit des Zeitungsprojektes des Klägers gebilligt hat. Dasselbe gilt auch für das bloße "Abtasten der Interessen". Gegen die Beurteilung, daß sich die vom Kläger schon geplante und später tatsächlich mit anderen Mitgesellschaftern herausgegebene Zeitung, was die Inserenten angeht, als Konkurrenzprodukt zu betrachten ist, vermag die Revision nichts Stichhältiges vorzubringen.
Abgesehen von der konkreten Vertragsklausel betreffend das Wettbewerbsverbot ist der Handelsvertreter aber schon nach § 5 HVertrG (früher § 2 HVG) zur umfassenden Interessenwahrung verpflichtet. Aus dieser ist auch nach einhelliger öL zum alten HVG abzuleiten, daß der Handelsvertreter verpflichtet ist, den Unternehmer schädigenden Wettbewerb zu unterlassen (Jabornegg aaO 87 mN). Wegen der unveränderten Rechtslage gilt nach dem HVertrG nichts anderes (Küstner aaO; nunmehr Bacovsky in A. von Westphalen, Handbuch des Handelsvertreterrechts in EU-Staaten und der Schweiz; Österreich-Teil Rz 70). Das bedeutet, daß der Handelsvertreter sich während der Vertragsdauer jeder den Unternehmer unmittelbar schädigenden Konkurrenz aus anderweitigen Geschäften, die er im selben Geschäftszweig tätigt oder vermittelt, zu enthalten hat (Bacovsky aaO). Auch in Deutschland wird aus dem Gebot der Interessenwahrnehmung (§ 86 Abs 1 dHGB) abgeleitet, daß sich der Handelsvertreter desjenigen Wettbewerbs zu enthalten hat, der auf dem Gebiet der von ihm zu betreuenden Interessen des Unternehmers liegt. Dort darf er mit dem Unternehmer weder als Produzent noch als Händler ..., aber auch nicht als Werbeunternehmer oder in sonstigen Hilfsfunktionen für Konkurrenzunternehmen, als Gesellschafter im Konkurrenzunternehmen in Wettbewerb treten (Staub/Brüggemann HGB4 Rz 34 zu § 86 dHGB). In Deutschland wurde bereits einmal (BGH BB 1977, 1170 = DB 1977, 1046) judiziert, daß der Unternehmer zur fristlosen Kündigung berechtigt sei, wenn der Handelsvertreter versucht, einen anderen Handelsvertreter oder angestellten Reisenden des vertretenen Unternehmens für sein Unternehmen zu gewinnen, an dem der abwerbende Handelsvertreter seinerseits beteiligt und in dem er gleichzeitig als leitender Mitarbeiter tätig ist. Dabei soll es nicht einmal auf ein Wettbewerbsverhältnis zwischen dem Geschäftsherrn und dem Unternehmen ankommen, an dem der Handelsvertreter beteiligt sei. Entscheidend sei, daß durch den Abwerbungsversuch dieser bereits seine Vertragspflichten verletzte. Die Interessenwahrungspflicht umfasse nicht nur das Verbot, die Konkurrenz anderer Unternehmen zu fördern, sondern auch das Verbot, dem Geschäftsherrn in anderer Weise tatsächlichen oder möglichen Schaden zuzufügen (zit von Küstner/v. Manteuffel, Handbuch des gesamten Außendienstrechts I**2 Rz 1800).
Wie bereits dargelegt wurde, ist die Auflösbarkeit aus wichtigem Grund ein gemeinsames Merkmal aller Dauerschuldverhältnisse, sodaß die Heranziehung der (gegenüber der zum Handelsvertreterrecht reichlicheren) Judikatur zum Arbeitsrecht (zB §§ 25, 27 AngG) unbedenklich erscheint. Wie in der vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung Arb 10.178 = DRdA 1985, 200 (mit zust Anm von Csebrenyak) bereits ausgesprochen wurde, hängt es von den Umständen des Einzelfalles ab, ob ein zeitliches Hinausschieben der Wirksamkeit einer Entlassung (bzw einer sonstigen Auflösung aus wichtigem Grund) zulässig ist. Dem Revisionswerber gelingt es auch hier nicht, eine wesentliche Fehlbeurteilung des Berufungsgerichtes in diesem Punkt darzulegen, die allein die Revision aus Gründen der Rechtssicherheit im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO als zulässig erscheinen lassen würde. Berücksichtigt man nämlich, daß die Unzumutbarkeit einer weiteren Tätigkeit des Klägers, der im Begriff war, mit anderen eine eigene Zeitung zu gründen, darin lag, daß die Beklagte befürchten mußte, der Kläger werde künftig bei der Beschaffung von Inseraten bereits die Abwerbung der Kunden für sein eigenes Medium in die Wege leiten, und demgegenüber das beiderseitige Interesse, die Arbeiten für die nächste Ausgabe der Zeitschrift der Beklagten noch fertig zu stellen, dann lag in der Verneinung eines schlüssigen Verzichts auf die sofortige Auflösung keine solche Fehlbeurteilung.
Zur Frage des Verschuldens sei bloß auf § 1298 ABGB verwiesen (vgl zuletzt zu § 22 HVertrG 1 Ob 243/97v).
Auf die Abweisung eines Teils seines Provisionsbegehrens durch die Vorinstanzen kommt der Kläger in seiner Revision nicht mehr zurück.
Die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO liegen somit nicht vor.