OGH vom 20.05.2014, 4Ob42/14a

OGH vom 20.05.2014, 4Ob42/14a

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der gefährdeten Partei I***** GmbH, *****, vertreten durch die Gassauer-Fleissner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die Gegner der gefährdeten Partei 1. G***** GmbH, 2. F***** L*****, beide vertreten durch Muhri Werschitz Partnerschaft von Rechtsanwälten GmbH in Graz, wegen Erlassung einer einstweiligen Verfügung (Streitwert 35.000 EUR), infolge Revisionsrekurses der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom , GZ 5 R 2/14z 16, womit infolge Rekurses der gefährdeten Partei der Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom , GZ 10 Cg 30/13t 12, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die gefährdete Partei ist schuldig, den Gegnern der gefährdeten Partei die mit 2.157,59 EUR (darin 359,60 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die gefährdete Partei erzeugt Feuerwehrfahrzeuge und vertreibt Feuerwehrgeräte. Das Unternehmen wurde vom Großvater des Zweitgegners der gefährdeten Partei gegründet und von dessen Sohn und Enkel unter deren Familiennamen als „L***** Feuerwerktechnik GmbH“ weiter ausgebaut. Der Familienname des Gründers hat in Österreich einen hohen Bekanntheitsgrad für Feuerwehrfahrzeuge und einen sehr guten Ruf. 1997 wurde das Unternehmen vom deutschen I***** Konzern übernommen und 2008 unter Entfernung des Familiennamens des Gründers umfirmiert; der Zweitgegner der gefährdeten Partei (in der Folge: Geschäftsführer) verblieb Minderheitsgesellschafter und Geschäftsführer. Der Konzern erwarb auch Markenrechte am Familiennamen des Gründers.

Im August 2012 kündigte der Geschäftsführer, der die Geschäftspolitik des Mutterkonzerns (geplant war die Schließung einer Produktionsstätte im Inland) nicht mittragen wollte, und wurde ab Oktober 2012 dienstfrei gestellt; sein Dienstverhältnis endete mit . Letztlich entschied der Konzern aufgrund des andauernden und erheblichen Widerstands der Belegschaft im Dezember 2012, den Standort im Inland zu erhalten. Mit Wirkung vom änderte die gefährdete Partei neuerlich ihre Firma und fügte darin den Familiennamen des Gründers wieder ein. Die seit damals erzeugten Fahrzeuge tragen daher (auch) wieder den Familiennamen des Gründers.

Seit April 2013 führt der Geschäftsführer das Unternehmen der Erstgegnerin der gefährdeten Partei (in der Folge: Mitbewerberin), das Feuerwehrfahrzeuge für den österreichischen Markt entwickelt und vertreibt. Im Unternehmen der Mitbewerberin arbeitet auch der Vater des Geschäftsführers mit, der auf eine jahrzehntelange Erfahrung in der Feuerwehrbranche zurückblicken kann. Der Unternehmenssitz liegt 10 bis 15 km von jenem der gefährdeten Partei entfernt.

Ein unmittelbar an das Betriebsgelände der gefährdeten Partei angrenzendes Grundstück steht im Eigentum der Tochter des Geschäftsführers, die dort ein Wohnhaus mit ihren Eltern bewohnt. Im September 2013 errichtete der Vater des Geschäftsführers auf dieser Liegenschaft einen Fahnenmast und hängte eine Fahne mit der Aufschrift „[Vor und Zuname des Geschäftsführers] Geschäftsführer [Mitbewerberin] Feuerwehrfahrzeuge“ auf. Diese Fahne befindet sich unmittelbar an der Landesstraße in einer Entfernung von 20 m zur Grenze zum Betriebsgelände der gefährdeten Partei und kann für dorthin zufahrende Personen aus beiden Richtungen wahrgenommen werden, ebenso von einem auf der gegenüberliegenden Straßenseite gelegenen und von der gefährdeten Partei verwendeten Parkplatz.

Die gefährdete Partei beantragte, den Gegnern der gefährdeten Partei mit einstweiliger Verfügung aufzutragen, es ab sofort und längstens bis zur rechtskräftigen Beendigung des Rechtsstreits über eine binnen vom Gericht festzusetzende Frist einzubringende Rechtfertigungsklage zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr eine unlautere Geschäftspraktik oder sonstige unlautere Handlung anzuwenden, die geeignet ist, den Wettbewerb zum Nachteil der gefährdeten Partei nicht nur unerheblich zu beeinflussen, indem die Gegner der gefährdeten Partei in unmittelbarer Nähe zum Betrieb der gefährdeten Partei für die Erstgegnerin der gefährdeten Partei werben, insbesondere mit einer Fahne mit der näher bezeichneten Aufschrift oder sinngleich lautenden Werbemitteln auf der näher bezeichneten Liegenschaft, um Kunden- und Interessentenströme der auf dem Markt rund um Feuerwehren berühmten gefährdeten Partei auf die erst seit Kurzem auf diesem Markt auftretende Erstgegnerin der gefährdeten Partei umzuleiten.

Die gefährdete Partei erzeuge Feuerwehrfahrzeuge unterschiedlichster Art und Konfiguration für den österreichischen Markt, Südtirol sowie für die angrenzenden osteuropäischen Staaten bei einem Umsatz 2012 von mehr als 13 Mio EUR und habe rund 95 % der etwa 4.850 österreichischen Feuerwehren bereits mit Produkten beliefert, ihre Firma und ihr Kennzeichen (das den Familiennamen des Unternehmensgründers enthält) seien am inländischen Feuerwehrmarkt berühmt. Die erst im Juni 2012 errichtete Mitbewerberin sei gänzlich neu am Feuerwehrmarkt und daher weitgehend unbekannt; sie versuche mit unlauteren Mitteln, nämlich einer auf dem Nachbargrundstück aufgestellten Werbefahne, der gefährdeten Partei Kunden abzuwerben. Die Mitbewerberin wisse, dass nahezu der gesamte österreichische Feuerwehrmarkt früher oder später an den Betriebssitz der gefährdeten Partei komme. Diesen Besucherstrom habe die gefährdete Partei durch jahrelange Arbeit und Marketingmaßnahmen in Millionenhöhe aufgebaut, und ihn versuche die Mitbewerberin unlauter auszunutzen, indem sie für ihr Unternehmen unmittelbar vor dem Betriebssitz der gefährdeten Partei werbe. Einzige Absicht dieser Werbung sei das Abfangen von Kunden eines bestimmten Mitbewerbers, nämlich der gefährdeten Partei. Dieses gezielte Abfangen sei mit dem Leistungswettbewerb unvereinbar. Durch Hervorheben des Familiennamens des Geschäftsführers der Mitbewerberin, zugleich Familienname des Unternehmensgründers der gefährdeten Partei, würden die Wertvorstellungen für Feuerwehrprodukte der gefährdeten Partei im Weg einer unlauteren Rufausbeutung auf jene der Mitbewerberin übertragen.

Die Gegner der gefährdeten Partei beantragten die Abweisung des Sicherungsbegehrens. Sie handelten nicht unlauter. Nur einen Tag nach dem Ausscheiden des Geschäftsführers bei der gefährdeten Partei sei diese unter Einbeziehung des Namens des Unternehmensgründers umfirmiert worden, dies wohl in der alleinigen Absicht, die beteiligten Verkehrskreise, nämlich die Feuerwehren in Österreich, darüber zu täuschen bzw in die Irre zu führen, dass der Geschäftsführer weiterhin für ihr Unternehmen tätig sei. Der Geschäftsführer sei eine Leitfigur am Feuerwehrmarkt; er habe der Markenregistrierung durch die gefährdete Partei nicht zugestimmt. Die Mitbewerberin sei Teil einer führenden, europäischen Firmengruppe, die sich auf die Entwicklung und Herstellung von Spezial- und Standardfahrzeugen sowie Ausrüstung für die Brandbekämpfung spezialisiert habe. Auf dem betroffenen Markt würden Ankäufe mindestens zwei Jahre im Voraus geplant und zumeist im Weg öffentlicher EU-weiter Ausschreibungen durchgeführt. Die beanstandete Werbefahne sei ungeeignet, Kundenströme zu einem Mitbewerber umzulenken, da es jedem Marktteilnehmer offenstehe, sich an Ausschreibungen zu beteiligen und die Kunden durch ihr (besseres) Angebot zu überzeugen.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Die Werbefahne nehme den Kunden der gefährdeten Partei nicht die Möglichkeit, das Angebot der Streitteile zu vergleichen und danach ihre Entscheidung auszurichten; ein unzulässiges Umleiten von Kundenströmen sei nicht gegeben. Die Fahne beeinträchtige auch den Geschäftsbetrieb der gefährdeten Partei nicht unzumutbar. Mit dieser Maßnahme sei auch keine wettbewerbswidrige Rufausbeutung verbunden, sondern das Werbemittel zeige erst auf, dass das Unternehmen der Mitbewerberin von jenem der gefährdeten Partei zu unterscheiden sei. Werbung in unmittelbarer räumlicher Nähe zum Mitbewerber sei zulässig, wenn sie sich darauf beschränke, dem potenziellen Kunden eine Information über andere Kaufmöglichkeiten zu geben, möge sie ihn auch zur Änderung seines Kaufentschlusses veranlassen. Solche Werbemaßnahmen lägen nicht zuletzt auch im Interesse des Kunden, zumal sich ihm dadurch eine Wahl- und Vergleichsmöglichkeit erschließe, die er sonst vielleicht nicht besäße.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Die beanstandete allgemeine Werbemaßnahme sei nicht unlauter und behindere die gefährdete Partei nicht, sondern informiere über einen Mitbewerber auf dem betreffenden Markt. Ein gezieltes Abfangen von Kunden liege nicht vor. Soweit die Unlauterkeit des „gezielten“ Abfangens auch darauf gestützt werde, dass der Geschäftsführer für seine Gesellschaftsanteile von der gefährdeten Partei einen beträchtlichen Abtretungspreis erhalten habe, handle es sich um eine unzulässige Neuerung. Ein unlauteres Ausbeuten von Ruf und Ansehen einer fremden Ware für den eigenen Absatz sei nicht gegeben; die bloße Verwendung des Namens des Geschäftsführers im Zusammenhang mit dem Hinweis auf seine Funktion bei der Mitbewerberin sei nicht anstößig. Der Werbemaßnahme fehle auch jede Irreführungseignung, da sie nur objektiv richtige Informationen enthalte und dadurch bei den Kunden keinen unrichtigen Eindruck hervorrufen könne.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zur Fortentwicklung der Rechtsprechung zu Werbemaßnahmen in unmittelbarer räumlicher Nähe zum Mitbewerber zulässig; das Rechtsmittel ist aber nicht berechtigt.

1. Nach ständiger Rechtsprechung zu § 1 UWG vor der UWG Novelle 2007 war das planmäßige Verteilen von Werbezetteln vor dem Geschäft eines Konkurrenten in der Absicht, diesem Kunden auszuspannen, sittenwidrig (4 Ob 343/70 = ÖBl 1971, 14 Reklamezettelverteilen; 4 Ob 362/84 = ÖBl 1985, 43 Sonderpreise für Studenten; 4 Ob 4/96 = ÖBl 1996, 180 Kärntnerring-Garage).

(a) Planmäßigkeit des Handelns erforderte danach das Hinzutreten eines subjektiven Unrechtselements, das in der Regel in der Absicht besteht, den Geschäftsbetrieb des Mitbewerbers durch eine gezielte Maßnahme zu beeinträchtigen und zu schädigen. Auf Planmäßigkeit konnte jedenfalls dann geschlossen werden, wenn Werbematerial regelmäßig gerade nur vor dem Geschäft des Konkurrenten verteilt wurde. Ein sachlicher Leistungsvergleich soll nicht erschwert werden (4 Ob 4/96 = ÖBl 1996, 180 Kärntnerring-Garage mwN).

(b) Eine in einer Stadt oder in einem Stadtteil allgemein durchgeführte Werbung brauchte aber nicht vor jedem Konkurrenzgeschäft eingestellt zu werden (4 Ob 362/84 = ÖBl 1985, 43 Sonderpreise für Studenten; vgl RIS Justiz RS0077986).

(c) Dass eine allgemeine Werbemaßnahme auch vor dem Geschäft eines Konkurrenten fortgesetzt wurde, war nach dieser Rechtsprechung noch kein Indiz für die Absicht, gerade in den Kundenkreis dieses Konkurrenten eindringen und ihn damit schädigen zu wollen. Gleiches galt beim Verteilen von Reklamematerial auch dann, wenn die Geschäfte des Werbenden und des Konkurrenzunternehmens in unmittelbarer Nähe lagen. Dass die Reklamezettel des Werbenden auch in der Nähe des Geschäfts eines Konkurrenten und damit an dessen Kunden verteilt wurden, wurde als Folge der räumlichen Nähe der Geschäfte beurteilt und war noch kein Indiz dafür, dass die Werbemaßnahme in der Absicht gesetzt wurde, gerade in den Kundenkreis des unmittelbar benachbarten Konkurrenten einzudringen und diesen zu behindern. Denn bei einer derartigen räumlichen Nähe sind die Kunden des Konkurrenten auch potentielle Kunden des Werbenden (4 Ob 4/96 = RIS Justiz RS0078508 [T1]).

(d) Sittenwidriges Anreißen iSd § 1 UWG vor der Novelle 2007 war insbesondere das Abfangen von Kunden eines bestimmten Mitbewerbers durch Ansprechen, Verteilen von Werbezetteln, Aufstellen von Verkaufswagen oder dergleichen. Durch ein solches Abfangen vor dem Geschäft des Mitbewerbers oder in dessen unmittelbarer Nähe werde es diesem unmöglich gemacht, seine Leistungen dem Kunden anzubieten (RIS Justiz RS0077911). Es kam aber stets auf die Umstände des Einzelfalls, insbesondere die räumliche Situation an, ob tatsächlich ein sachlicher Leistungsvergleich verhindert wird (4 Ob 2244/96w Stiftrestaurant; vgl RIS Justiz RS0077911 [T2]).

2. Die Rechtsprechung des Senats zum Leistungswettbewerb folgt auch nach der UWG Novelle 2007 folgenden Grundsätzen:

(a) Es gehört zum Wesen des freien Wettbewerbs, durch ein attraktiveres Angebot zielbewusst in den Kundenkreis von Konkurrenten einzudringen. Das Ausspannen von Kunden eines Mitbewerbers ist daher nicht schon an sich wettbewerbswidrig (4 Ob 81/12h; RIS Justiz RS0078521). Niemand hat Anspruch auf die Wahrung seiner Position. Nur die Art und Weise, wie die Beeinträchtigung des Mitbewerbers geschieht, kann eine Wettbewerbshandlung unzulässig machen (vgl 4 Ob 81/12h; RIS Justiz RS0078508).

(b) Maßnahmen, die ihrer Natur nach allein der Behinderung des Mitbewerbers dienen, sind regelmäßig wettbewerbswidrig; typische Mittel des Leistungswettbewerbs sind dagegen grundsätzlich erlaubt und nur bei Hinzutreten besonderer Umstände, die den Leistungswettbewerb zum Behinderungswettbewerb machen, unlauter. Ob eine bestimmte Maßnahme im Sinn dieser Grundsätze noch im Rahmen des Zulässigen liegt oder in Wahrheit bereits eine auf Ausschaltung anderer Mitbewerber vom Wettbewerb zielende Behinderung ist, muss nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls beurteilt werden (RIS Justiz RS0077524).

(c) Eine gezielte Behinderung von Mitbewerbern entspricht auch nach dem neuen Lauterkeitsrecht keinesfalls den anständigen Marktgepflogenheiten, die nach § 1 Abs 4 Z 8 UWG den Standard der beruflichen Sorgfalt konkretisieren (RIS Justiz RS0077524 [T8]).

(d) Zur Werbung in unmittelbarer räumlicher Nähe zum Mitbewerber hat der Senat nach der UWG Novelle 2007 in der Entscheidung 4 Ob 1/13w Westbahn (unter Hinweis auf Handig in G. Kodek/Wiebe , UWG² § 1 Rz 417 ff; Duursma in Gumpoldsberger/Baumann , UWG § 1 Rz 98 je mwN) ausgesprochen: „Soweit kein gezieltes Abfangen von Kunden vorliegt, ist Werbung in unmittelbarer Nähe des Geschäfts eines Mitbewerbers zulässig.“

3. Im Schrifttum werden zwei Aspekte der Werbung in räumlicher Nähe zum Mitbewerber unterschieden (vgl zum Folgenden Ohly in Piper/Ohly/Sosnitza , UWG 5 § 4.10 Rn 10/47):

(a) Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit der angesprochenen Passanten

Nicht unlauter ist jedes Verhalten, das den angesprochenen Kunden eine ruhige, von jeder Übereilung freie vergleichende Prüfung der beiden Leistungsangebote ermöglicht und sie weder in ihrer Bewegungsfreiheit noch psychisch oder physisch am Leistungsvergleich hindert (ähnlich Köhler in Köhler/Bornkamm , UWG 32 § 4 Rn 10.29a).

(b) Schutz einer wettbewerbsfreien Zone um den Geschäftsbetrieb des Betroffenen

Kein Unternehmer kann eine wettbewerbsfreie Sphäre im Umfeld seines Betriebs für sich beanspruchen (ähnlich Jänich in Münchener Kommentar § 4 Nr 10 Rn 25), ist doch auch vergleichende Werbung grundsätzlich zulässig. Ein Unternehmer kann sich auch nicht gegen eine gedankliche Verbindung wehren, die ein Konkurrent zu seinen Produkten oder seinem Geschäftsbetrieb herstellt. Sofern der Hinweis auf ein Konkurrenzangebot den Kunden nicht unsachlich beeinflusst oder belästigt, verschafft er den Kunden möglicherweise willkommene Informationen beim Produktvergleich.

Gegen eine „Bannmeile“ spricht auch, dass eine Beschränkung des Gemeingebrauchs an öffentlichen Straßen oder der Nutzung des Grundeigentums unter lauterkeitsrechtlichen Aspekten schwer zu begründen ist. So darf etwa mangels abweichender vertraglicher Vereinbarung oder eingetragener Dienstbarkeit auf einem Nachbargrundstück sogar ein Konkurrenzunternehmen eröffnet werden, so dass die bloße Werbung dort erst recht frei möglich sein muss.

4. Der Senat hält die im referierten Schrifttum aufgezeigten Grundsätze für zutreffend. Im Zusammenhalt mit seiner Rechtsprechung zum Leistungswettbewerb ist den Vorinstanzen darin zuzustimmen, dass die Gegner der gefährdeten Partei keinen Verstoß gegen Lauterkeitsrecht zu verantworten haben.

(a) Die beanstandete Fahne als Werbemaßnahme beeinträchtigt die Entscheidungsfreiheit weder von Passanten als potentiellen Kunden, noch von bereits gewonnenen Kunden der gefährdeten Partei, ihre Vertragspartner frei zu wählen. Dies gilt umso mehr, als Feuerwehrfahrzeuge und -ausrüstung teure und spezifische Produkte sind, deren Ankauf in aller Regel nicht ohne eingehende Recherchen auf dem Markt durch Branchenkenner erfolgt, die ihre geschäftliche Entscheidung wohl nicht allein an Hand einer Reklamefahne treffen.

(b) Das Verhalten der Gegner der gefährdeten Partei indiziert noch keine bewusste Schädigung der gefährdeten Partei oder ein einseitiges gezieltes Abfangen von deren Kunden oder Interessenten. Die gefährdete Partei kann gleichermaßen lauterkeitsrechtlich nicht verhindern, dass ein Inserat von Mitbewerbern im selben Medium in unmittelbarer Nähe neben ihrem eigenen Inserat platziert wird.

(c) Weshalb die gefährdete Partei durch die Fahne gehindert sein soll, ihre Leistung auf dem Markt rein zur Geltung zu bringen, wie sie im Rechtsmittel weiterhin behauptet, ist nicht nachvollziehbar. Daran ändert auch ein allfälliger „Erklärungsbedarf“ nichts, den die gefährdete Partei nunmehr möglicherweise infolge der Fahne auf dem Nachbargrundstück gegenüber ihren Kunden hat.

(d) Dass der Geschäftsführer früher Mitarbeiter der gefährdeten Partei war und nun bei der Mitbewerberin die Funktion des Geschäftsführers ausübt, und dass die nunmehrige Gesellschafterin der gefährdeten Partei das Unternehmen (zum Teil vom Geschäftsführer) gegen Zahlung eines Abtretungspreises übernommen und vor der Schließung gerettet hat, ändert nichts am Fehlen eines Lauterkeitsverstoßes, zumal ja eine entgeltliche Übernahme eines Kundenstocks durch den Erwerber anders als im Fall der im Rechtsmittel zitierten Entscheidung 4 Ob 10/02b oder ein Konkurrenzverbot nicht einmal behauptet worden ist.

(e) Die gefährdete Partei hat keinen Anspruch auf eine wettbewerbsfreie Zone um ihren Geschäftsbetrieb. Unerheblich für das Vorliegen eines Lauterkeitsverstoßes ist deshalb die Entfernung des Unternehmenssitzes der Erstgegnerin der gefährdeten Partei vom Ort der beanstandeten Werbemaßnahme.

(f) Dass nur am festgestellten Ort eine derartige Fahnenwerbung für die Mitbewerberin besteht, wurde weder behauptet noch festgestellt; darauf stellt das Unterlassungsbegehren auch nicht ab, zielt dieses doch vielmehr auf ein allgemeines Werbeverbot im räumlichen Umfeld des Sitzes der gefährdeten Partei, verbunden mit dem subjektiven Element der Absicht einer Umleitung von Kundenströmen.

5. Die voranstehenden Erwägungen lassen sich in folgender Weise zusammenzufassen:

Werbemaßnahmen in räumlicher Nähe zu Mitbewerbern sind lauterkeitsrechtlich zulässig, wenn sie den angesprochenen Verkehrskreisen eine ruhige, von jeder Übereilung freie vergleichende Prüfung der beiden Leistungsangebote ermöglichen und Mitbewerber weder durch gezieltes Abfangen von Interessenten schädigen noch daran hindern, ihre eigenen Angebote in einem sachlichen Leistungsvergleich ungestört zu präsentieren.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 393 Abs 1 EO iVm §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2014:0040OB00042.14A.0520.000