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OGH vom 24.03.1998, 1Ob374/97z

OGH vom 24.03.1998, 1Ob374/97z

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** Gesellschaft m.b.H. in Liquidation, vertreten durch Dr.Thomas Mondl als Notliquidator, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Werner K*****, vertreten durch Heller-Pitzal-Pitzal Rechtsanwälte KEG in Wien, und 2. Hannes H*****, vertreten durch Dr.Wolfram Themmer, Rechtsanwalt in Wien, wegen 1,000.000 S sA infolge Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse 490.000 S sA) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgerichts vom , GZ 3 R 39/97w-64, womit infolge der Berufungen der beklagten Parteien das Urteil des Handelsgerichts Wien vom , GZ 11 Cg 434/93y-54, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben und das - in seinen vom Berufungsgericht bestätigten klagestattgebenden und klageabweisenden Teilen bereits in Rechtskraft erwachsene - Ersturteil im übrigen wiederhergestellt.

Die beklagten Parteien sind schuldig, der klagenden Partei die Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen wie folgt zu bezahlen:

1. die erstbeklagte Partei 28.873,91 S (darin 3.730,23 S Umsatzsteuer und 6.492,50 S Barauslagen),

2. die zweitbeklagte Partei 30.030,44 S (darin 3.882,15 S Umsatzsteuer und 6.757,50 S Barauslagen).

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagten gründeten mittels Gesellschaftsvertrags vom die klagende Partei, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Deren Stammkapital beträgt 2 Mio S, wovon der Erstbeklagte 980.000 S und der Zweitbeklagte 1,020.000 S übernahmen und je zur Hälfte einzahlten. Am trat der Erstbeklagte seinen Geschäftsanteil um 500.000 S an eine dritte Person ab. Der Zweitbeklagte übertrug seinen Geschäftsanteil am um 350.000 S an dieselbe Person, die damit Alleingesellschafterin war. Mit Beschluß des Handelsgerichts Wien vom wurde die klagende Partei aufgelöst. Deren Firma führt seither den Zusatz „in Liquidation“. Zum Liquidator wurde der Klagevertreter bestellt, der zuvor gemäß § 15a GmbHG zum Notgeschäftsführer der klagenden Partei berufen worden war.

Mit Urteil des Handelsgerichts Wien vom wurde die klagende Partei schuldig erkannt, einer anderen Gesellschaft 49.364,80 DM samt 10 % Zinsen seit und 37.894 S an Prozeßkosten zu bezahlen. Verschiedenen anderen Gläubigern schuldet die klagende Partei insgesamt 45.589,20 S. Ihre Kostenschuld gegenüber dem Notliquidator beträgt - berechnet bis einschließlich - 161.491,50 S.

Mit Schreiben vom forderte der Notliquidator die Alleingesellschafterin auf, einen Betrag von 510.000 S auf den noch offenen Teil der Stammeinlage binnen 14 Tagen einzuzahlen. Am räumte er der Alleingesellschafterin eine Nachfrist von einem Monat ab Zugang dieses Schreibens ein. Gleichzeitig wurde dieser für den Fall weiteren Zahlungsverzugs der Ausschluß aus der Gesellschaft angedroht. Dieser wurde schließlich mit Schreiben des Notliquidators vom an die Alleingesellschafterin auch ausgesprochen. Am selben Tag forderte der Notliquidator die Beklagten aufgrund deren Gesellschafterstellung vor der Abtretung ihrer Geschäftsanteile an die spätere Alleingesellschafterin auf, 51 % bzw 49 % der eingeforderten 510.000 S zu bezahlen. Danach hätte der Zweitbeklagte 260.100 S und der Erstbeklagte 249.900 S zu leisten gehabt.

Mit Schreiben des Notliquidators vom wurde die Alleingesellschafterin aufgefordert, den weiteren noch offenen Restbetrag der Stammeinlage von 490.000 S einzuzahlen. Am selben Tag wurden schriftlich „entsprechende anteilsmäßige Forderungen“ gegenüber dem Rechtsvertreter des Erstbeklagten (240.100 S) und dem Zweitbeklagten (249.900 S) erhoben.

Die klagende Partei begehrte den Zuspruch von 1 Mio S. Sie brachte vor, daß die Beklagten für den von der ausgeschlossenen Alleingesellschafterin nicht bezahlten Betrag der Stammeinlage samt Verzugszinsen als deren Rechtsvorgänger innerhalb der letzten fünf Jahre vor Erlassung der Einzahlungsaufforderungen zur ungeteilten Hand hafteten. Da die Beklagten ihren jeweiligen Anteil an dem noch unberichtigten Teil des Stammkapitals nicht innerhalb eines Monats nach Aufforderung bezahlt hätten, gelte die gesetzliche Vermutung dessen Uneinbringlichkeit.

Die Beklagten wendeten ein, es fehle am Nachweis, daß die Alleingesellschafterin zur Zahlung aufgeforderrt und gemahnt worden sei. Der Notliquidator habe den noch nicht bezahlten Betrag des Stammkapitals bei ihnen als den „Vormännern“ nicht ordnungsgemäß eingefordert. Eine solche Einforderung setze ferner voraus, daß die Gesellschaft die begehrten Beträge zur Gläubigerbefriedigung benötige. Die Rechtsvorgänger hafteten für den Nachforderungsbetrag nicht solidarisch. Deren Haftung beziehe sich überdies nur auf Teilbeträge, die vor der Kaduzierung - somit bis - fällig geworden seien. Das vom Notliquidator geltend gemachte Honorar sei unangemessen hoch.

Das Erstgericht erkannte die Beklagten schuldig, der klagenden Partei insgesamt 1 Mio S sA zu bezahlen, davon der Erstbeklagte 490.000 S sA und der Zweitbeklagte 510.000 S sA. Das Mehrbegehren „auf Haftung zur ungeteilten Hand“ wies es ab. Die Leistungspflicht der Beklagten ergebe sich aus § 67 GmbHG. Danach hätten diejenigen Rechtsvorgänger für den vom ausgeschlossenen Gesellschafter nicht eingezahlten Teil der Stammeinlage samt Verzugszinsen einzustehen, die innerhalb der letzten fünf Jahre vor Erlassung der (jeweiligen) Einzahlungsaufforderung als Gesellschafter im Firmenbuch eingetragen gewesen seien. Die Zahlungsaufforderungen an die Alleingesellschafterin seien innerhalb dieser Frist gesetzmäßig erfolgt. Der in der zweiten Zahlungsaufforderung begehrte Betrag von 490.000 S sei keine „neue Forderung nach der Kaduzierung“, sondern der aushaftende Rest des Stammkapitals. Zweck des § 67 GmbHG sei „die Aufbringung eines adäquaten Haftungskapitals der Gesellschaft“. Dessen Verwirklichung könnten sich frühere Gesellschafter durch Anteilsveräußerung nicht entziehen. Die Gesellschaft benötige den Klagebetrag zur Befriedigung ihrer Gläubiger. Dem Gesetz sei keine Haftung der Vorgesellschafter zur ungeteilten Hand zu entnehmen. Eine Solidarhaftung widerspräche dem Wesen der Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Die Leistungspflicht der Gesellschafter beschränke sich auf deren Anteil am Stammkapital. Nach dem Ausscheiden eines Gesellschafters aus der Gesellschaft könne nichts anderes gelten als zuvor.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil dahin ab, daß der Erstbeklagte 249.900 S sA und der Zweitbeklagte 260.100 S sA zu zahlen hätten, wies das Klagemehrbegehren ab und sprach aus, daß die Revision zulässig sei. Es erwog - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - in rechtlicher Hinsicht, daß die Haftung der Vormänner gemäß § 67 Abs 1 GmbHG eine rechtswirksame Kaduzierung des Geschäftsanteils voraussetze. Dem sei hier entsprochen worden. Die Haftung erfasse diejenigen Vormänner, die innerhalb der letzten fünf Jahre vor Erlassung der Einzahlungsaufforderung Gesellschafter gewesen seien. Nicht maßgeblich seien „Zahlungsfristen und Verständigungen von Schreiben an die Alleingesellschafterin“. Gemäß § 90 Abs 3 GmbHG sei die „Ausschreibung weiterer Einzahlungen auf nicht voll einbezahlte Stammeinlagen nach Auflösung der Gesellschaft2 nur soweit zulässig, als es zur Gläubigerbefriedigung erforderlich erscheine. Das beziehe sich auf „fällige und nicht fällige Einlagepflichten“. Liquidatoren seien einforderungsberechtigt, ohne an statutarische Termine oder einen Gesellschafterbeschluß gebunden zu sein. Säumige Gesellschafter könnten noch im Stadium der Gesellschaftsliquidation ausgeschlossen und die Haftung der Vormänner in Anspruch genommen werden. Die Gesellschaft habe zu beweisen, daß die Einforderung der aushaftenden Stammeinlagen für die Liquidation notwendig sei. Dagegen treffe den Gesellschafter die Beweislast dafür, daß er wegen eines zu erwartenden Abwicklungsüberschusses von der Einzahlung des noch unbeglichenen Teils der Stammeinlage befreit sei und einen Anteil am Liquidationserlös beanspruchen könne. Eine exakte Prüfung der Forderungen an die Gesellschaft sei in diesem Verfahrensstadium nicht erforderlich. Nach den Verfahrensergebnissen sei nicht zweifelhaft, daß die Gesellschaft einen Betrag von 510.000 S für die Liquidation benötige.Es bestehe kein Anhaltspunkt für einen Liquidationsüberschuß im Falle der Bezahlung der aushaftenden Stammeinlagen.

Der Rechtsvorgänger eines Gesellschafters hafte jedoch nur „für den nicht bezahlten, eingeforderten Betrag der Stammeinlage samt Verzugszinsen“. Diese Ansicht finde allein im Wortlaut des § 67 Abs 1 GmbHG keine ausreichende Stütze. Den Materialien zur Stammfassung des Gesetzes sei jedoch zu entnehmen, daß die Vormänner des ausgeschlossenen Gesellschafters „für spätere Einzahlungen“ nicht einzustehen hätten. Darunter seien „später eingeforderte (fällige) Einzahlungen“ zu verstehen. Daraus folge, daß die Beklagten nur für jenen Teil der jeweiligen Stammeinlage unmittelbar als Vormänner gemäß § 67 GmbHG hafteten, der im „Zeitpunkt der Kaduzierung fällig und eingefordert“ gewesen sei. Das gelte hier für einen Betrag von 510.000 S, wovon 249.900 S auf den Erstbeklagten und 260.100 S auf den Zweitbeklagten entfielen. Dem § 67 Abs 1 GmbHG entspreche die „im wesentlichen gleichlautende Bestimmung“ des § 22 Abs 1 des deutschen GmbHG, die nach der dazu herrschenden Ansicht so auszulegen sei, „daß darunter nicht nur die bei der Ausschließung rückständigen Beträge, sondern auch später fällig gewordene zu verstehen“ seien. Das stehe jedoch - wie dargelegt - nicht im Einklang mit dem Willen des historischen österreichischen Gesetzgebers.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist, wie sich aus den nachstehenden Ausführungen ergeben wird, zulässig und berechtigt.

Gemäß § 67 Abs 1 GmbHG haften der Gesellschaft für den vom ausgeschlossenen Gesellschafter nicht bezahlten Betrag der Stammeinlage „alle seine Vormänner“, die innerhalb der letzten fünf Jahre vor Erlassung der Einzahlungsaufforderung als Gesellschafter im Firmenbuch verzeichnet waren. Diese Regelung stimmt in ihrem hier maßgeblichen Kern mit der Stammfassung des Gesetzes (RGBl 1906/58) überein. Deren Novellierung bezieht sich bloß auf ein für die Berechnung der Frist von fünf Jahren wesentliches Tatbestandsmerkmal. War damals die Eintragung als Gesellschafter „im Anteilbuche“ von Bedeutung, so muß der Gesellschafter als Voraussetzung seiner Haftung als Vormann nach der geltenden Rechtslage „im Firmenbuch“ verzeichnet gewesen sein. Das Berufungsgericht griff daher zutreffend auf die Gesetzesmaterialien zur Stammfassung zurück, um den historischen Willen des Gesetzgebers für das hier zu lösende Auslegungsproblem zu ermitteln. Das führt jedoch, wie im folgenden zu begründen sein wird, nicht zu dem vom Gericht zweiter Instanz erzielten Ergebnis.

Dem Bericht der Kommission des Herrenhauses (272 BlgHH 17.Session 1905, 1 f) ist zu entnehmen, daß sich der Gesetzgeber in der „vorteilhaften Lage“ befand, das ältere deutsche Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung als Regelungsgrundlage vorzufinden. Jeder „folgende Gesetzgeber“ müsse jedoch „die besonderen wirtschaftlichen Lebensverhältnisse seines Landes im Auge behalten“, sodaß es nicht genüge, „sich dem deutschen Muster gegenüber bloß rezeptiv zu verhalten und sich in den Spuren des deutschen Gesetzgebers unselbständig zu bewegen“. „Angelpunkt“ sei die „Herstellung und Sicherung der Kreditbasis für die neue Gesellschaft“. Deshalb enthielten die §§ 66, 67, 69, 70, 71, 74 und 83 der Regierungsvorlage, „die sich hier vollständig an das deutsche Gesetz angeschlossen“ habe, „sehr energische Bestimmungen, um den Gläubigern die Kreditbasis, das Stammkapital der Gesellschaft, ungeschmälert zu erhalten“. Der „säumige ausgeschlossene Gesellschafter“ bleibe „für weitere Einzahlungen ... verhaftet“. Die Kommission könne sich jedoch nicht „mit der in der Regierungsvorlage § 64 statuierten Haftung auch der Vormänner des ausgeschlossenen Gesellschafters für spätere Einzahlungen“ einverstanden erklären und habe daher „in diesem Punkt die Übereinstimmung mit dem deutschen Gesetze wieder hergestellt (§ 69, Absatz 2)“.

Diese Erörterungen belegen, daß der historische Gesetzgeber dem deutschen Vorbild gerade in der hier maßgeblichen Rechtsfrage folgen wollte und der Gläubigerschutz schon damals als „Angelpunkt“ der neuen Gesellschaftsform angesehen wurde. Koppensteiner(GmbH-Gesetz Kommentar [1994] Rz 4 zu § 67) zog aus dem Herrenhausbericht den Schluß, daß „ein Rechtsvorgänger des Kaduzierten dessen Verbindlichkeit erfüllen“ müsse, jedoch nicht „für nach Kaduzierung fällig werdende Zahlungsraten“ hafte. Diese Ansicht ist in Österreich herrschend, wenngleich sie - abgesehen von Koppensteiner (aaO) - nicht näher begründet wird (Gellis/Feil, Kommentar zum GmbH-Gesetz3 [1995] Rz 2 zu § 67 [mit unzutreffender Berufung auf JBl 1980, 206, weil dort nur der Gesetzestext wiedergegeben, jedoch nicht das Auslegungsproblem im Sinne der Kommentarmeinung gelöst wird]; Reich-Rohrwig, GmbH-Recht [1983] 596; unklar Kastner/Doralt/Nowotny, Grundriß des österreichischen Gesellschaftsrechts5 [1990] 430; Kostner/Umfahrer, GmbHG4 [1993] Rz 684).

Die herrschende Meinung in Deutschland legt dagegen die der österreichischen Regelung inhaltlich entsprechenden Parallelbestimmungen des deutschen Gesetzes (§ 22 Abs 1 und 3 GmbHG) anders aus. Danach haftet der Rechtsvorgänger des ausgeschlossenen Gesellschafters nicht nur für die im Zeitpunkt der Kaduzierung unbezahlte und fällige Bareinlage, sondern auch für die nach der Kaduzierung bis zu seiner Inanspruchnahme fällig gewordenen und noch unbeglichenen weiteren Bareinlagebeträge (Emmerich in Scholz, GmbHG8 [1993] Rz 13 zu § 22; Lutter/Hommelhoff, GmbHG14 [1995] Rz 2 zu § 22; Müller in Hachenburg, GmbHG8 [1992] Rz 11 zu § 22; Rowedder in Rowedder, GmbHG3 [1997] Rz 10 zu § 22); Roth/Altmeppen, GmbHG3 § 22 Rz 4, die diese Auffassung als „allgemeine Meinung“ bezeichnen).

Die deutsche Praxis, die der historische österreichische Gesetzgeber als Vorbild der Regelung der Haftung des Rechtsvorgängers eines ausgeschlossenen Gesellschafters für den unbezahlten Betrag der Stammeinlage herangezogen hatte, entwickelte sich demnach anders als die im österreichischen Schrifttum aufgrund des dargestellten Herrenhausberichts herrschende Ansicht. Das ist vor dem Hintergrund zu sehen, daß das deutsche Gesetz von 1892 - besonders vor seiner Novelle 1980 - nur in Bestimmungen geändert wurde, die stets nur Einzelfragen betrafen und keine nennenswerten Auswirkungen auf die Grundlagen des GmbH-Rechts hatten (K. Schmidt, Gesellschaftsrecht3 [1997] 986; Ulmer in Hachenburg aaO Einl Rz 54 f). Ein Schwerpunkt der Novelle 1980 war die Verbesserung des Gläubigerschutzes (Ulmer in Hachenburg aaO Einl Rz 59; K. Schmidt, Grundzüge der GmbH-Novelle, NJW 1980, 1769), dessen weitere Stärkung ein Hauptproblem der künftigen Entwicklung des GmbH-Rechts bleibt. Das bezieht sich vor allem auch auf den Mißbrauch, „nach Belieben (Einmann-) Gesellschaften zu gründen und im Fall ihres Scheiterns zum Nachteil der Gläubiger masselos zu liquidieren“ (K. Schmidt, Gesellschaftsrecht3 988 f).

Die österreichische Rechtsentwicklung ist der deutschen ähnlich. Von den Gesetzesänderungen bis 1980 haben nur die - hier nicht spezifisch bedeutsamen - Vorschriften des § 6a GmbHG über Sacheinlagen und jene des § 29 GmbHG über den obligatorischen Aufsichtsrat größere Bedeutung erlangt (Koppensteiner aaO Allg Einl Rz 2). In Fortbildung des GmbH-Rechts strebten der Gesetzgeber und die Rechtsprechung jedoch immer auch danach, den Gläubigerschutz zu verbessern. Das wird etwa durch die Regelungen zur Erhöhung des Mindeststammkapitals, neue Bestimmungen zur Rechnungslegung (Koppensteiner aaO Allg Einl Rz 2; Reich-Rohrwig, Das österreichische GmbH-Recht I2 Rz E/6 ff) und zur Verhinderung von „Schwindelgründungen“ (Reich-Rohrwig aaO Rz E/16), im besonderen aber auch durch die Bemühungen der Rechtsprechung verdeutlicht, Grundsätze zum eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen zu entwickeln (siehe etwa EvBl 1997/124; SZ 69/208; SZ 68/175; Koppensteiner aaO Allg Einl Rz 3). Diese Tendenz wurde vom erkennenden Senat jüngst bei der Ausfallshaftung gemäß § 70 GmbHG fortgesetzt. Danach sind „im Gesellschaftsrecht, insbesondere bei beschränktem Haftungszugriff, stets die Gläubigerinteressen zu wahren“, und „die reale Aufbringung des Stammkapitals“ ist - nach den gesetzlichen Wertungen - „bestmöglich“ zu sichern, weil es „nur billig“ erscheint, „mit dem Ausfallsrisiko des säumigen Gesellschafters“ die anderen Gesellschafter und nicht die Gesellschaftsgläubiger zu belasten (1 Ob 2085/96 = SZ 69/96 = WBl 1996, 370). Das gilt nicht minder für die Ausfallshaftung der Rechtsvorgänger ausgeschlossener Gesellschafter nach § 67 Abs 1 GmbHG, soll doch durch diese Bestimmung verhindert werden, daß sich ein Gesellschafter seines Haftungsrisikos bei nicht vollständig eingezahlter Stammeinlage einfach durch Abtretung seines Geschäftsanteils entledigen und es damit als Ausfallsrisiko auf Gesellschaftsgläubiger verlagern kann. Wird dieser Grundsatz anerkannt, darf die Haftung des Rechtsvorgängers - unter Beachtung der dargestellten Parallelentwicklung des österreichischen und des deutschen GmbH-Rechts zur Gewährleistung eines effizienteren Gläubigerschutzes - im Einklang mit der in Deutschland herrschenden Ansicht nicht auf die im Zeitpunkt der Kaduzierung aushaftenden bereits fälligen Beträge der Stammeinlage beschränkt werden, soweit die spätere Einforderung weiterer Beträge - wie hier - noch gegenüber Rechtsvorgängern im Sinne des § 67 Abs 1 GmbHG erfolgte. Daran kann der Umstand nichts ändern, daß die Haftung des säumigen Gesellschafters für weitere Einzahlungen gemäß § 69 Abs 2 GmbHG ungeachtet seines Ausschlusses unberührt bleibt, weil dessen Inanspruchnahme grundsätzlich nichts an der Haftung der Rechtsvorgänger gemäß § 67 GmbHG ändert (Gellis/Feil aaO Rz 2 zu § 69; Koppensteiner aaO Rz 3 zu § 69) und gegebenenfalls bloß ein Gesamtschuldverhältnis entsteht (Koppensteiner aaO Rz 3 zu § 69). Voraussetzung für die Haftung eines Rechtsvorgängers ist nur der Ausschluß des Gesellschafters, der den Geschäftsanteil des Vormanns erwarb (JBl 1980, 207 [zustimmend König]). Der säumige Gesellschafter kann den Ausschluß dadurch abwenden, daß er den eingeforderten Betrag bezahlt (RdW 1988, 197 = NZ 1989, 17), mag dieser auch geringer sein, als der bereits fällige Teil der noch nicht geleisteten Stammeinlage; dann könnte auch die Rechtsvorgängerhaftung gemäß § 67 GmbHG für den aushaftenden Restbetrag der Stammeinlage noch nicht wirksam werden.

Allein aus der Ermittlung des Willens des historischen Gesetzgebers ist - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - für den Prozeßstandpunkt der Beklagten nichts zu gewinnen. Das Gesetz ist - selbst im Rahmen historischer Auslegung - nach der „ihm eigenen Vernünftigkeit“, also teleologisch „gemäß den erkennbaren Zwecken und dem Grundgedanken einer Regelung“ zu verstehen (Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft6 [1991] 332). Als Auslegungsziel sind allerdings immer (nur) „die heute rechtlich maßgebenden relevanten Sinngehalte der Norm zu suchen“ (F.Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff2 [1991] 436). Liegen der Auslegung jedoch objektiv-teleologische Kriterien zugrunde, die - wie hier - einem Leitgedanken des Gesetzes (Gläubigerschutz) in seiner steten Entwicklung durch Novellen und Rechtsprechung verpflichtet sind, geht eine solche Interpretation der isolierten subjektiv-historischen Auslegung vor, solange dabei weder widersprüchliche Ergebnisse erzielt werden noch das nächstliegende Verständnis offenbare Wertungswidersprüche in der Rechtsordnung provoziert (F.Bydlinski in Rummel, ABGB2 Rz 25 zu § 6). Derartige Hindernisse stehen dem hier erzielten Auslegungsergebnis nicht im Wege. Angesichts der einleitenden Darlegungen bleibt noch anzumerken, daß der historische Gesetzgeber das österreichische Recht gerade auch in der Frage der Rechtsvorgängerhaftung gemäß § 67 GmbHG nicht vom deutschen Vorbild abkoppeln wollte, aber dessen spätere Entwicklung in der Praxis nicht vorhersah (bzw vorhersehen konnte). Die Parallelentwicklung des GmbH-Rechts in beiden Staaten zu einem im Interesse eines verbesserten Gläubigerschutzes engeren Netzwerk steht daher einer allein subjektiv-historischen Auslegung des § 67 Abs 1 GmbHG entgegen, die der Rechtsentwicklung in Umsetzung eines der wichtigsten Leitgedanken des GmbH-Rechts zuwiderliefe.

Wie bereits das Berufungsgericht zutreffend ausführte, hängt die Entscheidung nur von der Lösung der erörterten Auslegungsfrage ab, weil es den Beklagten nicht gelang, einen Sachverhalt unter Beweis zu stellen, der sie von ihrer Rechtsvorgängerhaftung - unabhängig von der Interpretation des § 67 Abs 1 GmbHG - entlasten könnte. Die Ansicht des Erstbeklagten, „nach der Kaduzierung“habe „keine aktive Gesellschafterin mehr existiert“, sodaß die sekundäre Haftung eines Rechtsvorgängers gar nicht zum Tragen kommen könne, weil eine solche die Einforderung des noch unberichtigten Betrags der Stammeinlage bei einem Gesellschafter voraussetze, läßt unbeachtet, daß sich die Rechtsvorgängerhaftung - wie dargelegt - eben auch auf Beträge bezieht, die erst nach der Kaduzierung fällig wurden, und die Frage der Inanspruchnahme des säumigen Gesellschafters grundsätzlich nichts an der Rechtsvorgängerhaftung ändert. Die Beklagten haften daher der Gesellschaft gemäß § 67 Abs 1 GmbHG nach dem Verhältnis ihrer seinerzeitigen Geschäftsanteile auch für die vom Gericht zweiter Instanz abgewiesenen Teilbeträge, weil sie auch innerhalb der letzten fünf Jahre vor Erlassung der zweiten Zahlungsaufforderung () als Gesellschafter im Firmenbuch verzeichnet waren.

Die klagende Partei hält im Revisionsverfahren nicht mehr an ihrer früheren - unzutreffenden - Ansicht fest, die Beklagten hätten für den gesamten Restbetrag solidarisch einzustehen. Sie beantragt daher auch nur die Wiederherstellung des Ersturteils abgesehen von seinen - mangels Anfechtung des Berufungsurteils - bereits rechtskräftigen Teilen. Dazu gehört auch die Abweisung des Solidarhaftungsbegehrens.

Der Revision ist somit Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41 und 50 ZPO. Soweit die klagende Partei in den Vorinstanzen den Ausspruch einer solidarischen Haftung der Beklagten begehrt hatte und damit unterlag, führt das zu keiner Kostenteilung. Das rechnerische Kostenergebnis folgt aus dem Spruch dieser Entscheidung. Nur der klagenden Partei steht ein Streitgenossenzuschlag von 10 % zu. Die wechselseitigen Kostenersatzansprüche im Verfahren zweiter Instanz sind zu saldieren (SZ 67/143).