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OGH vom 06.03.1973, 3Ob30/73

OGH vom 06.03.1973, 3Ob30/73

Norm

EO § 213;

EO § 214 Abs 2;

ZPO § 182;

Kopf

SZ 46/29

Spruch

Für die Berechnung der einzelnen in Beschwerde gezogenen Zuweisungen durch den Meistbotsverteilungsbeschluß sind mehrere Zuweisungen nur zusammenzurechnen, wenn sie in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen. Ansprüche verschiedener Gläubiger können ebensowenig zusammengerechnet werden wie Ansprüche eines einzelnen Gläubigers, wenn dessen Forderungen auf verschiedenen Rechtstiteln beruhen

Zwar ist ein nicht genügend individualisiert erhobener Widerspruch in der Regel nicht zu berücksichtigen, doch obliegt dem Richter gemäß § 182 ZPO die Pflicht zur Anleitung der Parteien zu einem entsprechenden Vorbringen bei mündlicher Anmeldung

Die Außerachtlassung zwingender Verfahrens- und von Amts wegen zu beachtender Verteilungsgrundsätze ist bei der Erledigung des Revisionsrekurses von Amts wegen wahrzunehmen

Gleichrangige Ansprüche sind nach dem Verteilungsgrundsatz des § 218 Abs. 1 EO mangels eines ausdrücklichen, eine andere Verteilung beinhaltenden Einverständnisses (§ 214 Abs. 2 LO) verhältnismäßig zu befriedigen. Dies gilt auch für verschiedene Ansprüche desselben Gläubigers

(KG Wels R 502/72; BG Bad Ischl E 2/71)

Text

Das Erstgericht verteilte mit Beschluß vom , GZ E 2/71-106, das Meistbot für die am versteigerte Liegenschafts EZ 104 KG L. Die Verteilungsmasse wurde mit 200.000 S (Meistbot) zuzüglich der Fruktifikatszinsen (in unbestimmter Höhe) ausgewiesen. Aus dem Kapitalsbetrag (200.000 S) erhielten zugewiesen (Punkt I): A. als Vorzugspost: die Stadtgemeinde Bad I 113.20 S. B. in der bücherlichen Randordnung: 1. die Volksbank Bad G reg. Genossenschaft mit beschränkter Haftung zur Berichtigung der in COZ 1 auf Grund der Krediturkunde vom "einverleibten Forderung" an Kapital und Zinsen insgesamt, 8587.44 A; 2. die genannte Volksbank weiters zur teilweisen Berichtigung der unter COZ 2 auf Grund der Schuld- und Pfandbestellungsurkunde vom bücherlich sichergestellte Forderung samt Nebengebühren

191.299.36 S. Mit ihrem Widerspruch gegen den 74.300 S übersteigenden Teil der Forderungsanmeldung" der Volksbank Bad G wurde der Verpflichtete auf den Rechtsweg verwiesen. Die Fruktifikationszinsen wurden verhältnismäßig auf die unter Punkt I angeführten Zuweisungsbeträge aufgeteilt (Punkt II).

Das Rekursgericht gab dem gegen diesen Verteilungsbeschluß erhobenen Rekurs des Verpflichteten nicht Folge.

Der Oberste Gerichtshof wies den Revisionsrekurs des Verpflichteten hinsichtlich eines Teilbetrages zurück; im übrigen gab er ihm Folge, hob die Beschlüsse der Unterinstanzen auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Gegen die Entscheidung über einen Rekurs, der gegen einen Verteilungsbeschluß bei der Zwangsversteigerung von Liegenschaften erhoben wurde, ist ein weiterer Rekurs nach § 239 Abs. 3 EÖ im allgemeinen auch dann zulässig, wenn das Gericht zweiter Instanz den angefochtenen erstrichterlichen Beschluß bestätigt hat. § 528 Abs. 1 Fall 1 ZPO gilt daher für diese Fälle nicht. Die Anfechtungsbeschränkung des § 528 Abs. 1 Fall 4 ZPO findet hingegen nach § 78 EO ohne Einschränkungen, daher auch ohne jene gemäß § 239 Abs. 3 EO auf derartige Meistbotsverteilungsbeschlüsse Anwendung. Letztere Bestimmung dehnt die Anfechtbarkeit nicht auf Fälle aus, in denen auf Grund besonderer Normen der Revisionsrekurs auch bei abweichenden Entscheidungen ausgeschlossen ist (SZ 16/34, SZ 24/30 und viele andere). Bei der Anwendung des § 528 Abs. 1 Fall 1 ZPO (Rekursausschluß bei einem Beschwerdewert unter 2000 S) kommt es nicht auf die Höhe des Meistbots an, wenn auch der Verteilungsbeschluß zur Gänze angefochten wird, sondern auf die Höhe der einzelnen in Beschwerde gezogenen Zuweisungen (ohne Berücksichtigung der Nebengebühren, SZ 20/202). Mehrere Ansprüche (Zuweisungen) sind nur zusammenzurechnen, wenn sie in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen (JBl. 56 neu = SZ 24/335). Es können grundsätzlich Ansprüche verschiedener Gläubiger nicht zusammengerechnet werden (ZBl. 1933 Nr. 68, JBl. 1957, 482), ebensowenig Ansprüche eines einzelnen Gläubigers, wenn dessen Forderungen auf verschiedenen Rechtstiteln beruhen (EvBl. 1967 Nr. 390). Letztere Grundsätze gelten auch für die Zuweisung an die Stadtgemeinde Bad I. Der zugewiesene Betrag liegt mit 113.20 S unter der Wertgrenze des § 528 Abs. 1 Fall 4 ZPO. Nach dieser Bestimmung ist daher die diesbezügliche Entscheidung des Rekursgerichtes unanfechtbar, der Revisionsrekurs somit in diesem Umfang als unzulässig zurückzuweisen (§ 526 Abs. 2 ZPO,§ 78 EO).

Soweit sich der Revisionsrekurs jedoch gegen die beiden Zuweisungen an die Volksbank Bad G reg. Genossenschaft mit beschränkter Haftung (8587.44 S und 191.299.36 S) richtet, ist er hingegen nach den vorstehenden Ausführungen zulässig. Er ist in diesem Umfang auch berechtigt.

Zunächst ist davon auszugehen, daß die Erteilung des Zuschlages rechtskräftig geworden ist. Es ist daher die wesentliche Voraussetzung für die Durchfuhrung des Verteilungsverfahrens gegeben (Heller - Berger - Stix, Komm. z. EO, 1431). Die weitläufigen Ausführungen im Revisionsrekurs, die im wesentlichen eine Bekampfung der Rechtswirksamkeit der Zuschlagserteilung darstellen, sind daher als Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Durchführung der Meistbotsverteilung nicht stichhältig.

Der Verpflichtete bringt weiters vor, das Erstgericht habe seinen Antrag auf Verlegung der Verteilungstagsatzung unerledigt gelassen. Darin kann, wie das Rekursgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, schon deshalb ein Verfahrensmangel nicht erblickt werden, weil der Verpflichtete bei dieser Tagsatzung gehörig vertreten war.

In seinen weiteren Ausführungen hebt der Verpflichtete Anspruch auf die Erträgnisse der versteigerten Liegenschaft (Zinseingänge ab ). Diese Nutzungen der Liegenschaft sind nicht Gegenstand des Verteilungsverfahrens. Das diesbezügliche Vorbringen ist daher unbeachtlich.

Berechtigung kommt dem Revisionsrekurs hinsichtlich der vom Verpflichteten im Verteilungsverfahren und in seinen Rechtsmitteln geltend gemachten Einwendungen gegen einen Teil der Ansprüche der Volksbank Bad G zu. Der Verpflichtete behauptete, bei den Anmeldungen der genannten Volksbank und den hierauf beruhenden Zuweisungen im Verteilungsbeschluß seien Zahlungen nicht berücksichtigt worden. Er erhob bei der Verteilungstagsatzung gegen die Berücksichtigung eines 174.300 S übersteigenden Betrages aus diesem Grund Widerspruch. Er wurde im Verteilungsbeschluß mit diesem Widerspruch auf den Rechtsweg verwiesen (§ 231 Abs. 1 EO). Bei der Verteilungstagsatzung wurde aber nicht darüber verhandelt und geklärt, ob und inwieweit sich der Widerspruch auf die erste oder die zweite Anmeldung der Volksbank Bad G bezogen hat. Die mangelnde Präzisierung des Widerspruches in diesem Sinne kann dem Verpflichteten nicht zum Nachteil gereichen. Ein nicht genügend individualisiert erhobener Widerspruch ist zwar in der Regel nicht zu berücksichtigen (Heller - Berger - Stix, Komm. z. EO, 1456; GerH 1918, 312, ZBl. 1918 Nr. 277), dem Erstrichter obliegt jedoch nach § 78 EO,§ 182 Abs. 1 ZPO die Pflicht zur Anleitung der Parteien zu einem entsprechenden Vorbringen bei mündlichen Anmeldungen. Es liegt daher ein erheblicher Verfahrensmangel im Sinn des § 213 Abs. 2 EO vor, der sich insofern auf den Verteilungsbeschluß auswirkte, als auch nicht ersichtlich ist, ob und inwieweit die Zuweisungen zu Punkt B 1 oder 2 vom Widerspruch betroffen sind und daher unbedingt oder bedingt (nach § 231 Abs. 1 EO) vorgenommen wurden. Diesbezüglich wäre ein klarer Ausspruch erforderlich gewesen weil es sich bei diesen beiden Zuweisungen um zwei verschiedene Ansprüche (auf Grund der Krediturkunde bzw. auf Grund der Schuld- und Pfandbestellungsurkunde) handelt und die hiefür begrundeten Pfandrechte gleichrangig sind. Gleichrangige Ansprüche sind nach dem Verteilungsgrundsatz des § 218 Abs. 1 EO, mangels eines ausdrücklichen, eine andere Verteilung beinhaltenden Einverstandnisses (§ 214 Absatz 2 EO) verhältnismäßig zu befriedigen. Dies gilt auch für verschiedene Ansprüche desselben Gläubigers (SZ 19/195, Heller - Berger - Stix, Komm. z. EO, 1494).

Die Außerachtlassung der erwähnten zwingenden Verfahrens- und von Amts wegen zu beachtenden Verteilungsgrundsätze war bei der Erledigung des Revisionsrekurses von Amts wegen wahrzunehmen. Der angefochtene Beschluß sowie der Verteilungsbeschluß des Erstgerichtes waren daher im Umfang der Zuweisungen an die Volksbank Bad G zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung aufzuheben. Das Erstgericht wird hierbei auch hinsichtlich des unter COZ 1 bücherlich sichergestellten Rechtes (Kredithypothek für einen Höchstbetrag) auf den Verteilungsgrundsatz des § 224 Abs. 2 EO Bedacht zu nehmen haben, wenn nicht ausdrücklich erklärt wird, daß das Kreditverhältnis bereits beendet ist. Im Fall einer neuerlichen Zuweisung zur Berichtigung einer aus dem Kreditverhältnis (COZ 1) entstandenen Forderung wird auch auszusprechen sein, ob die Forderung durch Barzahlung oder durch Übernahme berichtigt wird (§ 224 Abs. 1 letzter Satz EO). Schließlich wird das Erstgericht im Fall der neuerlichen Verweisung des Widerspruches des Verpflichteten auf den Rechtsweg zu beachten haben, daß die Entscheidung über den Widerspruch einen genauen Ausspruch darüber zu enthalten hat, auf welche Teile der zugewiesenen Gesamtforderung (Kapital, Zinsen oder Kosten) sich die Verweisung des Widerspruches auf den Rechtsweg bezieht.