OGH 24.11.1988, 6Ob23/88
Rechtssatz
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Normen | |
RS0006927 | Dem Geschäftsführer einer GmbH kommt im Verfahren zur amtswegigen Löschung nach den §§ 124, 144 FGG keine Beteiligtenstellung und kein Rekursrecht zu. |
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als Richter in der Handelsregistersache der zu HRB 27.868 des Handelsgerichtes Wien eingetragenen Verhältnisse der O*** Handelsgesellschaft mbH (vormals K*** L*** Handelsgesellschaft mbH), wegen amtswegiger Löschung mehrerer in das Handelsregister eingetragener Beschlüsse nach den §§ 144 Abs.2 und 142 FGG infolge der Rekurse 1.) der K*** H*** Z*** AG, Zug, Baarerstraße 57, und 2.) des Dkfm. Peter K***, Kaufmann, Wien 19., Jessengasse 6, beide vertreten durch Dr. Walter Schuppich, Dr. Werner Sporn, Dr. Michael Winischhofer und Dr. Martin Schuppich, Rechtsanwälte in Wien, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom , GZ 6 R 36/88-41, womit der Rekurs der Rechtsmittelwerber gegen die Beschlüsse des Handelsgerichtes Wien zu 7 HRB 27.868 a vom über die Benachrichtigung von der beabsichtigten Löschung (ON 36) und vom über die Anordnung der Löschung (ON 38) zurückgewiesen wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Weder dem Rekurs der K*** H*** Z*** AG, noch dem Rekurs des Dkfm. Peter K*** wird stattgegeben.
Text
Begründung:
Ein Diplomkaufmann und eine Gesellschaft mbH errichteten mit dem Gesellschaftsvertrag vom (samt Nachtrag vom ) eine Gesellschaft mbH mit dem Sitz in Wien und einer aus dem Firmennamen, der auch in der Firma der Gründungsgesellschafterin enthalten war, dem Wort L*** und der Bezeichnung Handelsgesellschaft mbH gebildeten Firma; gesellschaftsvertraglich festgelegter Unternehmensgegenstand sollte unter anderem die Vermittlung und Vergabe von Lizenzen an Patent-, Marken- und sonstigen gewerblichen Schutzrechten, insbesondere an solchen der Gründungsgesellschafterin oder einer schweizerischen H*** Gesellschaft sein. Zum Geschäftsführer wurde ein Diplomingenieur bestellt. Auf Grund einer von diesem vorgenommenen Anmeldung wurde die Gesellschaft in das vom Erstgericht geführte Handelsregister eingetragen. Unmittelbar nach Abschluß des Eintragungsverfahrens teilte der Geschäftsführer dem Registergericht mit, daß die Gründungsgesellschafterin nunmehr Alleingesellschafterin der neu gegründeten Gesellschaft mbH sei. Daran änderte sich nach der Aktenlage bis zu der am beschlossenen Eröffnung des Ausgleichsverfahrens über das Vermögen der Alleingesellschafterin nichts. Diese hatte lediglich ihre Firma geändert.
Als Alleingesellschafterin beschloß sie am die Abberufung des seit Eintragung der Gesellschaft bestellten Diplomingenieurs als Geschäftsführers und die Bestellung des Diplomkaufmanns, der Vertragspartei des Gesellschaftsvertrages aus dem Jahre 1980 gewesen war, zum neuen Geschäftsführer. Dieser Geschäftsführerwechsel wurde im Sinne der Eintragungsverfügung vom am in das Handelsregister eingetragen.
Am hielt der mehrfach erwähnte Diplomkaufmann in seiner Eigenschaft als allein zeichnungsberechtigtes Mitglied des Verwaltungsrates der im Gesellschaftsvertrag bei der Umschreibung des Unternehmensgegenstandes erwähnten schweizerischen H*** Gesellschaft eine außerordentliche Generalversammlung mit der zu Protokoll erklärten Behauptung ab, diese schweizerische H*** Gesellschaft vertrete das gesamte Stammkapital der Gesellschaft mbH. Gegenstand des Gesellschafterbeschlusses war eine Satzungsänderung im Sinne einer Sitzverlegung von Wien nach Perchtoldsdorf. Diese Satzungsänderung wurde im Sinne der Eintragungsverfügung vom am unter der laufenden Nummer 6 in das Handelsregister eingetragen. Das zunächst vom Registergericht ungeprüft übernommene Vorbringen des Diplomkaufmanns, die schweizerische H*** Gesellschaft sei - als Übernehmerin des 100 %-Geschäftsanteiles der (insolvent gewordenen) Gründungsgesellschafterin - alleinige Gesellschafterin, wurde in der Folge durch Vorlage einer Ausfertigung des am errichteten Notariatsaktes über die Abtretung des Geschäftsanteiles urkundlich belegt. Danach hatte der Diplomkaufmann den Abtretungsvertrag in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Alleingesellschafterin einerseits und als Mitglied des Verwaltungsrates der schweizerischen H*** Gesellschaft andererseits in organschaftlicher Doppelvertretung abgeschlossen. Eine Mitwirkung des Ausgleichsverwalters an dieser Abtretung ist urkundlich nicht nachgewiesen und wurde auch nicht behauptet. Am hatte die nach der Aktenlage damals unbestrittene Alleingesellschafterin durch den Diplomkaufmann als ihren Geschäftsführer eine Änderung der Firma (im Gleichklang mit der geänderten Firma der Alleingesellschafterin) und eine Änderung des Firmengegenstandes beschlossen. Diese Satzungsänderungen meldeten die am bestellten beiden Geschäftsführer in einer zwar mit diesem Tag datierten, aber erst am beim Registergericht eingelangten Eingabe zur Eintragung in das Handelsregister an. Zur Zeit des Einlangens dieser Anmeldung waren die beiden Anmeldenden nicht mehr Geschäftsführer. Im Sinne der Eintragungsverfügung vom wurden die angemeldeten Satzungsänderungen noch am selben Tag unter der fortlaufenden Nummer 7 in das Handelsregister eingetragen.
Am wurde über das Vermögen der langjährigen Alleingesellschafterin der Anschlußkonkurs eröffnet. Am schlossen der Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der langjährigen Alleingesellschafterin mit dem Diplomingenieur, der der erste Geschäftsführer der Gesellschaft gewesen war, einen Vertrag über die Abtretung des 100 %igen Geschäftsanteiles an der eingetragenen Gesellschaft mbH. Als Übernehmer dieses Geschäftsanteiles beschloß der Diplomingenieur noch am selben Tag, den Diplomkaufmann als Geschäftsführer abzuberufen und sich selbst an seiner Statt zum Geschäftsführer zu bestellen. Er meldete auch diesen Geschäftsführerwechsel zur Eintragung in das Handelsregister an. Gleichzeitig teilte er dem Registergericht seine Ansicht mit, daß der Vertrag über die Abtretung des Gesellschaftanteiles durch die damals im Ausgleich befindliche Gründungsgesellschafterin an die schweizerische H*** Gesellschaft mangels Mitwirkung des Ausgleichsverwalters unwirksam und der Beschluß vom über einen Sitzwechsel damit nicht durch den wahren Alleingesellschafter, sondern durch einen Nicht-Gesellschafter gefaßt worden sei.
Das Registergericht trug im Sinne der Eintragungsverfügung vom am folgenden Tag den Geschäftsführerwechsel in das Handelsregister ein. Die Eintragungsverfügung wurde dem abberufenen Geschäftsführer am zugestellt. Der Beschluß blieb unangefochten.
Am gab das Registergericht seine Absicht bekannt, die unter den fortlaufenden Nummern 5, 6 und 7 vorgenommenen Registereintragungen im Hinblick auf die am erfolgte Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der langjährigen Alleingesellschafterin von Amts wegen zu löschen, und bestimmte die Frist für einen allfälligen Widerspruch mit 14 Tagen. Die Bekanntmachung dieser Löschungsabsicht wurde der betroffenen Gesellschaft am zu Handen des Gesellschafters zugestellt, der die Geschäftsanteile vom Masseverwalter erworben und sich daraufhin selbst zum Geschäftsführer bestellt hatte, und am zu Handen des Diplomkaufmanns, dessen Bestellung auf einen Beschluß der schweizerischen H*** Gesellschaft als Alleingesellschafterin beruht. Die 14-tägige Widerspruchsfrist verstrich ungenützt. Mit dem Beschluß vom ordnete das Registergericht die Löschung der unter den fortlaufenden Nummern 6 und 7 erfolgten Eintragungen über die Sitzverlegung, die Firmenänderung und die Änderung des Unternehmensgegenstandes an. Die Zustellung dieses Löschungsbeschlusses erfolgte am an den Vertreter des Diplomingenieurs, an den Diplomkaufmann sowie an den Masseverwalter im Konkurs der seinerzeitigen Alleingesellschafterin. Die schweizerische H*** Gesellschaft und der Diplomkaufmann führten in einer gemeinsamen, anwaltlich verfaßten Eingabe einerseits einen Widerspruch gegen die inzwischen beschlossene Löschung und andererseits einen Rekurs aus, der nach seinen Ausführungen und seinem Rechtsmittelantrag eindeutig gegen die Löschungsanordnung gerichtet ist.
Das Rekursgericht wies diese Rechtsmittel zurück. Dazu führte das Rekursgericht aus, als Anfechtung der Bekanntgabe einer von Amts wegen beabsichtigten Löschung sei der Rekurs unzulässig, weil gegen die Löschungsankündigung unter Ausschluß sonstiger Rechtsbehelfe nur der Widerspruch offenstünde. Die schweizerische H*** Gesellschaft wäre als Gesellschafterin nicht antrags- und rekursberechtigt, ein Widerspruch des Diplomkaufmanns als Geschäftsführers aber verspätet. Zur Anfechtung der Löschungseintragung selbst sei die schweizerische H*** AG nicht berechtigt, weil ihr als Gesellschafterin in dem die Gesellschaft betreffenden Registerverfahren grundsätzlich nur wirtschaftliche, aber keine rechtlich geschützten eigenen Interessen und damit keine Beteiligtenstellung mit Rechtsmittelbefugnis im Sinne des § 9 AußStrG zuzubilligen wären. Dagegen anerkannte das Rekursgericht zwar die grundsätzliche Rechtsmittelbefugnis des Diplomkaufmanns in der von ihm in Anspruch genommenen Eigenschaft als eines Geschäftsführers der Gesellschaft mbH, verneinte aber mit Rücksicht auf den Registerstand das Anfechtungsrecht, weil der Diplomingenieurs die Eintragung der Löschung des Rekurswerbers als Geschäftsführers im Handelsregister erwirkt und dieser die Eintragungsverfügung nicht bekämpft habe. Die Übertragung des 100 %igen Geschäftsanteiles durch die Ausgleichsschuldnerin an die schweizerische H*** Gesellschaft sei im Sinne des § 8 Abs.3 AusglO unwirksam, damit fehle dem nunmehrigen Rechtsmittelwerber (der durch die schweizerische H*** AG zum Geschäftsführer bestellt worden sei) das rechtliche Interesse und die Rekursberechtigung im anhängigen Verfahren zur amtswegigen Löschung von Gesellschafterbeschlüssen.
Gegen den rekursgerichtlichen Zurückweisungsbeschluß erheben sowohl die schweizerische H*** Gesellschaft als auch der von dieser bestellte Geschäftsführer Rekurs.
Rechtliche Beurteilung
In dem auf die Frage ihrer Rekursbefugnis beschränkten Rechtsmittelverfahren sind beide Rechtsmittelwerber, denen das Rekursgericht die Rechtsmittelbefugnis abgesprochen hat, zur Anfechtung berechtigt.
Dem Rekurs der schweizerischen H*** Gesellschaft kommt aber im Sinne der vom Rekursgericht zitierten ständigen Rechtsprechung (NZ 1986, 134 ua) keine Berechtigung zu. Der Gesellschafter übt seine aus der Beteiligung an der Gesellschaft mbH entspringenden Interessen nach dem Gesellschaftsvertrag und dem Gesetz in dieser aus. Das gilt uneingeschränkt auch für einen Alleingesellschafter. Solcherart zustandegekommene Beschlüsse oder doch wenigstens mit dem äußeren Anschein von Gesellschafterbeschlüssen nach außen in Erscheinung getretene Erklärungen sind im Verhältnis zwischen der Gesellschaft und ihren Rechtsgeschäftspartnern oder sonstigen Rechtssubjekten, mit denen die Gesellschaft in rechtliche Beziehungen geraten könnte, als Willenserklärung der Gesellschaft zu werten. Soweit Eintragungen in das Handelsregister keine andere Aufgabe erfüllen, als Dritten jene Gesellschaftsverhältnisse bekanntzumachen, die für ihre rechtlichen Beziehungen zur Gesellschaft von Belang sein könnten, ist nur ein rechtliches Interesse der Gesellschaft selbst an der Aufrechterhaltung einer diesbezüglichen Handelsregistereintragung offenkundig. Diese Erwägungen treffen auch im anhängigen Verfahren zur amtswegigen Löschung von Gesellschafterbeschlüssen voll zu.
Dem Rekurs der schweizerischen H*** Gesellschaft gegen die Zurückweisung ihres Rekurses war daher ein Erfolg zu versagen. Zur Rekursberechtigung des als Geschäftsführer auftretenden Diplomkaufmanns ist festzuhalten:
Die Rechtsprechung hat zwar im allgemeinen dem Geschäftsführer einer Gesellschaft mbH im Registerverfahren über Eintragungen von Verhältnissen der Gesellschaft in das Handelsregister selbst dann eine selbständige Rechtsmittelbefugnis versagt, wenn die Eintragung eine Verneinung seiner Vertretungsbefugnis betraf (NZ 1985, 152 = GesRZ 1984, 219 ua). Eine selbständige Rekursberechtigung des Geschäftsführers wurde allerdings in jenen Fällen anerkannt, in denen die Eintragung von Verhältnissen der Gesellschaft in das Handelsregister abgelehnt wurde, die der Geschäftsführer in persönlicher Verpflichtung (§ 51 Abs.1 GmbHG) zur Eintragung angemeldet hatte (SZ 52/41 ua). Im Verfahren nach dem Amtslöschungsgesetz wurde die Rekursberechtigung des Geschäftsführers einer Gesellschaft mbH mit der im § 2 Abs.2 des genannten Gesetzes enthaltenen Verfahrensregelung begründet, daß das Gericht die Löschungsabsicht "den gesetzlichen Vertretern der Gesellschaft" bekanntzumachen hat (HS 11.669). Vom Sonderfall des § 2 Abs.2 Amtslöschungsgesetz läßt sich nichts auf die allgemeinen Fälle nach dem Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit übertragen. In den Fällen der §§ 142 und 144 FGG ist bei der Beurteilung der Beteiligtenstellung und der Rechtsmittelbefugnis gemäß § 9 AußStrG von dem allgemeinen Grundsatz auszugehen, daß an der Aufrechterhaltung der eine Gesellschaft mbH betreffenden Handelsregistereintragungen nur der Gesellschaft selbst ein rechtliches Interesse zuzubilligen ist, nicht auch einzelnen Organen dieser juristischen Person. Eine der Anmeldungspflicht vergleichbare Verpflichtung des Geschäftsführers zur Ergreifung aller denkbaren Rechtsbehelfe zwecks Aufrechterhaltung von Eintragungen, in Ansehung derer das Registergericht eine Löschung beabsichtigt oder verfügt hat, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Es fehlt auch an einer dem § 2 Abs.2 AmtsLG vergleichbaren Verfahrensbestimmung, die einen Schluß auf eine selbständige Beteiligtenstellung des Geschäftsführers rechtfertigen könnte. Die Rekursberechtigung des sich auf seine aufrechte organschaftliche Stellung als Geschäftsführer berufenden Einschreiters durfte zwar nicht schon deshalb verneint werden, weil der Rechtsmittelwerber die Eintragungsverfügung zur Löschung seiner Vertretungsbefugnis als Geschäftsführer unbekämpft gelassen hat. Im Verhältnis zur Gesellschaft, aber auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht gilt die tatsächlich bestehende Organschaft unabhängig von einer etwa abweichenden Registereintragung. Aus den dargelegten Erwägungen hat das Rekursgericht aber im Ergebnis zu Recht die Rechtsmittelbefugnis des Geschäftsführers verneint. Auch dem Rekurs des von der schweizerischen H*** Gesellschaft zum Geschäftsführer bestellten Diplomkaufmanns war daher ein Erfolg zu versagen.
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:1988:0060OB00023.88.1124.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
FAAAD-57435