OGH vom 30.06.1994, 6Ob588/94
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Redl, Dr.Kellner und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Michaela H*****, vertreten durch Dr.Heinz Napetschnig und Dr.Renate Studentschnig, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Daniela W*****, vertreten durch Dr.Ferdinand Lanker und Mag.Eva Wiedenig, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen Aufkündigung, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgerichtes vom , GZ 2 R 85/94-18, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Völkermarkt vom , GZ 2 C 1837/92m-14, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Die Klägerin kündigte als Eigentümerin des Hauses ***** der Beklagten das in diesem Haus gemietete Geschäftsobjekt mit der Begründung auf, die Beklagte weigere sich, die auf den Nettomietzins entfallende Umsatzsteuer zu zahlen; sie befinde sich daher mit ihren Zinszahlungen im Rückstand.
Die Beklagte wandte ein, es sei ein Pauschalmietzins vereinbart, es bestehe kein Zinsrückstand.
Das Erstgericht hob die Aufkündigung (ohne ausdrückliche Abweisung auch des gestellten Räumungsbegehrens) unter Zugrundelegung folgender wesentlicher Feststellungen ab:
Das aufgekündigte Geschäftslokal war mit Mietvertrag vom an die Post- und Telegraphenverwaltung vermietet. Der Vater der Klägerin hatte diese als Vermieter nie aufgefordert, Umsatzsteuer vom vereinbarten Mietzins zu zahlen. Dem am zwischen dem Vater der Klägerin und der Beklagten abgeschlossenen Mietvertrag gingen Gespräche voraus, in welchen hinsichtlich des Mietzinses darüber gesprochen wurde, daß der Beklagten das Geschäftsobjekt zu denselben Bedingungen wie der Vormieterin, der Post- und Telegraphenverwaltung, vermietet werden sollte. Über die Umsatzsteuer wurde weder bei den Vorgesprächen noch beim Abschluß des Mietvertrages gesprochen. Die Klägerin, die als Rechtsnachfolgerin ihres Vaters in den Mietvertrag eingetreten ist, forderte die Beklagte erstmals im August 1991 auf, auf den Mietzins entfallende Umsatzsteuer zu zahlen.
Nach dem Mietvertrag beträgt der - wertgesicherte - Mietzins monatlich S 6.700, aufgewertet nunmehr S 7.413. Der monatliche Gesamtmietzins ist im voraus bis 10. jeden Monates zu zahlen. Die Mieterin hat überdies die für das Mietobjekt anfallenden Kanal-, Wasser- Strom- und Müllabfuhrgebühren zu tragen.
Rechtlich führte das Erstgericht aus, die Klägerin könne von der Beklagten die Entrichtung einer Umsatzsteuer vom Mietzinsbetrag nicht verlangen, weil im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses die Möglichkeit der Überwälzung der Umsatzsteuer auf den Mieter bestanden habe, eine solche Überwälzung aber nicht vereinbart worden sei. Es bestehe daher kein Zinsrückstand, so daß die Aufkündigung aufzuheben sei.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge, hob das Urteil des Erstgerichtes auf und trug diesem eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf:
Der Oberste Gerichtshof habe in zwei älteren Entscheidungen (veröffentlicht in MietSlg 35.161 und 37.295/24) den Standpunkt vertreten, daß der Vermieter, der schon bei Abschluß des Mietvertrages berechtigt gewesen wäre, die Umsatzsteuer offen auf den Mieter zu überwälzen, eine solche Überwälzung aber mit dem Mieter nicht vereinbart habe, die Umsatzsteuer vom Mietzins nicht begehren könne, weil dieser dann ein "Bruttopreis" sei, der auch die Umsatzsteuer enthalte. In der jüngsten Entscheidung vom , 5 Ob 503/91 (SZ 64/33 = WoBl 1991/87 mit zustimmender Anmerkung von Würth) sei der Oberste Gerichtshof in Ablehnung der zitierten älteren Rechtsprechung zu dem Ergebnis gelangt, daß der Begriff "Pauschalmietzins" nicht ohne weiteres mit dem auch Umsatzsteuer enthaltenden Begriff des "Bruttomietzinses" gleichzusetzen sei und bei der geltenden Rechtslage (§ 15 Abs 2 MRG) die Einbeziehung der Umsatzsteuer in den vertraglich festgelegten Mietzins nur bei ausdrücklicher Vereinbarung und nicht umgekehrt anzunehmen sei. Das Berufungsgericht schließe sich dieser Rechtsansicht an. Eine ausdrückliche Vereinbarung , daß im Gesamtmietzins die Umsatzsteuer enthalten sei, fehle hier, so daß der Klägerin Umsatzsteuer zustehe. Mangels Feststellungen über die Höhe des bestehenden Rückstandes und eines allfälligen Verschuldens sei das Verfahren aber noch nicht spruchreif.
Das Berufungsgericht sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs mangels einheitlicher Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
Dem Rekurs der Beklagten kommt keine Berechtigung zu.
In der Entscheidung 5Ob 503/91 wurde in Übereinstimmung mit der Lehre (Würth-Zingher Wohnrecht Rz 4 zu § 15 MRG) ausführlich dargelegt, daß die Anrechnung der Umsatzsteuer kraft Gesetzes erfolgt und aus der Verwendung des Begriffes "Pauschalmietzins" im Mietvertrag noch nicht auf die Vereinbarung eines Bruttomietzinses inklusive Umsatzsteuer gesprochen werden könne, die Einbeziehung der Umsatzsteuer in den vertraglich festgelegten Mietzins vielmehr nur bei ausdrücklicher Vereinbarung der Parteien anzunehmen sei. Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsansicht aus den in dieser Entscheidung dargelegten Gründen, insbesondere aufgrund der eindeutigen gesetzlichen Regelung in § 15 Abs 2 MRG an. Im vorliegenden Fall wurde im Mietvertrag nicht einmal der Begriff "Pauschalmietzins" verwendet, sondern lediglich "der Mietzins" und die Fälligkeit "des Gesamtmietzinses" - die Beklagte hat auch im einzelnen angeführte für das Mietobjekt anfallende Gebühren zu tragen - festgelegt. Eine gesonderte, vom Gesetz abweichende Regelung wurde nicht getroffen.
Der Rekurs mußte daher erfolglos bleiben.
Der Ausspruch über den Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.
Fundstelle(n):
AAAAD-57201