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OGH vom 19.01.1972, 1Ob343/71

OGH vom 19.01.1972, 1Ob343/71

Norm

KO § 102;

KO § 104;

KO § 106;

KO § 156;

Kopf

SZ 45/5

Spruch

Es ist nicht Sache des Konkursgerichtes zu beurteilen, welcher Rang einer Forderung zukommt; es hat vielmehr der Gläubiger einen bestimmten Rang, der sodann zu prüfen ist, geltend zu machen

Die Bestätigung des Zwangsausgleiches ist eine gerichtliche Entscheidung, die den Gemeinschuldner berechtigt, seine Verbindlichkeiten nur mehr nach dem Inhalt des Zwangsausgleiches zu erfüllen. Wer eine Forderung erster Klasse nur in der dritten Klasse anmeldete, muß dann auch die Konsequenzen daraus tragen

Die Forderungsanmeldung im Konkursverfahren ist eine Prozeßhandlung, die nicht wegen Willensmängeln angefochten werden kann

(OLG Wien 5 R 86/71; LGZ Wien 15 Cg 324/70)

Text

Die Klägerin war seit 1947 bei der Firma A und seit bei der Firma A GmbH, die die Firma A mit diesem Tag gekauft hatte, beschäftigt und hatte zuletzt Kunden in W und Umgebung zu betreuen. Sie bekam einen normalen Gehalt und hatte darüber hinaus Anspruch auf Spesenersatz. Ihr Dienstverhältnis wurde zum gekundigt.

Am brachte die durch den Rechtsanwalt Dr Paul M vertretene Klägerin beim Arbeitsgericht Wien gegen die Firma A GmbH eine Klage auf Bezahlung von S 34.646.90 sA mit der Begründung ein, sie habe seit Oktober 1966 keinen Spesenersatz erhalten, wofür ihr S

20.312.90 zustunden, außerdem der aliquote Anteil am 13. und 14. Monatsgehalt in der Höhe von S 1776.-, Wohnungsbeihilfe von S 30.- und von der Abfertigung für neun Monate ein fälliger Teilbetrag für drei Monate in der Höhe von S 12.438.- zuzüglich S 90.- Wohnungsbeihilfe. Mit rechtskräftigem Versäumungsurteil vom wurde die Firma A GmbH zur Bezahlung von S 20.432.90 netto und S 14.214.- brutto sA verurteilt. Das eingeleitete Exekutionsverfahren wurde mit Beschluß des BG Schrems vom gemäß § 10 Abs 1 AO eingestellt, weil mit Beschluß des HG Wien vom das Ausgleichsverfahren eröffnet worden war.

Am meldete die durch Dr Paul M vertretene Klägerin unter gleichzeitiger Vollmachtsvorlage im Ausgleichsverfahren eine Forderung von insgesamt S 62.341.31 an. Zu den Beträgen, zu deren Zahlung die Firma A GmbH vom Arbeitsgericht Wien verurteilt worden war, kamen die Prozeß- und Exekutionskosten sowie die Abfertigung und Wohnungsbeihilfe für weitere sechs Monate. Von den angemeldeten Beträgen bezeichnete die Klägerin S 20.432.90 als Ersatz ihrer Barauslagen (Spesen) und S 18.000.- gemäß § 23 Z 3 AO, insgesamt also S 38.432.90, als bevorrechtet und zur Gänze zu befriedigen.

Weiter heißt es in der Forderungsanmeldung: "Für den Rest von S

23.908.41 beantrage ich, mir das Stimmrecht zu erteilen. Für den Fall eines nachfolgenden Konkurses beantragen wir Feststellung dieser Forderung in der dritten Klasse der Konkursgläubiger (§ 102/2 KO)." Bei der Ausgleichstagsatzung vom wurden S

38.432.90 als bevorrechtete Forderungen und S 23.908.41 als Quotenforderung von der Schuldnerin und der Ausgleichsverwalterin Dr Augustine L anerkannt. Dem am abgeschlossenen Ausgleich wurde jedoch mit Beschluß des HG Wien vom die Bestätigung versagt.

Mit Beschluß des HG Wien vom wurde über das Vermögen der Firma A GmbH der Anschlußkonkurs eröffnet. Am selben Tage beantragte die Gemeinschuldnerin einen Zwangsausgleich, wonach die Gläubiger dritter Klasse nur eine Quote von 20% erhalten sollten. In das Anmeldungsverzeichnis wurde die Gesamtforderung der Klägerin für "Abfertigung" in der Höhe von S 62.341.31 unter Post Nr 5 als in der dritten Klasse begehrt eingetragen und bei der Prüfungstagsatzung vom auch als Forderung der dritten Klasse festgestellt. Für diese Tagsatzung hatte Dr Paul M den Kreditschutzverband N substituiert; dieser war vorerst gemäß § 38 ZPO zugelassen worden, jedoch wurde die Substitutionsvollmacht vom fristgerecht nachgereicht. Der Kreditschutzverband N stimmte bei der an die Prüfungstagsatzung unmittelbar anschließenden Zwangsausgleichstagsatzung mit der gesamten Forderung der Klägerin von S 62.341.31 für den Zwangsausgleich. Mit Beschluß des Handelsgerichtes vom wurde der Zwangsausgleich bestätigt. Die Klägerin hat von der Firma A GmbH nur 20% der angemeldeten Forderung von S 62.341.31 erhalten.

Gestützt auf die Behauptung, Dr Paul M sei durch die Formulierung seiner Anmeldung und Unterlassung persönlicher Teilnahme an der Zwangsausgleichstagsatzung ein Kunstfehler unterlaufen, als dessen Folge sie die S 38.432.90 nicht, wie es ihr zugestanden sei, zur Gänze, sondern nur 20% hievon erhalten habe, begehrt die Klägerin von der beklagten Partei (Verlassenschaft nach Dr Paul M) die Bezahlung ihres Schadens von S 30.746.32 sA. In der Tagsatzung vom brachte die Klägerin vor, sie habe der beklagten Partei mit Schreiben vom angeboten, ihr entweder alle Ansprüche gegen die Masse abzutreten, wenn sie die Klägerin hinsichtlich der geltend gemachten Ansprüche befriedige bzw der beklagten Partei Vollmacht zu erteilen, im Namen der Klägerin, aber auf Rechnung und Gefahr der beklagten Partei, die der Klägerin gegenüber der Masse bzw der Gemeinschuldnerin zustehenden Rechte durchzusetzen.

Die beklagte Partei wendete ein, die Anmeldung der Forderung in der dritten Klasse habe sich nur auf die S 23.809.90 bezogen; die Gemeinschuldnerin habe die Schädigung der Klägerin bewußt veranlaßt; der allfällige Erklärungsfehler Dris Paul M habe dem Masseverwalter, dem Konkurskommissär und der Gemeinschuldnerin auffallen müssen. Die Klägerin habe aber auch keine geeigneten Schritte unternommen, um den ihr allenfalls drohenden Schaden abzuwenden; sie hätte im Exekutionsweg die bevorrechtete Forderung einbringlich machen müssen. Dr Paul M habe im übrigen mit dem Kreditschutzverband N erfahrene Fachleute um Substitution ersucht; er habe nicht voraussehen können, daß der Kreditschutzverband einer unrichtigen Feststellung der richtig angemeldeten Forderung nicht entgegentreten würde.

Der Kreditschutzverband N, der sich als Nebenintervenient auf Seite der beklagten Partei am Verfahren beteiligte, bestritt auch noch, daß es sich bei den S 20.432.90 um Barauslagen gehandelt habe.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und stellte fest, daß es sich bei den S 20.432.90 tatsächlich um Barauslagen der Klägerin für die Firma A GmbH, gehandelt habe. Dr Paul M sei mit der undeutlichen Ausfüllung des Forderungsanmeldungsformulares ein Kunstfehler unterlaufen, der den Schaden der Klägerin zur Folge gehabt habe. Auf Grund des rechtskräftigen Zwangsausgleiches sei die Klägerin nachträglich nicht mehr in der Lage, die Feststellung im Anmeldungsverzeichnis zu bekämpfen; sie könne daher von ihrem Exekutionstitel nach Erfüllung des Zwangsausgleiches durch die Gemeinschuldnerin nicht Gebrauch machen. Die Gemeinschuldnerin habe auch nicht dolos gehandelt. Wenn Dr Paul M für die Klägerin seine Forderung zur dritten Klasse angemeldet habe, könne nicht behauptet werden, die Gemeinschuldnerin sei es gewesen, die eine Schädigungshandlung vorgenommen habe.

Das Berufungsgericht änderte nach Außerstreitstellung, daß ein Teil jener Forderungen, die im Ausgleichsverfahren als bevorrechtet angemeldet und anerkannt wurden, vor dem Arbeitsgericht Wien geltend gemacht wurde und hierüber mit Versäumungsurteil erkannt wurde, wobei der Exekutionstitel des Arbeitsgerichtes Wien die hier geltend gemachte Forderung decke, das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß es das Klagebegehren abwies. Habe der Gläubiger gegen den Gemeinschuldner einen anderen Titel neben dem aus der Eintragung in das Anmeldungsverzeichnis, könne er - so führte das Berufungsgericht aus - nach Konkursaufhebung nach seiner Wahl auch auf Grund des anderen Titels Zwangsvollstreckung führen. Hinsichtlich der Wirkungen des Ausgleiches würden allerdings zum Teil abweichende Ansichten vertreten. Durch den Ausgleich werde ein früher bestandener Titel so weit vernichtet, als nach dem Inhalt des Ausgleiches Exekutionen bewilligt werden könne; dies gelte insbesondere auch für bevorrechtete Forderungen. Auch hinsichtlich dieser Forderungen werde durch die weder vom Schuldner noch vom Ausgleichsverwalter bestrittene Eintragung in das Anmeldungsverzeichnis ein Exekutionstitel geschaffen, der jedem älteren Exekutionstitel seine Wirksamkeit nehme. Diese Überlegungen könnten jedoch auf einen Zwangsausgleich nicht Anwendung finden, weil dem Zwangsausgleich eine dem § 53a AO vergleichbare Bestimmung fremd sei. Der gerichtlich bestätigte Zwangsausgleich äußere keine Wirkungen hinsichtlich des Forderungsbestandes. Er bilde einen Exekutionstitel überhaupt nur in Verbindung mit der Prüfungstabelle oder einem sonstigen Exekutionstitel. Ein bereits bestehender Exekutionstitel bleibe daher in seiner Wirksamkeit unberührt. Die Klägerin könne daher nach wie vor auf Grund des vor dem Arbeitsgericht Wien geschaffenen Exekutionstitels das Exekutionsverfahren gegen die Firma A GmbH, fortsetzen und insoweit Befriedigung erlangen, als ihre bevorrechteten und damit vom Zwangsausgleich unberührt gebliebenen Forderungen noch nicht befriedigt worden seien. Der Klägerin sei daher ein Schaden durch die verfehlte Anmeldung nicht entstanden.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin Folge und änderte das Urteil des Berufungsgerichtes dahin ab, daß er das Urteil des Erstgerichtes wiederherstellte.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Bei der rechtlichen Beurteilung des Sachverhaltes ist davon auszugehen, daß die Forderungen der Klägerin, die sie im Ausgleichsverfahren als bevorrechtet iS des § 23 Z 3 und 4 AO in der Höhe von S 38.432.90 angemeldet hatte, im Anschlußkonkursverfahren Forderungen erster Klasse nach § 51 Abs 1 Z 2 und 3 KO gewesen wären. Die bloße Tatsache der Anmeldung der bevorrechteten Forderungen im Ausgleichsverfahren hatte aber noch nicht zur Folge, daß diesen Forderungen auch im Anschlußkonkursverfahren automatisch bereits die Qualifikation als Konkursforderung erster Klasse zukam. Die Bestimmung des § 102 Abs 2 KO besagt vielmehr, daß dann, wenn ein Konkurs als Anschlußkonkurs eröffnet wird, die im vorangegangenen Ausgleichsverfahren angemeldeten Forderungen (nur dann) auch im Konkurs als angemeldet gelten, wenn in der Anmeldung die vom Gläubiger für den Fall eines nachfolgenden Konkurses in Anspruch genommene Rangordnung angegeben wird. Eine Forderungsanmeldung im Ausgleichsverfahren ist also im Anschlußkonkursverfahren nur zu berücksichtigen, wenn eine entsprechende Erklärung in der Anmeldung der Forderung zum Ausgleichsverfahren enthalten ist; selbstverständlich ist es aber auch, daß die Forderung auch nur in dem für das Konkursverfahren in Anspruch genommenen Rang als angemeldet gelten kann. Der Konkursgläubiger hat nämlich zwar einen Konkursteilnahmeanspruch, ein Zwang zur Geltendmachung dieses Anspruches besteht aber nicht (SZ 31/30). Wenn ein Gläubiger am Konkursverfahren teilnimmt, ist es dann aber auch seine Sache, welchen Rang er für seine Forderung in Anspruch nimmt. Es ist also nicht Aufgabe des Gerichtes, von Amts wegen zu beurteilen, welcher Rang einer Forderung zukommt, sondern der Gläubiger hat einen bestimmten Rang, der sodann zu prüfen ist, geltend zu machen. Gemäß § 106 Abs 1 KO steht ihm nur das Recht zu, bis zum Schluß der Prüfungsverhandlung für seine angemeldete Forderung noch einen anderen - auch besseren - Rang in Anspruch zu nehmen. Er kann aber auch seine Forderungsanmeldung zurücknehmen und die Forderung neu anmelden, ohne daß darin ein Anspruchsverzicht erblickt werden könnte (SZ 31/30; Lehmann I, 597, 611 und die dort zitierte Denkschrift zur Einführung einer Konkursordnung, einer Ausgleichsordnung und einer Anfechtungsordnung 96).

Es mag nun richtig sein, daß die von Dr Paul M für die Klägerin in der Forderungsanmeldung zum Ausgleichsverfahren abgegebene Erklärung wegen ihrer Undeutlichkeit mißverstanden wurde und unter "dieser Forderung" nur die zuletzt angegebene nicht bevorrechtete Forderung von S 23.908.41 verstanden hätte werden sollen. Da Dr Paul M dann aber, der Vorschrift des § 102 Abs 2 KO widersprechend, überhaupt keine Rangordnung für die übrigen Forderungen in Anspruch genommen hätte, hätte dies bedeutet, daß eine Teilnahme am Konkursverfahren für die Forderung von S 38.432.90 überhaupt nicht, auch nicht in der ersten Klasse, beabsichtigt war, was den Ausführungen in der Forderungsanmeldung im Zweifel aber nicht unterstellt werden konnte und von der beklagten Partei auch im vorliegenden Prozeß nicht behauptet wird. Der Rang der ersten Klasse wurde aber zweifellos nicht, wie es notwendig gewesen wäre, ausdrücklich in Anspruch genommen. Es blieb daher dem zur Eintragung der Forderungen in das Anmeldungsverzeichnis verpflichteten Masseverwalter (§ 104 Abs 5 KO) letzten Endes gar nichts anderes übrig, als die gesamten Forderungen der Klägerin als in der dritten Klasse angemeldet anzusehen, zumal der Forderungsanmeldung durchaus auch dieser Sinn gegeben werden konnte. Dadurch, daß der Vertreter der Klägerin auch in der Prüfungstagsatzung und weiterhin bis zur Aufhebung des Konkurses keine andere Erklärung abgab, konnte somit die gesamte Forderung nur als solche der dritten Klasse festgestellt werden und gelten. Nahm die Klägerin damit aber nach Inhalt des sodann abgeschlossenen Zwangsausgleiches, für den ihr Vertreter auch mit der gesamten Forderung von S 62.341.31 stimmte, nur 20% ihrer Forderung in Anspruch, war die Gemeinschuldnerin nicht verpflichtet, einen höheren Betrag zu bezahlen. Die im § 150 Abs 1 KO zum Ausdruck gebrachte Verpflichtung, Konkursgläubiger erster Klasse im Zwangsausgleich voll zu befriedigen, besteht nämlich nicht schon für Forderungen, die ihrer Art nach in der ersten Klasse angemeldet und festgestellt hätten werden können, sondern nur für solche, die auch tatsächlich in der ersten Klasse angemeldet und festgestellt wurden.

Richtig führte das Berufungsgericht aus, daß der gerichtlich bestätigte Zwangsausgleich an sich keine Wirkungen hinsichtlich des Forderungsbestandes äußert. Ob eine geltend gemachte Konkursforderung zu Recht besteht, wird vielmehr im Zwangsausgleich nicht beantwortet. Er bildet auch für sich allein keinen Exekutionstitel, sondern nur jeweils in Verbindung mit der Eintragung der Forderung im Anmeldungsverzeichnis auf Grund der Forderungsanmeldung im Konkursverfahren (§ 108 Abs 2 KO; EvBl 1967/389; SZ 19/230 ua, zuletzt 5 Ob 254/71) oder mit einem sonst bereits bestehenden Exekutionstitel (§ 61 KO; Bartsch-Pollak[3] I, 648). Das Berufungsgericht hat die zuletzt zitierten Ausführungen Bartsch-Pollaks jedoch mißverstanden, wenn es daraus den Schluß zieht, daß bereits bestehende Exekutionstitel durch einen Zwangsausgleich überhaupt nicht berührt werden. Daß der Zwangsausgleich nämlich sehr wohl bedeutende Rechtswirkungen hat, ergibt sich aus der Bestimmung des § 156 Abs 1 KO, wonach durch den gerichtlich bestätigten Zwangsausgleich der Gemeinschuldner von der Verbindlichkeit befreit wird, seinen Gläubigern den Ausfall, den sie erleiden, nachträglich zu ersetzen. Die Bestätigung des Zwangsausgleiches ist eine gerichtliche Entscheidung, die den Gemeinschuldner berechtigt, seine Verbindlichkeiten nur mehr nach dem Inhalt des Zwangsausgleiches zu erfüllen (SZ 19/230). Wer eine Forderung erster Klasse nur in der dritten Klasse anmeldete, muß dann auch die Konsequenzen, die sich daraus ergeben, tragen. In diesem Sinne führen auch Bartsch-Pollak aaO 651 aus, daß der Gemeinschuldner die Forderungen der Konkursgläubiger lediglich nach dem Inhalt des Zwangsausgleiches zu tilgen hat; über den Ausgleichsinhalt hinaus ist der Gemeinschuldner also nicht gehalten, seinen Konkursgläubigern etwas zu leisten, es sei denn, der Ausgleich selbst sehe etwas derartiges gesetzmäßig vor. Der Oberste Gerichtshof hat nur ausgesprochen, daß durch den Zwangsausgleich die Restforderung des Gläubigers nicht vernichtet wird; hinsichtlich des die Ausgleichsquote übersteigenden Betrages wird sie aber doch ihrer Klagbarkeit, Erzwingbarkeit und Aufrechenbarkeit beraubt; sie sinkt auf den Rang einer natürlichen, unvollkommenen Verbindlichkeit herab (EvBl 1969/177; JBl 1950, 342 und die dort zitierte Literatur und weitere Judikatur). Es ist dann aber auch eine Exekutionsbewilligung auf Grund von Titeln, die vor Abschluß des Zwangsausgleiches entstanden, nur im Rahmen des Zwangsausgleiches möglich; der Zwangsausgleich schränkt den ursprünglichen Titel entsprechend ein (EvBl 1967/389; Heller-Berger-Stix 106). Das Exekutionsbewilligungsgericht hat darauf, wenn ihm der Abschluß des Zwangsausgleiches im Konkursverfahren bekannt ist oder sich ein solcher aus den vorliegenden Akten ergibt, auch Bedacht zu nehmen (3 Ob 320/61; vgl RSpr 1937/37). Die Ansicht des Berufungsgerichtes, die Klägerin sei darauf zu verweisen, daß sie nach wie vor auf Grund des vor dem Arbeitsgericht Wien geschaffenen Exekutionstitels das Exekutionsverfahren gegen die Firma A GmbH, fortsetzen und auf diese Weise über die ihr im Zwangsausgleich zuerkannte Quote hinaus auch Befriedigung ihrer nur im aufgehobenen Ausgleichsverfahren als bevorrechtet anerkannten Forderungen erlangen könnte, ist daher verfehlt. Da die Firma A GmbH offenbar alle sich aus dem Zwangsausgleich ergebenden Verpflichtungen erfüllte und damit der Klägerin die in die erste Klasse gehörigen Forderungen bei Anmeldung und Feststellung in dieser wohl auch schon längst vollständig bezahlt hätte, ist der Klägerin damit entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes auch der mit der Klage geltend gemachte Schaden, dessen Höhe nicht strittig ist, tatsächlich entstanden.

Die Auffassungen darüber, inwieweit die Beteiligten des Prüfungsverfahrens an in diesem abgegebenen Erklärungen gebunden sind, gehen allerdings auseinander. Nach der Lehre von Bartsch-Pollak[3] I, 484, 488, erfolgt die Feststellung der angemeldeten Konkursforderung bei der Prüfungstagsatzung durch Prozeßerklärungen der Beteiligten, also des Masseverwalters, des Gemeinschuldners und der stimmberechtigten Konkursgläubiger. Als an das Gericht gerichtete mündliche Prozeßerklärungen unterstunden sie dann nicht den Vorschriften des Privatrechtes über Willenserklärungen; es sei also unerheblich, ob den Erklärungen außer dem Erklärungswillen auch der erklärte Wille zugrunde lag oder nicht; es komme vielmehr für die Prüfungstagsatzung nur auf die in die Außenwelt tretende Erklärung, nicht auf den dahinter stehenden Willen an; es sei daher auch die Anfechtung der Prüfungserklärung eines Beteiligten wegen Furcht, Zwangs, Irrtums oder Irreführung des Erklärenden nicht zulässig; die abgegebene Prüfungserklärung wirke vielmehr, wie sie abgegeben wurde, mag sie nun so gewollt sein oder nicht. Dieser Auffassung folgen insbesondere die Entscheidung SZ 28/238, die ausdrücklich ausführt, daß schon mit Rücksicht auf Rechtssicherheit und Ordnung eine Anfechtung aller Prüfungserklärungen wegen Willensmängeln nicht zulässig sei, sowie Heller-Berger-Stix 105 und die Entscheidung 5 Ob 254/71, die hervorhebt, daß der Eintragung einer unbestrittenen Forderung in das Anmeldungsverzeichnis eine der Rechtskraft entsprechende Wirkung zukomme. Die Entscheidungen SZ 31/30 und SZ 19/156, letztere allerdings mit unverkennbaren Einschränkungen für den Fall des Ausgleiches und Zwangsausgleiches, sind hingegen der Auffassung, daß die in das Anmeldungsverzeichnis eingetragenen Erklärungen des Masseverwalters und des Gemeinschuldners nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes anfechtbar seien, weil der Feststellung einer angemeldeten Forderung im Anmeldungsverzeichnis wohl urteilsgleiche Wirkungen zukommen, sie aber doch keine gerichtliche Entscheidung ist (SZ 31/30). Dieser Meinungsstreit muß im vorliegenden Fall nicht gelöst werden, da die Rechtslage jedenfalls bei einer Forderungsanmeldung durch den Konkursgläubiger insofern eine andere ist, als dieser gemäß § 104 Abs 1 KO seine Forderung bei dem Gerichte, bei dem der Konkurskommissär seinen Amtssitz hat, anzumelden hat. Die Forderungsanmeldung des Gläubigers ist daher eindeutig eine Prozeßhandlung mit Aufgaben, die jenen einer Klage ähnlich sind (5 Ob 254/71); eine Prozeßhandlung kann aber keinesfalls wegen Willensmängeln angefochten werden (s dazu SZ 32/69; SZ 23/237 uva; Fasching III, 11). Hat der Konkursgläubiger also nicht rechtzeitig (§ 106 Abs 1 KO) einen anderen Rang für seine angemeldete Forderung in Anspruch genommen und auch keine Nachtragsanmeldung (§ 107 KO) vorgenommen, muß er die widrigen Folgen seines Verhaltens vertreten (5 Ob 254/71). Diese sind, wie dem Berufungsgericht beigepflichtet werden kann, für ein Konkursverfahren, das nicht mit einem Zwangsausgleich endet, bedeutungslos, weil der Gläubiger nach Aufhebung des Konkurses jederzeit wieder seine Ansprüche in voller Höhe verfolgen kann (§ 61 KO). Anders ist es aber, wenn ein Zwangsausgleich zustande kam. Durch diesen ist nämlich zumindest für die Konkursgläubiger, die ihre Forderung angemeldet hatten, verbindlich bestimmt, was ihnen der Gemeinschuldner noch zu leisten hat.

Es wäre allerdings möglich, daß die Klägerin dennoch unter Vorlage ihres vor dem Arbeitsgericht erworbenen Exekutionstitels noch die Bewilligung einer Exekution gegen die Firma A GmbH durchsetzen könnte (vgl hiezu zum Ausgleich Jelinek in ÖJZ 1970, 35 f), zumindest dann, wenn dem Exekutionsgericht vom Zwangsausgleich nichts bekannt ist. Die Klägerin müßte aber zweifellos damit rechnen, daß die Firma A GmbH dann eine Oppositionsklage erhebt, die berechtigte Aussicht auf Erfolg hätte. Wenn nun auch der Geschädigte nach der sich aus den §§ 403, 1036, 1043, 1304 ABGB und anderen gesetzlichen Bestimmungen ergebenden Schadensminderungspflicht verhalten ist, seinen Schaden möglichst gering zu halten, so muß er doch nur tätig werden, wenn und soweit ihm ein konkretes Verhalten zugemutet werden kann (SZ 39/170; RZ 1960, 45 ua). Bei der dargestellten Rechtslage war der Klägerin aber die Einleitung von weiteren Schritten gegen die Firma A GmbH, die die 20%ige Verpflichtung aus dem Zwangsausgleich voll erfüllt hat, wegen der damit verbundenen bedeutenden Kostenrisken nicht zumutbar. Die Klägerin hat vielmehr das einzig Richtige getan und der beklagten Partei angeboten, ihr die angeblich noch bestehende Forderung gegen die Firma A GmbH nach Zahlung der Klagssumme abzutreten, damit diese auf ihre Kosten versuchen könne, ihren Rechtsstandpunkt durchzusetzen.

Der Schaden ist der Klägerin dadurch entstanden, daß Dr Paul M als ihr Rechtsanwalt Forderungen der Klägerin, die in die erste Klasse gehörten, der Bestimmung des § 102 Abs 2 KO zuwider nicht ausdrücklich in dieser Klasse anmeldete. Es ist ständige Rechtsprechung, daß gemäß § 1299 ABGB der Rechtsanwalt seiner Partei für Unkenntnis des Gesetzes schadenersatzpflichtig ist. Gegen die Bejahung der Kausalität des Verhaltens Dris Paul M für den Nichterhalt der der Klägerin gebührenden Klagssumme bestehen keine Bedenken (RZ 1968, 138, SZ 39/186, JBl 1960, 188). Sicher hätte der Nebenintervenient, der von Dr Paul M mit seiner Vertretung bei der Prüfungs- und Zwangsausgleichstagsatzung beauftragt gewesen war, bei entsprechender Information durch Dr Paul M - ob diese gegeben worden war, steht nicht fest - den Fehler bei der Forderungsanmeldung, der zur Eintragung aller Forderungen der Klägerin als solche der dritten Klasse in das Anmeldungsverzeichnis geführt hatte, noch berichtigen können; für die Unterlassung dieser Maßnahme würde allenfalls auch der Nebenintervenient der Klägerin haften, wogegen die beklagte Partei hiefür keine Haftung träfe, weil die Klägerin in der Vollmacht mit den Worten "... Vertretung zu begehren ..." auch die Bestellung eines Stellvertreters, der nicht dem Rechtsanwaltsstand angehört, gestattet hatte, so daß die beklagte Partei gemäß § 1010 ABGB nur ein Verschulden bei der Auswahl des Bevollmächtigten, das beim erfahrenen Kreditschutzverband N nicht angenommenen werden könnte, zu verantworten hätte. Damit wäre aber für die beklagte Partei nichts gewonnen, da Dr Paul M auch für diesen Fall immer noch primär durch die unrichtige Forderungsanmeldung den Schaden der Klägerin herbeigeführt hätte. Solidarhaftung mehrerer Schuldtragender besteht aber in allen Fällen, in denen ein Schaden durch mehrere verursacht wurde, in denen also jeder einzelne zum ganzen Schaden in irgendeiner Form beigetragen hat, ohne daß bestimmte Schadenskomponenten den einzelnen Schädigern anzulasten wären (1 Ob 145/71; Wolff in Klang[2] VI, 55 bei FN 5 zu § 1302; vgl Ehrenzweig[2] II/1, 74, Gschnitzer, Lehrbuch/ Schuldrecht - Besonderer Teil und Schadenersatz 165).

Das Erstgericht hatte daher mit Recht dem Klagebegehren stattgegeben, so daß das angefochtene Urteil dahin abzuändern ist, daß die erstgerichtliche Entscheidung wiederhergestellt wird.