OGH vom 20.03.2003, 6Ob21/03m
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Handelsgerichtes Wien zu FN ***** eingetragenen E***** AG mit dem Sitz in Wien, über den Revisionsrekurs der Gesellschaft und ihres Vorstandes Gerhard B*****, beide vertreten durch Dr. Harald Schmidt, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom , GZ 28 R 256/02a-24, mit dem der Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom , GZ 72 Fr 4909/02m-21, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Begründung:
Die E***** AG ist seit im Firmenbuch eingetragen. Ihr Geschäftszweig ist der Versandhandel. Einziges Vorstandsmitglied ist Gerhard B*****.
Am langte beim Erstgericht ein Schreiben des Mag. Walter M. F***** betreffend die "Phantasiefirmen M***** und E*****" ein, der "um Mithilfe bei Eliminierung derartiger Unternehmen aus dem Geschäftsverkehr" ersuchte. Dem Schreiben waren unter anderem zwei an ihn persönlich adressierte Briefe von "Friedrich M***** Geschäftsführer" bzw Friedrich M***** Rechtsabteilung" angeschlossen, die die Aufforderung enthielten, einen "Organisationsbeitrag" von 800 S zu zahlen. Weiters lag ein Antwortschreiben von "E*****, Kundenservice" auf ein von Mag. F***** an die Gesellschaft gerichtetes Schreiben bei. Mit Beschluss vom übermittelte das Erstgericht diese Eingabe an die Gesellschaft mit der Aufforderung, Stellung zu nehmen, ob "Friedrich M***** Gesundheitsführer" und der "E*****" im Zusammenhang mit ihrem Unternehmen stehe. Die Gesellschaft legte daraufhin Beschlüsse des Patentamtes und Auszüge aus dem Patentregister vor, woraus zu entnehmen ist, dass "Friedrich M***** Gesundheitsführer" und "E*****" Marken der Gesellschaft sind. Mit Beschluss vom wies das Erstgericht die Gesellschaft darauf hin, dass auf dem Schreiben des "E*****" die Bestimmungen des § 14 HGB nicht beachtet worden seien. Solche Geschäftsbriefe, die nicht den Bestimmungen des § 14 HGB entsprächen, seien außer Kraft zu setzen. Hierüber sei zu berichten. Bei Nichtbeachtung werde eine Zwangsstrafe von 10.000 S verhängt werden. Daraufhin langte am eine Erklärung des Vorstandes der Gesellschaft ein, dass das Briefpapier des E***** lediglich irrtümlich verwendet worden sei. Üblicherweise werde für sämtliche Schreiben der Gesellschaft, gleichgültig unter welcher Marke, ein Geschäftspapier verwendet, das den Anforderungen des § 14 HGB entspreche. Der Vorstand erkläre, dass das als Muster beigelegte Geschäftspapier - das oben mit dem Aufdruck "E***** AG, Vorstand" versehen ist und am Ende der Seite den Aufdruck "E***** AG: FN *****, HG Wien..." enthält - verwendet werde. Das beanstandete Geschäftspapier werde nicht mehr bzw nur mehr im Rahmen bereits bestehender Geschäftsverbindungen gemäß § 14 Abs 3 HGB benützt.
Am zeigten Bettina R*****, Elisabeth D***** und Heinz K***** an, dass die Gesellschaft persönlich adressierte Gewinnzusagen, Bestellscheine und Verkaufsanbote an eine große Zahl von Personen in Österreich, Deutschland und der Schweiz übermittle, auf denen keine der in § 14 HGB geforderten Angaben enthalten seien. Die Gesellschaft handle unter der Bezeichnung "Friedrich M*****", "E*****" und "I*****". Es bedürfe seitens der Empfänger erheblicher Recherchen, um die dahinterstehende Rechtsperson auszuforschen. Der Eingabe lagen folgende jeweils persönlich adressierte Schreiben bei:
Text
An Bettina R*****: Schreiben des "Jürgen M*****, Rechtsanwalt, i.A. von Friedrich M*****, Postfach 210, A-1200 Wien", mit der Information über einen Preisgewinn, der anzufordern sei, samt einer Liste bisher ausbezahlter Gewinne; eine als "notarielle Gewinnbestätigung für Frau Bettina R*****" betitelte Mitteilung über ihren Gewinn bei "EVD/Friedrich M*****" und eine "Aktennotiz" von "Jürgen M*****" mit Aufforderung zur Abberufung des Gewinns bis ;
an Elisabeth D*****: eine als "dringendes Telegramm" bezeichnete Mitteilung über eine Gewinnauszahlung von 100.000 EUR seitens "Friedrich M*****" mit der Aufforderung, die Gewinnauszahlung zu beantragen, in der als Absender "I***** Gewinndienst Rechtsabteilung" aufscheint; eine als "Postanweisung" bezeichnete Mitteilung des "I*****-Vorstandes", wonach "dringendst" ihr Antrag auf "die EUR 100.000" benötigt werde sowie "notarielle" und von "Jürgen M*****, Rechtsanwalt" verfasste Bestätigungen;
an Heinz K*****: eine einem Scheck nachempfundene Mitteilung von "Friedrich M***** Vorstand" über eine "Jackpot-Gesamt-Verteilung am " über einen Gesamtbetrag von 62.500 EUR, eine "Anweisung" von "Friedrich M***** Vorstand" an "Friedrich M***** Rechtsabteilung" betreffend den angeblichen Gewinn von Heinz K*****, ein angebliches Verlosungsprotokoll des "öffentlichen Notars" (ohne Namensnennung) über ein Zusatzgewinnspiel, Mitteilungen über die an andere Teilnehmer ausbezahlten Gewinne, ein an Heinz K***** adressiertes Kuvert samt einem persönlich adressierten Brief über seinen Gewinn von "Friedrich M***** Rechtsabteilung im persönlichen Auftrag des Vorstandes von Friedrich M*****, Postfach 790, A 1011 Wien".
Weiters war ein Auszug aus einem "Onlinemagazin" für Verbraucherschutz und -beratung samt Beschwerdebriefen über derartige Gewinnmeldungen angeschlossen.
Mit an die Gesellschaft adressiertem Beschluss vom forderte das Erstgericht "die Gesellschafter" auf, sich binnen drei Wochen zu der in der Kopie übermittelten Anzeige zu äußern. Mit Beschluss vom hat das Erstgericht die Kopie der Anzeige dem Vorstand übermittelt und diesen aufgefordert, binnen zwei Wochen alle Geschäftsbriefe und Bestellscheine, die nicht den Bestimmungen des § 14 HGB entsprächen, unverzüglich außer Gebrauch zu setzen und hierüber zu berichten. In diesem Zusammenhang verwies das Erstgericht auf die vom Vorstand am abgegebene Erklärung. Für den Fall der Nichtbefolgung des Auftrages werde gemäß § 258 AktG eine Zwangsstrafe von 2.000 EUR über den Vorstand verhängt werden. Diese Aufforderung wurde dem Vorstand am zugestellt. In seiner Äußerung vom vertrat dieser den Standpunkt, dass es eine Rechtsvorschrift dahin nicht gebe, dass die Angaben nach § 14 HGB auf sämtlichen Geschäftsunterlagen aufscheinen müssten. Die Gesellschaft trete auch nicht unter den Bezeichnungen Friedrich M*****, E***** oder I***** auf. Diese Bezeichnungen seien vielmehr beim österreichischen Patentamt eingetragene Marken. Sowohl die Gesellschaft als auch Friedrich M***** seien im Telefonbuch eingetragen. Ein durchschnittlich interessierter Verbraucher habe daher auch keine Schwierigkeiten, das Unternehmen auszuforschen. Im Übrigen bedürften die vorgelegten Urkunden nicht der Pflichtangaben des § 14 HGB. Sie stammten teils nicht von der Gesellschaft, sondern von einem Rechtsanwalt; teils handle es sich nicht um Geschäftsurkunden, sondern um Versandkuverts, um einen Scheck, um interne Mitteilungen und um einen Auszug aus einem Notariatsprotokoll. Die übrige Korrespondenz betreffe seit längerem bestehende Geschäftsverbindungen.
Daraufhin forderte das Erstgericht Heinz K***** zur Stellungnahme hinsichtlich einer bestehenden Geschäftsverbindung auf. Er teilte mit, dass keine ständige Geschäftsverbindung bestehe. Er habe aber ein- bis zweimal ähnliche Gewinnzusagen erhalten. Ihm sei erst jetzt bekannt geworden, dass es sich um Aussendungen der Gesellschaft handle. Mit Schreiben vom teilten Bettina R*****, Elisabeth D***** und Heinz K***** dem Erstgericht mit, dass die Gesellschaft eine mit datierte Gewinnzusage, die nicht dem § 14 HGB entspreche, in hoher Auflage versendet habe. Der Mitteilung waren an Gabriele W*****-L***** adressierte Schriftstücke samt dem zugehörenden Briefkuvert angeschlossen. Dabei handelt es sich um ein zweiseitiges Schreiben, in dem eine Gewinnchance in Aussicht gestellt und mehrere Personen als Gewinner angeführt wurden, weiters um ein "Verlosungsprotokoll" von einem "öffentlichen Notar" und eine "Bestätigung der Finanzabteilung an den Vorstand". Der Brief war mit "Friedrich M***** Gewinnabteilung, Hubert E*****" gezeichnet. Daraufhin ersuchte das Erstgericht Gabriele W*****-L***** um Bekanntgabe, ob mit der Gesellschaft eine bereits seit längerem eine Geschäftsbeziehung bestehe und ob sie vor dem genannten Schreiben eine Geschäftsbrief erhalten habe, der dem § 14 Abs 1 HGB entsprochen habe. Diese antwortet dahin, dass zwar auf vorangehenden Zusendungen die Daten "E***** AG Wien FN *****, HG Wien" angeführt gewesen seien. Bei den vorgelegten Schreiben habe es sich jedoch nicht um Vordrucke im Sinn des § 14 Abs 3 HGB gehandelt, sodass dessen Ausnahmeregelung betreffend bestehende Geschäftsverbindungen nicht zum Tragen komme. Zudem sei sie eine hochbetagte, in einem Kloster lebende Frau, die die Aufregungen im Zusammenhang mit den Gewinnzusagen der Gesellschaft nur schwer verkrafte. Im Übrigen würden die Gewinnzusagen in hoher Auflage im deutschsprachigen Raum versendet. Es sei davon auszugehen, dass die Gesellschaft nicht mit sämtlichen Adressaten bestehende Geschäftsverbindungen pflege.
Mit Beschluss vom verhängte das Erstgericht über den Vorstand die am angedrohte Zwangsstrafe von 2.000 EUR und forderte den Vorstand neuerlich auf, alle Geschäftsbriefe und Bestellscheine, die nicht den Bestimmungen des § 14 HGB entsprächen, unverzüglich außer Gebrauch zu setzen und hierüber zu berichten, widrigenfalls eine weitere Zwangsstrafe von 4.000 EUR verhängt und der Zwangsstrafenbeschluss veröffentlicht werde. Es fasste darin den Inhalt der Anzeige der Bettina R*****, der Elisabeth D***** und des Heinz K***** und den darauffolgenden Schriftverkehr zusammen. Die angedrohte Zwangsstrafe sei nunmehr festzusetzen gewesen, weil die Gesellschaft in ihrer mit datierten Aussendung neuerlich die Pflichtangaben gemäß § 14 HGB nicht angeführt habe, obwohl der Vorstand mit Schreiben vom aufgefordert worden sei, alle Geschäftsbriefe und Bestellscheine, die nicht den Bestimmungen des § 14 HGB entsprächen, unverzüglich außer Gebrauch zu setzen. Das Schreiben vom zähle nicht zu den Ausnahmen des § 14 Abs 3 HGB, weil das Schreiben nicht als Vordruck bezeichnet werden könne.
Das Erstgericht gab der dagegen erhobenen Vorstellung der Gesellschaft und ihres Vorstandes nicht Folge.
Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs der Gesellschaft und ihres Vorstandes ebenfalls nicht Folge und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Auf das Rekursvorbringen, dass die vom Erstgericht eingeräumte zweiwöchige Frist zu kurz und die Aussendung vom bereits im April 2002 gedruckt worden sei, sei nicht einzugehen, weil diese Umstände nicht schon in der Vorstellung vorgetragen worden seien. Dem Einwand der zu kurzen Frist zur Befolgung des Auftrages des Erstgerichtes sei im Übrigen entgegenzuhalten, dass die neue Fassung des § 14 HGB schon seit in Kraft stehe. Bei der Beurteilung der Angemessenheit der Frist sei daher nicht darauf Bedacht zu nehmen, dass erst eine Neuauflage der Drucksorten hergestellt werden müsse. Zudem sei die tatsächliche Verhängung der Zwangsstrafe ohnehin erst mehr als zwei Monate nach ihrer Androhung erfolgt. Die Zuständigkeit des Rechtspflegers zur Verhängung derartiger Zwangsstrafen sei zu bejahen; die insoweit behauptete Nichtigkeit des angefochtenen Beschlusses liege nicht vor. Eine weitere Konkretisierung der nach § 14 HGB zu kennzeichnenden Geschäftsurkunden sei im Beschluss über die Verhängung der Zwangsstrafe nicht erforderlich gewesen, weil sich Vertreter von Kapitalgesellschaften über die geltende Gesetzeslage zu informieren hätten. Dass sich unter den vorgelegten Urkunden auch Geschäftsbriefe im Sinn des § 14 HGB befunden hätten, sei ohnehin zugestanden worden. Voraussetzung für die rechtmäßige Unterlassung der Pflichtangaben sei einerseits das Bestehen einer Geschäftsverbindung und andererseits die Verwendung eines üblichen Vordruckes. Serienbriefe, die inhaltlich identisch und nicht bloß hinsichtlich des Adressaten individualisiert seien, seien von der Angabepflicht umfasst. Dies treffe jedenfalls auf die Schreiben an Bettina R*****, Heinz K***** und Gabriele W*****L***** zu.
Der Revisionsrekurs der Gesellschaft und des Geschäftsführers ist entgegen dem diesbezüglichen Ausspruch des Rekursgerichtes zulässig, weil der Oberste Gerichtshof zur erheblichen Rechtsfrage, wie der Ausnahmetatbestand des § 14 Abs 3 HGB auszulegen ist, noch nicht Stellung bezogen hat.
Die Beteiligtenstellung und Rechtsmittelbefugnis auch der Gesellschaft selbst ist anzuerkennen, weil mit der gegen ihren Vorstand verhängten Zwangsstrafe eine Offenlegung der Gesellschaftsdaten als unmittelbare Verpflichtung der Gesellschaft selbst bewirkt werden soll (6 Ob 9/94 = EvBl 1994/145 [702]).
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist jedoch nicht berechtigt.
Gemäß § 14 Abs 1 HGB haben der Vorstand (Geschäftsführer) oder die Abwickler (Liquidatoren) einer Kapitalgesellschaft auf allen Geschäftsbriefen und Bestellscheinen, die an einen bestimmten Empfänger gerichtet sind, die Rechtsform, den Sitz und die Firmenbuchnummer der Gesellschaft (gegebenenfalls, dass sich die Gesellschaft in Liquidation befindet) sowie das Firmenbuchgericht anzugeben. Gemäß Abs 3 bedarf es der Angaben nach Abs 1 nicht bei Mitteilungen oder Berichten, die im Rahmen einer bestehenden Geschäftsverbindung ergehen und für die üblicherweise Vordrucke verwendet werden, in denen lediglich die im Einzelfall erforderlichen besonderen Angaben eingefügt zu werden brauchen. Gemäß Abs 4 ist für Bestellscheine Abs 3 nicht anzuwenden.
Gemäß § 258 Abs 1 AktG sind die Vorstandsmitglieder oder die Abwickler zur Befolgung des § 14 HGB vom Gericht durch Zwangsstrafen bis zu 3.600 EUR anzuhalten. § 283 Abs 2 HGB ist anzuwenden. Danach ist über die Vorstandsmitglieder ..., die dieser Pflicht nicht innerhalb von zwei Monaten nach Rechtskraft des Beschlusses über die Verhängung der Zwangsstrafe nachkommen, eine weitere Zwangsstrafe bis zu 3.600 EUR zu verhängen und der Beschluss über die verhängte Zwangsstrafe zu veröffentlichen. Eine wiederholte Verhängung von Zwangsstrafen ist zulässig.
§ 14 HGB idF BGBl 1991/10, der seit in Kraft steht, sollte nach dem erklärten Zweck des Gesetzgebers einer Anpassung des inländischen Rechtes an das Gemeinschaftsrecht der Europäischen Union (Erste Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaft vom , 68/151/EWG [Publizitätsrichtlinie]) dienen. Diese schreibt neben der Publizitätsform der Eintragung in ein öffentliches Register, verbunden mit deren Bekanntmachung in einem zentralen Veröffentlichungsorgan, als weiteres Publizitätsmittel bestimmte Mindestangaben auf allen Geschäftsbriefen und Bestellscheinen vor. Wie der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 6 Ob 9/94 klargestellt hat, ist die gesetzliche Pflicht zur Angabe bestimmter Daten der Gesellschaft nicht etwa nur für organschaftlich gezeichnete Aussendungen einer Gesellschaft, sondern für alle der Gesellschaft als Absenderin zurechenbare Aussendungen angeordnet. § 14 Abs 1 HGB ist daher in berichtigender Auslegung so zu verstehen, als lautete ihr erster Satz: "Kapitalgesellschaften haben unter der Zwangsstrafenhaftung ihres Vorstandes... (§ 258 Abs 1 AktG) auf allen Geschäftsbriefen... (die angeführten Daten)... anzugeben." Die Pflicht zur Angabe der in § 14 Abs 1 HGB genannten Daten auf Geschäftsbriefen ist im Interesse aktueller oder potentieller Rechtsgeschäftspartner der Gesellschaft angeordnet, die sich durch die Aussendung als persönlich angesprochen betrachten dürfen. An diesem Schutzzweck ist im Einzelfall zu bestimmen, ob eine Aussendung nach ihrer Art mit den Informationsangaben auszustatten ist oder nicht. Erwartet der Urheber der Aussendung die Gewinnung von Kunden, die ihm "Produkte" (im weiteren Sinn) abnehmen, versucht der Unternehmer solcherart die Anwerbung von Kunden und dürfen sich diese nach dem Inhalt und der Art des Zuganges der Aussendung objektiv persönlich zur Geschäftsaufnahme angesprochen erachten, sind diese Personen in den Schutzzweck des § 14 Abs 1 HGB einbezogen. Ob die persönliche Ansprache im Text oder in der Anrede enthalten ist oder ob dies durch die Zusendungsart mittels persönlich adressierter Postsendung anzunehmen ist, ist hiefür nicht entscheidend. Gerade in der persönlichen Adressierung an ihn darf der Empfänger - auch im Fall einer Massensendung - gegenüber einer Verteilung durch nicht persönlich adressierte Postwurfsendungen den Eindruck gewinnen, der Absender wolle - aus welchen Gründen immer - ihn persönlich ansprechen und zu einem geschäftlichen Kontakt auffordern (6 Ob 9/94 mwN). Dem Informationszweck der Bestimmung entsprechend ist der Begriff des Geschäftsbriefes weit auszulegen. Es ist darunter jede geschäftliche Mitteilung zu verstehen, die an einen bestimmten Empfänger gerichtet ist, unabhängig davon, ob sie einen auf den Empfänger bezogenen individuellen Inhalt hat, formularmäßig abgefasst ist, in Postkartenform oder mit Hilfe moderner Telekommunikationsformen versandt wird. Nicht von der Vorschrift erfasst sind Geschäftsbriefe, die nicht an einen bestimmten Empfänger gerichtet sind. Diese Voraussetzung ist nur dann erfüllt, wenn weder die geschäftliche Mitteilung selbst noch der sie verschließende Umschlag an eine individuell bezeichnete Person adressiert ist (Oberhofer/Strickner, Angaben auf Geschäftspapieren von Kapitalgesellschaften, ÖJZ 1992, 119 [122] mwN aus dem österreichischen und deutschen Schrifttum dieses zu den vergleichbaren Bestimmungen des § 35a dGmbHG und § 80 dAktG).
Daraus ergibt sich zunächst, dass sämtliche von den Anzeigern beim Erstgericht vorgelegte Schreiben, die jeweils an sie persönlich adressiert waren, als Geschäftsbriefe im Sinn des § 14 Abs 1 HGB zu beurteilen sind, und zwar unabhängig davon, mit welchen Marken - oder Phantasienamen sie gezeichnet waren und ob sie das Format einer Postkarte hatten oder ihrem Erscheinungsbild nach einem Telegramm, einem Scheck oder einer Postanweisung entsprachen oder ob der Text auf dem Kuvert selbst aufschien. Die den Schreiben beigelegten Kopien von angeblichen Bestätigungsschreiben eines Rechtsanwalts und von angeblichen notariellen Protokollen sind Beilagen zu den als Geschäftsbriefen zu qualifizierenden Schreiben, deren Urheberschaft die Gesellschaft nicht bestritten hat. Wären auf den Schreiben selbst die in § 14 Abs 1 HGB genannten Angaben enthalten gewesen, wäre zwar die zusätzliche Aufnahme dieser Angaben auf den Beilagen nicht erforderlich gewesen, sollte die Gesellschaft, wie sie behauptet, tatsächlich nicht selbst die Urheberin auch dieser anwaltlichen und notariellen Bestätigungen gewesen sein. Wesentlich ist aber, dass die geforderten Angaben auf überhaupt keinem der mit den Anzeigen vorgelegten Schriftstücken aufscheinen.
Es ist daher weiters zu prüfen, ob der Ausnahmetatbestand des § 14 Abs 3 HGB vorliegt.
Die Vorinstanzen haben keine Feststellung darüber getroffen, ob die Gesellschaft mit all jenen Personen, denen sie persönlich adressierte Briefe wie die vorgelegten sandte, schon zuvor in Geschäftsverbindung stand und ihnen bereits in früheren Schreiben die in § 14 Abs 1 HGB genannten Daten bekanntgegeben hat. Dies wäre jedenfalls dann sehr unwahrscheinlich, wenn derartige Schreiben tatsächlich in großer Anzahl an beliebige Personen im deutschsprachigen Raum versendet worden wären, wie dies die Anzeiger behaupten. Da die Rechtsmittelwerber gar nicht bestritten haben, dass die von den Anzeigern vorgelegten Aussendungen von ihnen stammten und keines der Schriftstücke die gemäß § 14 Abs 1 HGB erforderlichen Angaben enthält, wäre es an ihnen gelegen gewesen, in dem der Zwangsstrafenverhängung vorausgehenden Aufforderungsverfahren konkrete Umstände darzulegen, aus denen eine bestehende Geschäftsverbindung im Sinn des § 14 Abs 3 HGB mit den Anzeigern abzuleiten gewesen wäre. Eine konkrete Behauptung über eine schon bestehende Geschäftsbeziehung wurde lediglich hinsichtlich Gabriele W*****L***** aufgestellt, nämlich dass eine solche bereits seit 1994 bestanden und über 30 Geschäftsfälle umfasst habe. Hinsichtlich der drei Anzeiger selbst sind die Rechtsmittelwerber ihrer Darlegungspflicht aber nicht nachgekommen. Ihre Ausführungen lassen insoweit keinen Rückschluss darauf zu, ob die Anzeiger schon aufgrund vorangehender Korrespondenz oder Geschäftsfälle von den Pflichtangaben Kenntnis erlangen hätten können und ob auf früheren ihnen zugekommenen Geschäftsbriefen der Veröffentlichungspflicht des § 14 Abs 1 HGB entsprochen wurde. Gerade bei derartigen Aussendungen wie den vorgelegten Schreiben liegt nahe, dass ein Großteil der angeschriebenen Personen solche Postsendungen nicht weiter beachtet und umgehend entsorgt, sodass bei späteren derartigen Zusendungen der wahre Absender dieser Schreiben nicht mehr zu ermitteln ist, auch wenn früher einmal entsprechende Angaben auf den Schreiben enthalten gewesen sein sollten. Selbst durch eine - länger zurückliegende - Zusendung derartiger Schreiben könnte daher noch nicht von einer bestehenden Geschäftsverbindung im Sinn des § 14 Abs 3 HGB ausgegangen werden. Da die Rechtsmittelwerber ihrer Darlegungspflicht zur konkret bestehenden Geschäftsverbindung in jedem Einzelfall nicht entsprochen haben, kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei den Schreiben der Gesellschaft an die Anzeiger um "Mitteilungen oder Berichte" handelte, "für die üblicherweise Vordrucke verwendet werden", wie dies der Ausnahmetatbestand des § 14 Abs 3 HGB kumulativ zur bereits bestehenden Geschäftsverbindung voraussetzt. Auf die unterschiedlichen Ansichten des Schrifttums zur Auslegung dieser Bestimmung braucht daher hier nicht eingegangen zu werden (vgl Brodil, Neue Informationspflicht für Kapitalgesellschaften auf Geschäftspapieren, RdW 1992, 333 [335] mwN; Oberhofer/Strickler, Angaben auf Geschäftspapieren von Kapitalgesellschaften, ÖJZ 1992, 119 [123]; Schenk in Straube, Kommentar zum HGB I² § 14 Rz 13; Wünsch in FS Schwarz 583 f; 4 Ob 213/02f = EvBl 2003/18 [103]). Die Vorinstanzen haben daher zu Recht das Vorliegen des Ausnahmetatbestandes des § 14 Abs 3 HGB bei den unstrittig von der Gesellschaft stammenden, an die Anzeiger übermittelten Postsendungen verneint.
Eine behauptete Nichtigkeit oder Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz, die vom Rekursgericht bereits verneint wurde, kann im Revisionsrekurs nicht neuerlich mit Erfolg geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0042963). Da das Rekursgericht entgegen den Ausführungen im Rekurs die Zuständigkeit des Rechtspflegers zur Verhängung von Zwangsstrafen nach § 258 AktG ausdrücklich bejaht hat, ist dieser im Revisionsrekurs neuerlich gerügte Umstand vom Obersten Gerichtshof nicht mehr aufzugreifen.
Die Rechtsmittelwerber meinen auch, dass die Befolgungsfrist bei der erstmaligen Androhung der Zwangsstrafe mindestens zwei Monate betragen müsse und schließen dies aus dem Verweis des § 258 Abs 1 AktG auf § 283 Abs 2 HGB, der im Wiederholungsfall eine solche Nachfrist bestimme. Die Nachfrist könne nicht länger sein als die erstmalig gesetzte Frist, wie sich aus dem jeder Zwangsstrafe zugrunde liegenden "Steigerungsprinzip" ergebe. Insoweit regten die Rechtsmittelwerber auch eine beim Verfassungsgerichtshof einzuleitende Gesetzesprüfung an, weil das Gleichheitsgebot durch § 283 Abs 2 HGB verletzt sei.
Die vom Erstgericht gesetzte zweiwöchige Frist zur Auftragsbefolgung wurde schon in der Vorstellung als gesetzwidrig bezeichnet, sodass die Ansicht des Rekursgerichtes, auf die diesbezüglichen Ausführungen im Rekurs sei mangels eines entsprechenden Vorbringens in der Vorstellung nicht einzugehen, jedenfalls verfehlt ist. Das Rekursgericht hat sich aber ohnehin in seiner Begründung mit der Frage der Dauer der vom Erstgericht gesetzten Befolgungsfrist befasst und diese als hinreichend beurteilt. Eine der Zwangsstrafenverhängung vorausgehende Aufforderung ist im Gesetz nicht vorgesehen. Der in § 14 Abs 1 HGB normierten Pflicht zur Offenlegung der Firmendaten in Geschäftsbriefen ist auch unaufgefordert zu entsprechen. Lehre und Rechtsprechung leiten allerdings aus dem Recht auf Gehör und dem sich aus § 24 FBG sowie den Gesetzesmaterialien ergebenden Grundsatz des stufenweisen Vorgehens (Grundsatz des gelindesten Mittels zur Erreichung des Beugezwecks einer Zwangsstrafe) ab, dass eine Zwangsstrafe vor ihrer Verhängung zunächst nur anzudrohen ist. Zusätzlich soll der Geschäftsführer oder Vorstand einer Gesellschaft schon im Aufforderungsverfahren Gelegenheit haben, allfällige, die Säumnis rechtfertigende Umstände vorzutragen, weil ihm dies sonst im Rekursverfahren wegen der Zulässigkeit von Neuerungen eingeräumt werden müsste und damit Verfahrensverzögerungen in Kauf zu nehmen seien (6 Ob 275/00k - betreffend Offenlegungspflichten nach §§ 277 ff HGB - mwN; Jabornegg/Geist in Jabornegg/Strasser Kommentar zum AktG4 § 258 Rz 3).
Im Zeitpunkt, als das Erstgericht die Gesellschaft erstmals aufforderte, dem § 14 HGB zu entsprechen, stand diese Bestimmung bereits Jahre, und zwar seit nach einer zweijährigen Übergangsfrist in Kraft. Der Gesetzgeber hielt es zur Vermeidung von Umstellungsproblemen für zweckmäßig, den Unternehmen einen Zeitraum von zwei Jahren einzuräumen, um die bisher geschäftlich verwendeten Drucksorten aufzuarbeiten und Neuauflagen entsprechend den geänderten Anforderungen neu zu gestalten (AB 23 BlgNR 18. GP 21). Selbst bei Berücksichtigung des Umstandes, dass damals auch das Firmenbuch umzustellen war und Kapitalgesellschaften erst über ihre neue Firmenbuchnummer in Kenntnis zu setzen waren, wäre eine allenfalls aus diesem Grund zuzugestehende weitere Frist zur Neugestaltung der Drucksorten der Gesellschaft längst abgelaufen. Die Gesellschaft hatte jedenfalls Zeit genug, sich auf die neue Rechtslage einzustellen. Ob eine 14-tägige Befolgungsfrist dennoch zu kurz bemessen ist und ob § 283 Abs 2 HGB abgeleitet werden muss, dass schon bei der ersten Androhung zwingend eine zweimonatige Befolgungsfrist einzuräumen ist, ist hier aber ohnehin nicht entscheidend: Die Gesellschaft wurde bereits mit Beschluss des Erstgerichtes vom aufgefordert, Geschäftsbriefe, die nicht den Bestimmungen des § 14 HGB entsprechen, außer Kraft zu setzen und hierüber zu berichten. Diese Aufforderung ist ihrem Vorstand zugekommen, der darauf prompt mit der - wie sich nun herausstellte, unzutreffenden - Mitteilung reagiert hat, dass außer im Rahmen bereits bestehender Geschäftsverbindung ohnehin nur ein Geschäftspapier verwendet werde, das den Anforderungen des § 14 HGB entspreche. Seit dieser Aufforderung sind bis zur neuerlichen Aufforderung mehr als neun Monate verstrichen. Diese neuerliche Aufforderung erging, obwohl sich bereits gezeigt hatte, dass schon die erste Aufforderung nicht befolgt worden war und die Behauptung des Vorstandes in seiner Äußerung nicht der Wahrheit entsprach. Die neuerliche Aufforderung, den Offenlegungspflichten des § 14 HGB zu entsprechen, ging daher bereits über das von der Rechtsprechung anerkannte Erfordernis, dass der Verhängung einer Zwangsstrafe deren Androhung vorauszugehen habe, hinaus. Insbesondere aber wurde, worauf schon das Rekursgericht verwiesen hat, die in der Aufforderung vom angedrohte Zwangsstrafe erst über zwei Monate nach Zustellung dieser Aufforderung verhängt und damit die Frist, die die Rechtsmittelwerber als dem Gesetz entsprechend ansehen, ohnehin gewährt. Der Vorstand ist aber dem Auftrag nicht einmal innerhalb der tatsächlich gewährten Frist nachgekommen. Er steht vielmehr weiterhin auf dem Standpunkt, die Gesellschaft sei berechtigt, Postsendungen wie die von den Anzeigern vorgelegten zu verschicken. Allein durch die Festlegung einer bestimmten Äußerungs- oder Befolgungsfrist können sich die Rechtsmittelwerber nicht beschwert erachten, wenn ohnehin eine weit längere, ihren Vorstellungen entsprechende Frist zwischen der Aufforderung und dem Zwangsstrafenbeschluss verstrichen ist. Eine allenfalls nach Ablauf der gesetzten Frist eingelangte Stellungnahme wäre jedenfalls zu berücksichtigen gewesen. Die Anregung, ein Gesetzesprüfungsverfahren beim Verfassungsgerichtshof einzuleiten, ist schon mangels Präjudizialität der von den Rechtsmittelwerbern aufgezeigten Frage nicht aufzugreifen. Es spielt nach den dargelegten Erwägungen auch keine Rolle, ob die der Aussendung vom entsprechenden Musterbriefe bereits im April 2002 (also vor der Aufforderung vom ) hergestellt wurden, wie im Rechtsmittelverfahren behauptet wird. Diese Behauptung stellt zudem eine unzulässige Neuerung dar, weil ausreichend Gelegenheit gewesen wäre, einen solchen Umstand vor der Beschlussfassung erster Instanz vorzutragen.
Soweit die Rechtsmittelwerber bemängeln, dass im Strafbeschluss der sanktionsbegründende Tatbestand nicht konkretisiert sei und der bloße Verweis auf eine auslegungsbedürftige Gesetzesbestimmung die Begründung, worin der Vorwurf des Zuwiderhandelns liege, nicht ersetzen könne, ist ihnen zu erwidern:
Der Verfassungsgerichtshof vertritt zwar die Auffassung, dass das in Art 7 MRK enthaltene Klarheitsgebot zum Ziel habe, dem Einzelnen eine Orientierung seines Verhaltens am Gesetz zu ermöglichen. Lasse sich dem Strafbescheid auch implizit nicht entnehmen, gegen welche konkreten Pflichten der Gestrafte verstoßen habe und fehle es am entsprechend konkretisierten Vorwurf, so liege mit Rücksicht auf die Bedeutung des Art 7 MRK ein willkürliches Verhalten der Behörde vor (B 1286/87 SlgNr 11776). Abgesehen davon, dass der Verfassungsgerichtshof Zwangsstrafen nach § 283 HGB als bloße Beugemittel ohne Strafcharakter ansieht (G 60/99-G 61/99 ua SlgNr 15589), ergibt sich aus dem Zwangsstrafenbeschluss des Erstgerichtes, dessen Spruch und Begründung als Einheit zu werten sind, wogegen konkret verstoßen und weshalb die Zwangsstrafe verhängt wurde: Verstoßen wurde gegen die Verpflichtung der Gesellschaft, auf ihren Geschäftsbriefen die in § 14 Abs 1 HGB genannten Daten anzuführen, und gegen den gerichtlichen Auftrag, diese Geschäftspapiere außer Gebrauch zu setzen. Eine konkrete Anführung jener Geschäftsbriefe, deren Verwendung gegen § 14 Abs 1 HGB verstoßen habe, würde dem Unterlassungsauftrag nicht gerecht, weil bereits abgesendete Briefe nicht mehr außer Kraft gesetzt bzw durch die betreffenden Angaben vervollständigt werden könnten.
Die Ausführungen im Revisionsrekurs erweisen sich daher insgesamt als nicht berechtigt, sodass die Entscheidungen der Vorinstanzen zu bestätigen sind.