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OGH 21.02.2002, 6Ob21/02k

OGH 21.02.2002, 6Ob21/02k

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Huber, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen Sylvia S*****, Bernhard S*****, und Katrin S*****, aus Anlass des Revisionsrekurses des Vaters Ing. Andreas S*****, vertreten durch Mag. Alexander Schneider, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 44 R 415/01g-33, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Meidling vom , GZ 2 P 66/01h-15, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Oberste Gerichtshof stellt gemäß Art 89 Abs 2 B-VG (Art 140 B-VG) an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, § 12a Familienlastenausgleichsgesetz 1967 idF BGBl Nr 646/1977 als verfassungswidrig aufzuheben.

Mit der Fortführung des Revisionsrekursverfahrens wird gemäß § 62 Abs 3 VfGG bis zur Zustellung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes innegehalten.

Text

Begründung:

Der Revisionsrekurswerber ist ehelicher Vater der am geborenen Sylvia, des am geborenen Bernhard und der am geborenen Katrin. Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist ein Unterhaltsfestsetzungsantrag für den Zeitraum ab . Die mj. Sylvia begehrt monatlich 7.569,74 S und die Minderjährigen Bernhard und Katrin monatlich je 6.308,12 S. Sie legen ihrer Berechnung ein monatliches Einkommen des Vaters von 40.177,33 S 12 x jährlich zugrunde.

Das Erstgericht setzte den monatlichen Unterhaltsbeitrag für Sylvia mit 7.570 S (das sind 550,13 EUR) und für Katrin und Bernhard mit je 6.300 S (das sind 457,84 EUR) fest. Es ging dabei von einem monatlichen Nettoeinkommen des Vaters in der Zeit vom 1. 1. bis von 39.275 S (ohne Berücksichtigung anteiliger Sonderzahlungen, jedoch nach Abzug der Hälfte der Aufwandsentschädigungen und der gesamten Fahrt- und Reisekosten) sowie davon aus, dass der Vater 8.000 S monatlich Haushaltsgeld an die Mutter der Antragsteller zahlt und diese ein monatliches Einkommen von 14.000 S netto bezieht. Es vertrat die Auffassung, die auferlegten Unterhaltsbeiträge entsprächen dem wirtschaftlichen Leistungsvermögen des Vaters und ermöglichten es den Kindern, angemessen an seinen Lebensverhältnissen teilzunehmen. Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters nicht Folge. Die durch die Unterhaltsleistung bewirkte Belastung seines Einkommens sei keineswegs unzumutbar. Relevant sei lediglich der absolute Betrag, der dem Vater verbleibe. Dem vom Vater unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 1285/00, erhobenen Einwand, seine Unterhaltsverpflichtung sei in verfassungskonformer Auslegung des § 12a FLAG in dem Ausmaß zu kürzen, das erforderlich sei, um (zusammen mit dem Unterhaltsabsetzbetrag) die Hälfte des geschuldeten Unterhalts von der Einkommensteuer freizustellen und dadurch die dem haushaltsführenden Elternteil zukommenden Transferleistungen auf die Unterhaltsleistungen anzurechnen, sei unberechtigt. Allfällige steuerliche Ungleichbehandlungen Unterhaltspflichtiger könnten die Unterhaltsbemessung nicht beeinflussen. Die steuerliche Belastung des Vaters werde ohnehin dadurch berücksichtigt, dass der Unterhaltsbemessung lediglich sein nach Abzug der Steuern und sonstigen Abgaben verbleibendes Nettoeinkommen zugrunde gelegt werde. In diesem Zusammenhang wäre es systemwidrig, Einkommen des betreuenden Elternteils in Form einer Negativsteuer als Einkommen des unterhaltsberechtigten Kindes anzusehen.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil zur Berücksichtigung staatlicher Transferleistungen an den betreuenden Elternteil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs des geldunterhaltspflichtigen Vaters, der neuerlich auf das eben erwähnte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes verweist. Er beantragt, seine Unterhaltsverpflichtung mit dem nach dem Alter der Kinder jeweils anzuwendenden Regelbedarf festzusetzen.

Rechtliche Beurteilung

Aus Anlass des Revisionsrekurses eines anderen geldunterhaltspflichtigen Vaters mit ähnlicher Argumentation hat der erkennende Senat am zu 6 Ob 243/01f an den Verfassungsgerichtshof den Antrag gestellt, § 12a FLAG idF BGBl Nr 646/1977 als verfassungswidrig aufzuheben. Er hat hiezu wörtlich Folgendes ausgeführt:

"Der Verfassungsgerichtshof hatte sich aus Anlass einer gegen einen Einkommensteuerbescheid gerichteten Beschwerde mit der dort behaupteten Verfassungswidrigkeit der §§ 20 Abs 1 Z 1, 33 Abs 4 Z 3 lit b und 34 Abs 7 Z 2 und 4 EStG 1988 zu befassen. Der Beschwerdeführer - ein unterhaltspflichtiger Vater - hatte geltend gemacht, die einkommensteuerrechtlichen Regelungen zur Berücksichtigung von Unterhaltslasten gegenüber den dem Haushalt des Geldunterhaltspflichtigen nicht zugehörigen Kindern erfüllten nicht jene Anforderungen, die der VfGH in seiner bisherigen Judikatur zur Familienbesteuerung aufgestellt habe. Als getrennt lebender Elternteil könne der Geldunterhaltspflichtige lediglich den bereits als ungenügend beurteilten Unterhaltsabsetzbetrag geltend machen; er partizipiere jedoch wegen § 12a FLAG nicht an der - den Familienlastenausgleich bezweckenden - Familienbeihilfe und erhalte daher auch nicht die verfassungsrechtlich gebotene steuerrechtliche Entlastung.

Der VfGH teilte diese Bedenken nicht. Das von der Beschwerde aufgeworfene Problem reduziere sich auf die Frage, ob und gegebenenfalls wie der Gesetzgeber die bei gemeinsamer Haushaltsführung im Ergebnis eintretende Entlastung des einkommensbeziehenden Elternteils auch im Falle des Geldunterhalts sicherzustellen habe. Dabei sei zu beachten, dass die Funktion der Familienbeihilfe von Einkommenshöhe und Steuerprogression abhängig sei: Während sie in unteren Einkommensstufen als Förderung des Kindes wirke, diene sie bei höheren Einkommen zunehmend der notwendigen steuerlichen Entlastung des Unterhaltspflichtigen. Der im Einzelfall nötige Ausgleich könne nicht im Steuerrecht und nicht im Zuge der Transferleistungen hergestellt werden. Die den konkreten Verhältnissen gerecht werdende, im gemeinsamen Haushalt sich praktisch erübrigende Zuordnung der Transferleistungen sei daher im Fall getrennter Haushaltsführung der Eltern eine Frage der Bemessung des anstelle des Naturalunterhalts zu leistenden Geldunterhalts. Wenn der Gesetzgeber die Transferleistungen auch bei getrennten Haushalten grundsätzlich dem das Kind betreuenden Elternteil zukommen lasse und in § 12a FLAG eine Anrechnung auf den Unterhalt verbiete, so müsse das im Lichte der verfassungsrechtlich gebotenen steuerlichen Entlastung so verstanden werden, dass die für das Kind zu verwendenden Transferleistungen zwar in der Regel (soweit als möglich) den Unterhalt des Kindes fördern und nicht den Unterhaltspflichtigen entlasten sollen, dass aber der im Einzelfall doch nötige Ausgleich für die überhöhte Steuerbelastung ebensowenig behindert werde wie im gemeinsamen Haushalt. Ziehe der Gesetzgeber nämlich die zunächst als bloße Förderung gedachten Transferleistungen angesichts der ihm durch die Verfassung auferlegten Schranken bei gehobenem Einkommen als Mittel zum verfassungsrechtlich gebotenen Ausgleich der überhöhten Steuerbelastung heran - wovon jedenfalls seit dem auf die einschlägigen Entscheidungen des VfGH folgenden Fassungen des Gesetzes auszugehen sei - müsse der normative Gehalt des § 12a FLAG teleologisch auf jenen Bereich reduziert werden, in dem die Transferleistungen nicht zum Ausgleich der überhöhten Steuerbelastung benötigt werden. Ob und in welchem Ausmaß bei gegebenen Einkommensverhältnissen und angesichts der durch die getrennte Haushaltsführung verwirklichten Risken und in Kauf genommenen Nachteile die Transferleistungen über den Unterhaltsabsetzbetrag hinaus zur Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen berücksichtigt werden müssen, hätten die Gerichte bei der Unterhaltsbemessung im Einzelfall zu entscheiden. Sie hätten dabei jenes Maß an Entlastung herbeizuführen, das - unter Außerachtlassung der die Belastung des Unterhaltspflichtigen erhöhenden Folgen der getrennten Haushaltsführung - den Kriterien entspreche, die von der Rechtsprechung des VfGH zur Unterhaltsleistung für haushaltszugehörige Kinder entwickelt wurden. Nach diesen Kriterien müsse steuerlich (zumindest) die Hälfte des gesetzlich geschuldeten Unterhalts berücksichtigt werden. Gleiches gelte daher auch im Fall getrennter Haushaltsführung. Das verfassungskonforme Ergebnis werde dadurch erreicht, dass der Geldunterhaltspflichtige einerseits durch eine Kürzung seiner Unterhaltspflicht durch teilweise Anrechnung der Transferleistungen und andererseits durch die Gewährung des Unterhaltsabsetzbetrages insgesamt jene Entlastung erfahre, die erforderlich sei, um die Steuermehrbelastung abzugelten, die im jeweiligen Fall durch die Nichtabzugsfähigkeit der Hälfte des Unterhalts entstehe. Zusammengefasst bedeutet dies, dass - nach Auffassung des VfGH - die für die Unterhaltsbemessung zuständigen Zivilgerichte im Wege einer teleologischen Reduktion des § 12a FLAG die dem haushaltsführenden Elternteil zukommende Familienbeihilfe in jenem Ausmaß auf die Unterhaltsleistung des geldunterhaltspflichtigen (und nicht haushaltszugehörigen) Elternteils anzurechnen haben, das erforderlich ist, um - zusammen mit dem Unterhaltsabsetzbetrag - die Hälfte des geschuldeten Unterhalts von der Einkommensteuer freizustellen. Im Ergebnis führt dies zu einer Reduktion der Unterhaltsverpflichtung, die sich nach den der Entscheidung des VfGH zugrunde liegenden Berechnungen bereits bei Unterhaltsverpflichtungen von 40.000 S jährlich und einem Einkommen des geldunterhaltspflichtigen Elternteils von unter 200.000 S jährlich auswirkt, somit auch durchschnittliche Einkommen betrifft.

Ob die aus verfassungsrechtlichen Gründen (Vermeidung einer Ungleichbehandlung der nicht haushaltszugehörigen Geldunterhaltspflichtigen) vorgeschlagene teleologische Reduktion des § 12a FLAG zulässig ist (eine Bindung der Zivilgerichte an die Auffassung des VfGH besteht nicht, siehe Zorn, Kindesunterhalt und Verfassungsrecht, SWK 2001 Heft 33 S 799; s Barth, Ist die Familienbeihilfe bei der Unterhaltsbemessung zu berücksichtigen?, RZ 2001, 248 [250]) richtet sich nach den zivilrechtlichen Auslegungsgrundsätzen (Bydlinski in Rummel ABGB3 § 6 Rz 21 mwN). Gemäß § 2 Abs 2 erster Satz FLAG 1967 idF BGBl I 1998/79 hat Anspruch auf Familienbeihilfe die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach Satz 1 anspruchsberechtigt ist.

Gemäß § 12a FLAG idF BGBl 1977/646 gilt die Familienbeihilfe nicht als eigenes Einkommen des Kindes und mindert nicht dessen Unterhaltsanspruch. Die Bestimmung wurde durch die Novelle BGBl I 1998/79 unverändert gelassen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist die Familienbeihilfe ihrem Wesen nach Betreuungshilfe, sie soll deshalb die Pflege und Erziehung des Kindes als Zuschuss erleichtern und die mit der Betreuung verbundenen Mehrbelastungen zumindest zum Teil ausgleichen. Sie ist als Sozialbeihilfe des öffentlichen Rechts eine besondere Form der Drittzuwendung. Der Staat verfolgt mit ihr einen doppelten Zweck: den Mindestunterhalt des Kindes zu gewährleisten und gleichzeitig die Eltern von ihrer Unterhaltspflicht zu entlasten ("Familienlastenausgleich"; RZ 1992/69 uva, RIS-Justiz RS0058747 und RS0047582). Die Materialien zu § 12a FLAG idF BGBl 1977/646 machen deutlich, dass die Familienbeihilfe - im Unterschied zur Fassung des § 12a FLAG vor dieser Novelle - zur Gänze dem Haushalt zukommen soll, in dem das Kind betreut wird und nicht jene Person zu entlasten hat, die zwar dem Kind zum Unterhalt verpflichtet ist, deren Haushalt es aber nicht teilt (RV 636 BlgNR 14. GP, 11; zur historischen Entwicklung dieser Bestimmung siehe Barth, RZ 2001, 248). Die Familienbeihilfe gehört demnach nicht zu den den Unterhaltsanspruch nach § 140 Abs 3 ABGB (bzw den Bedarf des Kindes, siehe Stabentheiner in Rummel ABGB3 § 140 Rz 11) verringernden Einkünften (ÖA 1991, 78;

EvBl 1992/73; RIS-Justiz RS0047498; Schwimann Unterhaltsrecht2, 47;

Schwimann in Schwimann ABGB2 § 140 Rz 83; Purtscheller/Salzmann Unterhaltsbemessung Rz 229).

Der Oberste Gerichtshof meint, an dieser Auslegung in Anbetracht der klaren und eindeutigen Formulierung des § 12a FLAG im Zusammenhang mit der in den Gesetzesmaterialien (RV 636 BlgNR 14. GP, 11) zum Ausdruck kommenden Absicht des Gesetzgebers festhalten zu müssen. Nach der hier vertretenen Auffassung fehlen die Voraussetzungen für die vom Verfassungsgerichtshof angeregte ergänzende Rechtsfortbildung. Eine teleologische Reduktion des normativen Gehalts von § 12a FLAG auf jenen Bereich, in dem die Familienbeihilfe nicht zum Ausgleich der überhöhten Steuerbelastung benötigt wird, ist danach mit den zivilrechtlichen Auslegungsgrundsätzen nicht im Einklang. Die teleologische Reduktion verschafft der "ratio legis" nicht gegen einen engen, sondern gegen einen überschießend weiten Gesetzeswortlaut Durchsetzung. Die (verdeckte) Lücke besteht hier im Fehlen einer nach der "ratio legis" notwendigen Ausnahmeregel. Vorausgesetzt ist stets der Nachweis, dass eine abstrakt umschriebene Fallgruppe von den Grundwerten oder Zwecken des Gesetzes entgegen seinem Wortlaut gar nicht getroffen wird und dass sie sich von den "eigentlich gemeinten" Fallgruppen soweit unterscheidet, dass die Gleichbehandlung sachlich ungerechtfertigt und willkürlich wäre (Bydlinski in Rummel ABGB3 § 7 Rz 7). Die teleologische Reduktion erfordert den klaren Nachweis des Gesetzeszwecks, aus dem sich die (den Gesetzeswortlaut letztlich) korrigierende Auslegung orientieren soll (F. Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff2 480; Koziol/Welser, BürgR I11, 31; SZ 67/119; SZ 69/181; RIS-Justiz RS0008979 und RS0106113).

Zweck der Neufassung des § 12a FLAG durch BGBl 1977/646 war es, die Familienbeihilfe ungeschmälert jenem Haushalt zukommen zu lassen, in dem das Kind betreut wird. Die Regierungsvorlage (RV 636 BlgNR 14. GP, 11) weist ausdrücklich darauf hin, dass in den Fällen, in denen ein Elternteil ein nicht zu seinem Haushalt gehöriges Kind alimentiert (für welches er auch nicht Familienbeihilfe bezieht), der nach der alten Rechtslage (vor BGBl 1977/646) bestehende Vorteil des Kinderabsetzbetrags für ihn verloren geht. Dieser Vorteil komme jedoch in Form der höheren Familienbeihilfe unmittelbar dem anderen Elternteil zu, in dessen Haushalt das Kind betreut werde und der die Last der Betreuung trage. Von diesem insoweit eindeutigen Willen des historischen Gesetzgebers ausgehend hat die ständige Rechtsprechung die Familienbeihilfe bisher stets ihrem Wesen nach als Betreuungshilfe beurteilt, die die Pflege und Erziehung des Kindes erleichtern und die mit seiner Betreuung verbundenen Mehrbelastungen ausgleichen soll.

Vom eindeutigen Willen des historischen Gesetzgebers wäre nur dann abzugehen, wenn dieser von bestimmten sozialen und wirtschaftlichen Gegebenheiten ausgegangen wäre, die sich seither geändert haben (Koziol/Welser I11, 25) oder sein Wille in Widerspruch zu den Absichten des gegenwärtigen Gesetzgebers stünde und diese Ausdruck im positiven Recht gefunden hätten (Barth, RZ 2001, 248 [252]). Beides ist hier nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes nicht der Fall. Schon der Gesetzgeber des Jahres 1977 war sich der Situation getrennt lebender Elternteile bewusst und hat gerade in diesem Bewusstsein die Familienbeihilfe jenem Haushalt ungeschmälert zugeordnet, der die Last der Betreuung trägt.

Dass die Überlegungen des VfGH den Absichten des gegenwärtigen Gesetzgebers entsprechen und bereits Niederschlag im positiven Recht gefunden hätten, vermag der Oberste Gerichtshof nicht zu erkennen. Zorn (Kindesunterhalt und Verfassungsrecht, SWK 2001 Heft 33, S 799) meint zwar im Anschluss an das Erkenntnis des VfGH B 1285/00, die Familienbeihilfe beinhalte sowohl eine Art sozialer Förderung bzw Betreuungshilfe, wolle aber darüber hinaus auch die Lasten des Geldunterhalts abgelten; dies ergebe sich aus dem Ansteigen der Familienbeihilfe mit steigendem Alter des Kindes, während sich die Betreuungslasten indirekt proportional verhielten. Spätestens seit der Erhöhung der Familienbeihilfe durch das Budgetbegleitgesetz 1998 könne nicht mehr bezweifelt werden, dass der Gesetzgeber die Familienbeihilfe (zumindest soweit dies bei höherem Einkommen erforderlich sei) als Steuerrefundierung bzw Negativsteuer ansehe. Dieses Argument vermag den klaren Nachweis dafür, dass der Wille des gegenwärtigen Gesetzgebers den Überlegungen des VfGH entspricht, wonach die Familienbeihilfe bei Bemessung eines Geldunterhaltsanspruches nur dann nicht berücksichtigt werden sollte, wenn diese Transferleistung nicht zum Ausgleich der überhöhten Steuerbelastung benötigt werde, schon deshalb nicht überzeugend zu erbringen, weil der Gesetzgeber auch anlässlich der Erhöhung dieser Transferleistung durch das Budgetbegleitgesetz 1998 § 12a FLAG nicht geändert hat. Damit ist aber auch der für die gewünschte Reduktion erforderliche "Telos" im dargestellten Sinn nicht zu erkennen. Vielmehr ist der Regierungsvorlage zum Budgetbegleitgesetz 1998 (wie Barth aaO zutreffend aufzeigt) zu entnehmen, dass auch der gegenwärtige Gesetzgeber die mangelnde Entlastung des haushaltsfremden, geldunterhaltspflichtigen Elternteils bewusst in Kauf nimmt (RV 1099 BlgNR 20. GP, 16): Bei getrennt lebenden Ehegatten (bzw Eltern) sei es - so die Regierungsvorlage - "Sache privater Lebensgestaltung", dass ein Elternteil außerhalb des Kindeshaushalts lebe. Der Gesetzesentwurf gehe davon aus, dass die durch ein Kind verursachten Unterhaltslasten auf das Kind bezogen durch die vorgesehenen gesetzlichen Änderungen adäquat abgegolten seien. Der Umstand, dass die zur Abgeltung der Unterhaltslasten ausreichend vorgesehenen Transferleistungen nur deshalb nicht wirken würden, weil ein Elternteil außerhalb des Kindeshaushaltes lebe, sei letztlich eine Folge der privaten Lebensgestaltung. Die fehlende (ausreichende) Abgeltung der Unterhaltslasten müsse daher als in der privaten Lebensgestaltung begründet steuerlich nicht anderweitig abgedeckt werden.

Die vom VfGH vorgeschlagene teleologische Reduktion des normativen Gehalts des § 12a FLAG auf jenen Bereich, in dem die Transferleistungen nicht zum Ausgleich der überhöhten Mehrbelastung benötigt werden, ist aber und vor allem auch deshalb nicht vorzunehmen, weil die aus der Regelung des § 12a FLAG auszunehmende Fallgruppe die Mehrheit aller Geldunterhaltspflichtigen umfasst und damit nicht bloß "verdeckte" Ausnahmefälle betrifft, auf die eine sonst grundsätzlich anzuwendende Regelung ausnahmsweise nicht passt. Damit würde im Wege der angestrebten teleologischen Reduktion nicht eine fehlende Ausnahmevorschrift ersetzt, sondern der Bestimmung des § 12a FLAG ihr Hauptanwendungsbereich genommen. Nach den Berechnungen des VfGH wirkt sich die angestrebte Anrechnung der Transferzahlungen nämlich bereits bei Unterhaltsansprüchen von 40.000 S jährlich und einem (als durchschnittlich zu bewertenden) Einkommen des geldunterhaltspflichtigen Elternteils von unter 200.000 S aus. Wollte man daher im Wege der teleologischen Reduktion des § 12a FLAG eine Anrechnung der Familienbeihilfe bei der Bemessung von Geldunterhaltsleistungen nicht haushaltszugehöriger Elternteile immer dann zulassen, wenn diese zum Ausgleich einer überhöhten Steuerbelastung des geldunterhaltspflichtigen Elternteils benötigt werden, würde nicht eine zu weit gefasste Regel auf den ihr nach dem Zweck des Gesetzes zukommenden Anwendungsbereich zurückgeführt (Koziol/Welser I11, 31; Bydlinski Methodenlehre2 480; SZ 67/119; SZ 69/181), sondern vielmehr eine Gesetzesänderung verwirklicht. Die Korrektur einer als unbefriedigend empfundener Regelungen des Gesetzes ist aber nach herrschender Auffassung nicht Sache der Rechtsprechung, sondern Aufgabe des Gesetzgebers (Posch in Schwimann ABGB2 § 6 Rz 22; SZ 67/62; zu den Grenzen teleologischer Auslegung vgl auch Walter, Die Funktion der Höchstinstanzen im Rechtsstaat Österreich, RZ 1999, 58 [64]). Die - wie der VfGH meint - verfassungskonforme Auslegung im Wege einer teleologischen Reduktion scheitert also daran, dass diese dem Wortlaut und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers zuwiderlaufen würde, womit ein verfahrensrechtlich unhaltbarer Eingriff in die Kompetenz des Gesetzgebers verwirklicht würde (Säcker im Münchner Kommentar BGB4 Einleitung Rz 127 mwN).

Die fehlende Möglichkeit, § 12a FLAG im Sinn des VfGH nach zivilrechtlichen Grundsätzen teleologisch zu reduzieren, führt zur Auslegung dieser Bestimmung im Sinn des Verständnisses der bisher ständigen Rechtsprechung.

Bei Entscheidung über das Rechtsmittel des geldunterhaltspflichtigen Vaters hat der Oberste Gerichtshof § 12a FLAG anzuwenden. Gegen seine Anwendung bestehen nun - anders als in früheren Verfahren - aus dem Grund der Verfassungswidrigkeit Bedenken. Unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien zur Neufassung des § 12a FLAG ab vertrat der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung 10 Ob 537/94 (= JBl 1995, 372) die Aufassung, der offenbare Zweck dieser Bestimmung (nicht den Geldunterhaltsschuldner, sondern den das Kind betreuenden Teil zu entlasten) zerstreuten die verfassungsrechtlichen Bedenken, die damals insoweit geäußert wurden, als die Familienbeihilfe - anders als andere Beihilfen - nicht als eigenes Einkommen des Minderjährigen zu einer Unterhaltsverminderung führte. Auch die Entscheidung 1 Ob 218/00s verneinte in ihrer Kurzbegründung verfassungsrechtliche Bedenken.

Im Anschluss an die zur Frage der steuerlichen Entlastung von Unterhaltszahlungen ergangene Entscheidung des VfGH B 1285/00 und die durch nicht unwesentliche Erhöhung der Familienbeihilfe erfolgte Besserstellung des betreuenden Elternteils entstehen schließlich doch Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung. Wie bereits dargestellt, kommt die Familienbeihilfe bei getrennten Haushalten zur Gänze dem das Kind betreuenden Elternteil zu, wobei - nach der hier vorgenommenen Auslegung - eine - auch nur teilweise - Anrechnung auf den Geldunterhaltsanspruch gegen den nicht haushaltszugehörigen anderen Elternteil zu unterbleiben hat. Damit verhindert § 12a FLAG die verfassungsrechtlich gebotene, vom Gesetzgeber angestrebte und durch die Familienbeihilfe als Transferleistung auch erzielbare steuerliche Entlastung des geldunterhaltspflichtigen Elternteils. Er wird damit sowohl gegenüber Personen mit gleichem Einkommen aber ohne Geldunterhaltspflichten als auch gegenüber Unterhaltspflichtigen, deren Haushalt der Unterhaltsberechtigte angehört und gegenüber jenem Elternteil schlechter gestellt, in dessen Haushalt das Kind betreut wird (Art 7 Abs 1 B-VG). Die Ungleichbehandlung in Relation zum haushaltsführenden Elternteil liegt darin, dass die Transferleistungen, die der Gesetzgeber zur Erleichterung der Kinderlast vorgesehen hat (Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag), nach den zitierten Bestimmungen des FLAG dem haushaltsführenden Elternteil allein zustehen, während der geldunterhaltspflichtige Vater nur den Unterhaltsabsetzbetrag geltend machen kann, ohne dass ein Teil dieser Transferleistung angerechnet würde. Auch der Verfassungsgerichtshof hat aus Anlass des zur Prüfung von Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes eingeleiteten Verfahrens B 1285/00 Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 12a FLAG im Hinblick auf die schon früher geforderte steuerliche Entlastung von Geldunterhaltspflichten erkennen lassen. Er konnte § 12a FLAG jedoch nicht (auch nicht von Amts wegen) aufheben, weil dort ein Einkommensteuerbescheid bekämpft wurde, wofür § 12a FLAG nicht präjudiziell war (Zorn, S 807). Es wird nicht verkannt, dass der VfGH über bestimmt umschriebene Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes nur ein einziges Mal zu entscheiden hat. Im Hinblick auf die Rechtskraft einer solchen Entscheidung ist im Fall der Abweisung eines Normenprüfantrags eine abermalige Befassung des VfGH daher nur dann zulässig, wenn Bedenken geltend gemacht werden, über die der VfGH in seinem Erkenntnis noch nicht befunden hat (Hiesel, Die Rechtsprechung des VfGH zur Zulässigkeit gerichtlicher Verordnungs- und Gesetzesprüfungsanträge, ÖJZ 1997, 841 [842] mwN aus der Jud des VfGH). Der VfGH hat in dem hier in Rede stehenden Erkenntnis vom , B 1285/00, jedoch weder über einen Antrag auf Prüfung des § 12a FLAG entschieden noch diese Bestimmung einer formellen amtswegigen Gesetzesprüfung unterzogen. Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs steht daher dieses Erkenntnis einer materiellen Entscheidung über den hier gestellten Gesetzesprüfungsantrag nicht entgegen."

Diese Ausführungen werden für den vorliegenden Fall aufrecht erhalten. Auch hier ist ein Sachverhalt zu beurteilen, der im Kernbereich der angefochtenen Norm liegt und der wegen der Einkommensverhältnisse des Vaters und der Höhe der zuerkannten Unterhaltsbeträge von den Ausführungen des Verfassungsgerichtshofs im Erkenntnis vom , B 1285/00, unmittelbar betroffen ist, weshalb der Antrag gestellt wird, § 12a FLAG idF BGBl Nr 646/1977 als verfassungswidrig aufzuheben.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Schenk, Dr. Schramm und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Sylvia S*****, des mj. Bernhard S***** und der mj. Katrin S*****, vertreten durch die Mutter Veronika S*****, vertreten durch Mag. Georg E. Thalhammer, Rechtsanwalt in Wien, über den Revisionsrekurs des Vaters Ing. Andreas S*****, vertreten durch Mag. Alexander Schneider, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 44 R 415/01g-33, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Meidling vom , GZ 2 P 66/01h-15, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Das im Sinn des § 62 Abs 3 VfGG unterbrochene Verfahren wird fortgesetzt.

2. Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Text

Begründung:

Der Revisionsrekurswerber ist ehelicher Vater der am geborenen Sylvia, des am geborenen Bernhard und der am geborenen Katrin. Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist ein Unterhaltsfestsetzungsantrag für den Zeitraum ab . Die mj. Sylvia begehrt monatlich 7.569,74 S und die Minderjährigen Bernhard und Katrin monatlich je 6.308,12 S. Sie legen ihrer Berechnung ein monatliches Einkommen des Vaters von 40.177,33 S 12 x jährlich zugrunde.

Das Erstgericht setzte den monatlichen Unterhaltsbeitrag für Sylvia mit 7.570 S (das sind 550,13 EUR) und für Katrin und Bernhard mit je 6.300 S (das sind 457,84 EUR) fest. Es ging dabei von einem monatlichen Nettoeinkommen des Vaters in der Zeit vom 1. 1. bis von 39.275 S (ohne Berücksichtigung anteiliger Sonderzahlungen, jedoch nach Abzug der Hälfte der Aufwandsentschädigungen und der gesamten Fahrt- und Reisekosten) sowie davon aus, dass der Vater 8.000 S monatlich Haushaltsgeld an die Mutter der Antragsteller zahlt und diese ein monatliches Einkommen von 14.000 S netto bezieht. Es vertrat die Auffassung, die auferlegten Unterhaltsbeiträge entsprächen dem wirtschaftlichen Leistungsvermögen des Vaters und ermöglichten es den Kindern, angemessen an seinen Lebensverhältnissen teilzunehmen. Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters nicht Folge. Die durch die Unterhaltsleistung bewirkte Belastung seines Einkommens sei keineswegs unzumutbar. Relevant sei lediglich der absolute Betrag, der dem Vater verbleibe. Dem vom Vater unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 1285/00, erhobenen Einwand, seine Unterhaltsverpflichtung sei in verfassungskonformer Auslegung des § 12a FLAG in dem Ausmaß zu kürzen, das erforderlich sei, um (zusammen mit dem Unterhaltsabsetzbetrag) die Hälfte des geschuldeten Unterhalts von der Einkommensteuer freizustellen und dadurch die dem haushaltsführenden Elternteil zukommenden Transferleistungen auf die Unterhaltsleistungen anzurechnen, sei unberechtigt. Allfällige steuerliche Ungleichbehandlungen Unterhaltspflichtiger könnten die Unterhaltsbemessung nicht beeinflussen. Die steuerliche Belastung des Vaters werde ohnehin dadurch berücksichtigt, dass der Unterhaltsbemessung lediglich sein nach Abzug der Steuern und sonstigen Abgaben verbleibendes Nettoeinkommen zugrunde gelegt werde. In diesem Zusammenhang wäre es systemwidrig, Einkommen des betreuenden Elternteils in Form einer Negativsteuer als Einkommen des unterhaltsberechtigten Kindes anzusehen.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil zur Berücksichtigung staatlicher Transferleistungen an den betreuenden Elternteil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluss gerichtete Revisionsrekurs des geldunterhaltspflichtigen Vaters ist zulässig und im Sinn seines Aufhebungsantrages berechtigt.

Der Vater strebt zunächst die Bemessung des Unterhalts nach Regelbedarfssätzen an, die (ab ) für Sylvia 288 EUR und für Bernhard und Katrin je 250 EUR monatlich betragen. Dieser Berechnungsmethode ist jedoch entgegenzuhalten, dass der Regelbedarf nur eine gewisse Kontrollgröße bedeutet und entgegen der gesetzlichen Anordnung des § 140 Abs 1 ABGB, wonach die Eltern zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse des Kindes nach ihren Kräften anteilig beizutragen haben, nicht auf die konkreten Lebensverhältnisse des Unterhaltspflichtigen abstellt. Die Zuerkennung des Regelbedarfs ohne Berücksichtigung dieser konkreten Lebensverhältnisse wäre somit gesetzwidrig (Schwimann, Unterhaltsrecht² 31 mwN).

Allerdings macht der Vater zutreffend geltend, die Unterhaltsbemessung der Vorinstanzen berücksichtige seine Leistungsfähigkeit nicht entsprechend. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen bezog der Vater zwischen 1. 1. und 39.275 S (das sind 2.854,23 EUR) und leistete ein monatliches Haushaltsgeld von 8.000 S (das sind 581, 38 EUR) an die Mutter, die selbst 14.000 S monatlich netto verdient. Die ihm auferlegte Unterhaltszahlung an die Kinder allein von insgesamt 20.170 S entspricht einer Belastung von 51,35 % seines Einkommens, ohne dass das auch für den Unterhalt der Kinder geleistete Haushaltsgeld in irgendeiner Weise berücksichtigt wäre.

Im vorliegenden Fall ist daher der Berechnung des Unterhaltsbedarfs der Kinder nach der Prozentmethode der Vorzug zu geben, weil sie es den Kindern ermöglicht, unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Geldunterhaltspflichtigen an seinen Lebensverhältnissen angemessen teilzuhaben. Die Berechnung des Unterhaltsbedarfs nach der Prozentmethode ergibt (unter Berücksichtigung der Sorgepflichten des Vaters für insgesamt drei Kinder, davon eines über 10 Jahren und für eine teilweise berufstätige Ehegattin) einen monatlichen Unterhaltsbetrag von gerundet 457 EUR (das entspricht 16 % der Unterhaltsbemessungsgrundlage) und je 400 EUR für Bernhard und Katrin (das entspricht je 14 % der Unterhaltsbemessungsgrundlage). Die Bemessung des monatlichen Unterhalts in dieser Höhe berücksichtigt sowohl die Bedürfnisse der Kinder als auch die Leistungsfähigkeit des Vaters angemessen. Das von ihm an die Mutter bezahlte Haushaltsgeld mindert die Unterhaltsbeiträge im vorliegenden Fall nicht, weil der auf die Kinder entfallende Anteil am Haushaltsgeld (der wohl schwerlich mehr als ein Fünftel des gesamten Betrages ausmachen wird) dadurch ausgeglichen wird, dass die Sonderzahlungen (13. und 14. Bezug) nicht in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einbezogen wurden. An monatlichen Unterhaltsbeiträgen ab ergeben sich daher rechnerisch für Sylvia 457 EUR und Bernhard und Katrin je 400 EUR. Der Revisionsrekurswerber weist zutreffend auf das Erfordernis hin, bei Berechnung des von ihm schließlich zu leistenden Unterhalts die den Kindern zukommenden Transferleistungen angemessen zu berücksichtigen. Er verweist dazu auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom , B 1285/00. Der Oberste Gerichtshof hat gemäß Art 89 Abs 2 B-VG (Art 140 B-VG) aus Anlass des vorliegenden Revisionsrekurses beim Verfassungsgerichtshof beantragt, § 12a FLAG 1967 idF BGBl 1977/646 als verfassungswidrig aufzuheben. Mit Erkenntnis vom , G 7/02 ua, hat der Verfassungsgerichtshof in § 12a FLAG die Wortfolge “und mindert nicht dessen Unterhaltsanspruch” als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen, dass die aufgehobene Wortfolge nicht mehr anzuwenden ist und frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten. Der Verfassungsgerichtshof hat seine schon im Erkenntnis vom vertretene Auffassung bekräftigt, dass nicht nur die Absetzbeträge (Unterhaltsabsetzbetrag und Kinderabsetzbetrag), sondern auch die Familienbeihilfe der steuerlichen Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen zu dienen habe. Bei verfassungskonformer Auslegung der hier maßgeblichen Rechtslage ist damit bei der Unterhaltsbemessung für Kinder bei getrennter Haushaltsführung darauf Bedacht zu nehmen, dass die Familienbeihilfe nicht (nur) der Abgeltung von Betreuungsleistungen dient, sondern, soweit notwendig, die steuerliche Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen bewirken soll. Nach den Vorgaben des Verfassungsgerichtshofs muss der Geldunterhaltspflichtige für die Hälfte des von ihm gezahlten Unterhalts steuerlich entlastet werden. Dabei ist der jeweilige Grenzsteuersatz maßgebend, der jedoch jeweils um etwa 20 % abzusenken ist, weil das Einkommen typischerweise auch steuerlich begünstigte oder steuerfreie Einkünfte umfasst und die steuerliche Entlastung die Leistungsfähigkeit des Geldunterhaltspflichtigen erhöht. Bei einem Grenzsteuersatz von 50 % gelangt man damit zu einem Steuersatz von 40 %; bei einem Grenzsteuersatz von 41 % - wenn die vom Verfassungsgerichtshof vorgegebene Absenkung proportional fortgeschrieben wird - zu einem Steuersatz von 33 % und bei einem Grenzsteuersatz von 31 % zu einem Steuersatz von 25 %. Für ein proportionales Fortschreiben der vom Verfassungsgerichtshof vorgegebenen Absenkung spricht, dass die Berechnung damit nachvollziehbar wird und für die Anwendung anderer Sätze überzeugende Argumente fehlen.

Der nach den Vorgaben des Verfassungsgerichtshofs abgesenkte Steuersatz ist mit dem halben Unterhaltsbetrag zu multiplizieren; um den sich daraus ergebenden Betrag ist der Geldunterhaltspflichtige steuerlich zu entlasten. Bei der Berechnung der notwendigen steuerlichen Entlastung ist darauf Bedacht zu nehmen, ob der zu entlastende Unterhaltsbetrag zur Gänze im höchsten Einkommensteil Deckung findet oder ob für einen (ins Gewicht fallenden) Teilbetrag der nächstniedrigere Grenzsteuersatz maßgebend ist Die Entlastung wird einerseits durch den beim Geldunterhaltspflichtigen berücksichtigten Unterhaltsabsetz- betrag (§ 33 Abs 4 Z 3 lit b EStG) bewirkt, andererseits sind dazu, soweit der Unterhaltsabsetzbetrag nicht ausreicht, die dem das Kind betreuenden Elternteil zufließenden Transferleistungen - Kinderabsetzbetrag (§ 33 Abs 4 Z 3 lit a EStG) und Familienbeihilfe - heranzuziehen, indem der Unterhaltsbeitrag entsprechend gekürzt wird (zur Berechnung siehe die Beispiele in 4 Ob 52/02d und 1 Ob 79/02b).

Im vorliegenden Fall bezieht der Vater ein monatliches Nettoeinkommen von knapp 40.000 S, sein Bruttoeinkommen ist nicht festgestellt. Vom zu versteuernden Jahresbruttoeinkommen - ohne 13. und 14. Bezug - hängt aber ab, wie hoch der auf das Einkommen des Vaters angewandte Grenzsteuersatz ist. Die Einkommensteuer beträgt nach § 33 Abs 1 EStG für die ersten 3.640 EUR 0 %, für die nächsten 3.630 EUR 21 %, für die nächsten 14.530 EUR 31 %, für die nächsten 29.070 EUR 41 % und für alle weiteren Beträge des Einkommens 50 %. Liegt daher das Bruttojahreseinkommen über 50.870 EUR, so ist der auf 40 % abgesenkte Grenzsteuersatz von 50 % anzuwenden, liegt das Einkommen im Bereich zwischen 21.800 EUR und 50.870 EUR, so ist der auf 33 % abgesenkte Grenzsteuersatz von 41 % maßgeblich; schließlich ist der auf 25 % abgesenkte Grenzsteuersatz von 31 % zu berücksichtigen, wenn das Bruttojahreseinkommen des Unterhaltspflichtigen zwischen 7.270 EUR und 21.800 EUR liegt. Da der Kindesunterhalt jeweils den höchsten Einkommensteilen des Unterhaltspflichtigen zuzuordnen ist, muss bei der Berechnung der notwendigen steuerlichen Entlastung darauf Bedacht genommen werden, ob der zu entlastenden Unterhaltsbetrag zur Gänze im höchsten Einkommensteil Deckung findet oder ob für einen ins Gewicht fallenden Teilbetrag der nächstniedrigere Grenzsteuersatz maßgebend ist.

Das Erstgericht wird das Verfahren durch Feststellung des zu versteuernden Jahresbruttoeinkommens des Vaters (ohne 13. und 14. Gehalt) zu ergänzen haben, um die notwendige steuerliche Entlastung nach den oben wiedergegebenen Grundsätzen berechnen zu können. Da die im Einzelfall vorzunehmende Rechenoperation keine grundsätzlich zu beantwortenden Rechtsfragen berührt, kann sie den Vorinstanzen überlassen werden (§ 16 Abs 4 AußStrG iVm § 510 Abs 1 letzter Satz

ZPO.

Dem Revisionsrekurs war daher Folge zu geben.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2002:0060OB00021.02K.0221.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
HAAAD-56860