OGH vom 27.02.2017, 6Ob20/17k
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz zu FN ***** eingetragenen B***** GmbH mit dem Sitz in *****, wegen Verhängung einer Zwangsstrafe, über den Revisionsrekurs der Geschäftsführerin C***** Z*****, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Anton Waltl ua, Rechtsanwälte in Zell am See, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom , GZ 4 R 219/16g-10, womit der Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom , GZ 51 Fr 5248/16k-5, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Die GmbH, deren Geschäftsführerin die Rechtsmittelwerberin ist, wurde am im Firmenbuch eingetragen. Stichtag für den Jahresabschluss ist der 31. Dezember.
Mit Beschluss des Bezirksgerichts Saalfelden vom wurde über das Vermögen der Geschäftsführerin das Schuldenregulierungsverfahren eröffnet, ihr die Eigenverwaltung entzogen und ein Masseverwalter bestellt.
Mit Zwangsstrafverfügungen vom verhängte das Erstgericht über die Gesellschaft und die Geschäftsführerin wegen bis unterlassener Einreichung des Jahresabschlusses zum je eine Zwangsstrafe von 700 EUR.
Im Einspruch gegen die Zwangsstrafverfügung wendete die Geschäftsführerin ein, ab der Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens träfen die Pflichten der Schuldnerin den Masseverwalter.
Das Erstgericht verhängte über die Geschäftsführerin im ordentlichen Verfahren gemäß § 283 Abs 3 UGB eine Zwangsstrafe von 700 EUR mit der Begründung, sie bleibe ungeachtet der Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens weiterhin Geschäftsführerin der Gesellschaft und sei daher für die Erstellung und Offenlegung des Jahresabschlusses zuständig.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Geschäftsführerin nicht Folge. Es führte aus, nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Kapitalgesellschaft träfen die Pflichten nach §§ 277 ff UGB zwar den Insolvenzverwalter (RIS-Justiz RS0039298). Durch die Eröffnung eines Schuldenregulierungsverfahrens über das Vermögen des Geschäftsführers einer GmbH werde dessen Vertretungs- und Geschäftsführungsbefugnis allerdings nicht berührt (6 Ob 188/99m = RIS-Justiz RS0113250; 8 Ob 281/98a = RIS-Justiz RS0111974). Es träfen ihn daher weiterhin die Buchführungs- und Bilanzierungspflichten. Gemäß § 285 Abs 1 UGB idF Rechnungslegungs-Änderungsgesetzes 2014 (RÄG 2014, BGBl I 2015/22) seien während der Dauer eines Insolvenzverfahrens mit Ausnahme eines Sanierungsverfahrens mit Eigenverwaltung keine Zwangsstrafverfügungen nach § 283 UGB zu erlassen. Diese Bestimmung sei nach § 906 Abs 37 UGB auf Verstöße gegen Offenlegungspflichten, die nach dem gesetzt würden oder fortdauerten, und demnach auch im vorliegenden Zwangsstrafverfahren anzuwenden. § 285 Abs 1 UGB sei nach der Intention des Gesetzgebers (nur) im Fall der Insolvenz einer offenlegungspflichtigen Gesellschaft anzuwenden, weil nach deren Eröffnung die zentrale Warnfunktion der Offenlegung gegenstandslos werde und die Verhängung von Zwangsstrafen gegen den Masseverwalter demnach unbillig erscheine (ErläutRV 367 BlgNR XXV. GP 20). Da durch die Zwangsstrafe nach § 283 UGB die Vorlage des Jahresabschlusses der Gesellschaft erzwungen werden solle und die Eröffnung eines Schuldenregulierungsverfahrens über ein Organ keinerlei Auswirkungen auf die Vorlagepflicht des Organs habe, spreche eine systematisch-teleologische Interpretation dafür, dass trotz eines Schuldenregulierungsverfahrens eines vertretungsbefugten Organs dieses weiterhin durch Zwangsstrafverfügungen zur Vorlage des Jahresabschlusses der Gesellschaft verhalten werden könne (Dokalik in U. Torggler, UGB2§ 285 Rz 4).
Das Rekursgericht ließ den Revisionsrekurs zu, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu § 285 Abs 1 UGB – insoweit – fehle.
Gegen den Beschluss des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs der Geschäftsführerin mit dem sinngemäßen Antrag, die verhängte Zwangsstrafe ersatzlos aufzuheben. Sie beharrt auf ihrer Rechtsauffassung, ab der Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens über ihr Vermögen als Geschäftsführerin träfen die Pflichten der Schuldnerin den Masseverwalter.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, er ist aber nicht berechtigt.
Die Rechtsmittelwerberin wird auf die zutreffenden Ausführungen des Rekursgerichts verwiesen (§ 71 Abs 3 Satz 2 AußStrG), denen sie nichts Stichhaltiges entgegensetzen kann.
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2017:0060OB00020.17K.0227.000 |
Schlagworte: | Gruppe: Handelsrecht,Gesellschaftsrecht,Wertpapierrecht |
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