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OGH 18.04.2013, 5Ob223/12y

OGH 18.04.2013, 5Ob223/12y

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Hofrätin Dr. Lovrek als Vorsitzende, die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Mag. Wurzer und Mag. Malesich als weitere Richter in der Außerstreitsache der Antragstellerin B ***** GmbH, *****, vertreten durch Brandl & Talos Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Ersichtlichmachung eines Superädifikats auf der Liegenschaft EZ ***** GB *****, aus Anlass des Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg als Rekursgericht vom , AZ 22 R 44/12v, womit infolge Rekurses der Antragstellerin der Beschluss des Bezirksgerichts Gänserndorf vom , TZ 1001/2012 (UH 6/12), bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Nach § 89c Abs 5 Z 1 GOG idF BGBl I 2012/26 sind Rechtsanwälte und Notare - nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten - zur Teilnahme am Elektronischen Rechtsverkehr verpflichtet. Ein Verstoß gegen diese Bestimmung ist wie ein Formmangel zu behandeln, der zu verbessern ist (§ 89c Abs 6 GOG idF BGBl I 2012/26). Für Eingaben eines Rechtsanwalts oder Notars ab dem maßgeblichen Stichtag (§ 98 Abs 15 Z 1 GOG), die - wie hier der Revisionsrekurs der Antragstellerin - auf dem Postweg und nicht im Elektronischen Rechtsverkehr eingebracht werden, ist demnach ein Verbesserungsverfahren durchzuführen. Die bisherige Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0124215; RS0124335; RS0124555), die in der nicht auf elektronischem Weg eingebrachten Eingabe keinen die geschäftsordnungsgemäße Behandlung hindernden Formmangel erkannte und von einem folgenlosen Verstoß gegen eine reine Ordnungsvorschrift ausging, kann infolge Änderung der Rechtslage für solche Eingaben seit nicht mehr aufrecht erhalten werden. In gewollter Abkehr von dieser Judikatur müssen die im neu gefassten § 89c Abs 5 GOG idF BGBl I 2012/26 genannten ERV-Teilnehmer/innen in Hinkunft den Elektronischen Rechtsverkehr zwingend verwenden (ErläutRV 1676 BlgNR 24. GP 3). Das gesetzwidrige Absehen von der Nutzung des Elektronischen Rechtsverkehrs durch zur Nutzung Verpflichtete soll - als Verletzung einer zwingend einzuhaltenden Formvorschrift (§ 89c Abs 6 GOG idF BGBl I 2012/26) - zu einem Verbesserungsverfahren und bei einem Ausbleiben der Verbesserung zur Zurückweisung der Eingabe führen (JAB 1699 BlgNR 24. GP 1; RIS-Justiz RS0128266).

Die Rechtsmittelwerberin hat vorliegend den Revisionsrekurs am im Postweg und nicht im Elektronischen Rechtsverkehr eingebracht.

Demnach sind die Akten dem Erstgericht zurückzustellen, welches die Rechtsmittelwerberin gemäß § 75 Abs 2 AußStrG iVm § 10 Abs 4 AußStrG  unter Setzung einer angemessenen Frist zur Einbringung ihres Revisionsrekurses im Elektronischen Rechtsverkehr aufzufordern haben wird. Wird die gesetzte Frist eingehalten, so gilt das Anbringen als zum ursprünglichen Zeitpunkt eingebracht (§ 10 Abs 5 Satz 1 AußStrG).

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr Danzl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragstellerin B *****-GmbH, *****, vertreten durch Brandl & Talos Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Ersichtlichmachung eines Superädifikats auf der Liegenschaft EZ 1 GB *****, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg als Rekursgericht vom , AZ 22 R 44/12v, womit über Rekurs der Antragstellerin der Beschluss des Bezirksgerichts Gänserndorf vom , TZ 1001/2012 (UH 6/12), bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Grundbücherliche Alleineigentümerin der Liegenschaft EZ 1 GB *****, ist die Stadtgemeinde D*****.

Unter Vorlage einer Superädifikatsvereinbarung vom begehrte die Antragstellerin - unter anderem - die Ersichtlichmachung des Superädifikats auf der bezeichneten Liegenschaft zu ihren Gunsten und die Einreihung der Superädifikatsvereinbarung in die Sammlung der gerichtlich hinterlegten Urkunden des Bezirksgerichts Gänserndorf zum Zwecke der Feststellung der Errichtung eines Bauwerks gemäß § 435 ABGB auf dem im Lageplan gemäß Beilage 1 der Superädifikatsvereinbarung vom ausgewiesenen Teil des Grundstücks Nr 1917/31 der EZ 1 GB *****. Weiters begehrte sie die Ersichtlichmachung des Bestehens eines Bauwerks gemäß § 435 ABGB im Gutsbestand.

Die Superädifikatsvereinbarung hat - soweit hier maßgeblich - folgenden Inhalt:

Präambel

...

2. Auf dem Grundstück befinden sich zwei zum Betrieb eines Bauhofs gehörende Lagerhallen, nämlich die „Lagerhalle Ost“ und die „Lagerhalle West“ (im Folgenden „die Lagerhallen“), auf deren Dächern eine Photovoltaikanlage samt der hiefür erforderlichen technischen und baulichen Einrichtungen (im Folgenden „Photovoltaikanlage“) zur Erzeugung elektrischer Energie errichtet wird. Ein genauer Plan des Grundstücks Nr 1917/31, welcher sowohl den Standort der Lagerhallen als auch die geplante Platzierung der Photovoltaikanlage und der elektrischen Leitungen kennzeichnet, ist dieser Vereinbarung als Anlage ./1 angeschlossen.

§ 1

Superädifikat

1. Die Photovoltaikanlage steht im alleinigen Eigentum der B *****, einer im Firmenbuch des Handelsgerichts Wien unter der Firmenbuchnummer FN ***** eingetragenen Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Die Photovoltaikanlage ist mit dem Grundstück nicht dauerhaft fest verbunden und auch nicht in der Absicht, stets auf dem Grundstück zu bleiben, errichtet worden. Es handelt sich daher um ein Bauwerk iSd § 435 ABGB.

2. Die Vertragsparteien halten ausdrücklich fest, dass es sich bei der Photovoltaikanlage um ein Superädifikat handelt. Die Grundstückseigentümerin erkennt, als Alleineigentümerin des Grundstücks Nr 1917/31, das alleinige Eigentum der B ***** an dem Superädifikat ausdrücklich an.

3. Die Grundeigentümerin stimmt der Aufnahme dieser Urkunde in die Sammlung der bei Gericht hinterlegten und eingereihten Liegenschafts- und Bauwerksurkunden durch deren Einreihung gem § 1 Abs 2 Z 2 lit b UHG ausdrücklich zu.

§ 2

Aufsandungserklärung

...

Das Superädifikat wird befristet für den Zeitraum von 25,5 Jahren im Grundbuch eingetragen und erlischt automatisch nach Zeitablauf.

Das Erstgericht wies diesen Antrag ab.

Zunächst sei relevant, dass der Antrag im Elektronischen Rechtsverkehr (ERV) eingebracht worden sei, weshalb die Vorlage der Originalurkunde, aber jedenfalls die einer beglaubigten Abschrift für die Urkundensammlung fehle.

In der Sache selbst vertrat das Erstgericht den Standpunkt, mangels fester Verbindung der Photovoltaikanlage mit dem Boden bestehe keine Sonderrechtsfähigkeit iSd § 435 ABGB. Seiner Zweckbestimmung nach solle ein Gebäude in diesem Sinn auch nicht an einen anderen Ort bewegt werden. Überdies müsse es sich um ein selbständiges Gebäude, nicht aber um einen Gebäudeteil handeln.

Dem dagegen von der Antragstellerin erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge.

Es vertrat zunächst - abweichend vom Erstgericht - die Ansicht, dass auch bei Hinterlegung/Einreihung einer Urkunde in das Urkundenhinterlegungsverzeichnis zulässig sei, den Antrag und die zu hinterlegenden Urkunden im ERV einzubringen.

Im Weiteren teilte das Rekursgericht die Ansicht des Erstgerichts, dass im vorliegenden Fall keine Bauwerkseigenschaft iSd § 435 ABGB vorliege.

Würden Bauwerke mit Zustimmung des Grundeigentümers auf fremdem Grund in der Absicht errichtet, dass sie nicht stets darauf bleiben sollen, handle es sich nach ständiger Rechtsprechung um sogenannte Superädifikate oder Überbauten. Im Gegensatz zu sonstigen Gebäuden, die zufolge § 297 ABGB ins Eigentum des Liegenschaftseigentümers fielen, würden sie nicht Zubehör (Bestandteil einer Liegenschaft), sondern Gegenstand eines besonderen Eigentumsrechts. Das Fehlen der Belassungsabsicht trete im Allgemeinen durch das äußere Erscheinungsbild des Bauwerks hervor, könne sich aber auch aus besonderen Umständen, etwa aus dem zwischen dem Grundeigentümer und dem Erbauer bestehenden Rechtsverhältnis ergeben. So könne etwa auch ein gemauertes und nicht ohne Zerstörung seiner Substanz entfernbares Gebäude ein Überbau sein (RIS-Justiz RS0011243). Es komme nicht auf die (unkontrollierbare) innere Absicht des Erbauers an, sondern auf das äußere Erscheinungsbild, das vornehmlich aus dem Zweck des Gebäudes, aber auch aus seiner Beschaffenheit und den anderen Umständen auf das Fehlen einer Belassungsabsicht schließen lasse (RIS-Justiz RS0009865).

Im vorliegenden Fall ergebe sich die mangelnde dauernde Belassungsabsicht der Photovoltaikanlage der Antragstellerin auf den Lagerhallen der Grundeigentümerin bereits aus dem Inhalt des Vertrags, wonach dieses Rechtsverhältnis nur für einen Zeitraum von 25,5 Jahren bestehen solle. Insofern liege die Voraussetzung für die Bejahung eines Superädifikats vor. Weil beabsichtigt sei, diese Anlage auf dem Dach eines anderen Bauwerks zu errichten, fehle es aber an einer festen Verbindung der Anlage mit dem Boden. Wenn auch nicht ein durchgehender Bodenkontakt erforderlich sei, sodass etwa ein auf Stelzen errichtetes Gebäude dieser Voraussetzung durchaus entspreche, treffe dies doch auf eine Photovoltaikanlage, die keine feste Verbindung zum Boden habe, nicht zu. Auch nach der Verkehrsauffassung entspreche eine derartige Anlage keinem Bauwerk iSd §§ 297, 435 ABGB samt dazu ergangener Judikatur.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR nicht übersteigt, der ordentliche Revisionsrekurs jedoch zulässig ist, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Bauwerkseigenschaft einer Photovoltaikanlage fehle.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinne einer Bewilligung des verfahrensgegenständlichen Antrags; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragstellerin ist aus dem vom Rekursgericht bezeichneten Grund zulässig. Er ist jedoch nicht berechtigt.

1. Bauwerke sind an sich unselbständige Bestandteile der Liegenschaft und folgen dem Eigentum an der Liegenschaft (§§ 294297 ABGB).

2.1. Für das rechtliche Schicksal eines im Einvernehmen der Beteiligten errichteten Bauwerks auf fremdem Grund nach den §§ 297 und 435 ABGB ist wesentlich, in welcher Absicht es aufgeführt wurde. Sollte das Bauwerk stets auf dem Grund bleiben, so wurde es Zubehör desselben, ohne diese Absicht aber ein Superädifikat, das Gegenstand eines selbständigen Eigentumsrechts ist (Klang in Klang2 II 26, 369 f; 7 Ob 540/83 MietSlg 35.044 mwN; Hinteregger in Schwimann/Kodek4 § 435 ABGB Rz 1 mwN).

2.2. Die fehlende Belassungsabsicht, die sich auch aus der Bauart oder dem Zweck des Gebäudes ergeben kann, steht hier aufgrund der ausdrücklichen Verabredung eines befristeten Rechtsverhältnisses fest (5 Ob 36/00f NZ 2000, 382; Eccher in KBB3 § 435 ABGB Rz 2; Hinteregger aaO Rz 4 mwN).

3. Die Qualifikation als Superädifikat iSd § 435 ABGB setzt aber weiters voraus, dass es sich um ein Gebäude oder Bauwerk handelt, das eine sachenrechtliche Verselbständigung und damit eine Eigentumsabspaltung von der Liegenschaft zulässt.

3.1. Dazu verlangt die höchstgerichtliche Rechtsprechung zunächst die grundfeste Errichtung, die nicht in einer Verankerung bestehen muss, sondern bei der es ausreicht, dass das Objekt nicht einfach bewegt werden soll. Im Zweifel ist dabei auf die Verkehrsauffassung abzustellen (RIS-Justiz RS0009921; 5 Ob 116/91 NZ 1992/243; 3 Ob 144/93 SZ 67/1; 3 Ob 119/93 SZ 67/61; 7 Ob 222/00y immolex 2001/169; Zur Frage wirtschaftlich möglicher Trennbarkeit: Kletečka, Der Bauwerksbegriff im Superädifikatsrecht, immolex 2004, 264 mit Darstellung der Rechtsprechung).

3.2. Im gegenständlichen Fall kommt es auf die Frage der Wirtschaftlichkeit einer Trennung für die Superädifikatseigenschaft der Anlage nicht entscheidend an: Hier handelt es sich nämlich um eine Photovoltaikanlage, die in Form einer Aufdachanlage errichtet ist, was bedeutet, dass das vorhandene Gebäude die Unterkonstruktion für die Anlage trägt. Damit besteht aber keine wie immer geartete Verbindung mit dem Grund sondern ausschließlich eine mit einem bestehenden Gebäude. Aufbauten auf realen Gebäuden sind keine Superädifikate (5 Ob 117/91 EvBl 1992/81; 5 Ob 116/91 NZ 1992/243; Hinteregger aaO Rz 7; Mader in Kletečka/Schauer, ABGB-ON § 435 Rz 8).

Auch bei den nicht für Dauer bestimmten Bauwerken muss es sich um selbständige Gebäude, nicht bloß durch Verbindung mit einem bestehenden Gebäude entstandene Gebäudeteile handeln (RIS-Justiz RS0009868).

Ob die Dach-Photovoltaikanlage schon nach allgemeinen sachenrechtlichen Grundsätzen ein sonderrechtsfähiger, selbständiger Bestandteil des Gebäudes und aufgrund wirtschaftlich vernünftiger Trennbarkeit von der Hauptsache ohnedies sonderrechtsfähig ist und daher im Eigentum einer vom Grundeigentümer verschiedenen Person stehen kann, muss hier nicht geklärt werden.

Eine in der Errichtungsart einer Dachanlage hergestellte Photovoltaikanlage ist damit im Ergebnis kein Superädifikat iSd §§ 297, 435 ABGB.

Das hatte iSd § 9 Abs 1 Z 2 UHG zur Abweisung des Antrags auf Ersichtlichmachung des Superädifikats und Einreihung der Superädifikatsvereinbarung zum Zweck der Feststellung der Errichtung eines Bauwerks gemäß § 435 ABGB - und damit zur Bestätigung der Entscheidungen der Vorinstanzen - zu führen.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
Schlagworte
Grundbuchsrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2013:0050OB00223.12Y.0418.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
GAAAD-56694