OGH vom 18.11.2010, 5Nc17/10k
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch und Dr. Lovrek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Manfred H***** und 2. Karlheinz S*****, beide vertreten durch Achammer Mennel Rechtsanwälte OG in Feldkirch, gegen die beklagte Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch Kraft Winternitz Rechtsanwälte Gesellschaft mbH in Wien, wegen 4.600 EUR sA, über den Delegierungsantrag der klagenden Parteien den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache wird anstelle des Handelsgerichts Wien das Landesgericht Feldkirch bestimmt.
Text
Begründung:
Die in 6800 Feldkirch wohnhaften Kläger machen gegen die beklagte Gesellschaft, die ihren Sitz in Wien hat, Ansprüche aus einer behaupteten Falschberatung betreffend ein bestimmtes Finanzierungsmodell geltend, wobei jeweils die Zahlung von 2.000 EUR als Teilbetrag samt Staffelzinsen sowie die Feststellung der Haftung der Beklagten (allerdings nur gegenüber dem Erstkläger) für sämtliche künftige Schäden aus der Beratungstätigkeit begehrt wird.
Die Kläger beantragten, die Rechtssache gemäß § 31 Abs 2 JN aus Zweckmäßigkeitsgründen an das Landesgericht Feldkirch zu delegieren. Sowohl die beiden Kläger als auch sämtliche zu vernehmende Zeugen, insbesondere jene die Verträge vermittelnden und die Beratungsgespräche führenden Mitarbeiter der Beklagten seien in Vorarlberg wohnhaft. Auch die finanzierenden Banken hätten ihren Sitz in Vorarlberg. Bisher wurde die Einvernahme der Kläger als Parteien und die Einvernahme als Zeugen dreier in Vorarlberg wohnender Personen beantragt.
Die Beklagte sprach sich ohne nähere Begründung gegen den Delegierungsantrag der Kläger aus. Die Benennung eines Zeugen durch die Beklagte erfolgte bisher nicht. Als richtig zugestanden wurde die Behauptung der Kläger, dass die Vermittlungen durch den selbständigen (vormaligen) A*****-Berater Lothar S***** erfolgten, einen in Vorarlberg wohnenden Zeugen, dessen Einvernahme die Kläger bereits beantragt haben.
Das Handelsgericht Wien legte den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über den Delegierungsantrag vor und befürwortete die beantragte Delegierung mit der Begründung, dass offensichtlich sämtliche handelnden Personen und Institutionen in Vorarlberg ansässig seien, weshalb die Durchführung des Verfahrens vor dem Landesgericht Feldkirch eine Erleichterung des Gerichtszugangs und eine wesentliche Verbilligung des Rechtsstreits nach sich ziehe. Eine Delegierung erscheine daher zweckmäßig.
Rechtliche Beurteilung
Der Delegierungsantrag ist gerechtfertigt.
Gemäß § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Wenn auch eine Delegierung nur den Ausnahmefall darstellen darf und nicht zu einer Durchbrechung der an sich maßgeblichen gesetzlichen Zuständigkeitsordnung führen soll, kann doch dann, wenn die Frage der Zweckmäßigkeit eindeutig zu Gunsten aller Parteien des Verfahrens gelöst werden kann, auch gegen den Willen der anderen Partei eine Delegierung vorgenommen werden (RIS Justiz RS0046589 ua).
Neben den beiden Klägern und ihrem Rechtsvertreter haben sämtliche bisher angebotenen Zeugen ihren Wohnsitz im Sprengel des Landesgerichts Feldkirch. Insbesondere trifft dies auf den die Veranlagung vermittelnden Zeugen Lothar S***** zu.
Dass die Beklagte ihren Sitz in Wien hat, fällt demgegenüber nicht entscheidend ins Gewicht.
Im Fall der beantragten Delegierung kann der überwiegende Teil des Beweisverfahrens jedenfalls vor dem erkennenden Gericht durchgeführt werden, ohne dass die Zeugen eine weite und (angesichts des insgesamt geringen Streitwerts hier besonders) kostspielige Anreise in Kauf nehmen müssten. Auf diese Weise werden jedenfalls Kosten erspart und eine Erleichterung des Gerichtszugangs bewirkt. Gerade das entspricht der Zielsetzung der Delegierung. Letztlich ist eine auf diese Weise erzielbare Verfahrenskonzentration im Interesse beider Parteien gelegen.
Dagegen spricht auch nicht die allfällige Notwendigkeit der Einholung eines (klägerischerseits bereits beantragten) Sachverständigengutachtens, weil ein solches primär schriftlich (§ 357 ZPO) zu erstatten und nicht zu erkennen ist, dass dies nicht ebenfalls kostengünstiger vom Delegierungsgericht in Auftrag gegeben werden könnte. Allenfalls kommt auch ein Vorgehen nach § 281a ZPO in Betracht.
Insgesamt überwiegen daher die für die Zweckmäßigkeit einer Delegierung sprechenden Gründe.
Spruchgemäß war daher dem Antrag stattzugeben.