OGH vom 29.06.2011, 5Nc11/11d
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätin Dr. Hurch sowie den Hofrat Mag. Wurzer als weitere Richter in der beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien zu AZ 3 Cg 25/11k anhängigen Rechtssache der klagenden Partei I*****, vertreten durch Dr. Clemens Pichler, Rechtsanwalt in Dornbirn, wider die beklagte Partei D*****, vertreten durch Dr. Klaus Oblin, Rechtsanwalt in Wien, wegen 20.000 EUR sA, über den Delegationsantrag der klagenden Partei gemäß § 31 JN den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache wird anstelle des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien das Landesgericht Salzburg bestimmt.
Text
Begründung:
Der Kläger ist der Vater des Beklagten. Er begehrt von diesem 20.000 EUR sA als Schadenersatz, weil der Beklagte seinen PKW der Marke Volvo beschädigt und abredewidrig nicht reparieren lassen habe. Außerdem stellte der Kläger den Antrag, die Rechtssache an das Landesgericht Salzburg zu delegieren. Sämtliche von ihm namhaft gemachten Zeugen hätten ihren Wohnsitz im Sprengel des Landesgerichts Salzburg, sodass durch die Delegierung eine Verfahrensbeschleunigung und eine Reduktion der Verfahrenskosten erreicht werde.
Der Beklagte wendete im Wesentlichen ein, der Kaufpreis für das Fahrzeug sei zwar von seinem Bruder und seinem Vater, dem Kläger, gemeinsam finanziert worden. Dieses sei jedoch für ihn angeschafft und lediglich aus Gründen der Kostenersparnis auf den Kläger zugelassen worden. Er sprach sich gegen die vom Kläger beantragte Delegierung aus. Sowohl er selbst als auch sein Vertreter und ein von ihm namhaft gemachter Zeuge hätten ihren Wohnsitz außerhalb des Sprengels des Landesgerichts Salzburg.
Das Erstgericht nahm zur Zweckmäßigkeit der Delegierung nicht ausdrücklich Stellung, hielt aber fest, dass es beabsichtige, jedenfalls diejenigen Zeugen, die in einem verwandtschaftlichen oder freundschaftlichen Verhältnis zu den Parteien stünden, unmittelbar einzuvernehmen.
Rechtliche Beurteilung
Der Delegierungsantrag ist berechtigt.
Nach § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Eine Delegierung soll allerdings nur den Ausnahmefall darstellen. Keinesfalls soll durch eine zu großzügige Handhabung der Delegierungsmöglichkeiten eine faktische Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung hervorgerufen werden (stRsp; RIS-Justiz RS0046324; RS0046441). Aus Zweckmäßigkeitsgründen soll die Delegierung vor allem dann angeordnet werden, wenn die Übertragung der Zuständigkeit an ein anderes Gericht eine wesentliche Verkürzung beziehungsweise Verbilligung des Verfahrens zu bewirken verspricht. Zweckmäßigkeitsgründe in diesem Sinn sind vor allem der Wohnort der Parteien oder der zu vernehmenden Zeugen (RIS-Justiz RS0046540). Eine Delegierung ist etwa zweckmäßig, wenn sich die Wohnorte der Mehrzahl der Zeugen und einer oder beider Parteien im Sprengel des anderen Gerichts befinden ( Ballon in Fasching ² § 31 JN Rz 7; Fasching Lehrbuch² Rz 209; ähnl Mayr in Rechberger ZPO³ § 31 JN Rz 4; RIS-Justiz RS0046540 [T13, T 18] ua). Demgegenüber kommt dem Kanzleisitz eines Parteienvertreters keine entscheidende Bedeutung zu (RIS Justiz RS0046540 [T14, T 20]).
Alle vom Kläger namhaft gemachten Zeugen (insgesamt neun) haben, wie der Kläger selbst, ihren Wohnsitz im Sprengel des Landesgerichts Salzburg. Dazu kommt, dass auch eine vom Beklagten mit Schriftsatz vom (ON 11) namhaft gemachte Zeugin ihren Wohnsitz im Sprengel dieses Gerichtshofs hat. Demgegenüber wohnt nur der Beklagte selbst im Sprengel des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien. Der Wohnort eines der von ihm beantragten Zeugen befindet sich zwar in örtlicher Nähe zum Sprengel dieses Gerichtshofs. Die beiden übrigen von ihm namhaft gemachten Zeugen haben ihren Wohnsitz hingegen im Ausland.
Der Umstand, dass die weit überwiegende Anzahl der zu vernehmenden Personen ihren Wohnsitz im Sprengel des Landesgerichts Salzburg haben, spricht schon wegen der dadurch zu erwartenden Verfahrensbeschleunigung und Kostenersparnis entgegen der Argumentation des Beklagten eindeutig für die Zweckmäßigkeit der begehrten Delegation. Dem Antrag des Klägers ist daher spruchgemäß stattzugeben.
Fundstelle(n):
KAAAD-56431