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OGH vom 24.03.2010, 3Ob26/10k

OGH vom 24.03.2010, 3Ob26/10k

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie die Hofräte und Hofrätinnen Hon.-Prof. Dr. Sailer, Dr. Lovrek, Dr. Jensik und Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Bundesarbeitskammer, *****, vertreten durch Kosesnik Wehrle Langer, Rechtsanwälte KEG in Wien, gegen die verpflichtete Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch Pressl Endl Heinrich Bamberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen Unterlassung (§ 355 EO; Streitwert 10.000 EUR), über den Revisionsrekurs der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom , GZ 53 R 315/09v 11, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom , GZ 8 E 4801/09w 5, abgeändert wurde, den

B e s c h l u s s

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass die Exekutionsbewilligung des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Die Revisionsrekurskosten der betreibenden Partei in Höhe von 744,43 EUR (darin enthalten 124,07 EUR USt) werden als weitere Exekutionskosten bestimmt.

Text

B e g r ü n d u n g :

Mit Teilanerkenntnisurteil des Landesgerichts Salzburg vom , AZ 10 Cg 15/08a, wurde die Verpflichtete (unter anderem) schuldig erkannt, es im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern nach einem Vertragsabschluss im Fernabsatz zu unterlassen, insbesondere bei telefonischem Vertragsabschluss, trotz deren rechtzeitigem Widerruf der Vertragserklärung die Abstandnahme von ihrer Vertragserklärung zu verweigern, insbesondere durch den unrichtigen Hinweis, dass die Widerrufsfrist nicht mit dem nachfolgenden Erhalt der Belehrung, sondern mit der Abgabe der Vertragserklärung des Verbrauchers im Fernabsatz zu laufen begonnen hätte, oder durch die Unterstellung einer nur zwei Wochen währenden Rücktrittsfrist, obwohl diese infolge unvollständiger Belehrung über das Rücktrittsrecht drei Monate beträgt. Die Vollstreckbarkeit dieses Urteils wurde am bestätigt.

Am beantragte die Betreibende, ihr aufgrund des genannten Teilanerkenntnisurteils die Unterlassungsexekution zu bewilligen und über die Verpflichtete eine Beugestrafe zu verhängen, weil sie auch nach Rechtskraft des Exekutionstitels einer bestimmten Verbraucherin den Vertragsrücktritt verwehre. Diese habe keine schriftliche Belehrung über ihr Rücktrittsrecht erhalten, weshalb der am anwaltlich erklärte Rücktritt vom (angeblich) am geschlossenen Vertrag rechtzeitig sei. Die Verpflichtete stelle dieser Verbraucherin weiterhin Gebühren in Rechnung, deren Bezahlung sie unter Androhung der Einschaltung eines Inkassobüros und der Einleitung eines Strafverfahrens weiterhin fordere, ohne bereit zu sein, der Verbraucherin das ihr zustehende Rücktrittsrecht zu gewähren.

Die Verpflichtete äußerte sich zu den Strafbemessungsgründen und gestand darüber hinaus zu, dass zum damaligen Zeitpunkt (mittlerweile festgestellt: unberechtigter Weise) ein Rücktritt vom Vertrag abgelehnt worden sei. Die Unterlassungspflicht aus dem Teilanerkenntnisurteil gelte aber nur für Vertragsabschlüsse und Vertragsrücktritte, zu denen es erst nach Volsltreckbarkeit des Titels gekommen sei.

Das Erstgericht bewilligte antragsgemäß die Unterlassungsexekution und verhängte über die Verpflichtete eine Geldstrafe von 5.000 EUR. Ausgehend von den Behauptungen im Exekutionsantrag liege ein Verstoß gegen den Unterlassungsanspruch vor. Der Verpflichteten wäre es auch oblegen, eine vor der Schaffung des Titels vorhandene Störquelle zu beseitigen. Es sei daher nicht von Bedeutung, dass der angeführte Vertragsabschluss oder die angeführte Rücktrittserklärung datumsmäßig vor der Titelentscheidung gelegen sei.

Das Rekursgericht wies das Exekutionsbegehren über Rekurs der Verpflichteten ab. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht jedoch 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil zur Reichweite eines Unterlassungsgebots im Zusammenhang mit der Bestimmung des § 5e KSchG noch keine oberstgerichtliche Rechtsprechung bestehe. Bereits vor Erlassung des Teilanerkenntnisurteils habe die Verpflichtete ihren Willen erklärt, den Vertragsrücktritt der Verbraucherin abzulehnen. Gehe man vom gesetzlich bezweckten Verbraucherschutz aus, so solle der Verbraucher erkennbar davor geschützt werden, durch unrichtige oder fehlerhafte Informationen um das Rücktrittsrecht gebracht zu werden. Allein das Vertreten einer allenfalls unrichtigen Rechtsauffassung gegenüber einem für den Verbraucher einschreitenden Rechtsanwalt könne nicht unter das Unterlassungsgebot subsumiert werden. Dieses könne nicht dahin verstanden werden, dass die Verpflichtete nunmehr generell verhalten wäre, von einer Ablehnung des Widerrufs oder des Rücktritts von einer Vertragserklärung durch den Verbraucher nachträglich wieder abzugehen, wenn dieser vor Erlassung des Teilanerkenntnisurteils erfolgt sei. Vom Zuwiderhandeln gegen ein „gleich gerichtetes“ Unterlassungsgebot könne nicht ausgegangen werden, zumal die Bestimmung des § 30 Abs 1 KSchG iVm § 28a KSchG nicht auf die Bestimmung des § 15 UWG verweise, aus der sich ein umfassender Beseitigungsanspruch ableiten ließe.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Betreibenden, mit dem sie die Wiederherstellung der erstgerichtlichen Exekutionsbewilligung sowie der Verhängung einer Geldstrafe anstrebt, ist zulässig und berechtigt.

Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass sich das Gericht bei Bewilligung der Exekution nur an den Titel zu halten hat, die Verpflichtung also nur aufgrund des Titels festzustellen ist (RIS-Justiz RS0000207, RS0000205). Nur ein Verhalten des Verpflichteten, welches eindeutig gegen das im Exekutionstitel ausgesprochene Unterlassungsgebot verstößt, rechtfertigt die Exekutionsschritte gemäß § 355 EO (RIS Justiz RS0000595); nicht die materielle Rechtslage, sondern allein der Inhalt des Exekutionstitels selbst ist für den Umfang der Exekutionsbewilligung sowie für die Verhängung einer Beugestrafe maßgebend (RIS Justiz RS0000279).

Nach dem hier zu beurteilenden Exekutionstitel ist es der Verpflichteten untersagt, Verbrauchern nach einem Vertragsabschluss im Fernabsatz, insbesondere bei telefonischem Vertragsabschluss, trotz deren rechtzeitigem Widerruf der Vertragserklärung die Abstandnahme von ihrer Vertragserklärung zu verweigern. Dieser Exekutionstitel erfasst daher alle nach Eintritt seiner Vollstreckbarkeit von der Verpflichteten gegenüber Verbrauchern gesetzten Handlungen, die die Ablehnung eines rechtzeitigen Vertragswiderrufs bedeuten und Verbraucher davon abhalten sollen, sich von ihren vertraglichen Verpflichtungen zu befreien. Das die mit „insbesondere ...“ eingeleitete nähere Erläuterung des Unterlassungsgebots keine Einschränkung des allgemein gehaltenen Exekutionstitels bedeutet, hat das Rekursgericht zutreffend festgehalten (3 Ob 42/94 = WBl 1995, 383; RIS Justiz RS0079171). Nach dem Wortlaut des Exekutionstitels kommt es gerade nicht darauf an, ob der Vertragsabschluss und die Rücktrittserklärung des Verbrauchers vor oder nach Erlassung oder Rechtskraft des Unterlassungsgebots erfolgten, sondern es wird ausschließlich auf die Verweigerung der Abstandnahme von der Vertragserklärung abgestellt. Eine solche erfolgte aber nach den maßgeblichen Behauptungen der Betreibenden nach Vollstreckbarkeit des Unterlassungstitels. Das die von der Betreibenden behauptete Weigerung der Verpflichteten ungeachtet des berechtigten Vertragsrücktritts der Verbraucherin erklärt wurde, hat die Verpflichtete in ihrer Stellungnahme selbst eingeräumt. Die beantragte Unterlassungsexekution war daher zu bewilligen.

Die Frage, ob ein Unterlassungsanspruch nach § 355 EO auch im Fall eines aufgrund einer Verbandsklage erlassenen Unterlassungsgebots einen Beseitigungsanspruch beinhaltet, ob § 15 UWG hier auch anzuwenden ist oder eine Analogie hiezu zu ziehen wäre, muss hier nicht untersucht werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 74 EO.