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OGH vom 01.06.1995, 6Ob572/95

OGH vom 01.06.1995, 6Ob572/95

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Redl, Dr.Kellner, Dr.Schiemer und Dr.Prückner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dipl.Ing.Hermann K*****, vertreten durch Dr.Wolfgang Berger und andere Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Engelbert B*****, vertreten durch Dr.Margit Kaufmann, Rechtsanwältin in Wien, wegen 249.735,20 S sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS als Berufungsgericht vom , AZ 41 R 398/93 (ON 26), womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom , GZ 6 C 3213/91a-17, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichtes im klagsstattgebenden Umfang (Punkte 1 bis 3 des Spruches) wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 43.625,40 S bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin enthalten 13.290 S Barauslagen und 5.055,90 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte ist Alleineigentümer des neu errichteten Wohnhauses in W*****., K*****, dessen Innenausbau erst Anfang Oktober 1991 fertiggestellt worden ist.

Da der bis dahin in G***** lebende Kläger mit eine neue Arbeitsstelle in W***** anzutreten hatte, begann er Mitte des Jahres 1991 mit der Wohnungssuche in Wien und stieß dabei Ende Juli auf ein Inserat der A***** Gesellschaft mbH (im folgenden kurz "Fa.A*****" genannt), in welchem Neubauwohnungen in F***** mit einem zu leistenden Baukostenzuschuß zwischen 195.000 S und 320.000 S und einem Mietzins von 100 S per m2 angeboten wurden. Da der Kläger eine Neubauwohnung anmieten wollte, weil er davon ausging, daß eine solche keine gröberen Mängel oder Fehler aufweisen werde, nahm er die Vermittlungsdienste der genannten Immobilienmaklerin in Anspruch, welche ihm das damals noch nicht abgeschlossene Bauvorhaben des Beklagten namhaft machte. Am unterzeichnete der Kläger ein Mietanbot betreffend die Wohnung top.Nr.8 im Haus des Beklagten mit der Verpflichtung zur Bezahlung eines Baukostenzuschusses von 195.000 S und gegen Zahlung einer Vermittlungsprovision von 29.718 S an die Fa.A*****. Über ausdrücklichen Wunsch des Klägers sollte in der Wohnung im Badezimmer eine Brausetasse eingemauert und verfliest sowie eine Kalt- und Warmwasserzuleitung, Abflußrohre bis zum Bodenablauf, ein Brauseschlauch und eine Schubstange installiert und im WC der Spülkasten eingemauert und eine Schalenabsaugung hergestellt werden. Die Kosten für diese, in der Folge auch durchgeführten Installationen betrugen 28.632 S.

Den Baukostenzuschuß finanzierte der Kläger im Wege der Aufnahme eines "Privat-Sofort-Kredites/Wohnungskredites" bei der C***** in Höhe von 195.000 S und mit einem Zinssatz von 10,97 % p.a. Hiefür hatte er eine einmalige Bearbeitungsgebühr von 975 S und Kreditvertragsgebühren von 1.560 S zu entrichten; hinzu kamen noch 2.925 S für die von ihm abgeschlossene Kreditrestschuldversicherung.

Am überwies der Kläger an die Fa.A***** sowohl den Baukostenzuschuß von 195.000 S als auch die Vermittlungsprovision von

29.718 S.

Am schloß der Kläger mit dem Beklagten, vertreten durch die Hausverwalterin Isolde P***** den schriftlichen Mietvertrag über die Wohnung top.Nr.8 im Hause W*****., K*****, bestehend aus zwei Zimmern, Küche, Vorraum, Bad und WC mit einer Gesamtnutzfläche von 74,23 m2 ab. Der vereinbarte Hauptmietzins betrug 7.434 S. Das auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Mietverhältnis sollte am beginnen und von beiden Teilen unter Einhaltung einer einmonatigen Kündigungsfrist zum Ende des Kalendermonates gerichtlich aufgekündigt werden können. Die Wohnung sollte als "Neubau-Erstbezug" brauchbar sein (Beilage A = 1). Die zugleich abgeschlossene "Zusatzvereinbarung zum Mietvertrag vom " lautete auszugsweise wie folgt:

".........

2) Die Wohnungen sind wie folgt ausgestattet:

Küche: E-Herd m.Ceranplatte und Backrohr, Kleinküchenteil

m. Abwaschbecken, Abtropftasse, Geschirrspüler; Boden verfliest.......

3) Auf Wunsch des Mieters wurde eine Entlüftung der WC-Muschel

installiert. Ebenso eine Brausetasse im Badezimmer. Dies auf Kosten

des Mieters.

...........

8) Der/Die Mieter erlegen bei Abschluß des Mietvertrages einen

einmaligen nicht rückzahlbaren Baukostenzuschuß in der Höhe von

195.000 S. Der/Die Mieter erhalten ein einmaliges Weitergaberecht auf

die Dauer von 20 Jahren und darf der Baukostenzuschuß abwertend für

diesen Zeitraum vom Nachmieter verlangt werden. Eine Rücklösung des

Baukostenzuschusses durch den Vermieter erfolgt nicht.

.............."

Für die Vergebührung des Mietvertrages überwies der Kläger Mitte September 1991 den Betrag von 5.426 S an die Hausverwaltung Isolde P*****.

Anläßlich der für den festgesetzten Schlüsselübergabe traf die Gattin des Beklagten mit den Wohnungsmietern der im Parterre des Hauses gelegenen Garage zusammen. Dort unterschrieb der Kläger eine vorbereitete Bestätigung der Schlüsselübergabe sowie ein Anmeldeformular der W*****-Elektrizitätswerke für die Zählermontage (für diese Zählermontage hatte der Kläger in der Folge den Anschlußpreis von 14.131,20 S bis längstens an die W*****-Elektrizitätswerke zu entrichten). Erst danach konnte er die Wohnung besichtigen und mußte dabei folgende Mängel feststellen:

Abgesehen davon, daß die in der Zusatzvereinbarung zum Mietvertrag angeführte Küchenausstattung (E-Herd, Kleinküchenteil mit Abwaschbecken, Abtropftasse und Geschirrspüler) fehlten, waren die Fernseh-Steckdosen und die Sprechanlage mit dem Türöffner noch nicht angeschlossen. Die Wände und Decken der Räume wiesen stellenweise größere Unebenheiten auf; die Malerei war nicht flächendeckend ausgeführt und wies Blasen auf. Bei den Holzdecken im Bad und im WC fehlten die Randleisten; die Stöße der Nut- und Federbretter war uneben und die Kanten waren rauh. Die Lackierung des Türstockes der Wohnungseingangstür wies Blasen auf. Die Türblätter im Wohnungsinneren waren verzogen, sodaß die Türen nur mit Kraftanstrengung geschlossen werden konnten; sie waren auch unterschiedlich hoch abgeschnitten oder eingesetzt, sodaß einzelne Türen einen zu hohen Bodenabstand (Verbindungstüre zwischen den beiden Zimmern: 2,5 cm) aufwiesen. Die Türen waren nach dem Abschneiden nicht nachbehandelt worden, sodaß teilweise noch Furnierspäne wegstanden. Die Wandfliesen waren bei der Türzarge des Bades überstehend verlegt. Bei den Parkettböden im Vorzimmer und in den beiden Zimmern fehlten die Sesselleisten; der Abstand zwischen dem Holzboden und den Wänden betrug stellenweise 3 cm. Bei der Türe vom Vorzimmer zum straßenseitigen Zimmer sowie zwischen den beiden Zimmern wies der Parkettboden Aufwölbungen auf; die fehlende Trittfestigkeit manifestierte sich durch Nachgeben und hörbares Krachen. Der Fliesenboden in der Küche war ohne Wischsockel verlegt worden. Bei den Heizungsrohren ragten deren Umhüllungen noch aus den Fußbodenauslässen heraus; die Heizungsrohre zu den einzelnen Heizkörpern waren nicht lackiert. Die Thermostatventile waren entgegen der Montageanleitung senkrecht eingebaut. Die Steckdosen in der Küche ragten bis zu 6 mm über den Verputz heraus. Die Wohnungseingangstüre wies einen nach außen hinausragenden Schloßzylinder auf.

Mit Ausnahme der Wand- und Deckenunebenheiten, des herausragenden Schloßzylinders der Eingangstür und der verkehrt montierten Thermostatventile sind alle diese Mängel auch für einen Neubauwohnung unüblich.

Sofort nach der Wohnungsbesichtigung teilte der Kläger der Gattin des Beklagten mit, daß er die Wohnung so nicht übernehme und gab ihr zur Durchführung der erforderlichen Verbesserungsarbeiten einen Schlüsselsatz der Wohnung zurück. Am gab der Kläger ein an den Beklagten gerichtetes Schreiben zur Post, welchem er eine Liste der von ihm festgestellten Wohnungsmängel beilegte. Im Schreiben selbst wies der Kläger darauf hin, daß die Wohnung in diesem Zustand keinesfalls beziehbar sei und setzte fort wie folgt:

"Ich gehe davon aus, daß die Übergabe der Wohnung daher zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt, möchte aber festhalten, daß ich beabsichtige, die Wohnung bis spätestens ab 1.November einzurichten. Ist eine Übergabe Ihrerseits jedoch früher möglich, so ersuche ich Sie um eine kurze Mitteilung. Im gegenständlichen Fall ist daher bis zur Beseitigung der Mängel die Mietzinsvorschreibung auszusetzen bzw erst ab Bezugsfertigkeit der Wohnung angebracht."

Am gab der Kläger ein an die Hausverwalterin Isolde P***** gerichtetes Schreiben zur Post, in welchem er auf die Mietvorschreibung für den Oktober 1991 Bezug nahm und folgendes mitteilte:

"Da die Wohnung am 4.Oktober in keinem bezugsfertigen Zustand war und seitens des Vermieters noch etliche Arbeiten durchzuführen sind (1 Schlüsselsatz ist deshalb auch bei Fr.B*****), teile ich Ihnen mit, daß ich keine Zahlungen leisten werde, solange der Vermieter nicht die vereinbarten Leistungen erbracht hat.

Ich erkläre nochmals, daß ich zur Erbringung dieser Leistungen eine Frist bis 31.Oktober setze, andernfalls ich vom Vertrag zurücktreten werde. Zur Rückerstattung des bezahlten Baukostenzuschusses sowie zur Erstattung weiterer von mir geleisteter Zahlungen werde ich dann gerichtliche Schritte unternehmen."

Am erhielt der Kläger das Antwortschreiben der Hausverwalterin vom , mit dem sie den Erhalt seines Schreibens vom und dessen Weiterleitung an den Beklagten bestätigte. Ihr sei heute mitgeteilt worden, daß diverse Mängel bereits behoben wurden. Sie ersuchte den Kläger, sich direkt mit dem Beklagten oder mit Herrn M***** in Verbindung zu setzen. Trotz zahlreicher Versuche gelang es aber dem Kläger zunächst nicht, den Beklagten telefonisch zu erreichen. Er konnte nur mit dem Baupolier sprechen; dieser war aber so unfreundlich, daß der Kläger den Eindruck gewann, der Beklagte wolle die verlangten Verbesserungen nicht vornehmen. Etwa eine Woche vor dem konnte dann der Kläger mit dem Beklagten selbst telefonieren, welcher jedoch erklärte, daß keine Mängel existierten. Hiedurch fühlte sich der Kläger hintergangen; er verlor das Vertrauen zum Beklagten.

Am besichtigte der Kläger die Wohnung neuerlich unter Beiziehung des allgemein beeideten gerichtlichen Sachverständigen Dipl.Ing.Gerhard P*****, welchen er vorsorglich mit der Erstellung eines Privatgutachtens über den Zustand der Wohnung beauftragt hatte. Es war zwar in der Zwischenzeit die am noch fehlende Geräteausstattung in der Küche montiert worden, alle anderen Mängel waren aber nach wie vor vorhanden, obwohl sie durchwegs mit einem wirtschaftlich vernünftigen Aufwand binnen einem Monat hätten saniert werden können.

Mit Schreiben vom an die Hausverwalterin Isolde P***** wies der Klagevertreter darauf hin, daß die gerügten Wohnungsmängel innerhalb der gesetzten Nachfrist großteils nicht behoben worden seien und erklärte namens des Klägers den Rücktritt von dem am abgeschlossenen Mietvertrag. Die vom Kläger in der Kanzlei des Klagevertreters hinterlegten Wohnungsschlüssel könnten dort während der Kanzleistunden abgeholt werden. Zugleich wurde die Hausverwalterin aufgefordert, dem Kläger den - näher aufgeschlüsselten - Gesamtbetrag von 259.899,20 S zu ersetzen.

Mit Schreiben vom antwortete die Hausverwalterin dahin, daß sie im Auftrag des Beklagten die Forderungen des Klägers nicht anerkenne, da die Wohnung beziehbar sei. Im Hinblick auf das dem Kläger eingeräumte vertragliche Weitergaberecht stehe es ihm frei, das Mietobjekt weiterzugeben.

Der Beklagte kündigte sodann dem Kläger die Wohnung mit gerichtlicher Aufkündigung vom wegen "Nichtbezahlung des Mietzinses, kein dringendes Wohnbedürfnis am Objekt" auf. In seinen fristgerecht erhobenen Einwendungen wies der Kläger darauf hin, daß die Kündigung unzulässig sei, weil er mit Schreiben vom den Rücktritt vom Mietvertrag erklärt habe. Im Kündigungsverfahren trat am "Ruhen des Verfahrens" ein. Dem lag eine Vereinbarung der Parteienvertreter zugrunde, welche die Beklagtenvertreterin mit Schreiben vom wie folgt festgehalten hatte:

"Im Räumungsverfahren vor dem BG F***** zu GZ ***** (= Kündigungsverfahren) tritt ewiges Ruhen ein.

Ungeachtet des zweiten, vor dem BG F***** anhängigen Verfahren wegen gerechtfertigtem Rücktritt vom Vertrag zu GZ ***** (= gegenständliches Verfahren) ist das Vertragsverhältnis zwischen den Streitteilen jedenfalls mit beendet.

Mein Herr Mandant (= Beklagter) wird unverzüglich, nachdem er einen Nachmieter gefunden hat, den von Ihrem Mandanten (= Kläger) geleisteten Baukostenzuschuß in Höhe von 195.000 S abzüglich des Betrages für die Sonderausstattung und der bis einschließlich April 1992 aufgelaufenen Zinsen (offenbar gemeint: Mietzinse) auf Ihr Konto zur Überweisung bringen.

Ich erlaube mir festzuhalten, daß Frau Kollegin V***** die Schlüssel, obiges Objekt betreffend, anläßlich der nächsten Kommission ins LG in meiner Kanzlei erlegen wird."

Am hat die Beklagtenvertreterin vom Klagevertreter die restlichen Wohnungsschlüssel übernommen.

Der Beklagte betraute sodann abermals die Fa.A***** mit der Vermittlung einer Neuvermietung der Wohnung top.Nr.8. Mit Mietvertrag vom wurde die Wohnung ab an Brigitte S***** zu einem vereinbarten Hauptmietzins von 5.947,20 S vermietet. Brigitte S***** bezahlte den von ihr verlangten, nicht näher aufgeschlüsselten Baukostenzuschuß von 200.000 S. In der Zusatzvereinbarung zum Mietvertrag wurde auf die Sonderausstattung "Dusche" sowie "Entlüftung der WC-Muschel" hingewiesen.

Mit der Behauptung, daß die angemietete Wohnung trotz Nachfristsetzung und Rücktrittsandrohung vom Beklagten nicht sach- und fachgerecht fertiggestellt worden sei, weshalb er vom geschlossenen Mietvertrag zurückgetreten sei, begehrt der Kläger vom Beklagten die Rückzahlung des Baukostenzuschusses von 195.000 S sowie - aus dem Titel des Schadenersatzes wegen schuldhafter Nichterfüllung des Vertrages - den Ersatz seiner frustrierten Kosten, nämlich der an die Fa.A***** bezahlten Vermittlungsprovision von 29.718 S, der Kreditbearbeitungsgebühr von 975 S, der Kreditvertragsgebühr von

1.560 S, der Kreditrestschuldversicherung von 2.925 S, der Mietvertragsvergebührung von 5.426 S und der Kosten der Zählermontage von 14.131,20 S, insgesamt daher die Zahlung von 249.735,20 S sA. Der Beklagte habe überdies die Rückzahlung des Baukostenzuschusses abzüglich des Betrages für die Sonderausstattung und der Zinse bis inklusive April 1992 ungeachtet seines Prozeßstandpunktes bereits zugesagt (ON 15 S 71).

Der Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Der Vertragsrücktritt des Klägers sei unwirksam, weil die von ihm beanstandeten Mängel der Wohnung gar nicht wesentlich gewesen seien, seien solche doch "einem Neubau immanent". Außerdem seien die Mängel noch im Oktober 1991 behoben worden. Im übrigen wendet der Beklagte aufrechnungsweise gegen die Klagsforderungen Gegenforderungen im Gesamtbetrag von 480.033,01 S ein, die sich wie folgt zusammensetzen:

20.000 S Vermieterprovision für die Neuvermietung der Wohnung; 28.000 S für die vom Kläger gewünschte Sonderausstattung in Bad und WC; 75.201,01 S an vom Kläger nicht geleisteten Mietzinsen für die Monate Oktober 1991 bis April 1992; 356.832 S aus dem Titel des Schadenersatzes, weil die Nachmieterin nur einen um 1.486 S geringeren Mietzins leiste, wobei diese monatliche Differenz auf die gesamte 20-jährige Laufzeit des vereinbarten Weitergaberechtes umzulegen sei.

Das Erstgericht erkannte die Klagsforderung als mit dem Betrag von 249.735,20 S zu Recht bestehend, die aufrechnungsweise eingewendeten Gegenforderungen des Beklagten von 480.033,01 S als nicht zu Recht bestehend und sprach den Beklagten schuldig, dem Kläger den Betrag von 249.735,20 S samt 10,97 % Zinsen aus 195.000 S seit und 4 % Zinsen aus 40.604 S vom bis und aus 54.735,20 S seit zu bezahlen. Das darüber hinausgehende Zinsenmehrbegehren wies es - mittlerweile in Rechtskraft erwachsen - ab. Da der Kläger die Wohnung am nicht vorbehaltslos übernommen, sondern die Behebung der Wohnungsmängel und eine neuerliche Übergabe verlangt habe, sei er gemäß § 918 Abs 1 ABGB unter Fristsetzung für die Nachholung der Vertragserfüllung zum Rücktritt berechtigt gewesen. Der Beklagte habe auch innerhalb der Nachfrist die gravierenden Wohnungsmängel nicht behoben, weshalb der Rücktritt des Klägers zu Recht erfolgt sei. Der Beklagte habe ihm daher gemäß § 921 Satz 2 ABGB den empfangenen Baukostenzuschuß zurückzustellen. Da der Beklagte gegen die ihn gemäß § 1096 ABGB treffende Verpflichtung verstoßen habe, weil er die Wohnung dem Kläger nicht in "brauchbarem Stande" übergeben habe, und ihn daran zufolge der Beweislastumkehr des § 1298 ABGB auch ein Verschulden treffe, sei er dem Kläger gegenüber zum Ersatz des positiven Vertragsinteresses verpflichtet. Er habe ihm daher auch alle frustrierten Kosten zu ersetzen, die im Zusammenhang mit dem Abschluß des Mietvertrages aufgelaufen seien. Den aufrechnungsweise eingewendeten Gegenforderungen des Beklagten fehle aber schon deshalb jedwede rechtliche Grundlage, weil sich der Kläger nicht rechtswidrig verhalten habe.

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Das Erstgericht habe übersehen, daß dem Kläger die Wohnung am mit der Ausfolgung der Schlüssel bereits übergeben worden sei. Nach Übergabe des Bestandgegenstandes sei aber ein Rücktritt vom geschlossenen Bestandvertrag gemäß § 918 ABGB nicht mehr möglich. Es komme nur noch eine vorzeitige Auflösung des Vertrages gemäß § 1117 ABGB in Betracht. Die festgestellten Mängel der Wohnung hätten aber nicht die nach dieser Gesetzesstelle erforderliche Qualifikation aufgewiesen, sei doch die Wohnung trotz der - allerdings als unbedeutend zu qualifizierenden - Mängel nicht in einem Zustand gewesen, welcher sie zum bedungenen Gebrauch des Wohnens untunlich oder unbrauchbar gemacht hätte. Mangels eines wirksamen Vertragsrücktrittes stehe dem Kläger auch kein Aufwandsersatz zu. Da er sein Begehren nur auf den Titel des Schadenersatzes gestützt habe, könne dahingestellt bleiben, ob er in bezug auf den Baukostenzuschuß allenfalls einen Bereicherungsanspruch hätte.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes schon deshalb zulässig, weil zur Frage, ob eine "Übergabe" des Bestandobjektes durch den Vermieter im Sinne des § 1096 ABGB in jedem Falle schon mit der Ausfolgung der Schlüssel bewirkt ist, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt; das Rechtsmittel ist auch berechtigt.

Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung können Dauerschuldverhältnisse, zu denen auch ein Bestandvertrag zählt, mit Wirkung ex tunc durch Rücktritt gemäß §§ 918 ff ABGB aufgelöst werden, solange sie noch nicht in das Abwicklungsstadium getreten sind (Reischauer in Rummel, ABGB2 Rz 13 vor §§ 918 bis 933 und die dort angeführte Rechtsprechung; SZ 59/91; MietSlg 40.069). Auch ein Mieter kann demnach bei nicht gehörigem Übergabeanbot des Vermieters seinen Rücktritt vom noch nicht in Vollzug gesetzten Mietvertrag erklären (§ 918 ABGB), liegt doch insoweit ein Leistungsverzug des Vermieters vor, welcher den Mieter auch zur Nichtannahme berechtigt (Würth in Rummel, ABGB2 Rz 3 zu § 1096). Gemäß § 1096 Abs 1 ABGB ist der Vermieter verpflichtet, "das Bestandstück auf eigene Kosten in brauchbarem Stande zu übergeben". Erst mit der "Übergabe" des Bestandgegenstandes an den Mieter wird demnach der Mietvertrag in Vollzug gesetzt. Bis dahin kann der Mieter ein nicht gehöriges Übergabeanbot des Vermieters auch ablehnen und nach § 918 Abs 1,

2. Alternative, ABGB vorgehen. Hat er jedoch den Bestandgegenstand einmal übernommen, so kann er ohne Rücksicht darauf, ob sich dieser in einem vertragsgemäßen Zustand befunden hat oder nicht, nur noch Ansprüche auf die gesetzliche Zinsminderung (§ 1096 Abs 1 Satz 2 ABGB) geltend machen und - bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 1117 ABGB - das Bestandverhältnis mit Wirkung ex nunc zur vorzeitigen Auflösung bringen.

"Übergabe" des Bestandobjektes im Sinne des § 1096 ABGB ist die Verschaffung des bedungenen Gebrauches daran. Bei einer Wohnraummiete muß also der Mieter durch die Übergabe in die Lage versetzt werden, die Räumlichkeiten als Wohnung in Gebrauch zu nehmen. Zur Ausübung einer entsprechenden Sachherrschaft über das Bestandobjekt ist dabei sicherlich auch die Ausfolgung der Wohnungsschlüssel erforderlich.

Sie allein reicht aber entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes

nicht in jedem Falle dazu aus, dem Mieter schon den bedungenen

Gebrauch der Wohnung zu verschaffen: Man denke etwa nur daran, daß

sich in der Wohnung noch Sachen Dritter oder gar Personen befinden,

die dem Mieter die Ingebrauchnahme verwehren. Die Ausfolgung der

Schlüssel allein führt aber auch dann noch nicht zur gehörigen

"Übergabe" des Bestandobjektes, wenn der Mieter - wie hier - die

Wohnung vor der Schlüsselübergabe noch nicht in Augenschein nehmen

konnte, weil sie bis dahin noch gar nicht fertiggestellt war. Erklärt

der Mieter in einem solchen Fall sofort nach der erstmaligen

Besichtigung, daß er die Wohnung im vorgefundenen Zustand nicht

übernimmt, solange die von ihm beanstandeten Mängel nicht behoben

sind und eine neuerliche Übergabe stattgefunden hat, und stellt er

dem Vermieter überdies einen Schlüsselsatz zur Vornahme der

erforderlichen Arbeiten in der Wohnung zurück, so hat der Mieter

jedenfalls die Übernahme des Bestandgegenstandes verweigert und damit

das Übergabeangebot des Vermieters abgelehnt.

Es kommt daher entscheidend darauf an, ob die Wohnung am

tatsächlich nicht die nach dem Vertrag und nach der Verkehrssitte

vereinbarte "Brauchbarkeit" (Würth aaO Rz 4 zu § 1096; JBl 1987, 250;

MietSlg 42.097) aufgewiesen hat. Diese war nicht gegeben, sollte doch

die Wohnung laut Mietvertrag als "Neubau-Erstbezug" brauchbar sein.

Demgegenüber fehlte aber am nicht nur die vertraglich

zugesicherte Geräteausstattung in der Küche, sondern die Wohnung wies

darüber hinaus noch eine Fülle von - teilweise gravierenden - Mängeln

auf, wie sie sonst Neubauwohnungen üblicherweise nicht anhaften:

Hervorzuheben sind etwa nur die Aufwölbungen des Parkettbodens und

das Fehlen der Sesselleisten, welche einer Möblierung der beiden

Zimmer und des Vorzimmers entgegenstanden; desgleichen der Zustand

der Türblätter und die zum Teil fehlende (Heizungsrohre) oder doch

mangelhafte (Türstock der Eingangstüre) Lackierung sowie die Mängel

der Malerei. Der Beklagte befand sich daher bereits am mit

der Erfüllung der ihn treffenden Verpflichtungen des Mietvertrages

vom in Verzug. Da er den ihm gemäß § 1298 ABGB obliegenden

Entlastungsbeweis gar nicht angetreten hat, liegt überdies eine

schuldhafte Nichterfüllung vor. Der Kläger hatte daher gemäß § 918

Abs 1 ABGB die Wahl, entweder auf der Erfüllung zu bestehen und

Schadenersatz wegen der Verspätung zu begehren oder unter Festsetzung

einer angemessenen Frist zur Nachholung den Rücktritt vom Vertrag zu

erklären. Er hat zunächst (am und im Schreiben vom

) die Erfüllung verlangt, mit Schreiben vom aber

von seinem Rücktrittsrecht Gebrauch gemacht. Dem hält nunmehr der

Beklagte in seiner Revisionsbeantwortung entgegen, daß der Kläger

damit von seinem Wahlrecht bereits im Sinne der ersten Alternative

des § 918 Abs 1 ABGB Gebrauch gemacht habe und davon in der Folge

nicht mehr abgehen hätte können. Dabei übersieht er jedoch, daß nur

der Rücktritt das Erfüllungsverlangen konsumiert, nicht aber

umgekehrt das Bestehen auf Leistung auch den späteren Rücktritt

ausschließt (Koziol/Welser I10 242; Reischauer aaO Rz 4 zu § 918; SZ

4/89; HS 3143; SZ 37/17). Abgesehen davon, daß der Beklagte in erster

Instanz die Unangemessenheit der vom Kläger gesetzten Nachfrist gar

nicht eingewendet hat, kommt es darauf schon deshalb nicht an, weil

der Beklagte noch innerhalb der laufenden Nachfrist dem Kläger

gegenüber das Vorhandensein von Mängeln überhaupt in Abrede gestellt

und damit die Erfüllung des Mietvertrages von vornherein verweigert

hat. Mit der Rücktrittserklärung des Klägers vom wurde

daher der Mietvertrag rückwirkend aufgelöst, wodurch die Rechtsfolgen

des § 921 ABGB zum Tragen kommen. Danach hat der Beklagte dem Kläger

den empfangenen Baukostenzuschuß zurückzustellen, weil er andernfalls

um diesen Betrag bereichert wäre, hat er ihn doch auch von der

Nachmieterin des Klägers abermals kassiert. Im übrigen hat der

Beklagte seine diesbezügliche Rückzahlungsverpflichtung nach den

Feststellungen auch bereits dem Grunde nach anerkannt. Der Kläger

stützte sein Begehren auf Rückzahlung des Baukostenzuschusses auch

nicht auf eine im Sinne des § 27 Abs 1 MRG ungültige und verbotene

Vereinbarung. Von einer Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges

kann daher entgegen der Meinung des Beklagten keine Rede sein.

Nach § 921 Satz 1 ABGB läßt der Rücktritt vom Vertrag den Anspruch auf Ersatz des durch verschuldete Nichterfüllung verursachten Schadens unberührt. Der Schuldner muß also - Verschulden vorausgesetzt - das positive Vertragsinteresse leisten. Mit dem Anspruch auf das Erfüllungsinteresse kann aber auch jener auf Ersatz des Vertrauensschadens (besonders der frustrierten Aufwendungen) konkurrieren, wenn das Vertrauen auf die ausgebliebene Erfüllung - wie hier - schuldhaft herbeigeführt wurde (Koziol/Welser I10 247 und die dort unter FN 37 angeführte Lehre und Rechtsprechung).

Das noch in Rede stehende Klagebegehren besteht daher in vollem Umfang zu Recht.

Da sich der Kläger nicht rechtswidrig verhalten hat, das Vorgehen des Beklagten aber vertragswidrig und schuldhaft war, ist seinen Gegenforderungen von vornherein jede taugliche Grundlage entzogen.

Es war daher der Revision Folge zu geben und das stattgebende Urteil des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.