OGH vom 29.09.1998, 5Ob220/98h
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann, Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragsteller 1. Johann L*****, 2. Liselotte L*****, und 3. R***** reg GenmbH, *****, alle vertreten durch Dr. Arthur Roßbacher, öffentlicher Notar in 9020 Klagenfurt, dieser vertreten durch Mag. Bernhard Wenger, Substitut des öffentlichen Notars Dr. Arthur Roßbacher, betreffend Eintragungen in der EZ *****, sowie der EZ *****, infolge Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgericht vom , GZ 1 R 183/98a, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom , TZ 5630/98, bestätigt wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden wie folgt abgeändert:
"Aufgrund des Kaufvertrages vom , der Beschlüsse des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 16. und , TZ 4185/98 und 4288/98, der Heiratsurkunde des Standesamtsverbandes Neumarkt i. d. Steiermark vom , Nr. 18/1985, der Zustimmungserklärung vom sowie der Pfandurkunde vom 3. bzw wird bzw. werden:
1.) bei den 5446/100.000-stel Miteigentumsanteilen des M***** Siegfried geb. 1948-10-02, B-LNr. 6, an der Liegenschaft EZ *****, mit welchen Wohnungseigentum an W 5 St I verbunden ist,
a) das Eigentumsrecht im Range TZ 4288/98 je zur Hälfte, das ist zu je 5446/200.000-stel Anteilen für
L***** Johann geb. 1963-03-14
Adr.: *****
und
L***** Liselotte geb. 1956-03-28
Adr.: *****
einverleibt;
b) diese Miteigentumsanteile zufolge gemeinsamen Wohnungseigentums zu zusammen 5446/100.000-stel Anteilen verbunden;
c) das Pfandrecht für die Kreditforderung der R***** registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung bis zum Höchstbetrag von S 2,000.000,-- einverleibt und die Simultanhaftung bei diesen Anteilen als Haupteinlage und der EZ ***** als Nebeneinlage angemerkt;
2.) bei der Liegenschaft EZ ***** des Walcher Reinhold geb. 1944-04-16 das Pfandrecht für die Kreditforderung der R***** registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung bis zum Höchstbetrag von S 600.000,-- im Range TZ 4185/98 als Nebeneinlage einverleibt und die Simultanhaftung mit den 5446/100.000-stel Miteigentumsanteilen des L***** Johann geb. 1963-03-14 und der L***** Lieselotte geb. 1956-03-28 an der Liegenschaft EZ *****, mit welchen Wohnungseigentum an W 5 St I verbunden ist, als Haupteinlage angemerkt.
Hievon werden verständigt:
1.) Siegfried M*****,
2.) Johann L*****,
3.) Lieselotte L*****
samt Kaufvertrag und Heiratsurkunde in Urschriften,
4.) Finanzamt 9020 Klagenfurt, Bewertungsstelle,
5.) Magistrat der Landeshauptstadt Klagenfurt, 9020 Klagenfurt,
6.) R***** registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung, *****, samt Pfandurkunde in Urschrift,
7.) Reinhold W*****,
8.) Amt der Kärntner Landesregierung, 9020 Klagenfurt, Arnulfplatz 2, zu Zahl WuS 1012/93,
9.) Dr. Arthur Roßbacher, öff. Notar, 9020 Klagenfurt, Herrengasse 14/I, samt restl. urschriftl. Beilagen."
Der Vollzug der bewilligten Eintragungen sowie die Verständigung der Beteiligten obliegen dem Erstgericht.
Text
Begründung:
Das Erstgericht hat das im Spruch angeführte Eintragungsbegehren mit der Begründung abgewiesen, daß es eine im Sinne des § 86 GBG unzulässige Kumulierung von Anträgen enthalte.
Das von den Antragstellern angerufene Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung aus folgenden Erwägungen:
§ 86 GBG verlange für die Kumulierung mehrerer Eintragungsbegehren entweder die Einheit der Urkunde, die Einheit des Rechtes oder die Einheit der Grundbuchseinlage. Im vorliegenden Fall könne im Hinblick auf die Mehrzahl von Urkunden sowie von einzutragenden Rechten (aufgrund einer Urkunde die Einverleibung des Eigentums, aufgrund einer anderen Urkunde die Einverleibung eines Simultanpfandrechtes unter Einbeziehung der Liegenschaft eines Dritten) von einer Einheit der Urkunde oder des Rechtes keine Rede sein, und auch die Grundbuchseinlage bilde keine Einheit. Damit habe das Erstgericht das Grundbuchsgesuch zu Recht zur Gänze abgewiesen, zumal es dem Sinn des § 86 GBG widerspreche, aufgrund einer infolge der Einheit der Grundbuchseinlage zulässigen Kumulierung eine weitere Kumulierung aufgrund der Einheit der Urkunde, betreffend diese Einlage und weitere Einlagen, für zulässig zu halten (vgl NZ 1986, 44 mwN; RpfSlg 1243).
Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000,-- übersteigt, der ordentliche Revisionsrekurs jedoch nicht zulässig sei. Letzteres wurde mit der (sich aus § 86 GBG ergebenden) klaren Rechtslage begründet.
Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes haben die Antragsteller fristgerecht außerordentlichen Revisionsrekurs erhoben. Sie meinen, daß die Abweisung ihres Grundbuchsgesuches der Judikatur des Obersten Gerichtshofes widerspreche, wonach bei der Einverleibung einer Simultanhypothek die Einheit der Einlage im Sinne des § 86 GBG gewahrt sei (Dittrich/Angst/Auer, Grundbuchsrecht4, E 18 zu § 86). Entgegen der Rechtsansicht der Rekursgerichtes liege auch keine Kombination verschiedener Kumulierungen vor; die begehrten Eintragungen wären vielmehr alle aufgrund der anzunehmenden Einheit der Einlage zu bewilligen gewesen. Es könne auch nicht im Sinne des Gesetzgebers sein, der rechtssuchenden Bevölkerung die Erwirkung von Grundbuchseintragungen so zu erschweren, wie dies nach den Entscheidung der Vorinstanzen der Fall wäre. § 86 GBG habe den Zweck, die Einbringung komplizierter, unübersichtlicher und deshalb unklarer Gesuche zu verhindern. Die begehrten Eintragungen seien aber keinesfalls kompliziert, unübersichtlich oder unklar.
Der Revisionsrekursantrag geht dahin, die Beschlüsse der Vorinstanzen so abzuändern, daß alle begehrten Eintragungen bewilligt werden.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs erweist sich als zulässig, weil die Vorinstanzen das Kumulierungsverbot des § 86 GBG über Gebühr ausgedehnt und die Judikatur außer acht gelassen haben, daß eine Einheit der Einlage im Sinne des § 86 GBG schon dann vorliegt, wenn die einzutragenden Rechte - wie zum Beispiel bei der Einverleibung eines Simultanpfandrechtes - dieselben Einlagen in gleicher Weise und gemeinsam betreffen (GlUNF 5172); er ist im Sinne seines Abänderungsbegehrens auch berechtigt.
Wie die Rechtsmittelwerber zutreffend ausführen, liegt der Zweck des aus § 86 GBG herausgelesenen grundsätzlichen Kumulierungsverbotes darin, daß die Einbringung komplizierter und unklarer Eintragungsbegehren, die einerseits die gerichtliche Erledigung erschweren, andererseits die Gefahr eines unklaren Grundbuchsstandes heraufbeschwören, vermieden werden soll (Bartsch, GBG7, 54). Es ist jedoch auch im Grundbuchsverfahren die Anordnung des § 2 Abs 3 Z 10 AußStrG zu beachten, wonach das Gericht zwar "keine zu seiner und der teilnehmenden Sicherheit nötige Vorsicht vernachlässigen, aber den Parteien auch nicht durch Zweifelsucht und Ängstlichkeit oder durch Zurückweisung der Anträge wegen mangels unwesentlicher Förmlichkeiten schaden verursachen" soll (SZ 60/273 ua; zuletzt 5 Ob 2250/96k und 5 Ob 69/98b). Dementsprechend großzügig sind die Kumulierungsmöglichkeiten zu handhaben, die entweder das Gesetz selbst bietet oder mit dem Gesetzeszweck der Erledigungsvereinfachung zur Hintanhaltung fehlerhafter Eintragungen nicht in Konflikt geraten (5 Ob 69/98b).
Eine der Kumulierungsmöglichkeiten außerhalb des § 86 GBG, die das Gesetz selbst vorsieht, betrifft die in § 108 GBG geregelte Eintragung von Simultanpfandrechten (NZ 1996, 44/348 mit Anmerkung von Hoyer, der meint, daß sogar mehrere Kumulierungsgründe nebeneinander grundsätzlich eine Mehrzahl von Begehren in einem Gesuch tragen können; 5 Ob 69/98b). Hier ist das Kumulierungshindernis außer acht zu lassen, das sich daraus ergeben könnte, daß Eintragungen in verschiedenen Grundbuchseinlagen vorzunehmen sind (5 Ob 69/98b; in diesem Sinn schon GlUNF 5172). Es ist also, wie die Rechtsmittelwerber zutreffend ausführen, so vorzugehen, als bildeten alle Grundbuchseinlagen, in denen die Simultanhypothek zu verbüchern ist, eine Einheit.
Damit liegt im gegenständlichen Fall keine unzulässige Kumulierung von Grundbuchsanträgen vor. Es ist die Einheit der Einlage gewahrt; daß in dieser Einlage Grundbuchseintragungen aufgrund verschiedener Urkunden vorgenommen werden sollen, entspricht dem letzten Fall des § 86 GBG.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden, da andere Eintragungshindernisse als das von den Vorinstanzen zu Unrecht angenommene nicht hervorgekommen sind.