OGH vom 02.02.1984, 6Ob19/83
Norm
FGG § 8;
FGG § 128;
GenN § 3 Abs 1;
GenN § 4;
GenRegV § 7;
EVHGB Art 12 Abs 2;
Kopf
SZ 57/28
Spruch
Der Anmeldung einer Satzungsänderung zum Genossenschaftsregister, wonach Gegenstand des Unternehmens auch die Beteiligung an anderen Körperschaften und Gesellschaften ist, muß die Zustimmungserklärung des zuständigen Revisionsverbandes angeschlossen werden
Über ausscheidbare Teile einer Anmeldung zum Genossenschaftsregister kann gesondert entschieden werden
(OLG Innsbruck, 5 R 267/83; LG Innsbruck Gen 17/1)
Text
Die G-Einkaufsgenossenschaft, reg. Genossenschaft mbH, ist im Genossenschaftsregister des Landes- als Handelsgericht Innsbruck eingetragen. Mit Schriftsatz vom meldeten Leo M als Obmann und Lydia P als weiteres Mitglied des Vorstandes der Genossenschaft die bei der Generalversammlung am beschlossene Änderung der Satzung in deren §§ 1 und 10 zur Eintragung in das Genossenschaftsregister an. Danach sollen der im § 1 der Satzung festgelegte Gegenstand des Unternehmens um die Errichtung, den Erwerb und den Betrieb von gastgewerblichen und Fremdenverkehrsunternehmungen sowie um die Berechtigung zur Beteiligung an juristischen Personen des Handels-, Genossenschafts- oder Vereinsrechtes oder an Personengesellschaften des Handelsrechtes und die im § 10 der Statuten geregelte Zeichnungsberechtigung dahin erweitert werden, daß die Genossenschaft auch durch den Obmann oder durch einen Obmannstellvertreter gemeinsam mit einem Prokuristen vertreten wird.
Das Erstgericht verfügte die beantragten Eintragungen.
Das Rekursgericht änderte diesen Beschluß infolge Rekurses des Österreichischen Genossenschaftsverbandes (Schulze-Delitzsch) dahin ab, daß es den Antrag auf Eintragung der bei der Generalversammlung am beschlossenen Satzungsänderungen abwies. Es bejahte die Rekurslegitimation des Revisionsverbandes und führte im übrigen aus, der Anmeldung einer den Unternehmensgegenstand betreffenden Satzungsänderung müsse eine schriftliche Zustimmungserklärung des Revisionsverbandes beigeschlossen sein. Werde diese Zustimmungserklärung verweigert, könne die Genossenschaft beim Bundesministerium für Justiz um Nachsicht von der Vorlage der Zustimmungserklärung ansuchen. Da die Genossenschaft ihrem Registergesuch jedoch weder die Zustimmungserklärung noch den Nachweis einer solchen Nachsicht angeschlossen habe, sei der Antrag abzuweisen.
Der Oberste Gerichtshof hob aus Anlaß des Revisionsrekurses den Beschluß des Rekursgerichtes im Umfang der Abweisung des Antrages auf Eintragung der Änderung gemäß § 10 der Satzung als nichtig auf und trug dem Erstgericht die Durchführung dieses Beschlusses im Genossenschaftsregister auf; im übrigen gab er dem Revisionsrekurs der Genossenschaft nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Da das Rekursgericht den Antrag der Genossenschaft zur Gänze abgewiesen hat, obschon der Österreichische Genossenschaftsverband seinem Rechtsmittelantrag zufolge lediglich begehrt hatte, daß die Änderung des § 1 nicht in das Genossenschaftsregister eingetragen werde, gilt es vorerst zu prüfen, ob das Gericht zweiter Instanz aus Anlaß des Rekurses, zu dem der Österreichische Genossenschaftsverband als Revisionsverband der Genossenschaft legitimiert war (HS 2333/140; SZ 21/132 ua.; ÖRV, Genossenschaftsrecht, 165), auch zur Abweisung des Antrages, soweit die Eintragung der Änderung der Zeichnungsberechtigung nach § 10 der Statuten begehrt wurde, berechtigt war. Das ist zu verneinen. Gemäß § 7 GenRegV gelten für den Rekurs gegen Verfügungen des Handelsgerichtes betreffend Eintragungen in das Genossenschaftsregister in allen Instanzen die Bestimmungen über das gerichtliche Verfahren außer Streitsachen. Daran hat auch die Einführung der registerrechtlichen Vorschriften des Deutschen Reiches nichts geändert, weil Art. 12 Abs. 2 4. EVHGB ausdrücklich anordnet, daß für das Verfahren in Angelegenheiten der Genossenschaftsregister die bisherigen Vorschriften, also vor allem § 7 GenG und die Verordnung der Ministerien der Justiz, des Innern und des Handels im Einvernehmen mit dem Finanzministerium vom 14. 5. 1873, RGBl. Nr. 71, womit in Vollziehung des Gesetzes vom 9. 4. 1873 (RGBl. Nr. 70) über Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften die erforderlichen Bestimmungen in Betreff der Anlegung und Führung des Genossenschaftsregisters erlassen werden, in Geltung bleiben. Das Rekursgericht läßt in der Begründung seines Beschlusses nicht erkennen, weshalb es die Verfügung des Registergerichtes auch im nicht bekämpften Umfang (§ 10) abgeändert hat. In Betracht kommt wohl nur die Erwägung, daß das Gericht nach Lehre (Schlegelberger-Hildebrandt, HGB[5], § 8 Anm. 6; Jansen, FGG[2], § 128, Anm. 31; Brand-Marowski, Die Registersachen in der gerichtlichen Praxis[4],
50) und Rechtsprechung (HS 8542, 8021 ua.) einem einheitlich gestellten Antrag in einer Handelsregistersache nicht zu einem Teil entsprechen und ihn im übrigen ablehnen könne, sondern in solchen Fällen die gesamte Anmeldung zurückzuweisen habe. Abgesehen davon, daß diese Regelung ihren Grund in der Eigenart des Handelsregisterverfahrens hat, das jedoch - wie schon erwähnt - auf Verfahren in Angelegenheiten des Genossenschaftsregisters nicht anzuwenden ist, rechtfertigt selbst dieser Grundsatz keinen Eingriff in die mangels Anfechtung eingetretene (Teil-)Rechtskraft. Überdies kann auch nach der oben wiedergegebenen Auffassung über ausscheidbare Teile der Anmeldung gesondert entschieden werden (vgl. Jansen aaO). Die Änderung der Zeichnungsberechtigung der Organe der Genossenschaft und die Erweiterung des Unternehmensgegenstandes stehen in keinem untrennbaren Zusammenhang. Die eingetretene Teilrechtskraft ist als Nichtigkeit in jeder Lage des Verfahrens anläßlich eines in der Sache selbst ergriffenen Rechtsmittels auch im Verfahren außer Streitsachen von Amts wegen aufzugreifen (JBl. 1974, 268 uva.); der Beschluß des Rekursgerichtes ist daher im Umfang der Änderung des § 10 der Statuten als nichtig aufzuheben.
Soweit es um die Änderung des § 1 der Satzung geht, bekämpft die Genossenschaft den Beschluß des Rekursgerichtes nur im Umfang der Abweisung des Gesuchs um Eintragung der Berechtigung zur Beteiligung an anderen Körperschaften und Gesellschaften. Sie bestreitet nicht die Verpflichtung zur Vorlage einer schriftlichen Zustimmungserklärung des Revisionsverbandes, dem sie zugehört, bzw. eines Bescheides des Bundesministeriums für Justiz, mit dem ihr diese Vorlage nachgesehen wird (§§ 3 und 4 GenNov. 1934). Sie behauptet aber, daß die von ihr angestrebte Änderung des Genossenschaftsvertrages nicht als eine Änderung der Satzung betreffend den Unternehmensgegenstand anzusehen sei (§ 3 Abs. 1 GenNov. 1934).
Dem ist entgegenzuhalten, daß selbst die Generalversammlung der Genossenschaft die Beteiligung an Körperschaften und Gesellschaften als Erweiterung und damit als Änderung des Unternehmensgegenstandes beurteilt und diese Satzungsbestimmung dementsprechend dem § 1 Abs. 2 der Statuten, der den Gegenstand des Unternehmens umschreibt, angefügt hat. Nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 GenG ist aber eine derartige Beteiligung unzulässig, wenn sie keinen wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Geschäftsbetrieb aufweist und demzufolge auch nicht als dem genossenschaftlichen Förderungszweck dienend erachtet werden kann (ÖRV aaO 18). Wenngleich der Unternehmensgegenstand mit dem Förderungszweck nicht identisch ist, wird dieser doch durch jenen erst konkretisiert (Meyer-Meulenbergh-Beuthien, GenG[12], § 6, Rdz. 7). Versteht man daher als Gegenstand des Unternehmens den Inhalt und Umfang des Geschäftsbetriebes der Genossenschaft, so kann es keinem Zweifel unterliegen, auch die Beteiligung an anderen Körperschaften und Gesellschaften im Rahmen des Geschäftsbetriebes als Teil des Unternehmensgegenstandes anzusehen; daher ist der Anmeldung einer auf die Berechtigung zu solchen Beteiligungen abzielenden Satzungsänderung gleichfalls die Zustimmungserklärung des sachlich und örtlich zuständigen Revisionsverbandes - im vorliegenden Fall des Österreichischen Genossenschaftsverbandes - anzuschließen.
Zutreffend hat das Rekursgericht hinsichtlich der von der Genossenschaft beantragten Änderung des § 1 der Satzung in der Sache selbst erkannt und das Registergesuch in diesem Belang in Abänderung der erstinstanzlichen Eintragungsverfügung abgewiesen, weil im Verfahren in Angelegenheiten des Genossenschaftsregisters die Einleitung des Amtslöschungsverfahrens nach § 142 FGG außer Betracht zu bleiben hat (vgl. SZ 24/43).