OGH vom 17.01.2007, 7Ob287/06s
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B*****ges.m.b.H., *****, vertreten durch Dr. Edwin Morent, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei S***** Aktiengesellschaft ***** (vormals V***** Aktiengesellschaft, *****), vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Anfechtung von Hauptversammlungsbeschlüssen, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 148/06i-47, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof hatte sich bereits in der Entscheidung 4 Ob 85/04k, SZ 2004/102 = wbl 2004/311 = GesRZ 2004, 327 = EvBl 2005/42 = AnwBl 2006, 7 mit den Auswirkungen der Spaltung einer Aktiengesellschaft gemäß § 1 Abs 2 Z 2 SpaltG auf einen aktienrechtlichen Anfechtungsprozess auseinanderzusetzen. Wie dort ausgesprochen wurde, kann eine Spaltung einer freiwilligen Veräußerung nicht gleichgehalten werden, weil sie ja auch gegen den Willen einer Minderheit erzwingbar (vgl § 8 Abs 1 SpaltG) und selbst im Fall einer erfolgreichen Anfechtung unumkehrbar ist (§ 14 Abs 3 SpaltG); auch gibt es bei einer Spaltung - anders als bei einem Veräußerungsvorgang - keinen Erwerber, der in die Mitgliedschaftsrechte eines Vorgängers nachrücken und für diesen noch Rechte wahren könnte (RIS-Justiz RS0119152 = ÖJZ-LSK 2004/249 = RZ-EÜ 2004/140). Verliert ein Anfechtungskläger nach Einbringung einer Anfechtungsklage infolge eines Spaltungsvorganges gemäß § 1 Abs 2 Z 2 SpaltG die Mitgliedschaftsrechte an der spaltenden Aktiengesellschaft und sind die angefochtenen Beschlüsse dieser Gesellschaft darüber hinaus nicht geeignet, die Rechtsstellung des Klägers zu verschlechtern, führt dies zum Verlust seiner Klagelegitimation (RIS-Justiz RS0119155 = RZ-EÜ 2004/143 = ÖJZ-LSK 2004/250). Die Anfechtungsbefugnis ist ein materiell-rechtliches Erfordernis für den Erfolg der Anfechtungsklage; fehlt im Anfechtungsprozess die Sachlegitimation des Klägers bei Verhandlungsschluss (§ 193 ZPO), so
ist die Klage mit Urteil abzuweisen (RIS-Justiz RS0119153 = ÖJZ-LSK
2004/248 = RZ-EÜ 2004/141).
Diesen Rechtsansichten folgend hat das Berufungsgericht die Abweisung des Begehrens, die Beschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten vom in den Tagesordnungspunkten 5 und 7 für nichtig zu erklären, bestätigt. Der Klägerin, die nach einer Sqeeze-Out-Spaltung der (ursprünglich) beklagten Partei nicht mehr deren Aktionärin, sondern Aktionärin der neuen (abspaltenden) Gesellschaft sei, fehle die Anfechtungsbefugnis; sie habe nicht aufgezeigt, inwieweit ihre Rechtsstellung durch die beiden in der Hauptversammlung vom gefassten Beschlüsse, deren Nichtigerklärung sie anstrebe, beeinträchtigt werde. Trotz des ausdrücklichen Einwandes ihres fehlenden Rechtsschutzinteresses bzw ihrer mangelnden Anfechtungsbefugnis durch die Beklagte habe die Klägerin lediglich darauf verwiesen, im Fall der Verneinung der Aktivlegitimation oder ihres Rechtsschutzbedürfnisses die Möglichkeit zu verlieren, „rechtswidrige und nichtige Vorgänge aufzuzeigen und zu thematisieren" und ihr Rechtsschutzinteresse (nur) damit begründet, „ansonsten nicht mehr in der Lage zu sein, die klägerischen Rechte durchzusetzen und die Unzulässigkeit der Vorgänge in der Hauptversammlung vom aufzuzeigen und zu thematisieren". Dabei handle es sich jedoch um einen Zirkelschluss, weil die Klägerin ihr Rechtsschutzbedürfnis allein mit dem Bedürfnis nach Gewährung von Rechtsschutz begründe.
Die Revisionswerberin wendet sich in der Zulassungsbeschwerde gegen die in 4 Ob 85/04k vertretenen Rechtsansichten, vermag aber dagegen nichts Stichhältiges vorzubringen und damit auch keine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen. Reicht doch, um eine gesicherte Judikatur des Obersten Gerichtshofes annehmen zu können, nach ständiger Rechtsprechung das Vorliegen schon einer ausführlich begründeten, grundlegenden und veröffentlichten Entscheidung, der keine gegenteiligen entgegenstehen, aus, insbesondere dann, wenn sie auch im Schrifttum nicht auf beachtliche Kritik gestoßen ist (RIS-Justiz RS0103384; Kodek in Rechberger2 Rz 3 zu § 502). Diese Voraussetzungen werden von der Entscheidung 4 Ob 85/04k erfüllt.
Die demnach verfahrensentscheidende Frage, ob die Rechtsstellung der Klägerin ungeachtet des Verlustes ihrer Aktionärseigenschaft auf Grund der Spaltung durch die Hauptversammlungsbeschlüsse beeinträchtigt und daher ein Interesse an der Aufhebung dieser Beschlüsse zu bejahen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Zufolge dieser Einzelfallbezogenheit wäre diese Frage nur dann revisibel, wenn dem Berufungsgericht eine Fehlbeurteilung unterlaufen wäre, die aus Gründen der Rechtssicherheit vom Obersten Gerichtshof aufgegriffen werden müsste. Davon kann aber keine Rede sein, weil die Klägerin - auch in der außerordentlichen Revision - keinen Umstand aufzeigt, wonach ein Rechtsschutzbedürfnis an der Fortführung des vorliegenden Anfechtungsprozesses bejaht werden könnte. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).