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OGH vom 15.06.1989, 6Ob567/89

OGH vom 15.06.1989, 6Ob567/89

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Paula S***, Hausfrau, 4400 Steyr, Seifentruhe 14, vertreten durch Dr. Josef Lechner und Dr. Ewald Wirleitner, Rechtsanwälte in Steyr, wider die beklagte Partei Albert W*** jun., Angestellter, 2500 Baden, Waltersdorferstraße 55, vertreten durch Dr. Gernot Gruböck, Rechtsanwalt in Baden, wegen Ungültigkeit eines Testamentes (Streitwert: 310.000,-- S), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom , GZ 14 R 233/88-12, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wiener Neustadt vom , GZ 3 Cg 1210/87-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 11.745 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 1.957,50 S Umsatzsteuer binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Josefa H*** verstarb am im Alter von 73 Jahren im Krankenhaus Baden. In dem zu 2 A 407/86 des Bezirksgerichtes Baden anhängigen Verlassenschaftsverfahren gab der Beklagte auf Grund eines mündlichen Testamentes vom August 1983 die unbedingte Erbserklärung zum gesamten Nachlaß ab. Die Klägerin gab als Tochter einer vorverstorbenen Schwester der Verstorbenen auf Grund des Gesetzes die bedingte Erbserklärung zum gesamten Nachlaß ab. Diese Erbserklärungen wurden zu Gericht angenommen. Mit Beschluß vom , ON 26, wies das Abhandlungsgericht der Klägerin die Klägerrolle zu und setzte eine Frist zur Erhebung der Erbrechtsklage.

Innerhalb offener Frist begehrte die Klägerin mit der vorliegenden Klage die Feststellung, daß das im August 1983 errichtete außergerichtliche mündliche Testament der am verstorbenen Josefa H*** ungültig sei und daß der Klägerin auf Grund des Gesetzes das Erbrecht zum gesamten Nachlaß der Josefa H*** zustehe. Sie behauptete, das mündliche Testament der Erblasserin vom August 1983 sei deshalb ungültig, weil es sich dabei um ein belangloses Gespräch ohne ausdrückliche Erbseinsetzung gehandelt habe. Josefa H*** habe auch keinen Testierwillen gehabt und die anwesenden Personen seien Zufallszeugen gewesen. Im übrigen habe die Erblasserin auch der Klägerin gegenüber einmal erwähnt, sie werde alles bekommen. Josefa H*** habe offenbar öfter Verwandten und Bekannten Hoffnungen auf ihren Nachlaß gemacht. Demgegenüber behauptete der Beklagte die formelle und materielle Gültigkeit des zu seinen Gunsten im August 1983 errichteten mündlichen Testamentes der Erblasserin. Deren Erklärung sei von allen drei im Sinne der §§ 591 ff. ABGB fähigen Zeugen als Testamentserrichtung aufgefaßt worden. Die Zeugen hätten den Eindruck gewonnen, Josefa H*** wolle ihren letzten Willen kundtun. Von einem belanglosen Gespräch könne keine Rede sein. Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Aus seinen Feststellungen ist - soweit für das vorliegende Revisionsverfahren noch von Interesse - folgendes hervorzuheben:

Josefa H*** hatte zu Lebzeiten ein sehr gutes Verhältnis zur Familie W*** sen., bei der sie - ebenso wie ihr bereits am verstorbener früherer Lebensgefährte Otto C***, ein Cousin des Vaters des Beklagten - bei allen Familienfeiern anwesend war. Der Beklagte und seine Familie hatten ebenfalls ein sehr gutes Verhältnis zu Josefa H***, die ihn und seine Familie als "ihre Kinder" ansah, zumal sie selbst kinderlos war. Soweit es ihr möglich war, betreute Josefa H*** auch sehr oft die Kinder des Beklagten. Zur Klägerin und deren Familie hatte Josefa H*** gleichfalls ein sehr gutes Verhältnis. Als Tante kümmerte sie sich um die damals 15-jährige Klägerin, als deren Mutter - ihre Schwester - verstarb. Nach dem Krieg wohnten die Beiden bis zur Eheschließung der Klägerin zusammen. Sie verbrachten damals gemeinsam alle Urlaube bei den Großeltern der Josefa H*** am Attersee. In den letzten Jahren verbrachten die Klägerin und ihre Familie gemeinsam mit Josefa H*** mehrere Urlaube in südlichen Ländern. Die Tante besuchte die Klägerin mehrmals pro Jahr und verbrachte dabei zumeist einige Tage bei ihr. Während dieser Zeit sorgte die Klägerin für sie. Im August 1983 kamen im Anwesen der Eltern des Beklagten außer Josefa H*** auch noch das Ehepaar Walter und Sonja G*** und Ferdinand L*** zusammen, um den 50. Geburtstag der Leopoldine W*** (der Mutter des Beklagten) zu feiern. Sie saßen in der Wohnküche um einen Tisch beisammen und tranken Wein, waren jedoch allesamt "nüchtern". Vorerst wurde über Otto C***, den verstorbenen Lebensgefährten der Josefa H***, gesprochen. In der Folge erklärte Josefa H*** in Gegenwart des Ferdinand L*** und des Walter und der Sonja G***, die alle mit dem Beklagten weder verwandt noch verschwägert sind, wenn ihr etwas zustoßen sollte, solle der "Berti" - damit war der Beklagte gemeint - alles, was sie besitze, bekommen. Diese Erklärung der Josefa H*** erfolgte nicht "lediglich im Zuge eines Gespräches", sondern in einer derart feierlichen Form, daß allen Beteiligten - also ihr selbst ebenso wie den Zeugen - klar war, "daß Josefa H*** nunmehr ein mündliches Testament abgab" (errichtete). Die drei genannten anwesenden Personen nahmen diese Erklärung der Josefa H*** mit dem Bewußtsein entgegen, daß diese nun ein mündliches Testament errichtet habe und sie Zeugen dieses Testamentes sein sollten.

Rechtlich folgerte das Erstgericht daraus die Gültigkeit des mündlichen Testamentes zugunsten des Beklagten. Es meinte, die Erblasserin habe mit ihrer Erklärung ernstlich ihren letzten Willen zum Ausdruck gebracht. Dies sei in Gegenwart von drei fähigen Zeugen geschehen, die mit ihrem Wissen und Willen und mit dem Bewußtsein ihrer Aufgabe dem Testierakt beigewohnt hätten. Die Erklärung enthalte eine Erbseinsetzung und eine Verfügung über das gesamte Vermögen.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 300.000 S übersteige. Es übernahm die Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich, billigte dessen Rechtsansicht über die Gültigkeit des mündlichen Testamentes und führte aus, ob Testierabsicht des Erblassers vorliege oder nicht, sei eine Tatfrage. Hier sei aber nach den Feststellungen die Erklärung der Josefa H*** erkennbar darauf gerichtet gewesen, für den Fall ihres Todes den Beklagten zum alleinigen Erben einzusetzen. Die gemäß § 585 ABGB erforderlichen drei fähigen Zeugen müßten nicht eigens zur Testamentserrichtung herbeigerufen worden sein. Sie müßten aber der Erklärung des letzten Willens im Bewußtsein der Zeugenschaft beiwohnen. Letzteres sei in bezug auf Ferdinand L*** und das Ehepaar G*** der Fall gewesen. Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung des Urteiles im Sinne einer gänzlichen Klagsstattgebung, hilfsweise auf Urteilsaufhebung.

Der Beklagte stellt in seiner Revisionsbeantwortung den Antrag, dem Rechtsmittel der Klägerin nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die Klägerin übersieht zunächst, daß nach nunmehr ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (SZ 25/26; EvBl 1983/99; SZ 56/180; SZ 58/187; JBl 1987, 655) der Gegenstand der Erbrechtsklage nur in der Feststellung besteht, ob der vom Beklagten in Anspruch genommene Erbrechtstitel wirksam ist oder nicht. Hingegen erfolgt keine positive Entscheidung über die Erbberechtigung des Klägers. Auch die Lehre hat sich dieser Rechtsprechung angeschlossen (Fasching, Kommentar, III 31; Koziol-Welser, Grundriß8, II, 383; Ehrenzweig-Kralik, Erbrecht3, 331; Welser in Rummel, ABGB, Rz 24 zu §§ 799, 800). Schon aus diesem Grunde ist das auf positive Feststellung des gesetzlichen Erbrechtes der Klägerin gerichtete Teilbegehren mit Recht abgewiesen worden. Im übrigen setzt sich die Klägerin in ihrer Rechtsrüge damit auseinander, wie die Erklärung des Erblassers und die Mitwirkung der Zeugen beschaffen sein müßten, um die Annahme eines mündlichen Testamentes zu rechtfertigen. Die Ausführungen gipfeln in dem Vorwurf, die Vorinstanzen hätten zu Unrecht eine Testierabsicht der Josefa H*** bejaht. Beim Ehepaar W*** sen. habe es sich ebensowenig wie bei Ferdinand L*** und Walter G*** um fähige Zeugen gehandelt, weil diese die Erklärung der Erblasserin nur zufällig gehört hätten.

Dem ist jedoch folgendes zu erwidern:

Zur Gültigkeit eines mündlichen Testamentes ist gemäß § 585 ABGB die Absicht des Erblassers erforderlich, vor den anwesenden Zeugen seinen letzten Willen zum Ausdruck zu bringen. Diese Personen müssen der letzten Willenserklärung im Bewußtsein ihrer Zeugenschaft beiwohnen (Weiß in Klang2, III, 323 f; Koziol-Welser, aaO, 309, 328;

Welser, aaO, Rz 9 zu §§ 564, 565; SZ 18/46; SZ 32/120; NZ 1978, 13;

NZ 1979, 174 uva; zuletzt 8 Ob 649/87). Ob Testierabsicht vorliegt oder nicht, ist entgegen der Meinung der Klägerin eine im Revisionsverfahren unüberprüfbare Tatsachenfeststellung, nicht eine Frage der rechtlichen Beurteilung (Fasching, Kommentar, IV, 333;

RZ 1967, 90; SZ 32/120; SZ 56/43; SZ 58/187 uva.). Dasselbe gilt für die Frage des Bewußtseins einer Person, als Zeuge einer letztwilligen Verfügung anwesend zu sein (Fasching, aaO; NZ 1969, 126 ua.; zuletzt 8 Ob 649/87).

Danach sind alle Ausführungen der Revision, die an den dargelegten Grundsätzen vorbeigehen oder sie negieren, nicht stichhältig. Sie stellen sich nur als eine im Revisionsverfahren unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung dar. Die Vorinstanzen haben nämlich übereinstimmend nicht nur die Testierabsicht der Josefa H***, sondern auch das Bewußtsein des Ferdinand L*** sowie des Walter und der Sonja G*** festgestellt, als Zeugen einem Testierakt beizuwohnen. Bei dieser Sachlage kommt es auf die Unfähigkeit des gleichfalls anwesenden Ehepaares W*** sen. zur Zeugenschaft nicht mehr an.

Der Revision mußte daher ein Erfolg versagt bleiben. Der Kostenausspruch beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.