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OGH vom 22.09.1950, 4Ob35/50

OGH vom 22.09.1950, 4Ob35/50

Norm

ABGB § 1158;

Angestelltengesetz § 19;

Gutsangestelltengesetz § 17;

Kopf

SZ 23/262

Spruch

Schließt ein Dienstgeber mit einem Dienstnehmer an Stelle eines Dienstvertrages auf unbestimmte Zeit mehrere Dienstverträge auf kürzere Zeit, um den Dienstnehmer so um sozialrechtliche Vorteile (z. B. Abfertigung, Urlaub) zu bringen, so ist das Dienstverhältnis dennoch als Dienstvertrag auf unbestimmte Dauer zu beurteilen.

Entscheidung vom , 4 Ob 35/50.

I. Instanz: Arbeitsgericht Leoben; II. Instanz: Kreisgericht Leoben.

Text

Der Kläger wurde auf Grund eines mit dem Beklagten am abgeschlossenen Dienstvertrages, der zunächst auf sechs Monate befristet war, mit der Oberaufsicht und der Oberleitung der land- und alpwirtschaftlichen Betriebe der Gutsverwaltung des Beklagten beauftragt. Das Dienstverhältnis wurde in der Folge im Einverständnisse beider Teile mehrmals verlängert, und zwar immer wieder auf bestimmte Zeiträume, nämlich bis zum , dann bis zum und schließlich bis zum .

Der Kläger stellte das Klagebegehren u. a. auch auf Zahlung einer Kündigungsentschädigung, da seiner Meinung nach in den wiederholten Verlängerungen seines Dienstverhältnisses eine Umgehung der Bestimmung des § 17 des Gutsangestelltengesetzes über die Kündigung zu erblicken sei und in Wahrheit ein auf unbestimmte Zeit abgeschlossenes Dienstverhältnis vorliege.

Das Arbeitsgericht hat das Begehren auf Kündigungsentschädigung mit der Begründung abgewiesen, daß im gegenständlichen Falle nicht ein auf unbestimmte Zeit abgeschlossenes Dienstverhältnis von mehr als zweijähriger Dauer, sondern mehrere auf bestimmte Zeit abgeschlossene Dienstverhältnisse vorlägen, die im einzelnen nie länger als ein Jahr gedauert hätten.

Das Berufungsgericht hat der Berufung des Klägers stattgegeben und ihm in Abänderung des Urteiles des Arbeitsgerichtes einen Betrag von 2840 S s. A. als Kündigungsentschädigung zuerkannt.

Der Oberste Gerichtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Rechtssache an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens ist tatsächlich gegeben.

Das Dienstverhältnis des Klägers ist für bestimmte Zeit abgeschlossen und für bestimmte Zeiten fortgesetzt worden. An sich besteht gewiß kein Hindernis, daß ein Dienstgeber mit einem Angestellten wiederholt nacheinander ein Dienstverhältnis für eine bestimmte Zeit eingeht, das jedesmal mit dem Ablauf der Zeit endet, für die es eingegangen worden ist (vgl. hiezu ArbSlg. 3774, 3902 und 4075). Nur wenn der Dienstgeber den Angestellten auf unbestimmte Zeit benötigt und bloß deshalb den Dienstvertrag auf bestimmte Zeit abschließt und ihn nach Ablauf dieser Zeit immer wieder in gleicher Art erneuert, um den Angestellten um die Vorteile der Sozialgesetzgebung, beispielsweise hinsichtlich der Kündigung zu bringen, wenn sich also der Dienstgeber die Dienstleistung des Angestellten in Wirklichkeit für unbestimmte Zeit sichern, anderseits aber die Möglichkeit offen lassen will, das Dienstverhältnis jederzeit nach Ablauf des Zeitraumes, für den es abgeschlossen wurde, als beendigt gelten zu lassen, ohne daß ihn die aus der Gesamtdauer der Dienstzeit oder aus dem Abschluß eines Dienstvertrages auf unbestimmte Zeit nach dem Gesetze unabdingbaren Verpflichtungen, etwa bezüglich der Kündigung treffen sollen, müßte das Dienstverhältnis im Sinne des jeweils in Betracht kommenden Angestelltengesetzes so beurteilt werden, als wäre es von vornherein auf unbestimmte Zeit abgeschlossen worden. Ob diese Umgehungsabsicht beim Dienstgeber im Einzelfalle bestand, ist eine Beweisfrage. Im vorliegenden Falle hat der Beklagte eine solche Umgehungsabsicht entschieden in Abrede gestellt und hiefür Parteienvernehmung als Beweis angeboten. Das Erstgericht ist auf diese Frage aber überhaupt nicht eingegangen, sondern auf Grund der Tatsache allein, daß mehrere auf bestimmte Zeit abgeschlossene Dienstverhältnisse vorliegen, zur Auffassung gelangt, daß das Begehren des Klägers nach Kündigungsentschädigung nicht gerechtfertigt sei. Das Berufungsgericht ist zwar auch von der erstgerichtlichen Feststellung ausgegangen, daß der Beklagte den Kläger jeweils nur auf bestimmte Zeit angestellt hat, ist darüber hinaus aber lediglich durch Aufstellung von Vermutungen und Schlußfolgerungen ohne jede Beweisgrundlage zu der weiteren Feststellung gelangt, daß der Beklagte die mehreren befristeten, in sich geschlossenen Dienstverhältnisse des Klägers nur in der Absicht begrundet hat, um den Kläger um die Vorteile der Sozialgesetzgebung, insbesondere hinsichtlich der Kündigung, zu bringen. Mit Recht rügt daher der Beklagte unter dem Gesichtspunkte der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, daß für die eben wiedergegebene Tatsachenfeststellung des Berufungsgerichtes, die dieses zur Grundlage seiner das Urteil des Arbeitsgerichtes abändernden Entscheidung genommen hat, im Akte jede Beweisunterlage fehle.