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OGH vom 29.01.2002, 1Ob300/01a

OGH vom 29.01.2002, 1Ob300/01a

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ.Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Helmut I*****, vertreten durch Dr. Christian Girardi und Dr. Markus Seyrling, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei Christine R*****, vertreten durch Dr. Markus Heis, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Duldung (Streitwert EUR 19.621,67) infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 70/01f-25, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Das Klagebegehren wird auf einen Privatrechtstitel gestützt und nicht auf eine im Zuge wasserrechtlicher Verfahren getroffene Vereinbarung über sonst zwangsweise einzuräumende Rechte, sodass der streitige Rechtsweg zulässig ist (1 Ob 40/94; 1 Ob 305/00k).

Wasserbenutzungsrechte werden mit der Zustellung der Verleihungsurkunde der Behörde und nicht durch Vereinbarung der Parteien erworben (SZ 66/129; 1 Ob 54/99v; VwSlg 4231). Die Bestimmungen des WRG sehen nicht vor, dass sich die Wasserrechtsbehörde des Mittels der Enteignung zu Lasten eines Wasserberechtigten bedienen dürfte, um damit eine öffentlich-rechtliche Grundlage für die Versorgung Dritter mit Trink- und Nutzwasser zu schaffen (1 Ob 305/00k). Rechtsgrundlage des Anspruchs des Klägers kann nur ein privatrechtlicher Servitutsbestellungsvertrag im Sinne der §§ 496, 497 ABGB sein. Der vom Revisionswerber unterstellte ?öffentlich rechtliche Bezug?, der der privatrechtlichen Vereinbarung ?quasidingliche Wirkung? verleihen soll, liegt daher nicht vor, zumal die im erstinstanzlichen Bescheid gemäß § 111 Abs 3 WRG beurkundete Übereinkunft, der Wasserberechtigte werde die Wasseranschlüsse in einer bestimmten Reihenfolge, unter anderem auch an den Rechtsvorgänger des Klägers, vergeben, von der Wasserrechtsbehörde zweiter Instanz ersatzlos behoben wurde. Auch die in Anbetracht des angestrebten Wasserbezugs aus einer Wasserbenutzungsanlage im Sinne des WRG gegebenenfalls erforderliche wasserrechtliche Bewilligung gemäß § 9 WRG ändert an dieser Beurteilung nichts, weil deren Voraussetzung der - hier strittige - (Fort-)Bestand einer Dienstbarkeit ist (1 Ob 54/99v).

Ausgehend davon, dass der strittige Dienstbarkeitsvertrag nicht verbüchert wurde, hat das Berufungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass das dingliche Recht der Dienstbarkeit nach österreichischem Recht grundsätzlich nur durch Eintragung im Grundbuch erworben wird (§ 481 Abs 1 ABGB). Vertragliche, nicht verbücherte Servituten sind zwar zulässig, binden jedoch nur die Vertragsparteien. Darüberhinaus sind sie gegen deren Gesamtrechtsnachfolger und bei Übernahme durch einen Einzelrechtsnachfolger auch diesem gegenüber wirksam (1 Ob 128/98z; 7 Ob 286/99f, RZ 2000/44; 4 Ob 285/00s je mwN; RIS-Justiz RS0011871; RS0011673). Nach herrschender Meinung wird das Eintragungsprinzip dann durchbrochen, wenn der Belastete die Dienstbarkeit kannte oder sie offenkundig ist. Wer in Kenntnis der Ausübung von Rechten Dritter an einer Liegenschaft ein grundbücherlich lastenfreies Grundstück erwirbt, kann sich nicht mit Erfolg auf den Grundbuchsstand berufen (SZ 23/225; SZ 39/146; SZ 47/29; NZ 1997, 215 ua). Dasselbe gilt nach ständiger Rechtsprechung, wenn auf Grund der Umstände bei einiger Aufmerksamkeit das Bestehen einer Dienstbarkeit zu vermuten ist (Kiendl-Wendner in Schwimann ABGB2 § 481 Rz 4 mwN; RIS-Justiz RS0034803; RS0011633). Offenkundige, nicht verbücherte Dienstbarkeiten, die dem Eigentümer, der belasteten Liegenschaft bekannt sind oder bekannt sein müssten, werden sachenrechtlich somit wie eingetragene Dienstbarkeiten behandelt. Wer einen gültigen Titel besitzt, ist bei offenkundigen Dienstbarkeiten trotz Nichtverbücherung geschützt (SZ 69/71; RIS-Justiz RS0011631), sofern es nicht nach dem Willen der Parteien bei einem bloß obligatorischen Recht ohne Verbücherung bleiben soll (RIS-Justiz RS0097244; 7 Ob 286/99f, RZ 2000/44; 7 Ob 176/01k).

Das Erstgericht konnte nicht feststellen, dass die Beklagte bei Abschluss des Übergabsvertrags gewusst hätte, ihr Vater - der Übergeber und Wasserberechtigte - habe Rechtsvorgängern des Klägers Wasseranschlussrechte zugesagt. Es ist unstrittig, dass die Dienstbarkeit nicht offenkundig ist, weil die Liegenschaft des Klägers an die bestehende Wasserleitung nicht angeschlossen wurde und auch keine Vorrichtungen bestehen, aus denen eine Anschlussmöglichkeit ersehen werden könnte. Der Revisionswerber geht dennoch von einem Übergang der Belastung mit einer nicht verbücherten Dienstbarkeit auf die Beklagte als Einzelrechtsnachfolgerin aus, weil in Punkt III des Übergabsvertrags beurkundet ist, die Liegenschaft gehe ?mit allem Zubehör, mit allen Rechten und Vorteilen, mit allen Pflichten und Verbindlichkeiten, wie sie der Übergeber bisher zu besitzen und zu benützen berechtigt war? auf die Beklagte über. Diesem Rechtsstandpunkt kann nicht gefolgt werden:

Nach ständiger Rechtsprechung gehen obligatorische Rechtsverhältnisse nur bei entsprechender Vereinbarung auf den Einzelrechtsnachfolger über (RIS-Justiz RS0011871; RS0013598). Eine derartige Vereinbarung wird von der Rechtsprechung insbesondere im Bereich des Bestandrechts auch im vertraglichen Eintritt des Erwerbers in sämtliche Rechte und Pflichten des Veräußerers gesehen. Damit verpflichte sich der Erwerber über seine nach § 1120 ABGB beschränkte Eintrittspflicht hinaus, sämtliche vom Veräußerer eingegangenen Verpflichtungen (etwa auch dessen Kündigungsverzicht) zu übernehmen (10 Ob 34/00y m.w.H.). Gleiches wurde auch für bestehende Benützungsvereinbarungen (RIS-Justiz RS0013619) und obligatorische Wohnrechte (MietSlg 34.060; MietSlg 42.025) ausgesprochen, wobei jedoch gerade die beiden letztgenannten Entscheidungen hervorheben, dass von einer bewussten Übernahme eines eingeräumten Wohnungsrechtes dann keine Rede sein könne, wenn der Käufer des Hauses ebenso wie der Verkäufer der Überzeugung gewesen sei, dass ein solches Recht gar nicht bestehe. In diesem Falle fehle nicht nur der Wille des Verkäufers, seine Verbindlichkeit zu überbinden, sondern auch der Wille des Käufers, sie zu übernehmen. Abgesehen davon, dass ein entsprechender Wille der Beklagten nicht erwiesen wurde, ist zur Auslegung der zitierten Vertragsbestimmung auf Lehre und Rechtsprechung zu § 1120 ABGB zu verweisen, wonach die Übernahme nicht verbücherter Bestandverträge den Rechtsbesitz des Bestandnehmers voraussetzt. Dem Bestandnehmer muss der Gebrauch der Sache bereits eingeräumt gewesen sein. Zum Vorliegen eines Bestandvertrags muss ein tatsächlicher, nach außen in Erscheinung tretender Tatbestand hinzutreten (MietSlg 42.142/24; RIS-Justiz RS0021134; Würth in Rummel ABGB3 § 1120 Rz 1 und 2; Binder in Schwimann ABGB2 § 1120 Rz 10). In diesem Sinne normiert auch § 2 Abs 1 MRG als Voraussetzung für den Übergang des Bestandvertrags ausdrücklich die Übergabe des Mietgegenstands an den Hauptmieter. Es erweist sich also, dass die Auslegung der strittigen Vertragsbestimmung durch das Berufungsgericht mit Gesetz und Rechtsprechung in Einklang steht, weil vor tatsächlicher Rechtsausübung zwar eine Verbindlichkeit des Liegenschaftseigentümers bestand, diese aber nicht in die aus der Vertragsklausel ersichtliche enge Verbindung mit dem Besitz und der Nutzung der Liegenschaft selbst gebracht werden kann, werden diese doch erst durch tatsächliche dem eingeräumten Recht entsprechende Nutzungshandlungen beschränkt.

Entgegen der vom Revisionswerber vertretenen Ansicht wurde die Beklagte auch nicht deshalb Gesamtrechtsnachfolgerin nach ihrem Vater, weil ihr dieser mit dem Übergabsvertrag sein gesamtes Vermögen übertragen habe. Selbst wenn eine Vermögensübertragung gemäß § 1409 ABGB stattgefunden haben sollte, würde der Übernehmer eines Vermögens dadurch nicht (Gesamtrechts-)Nachfolger des Urschuldners, sondern käme es nur zu einem gesetzlichen Schuldbeitritt (7 Ob 547/95; Ertl in Rummel ABGB2 § 1409 Rz 2). Zudem haftet der Vermögensübernehmer in diesem Falle nur für die Erfüllung von Geldverpflichtungen, nicht jedoch für die Fortsetzung obligatorischer Dauerschuldverhältnisse (SZ 11/267; SZ 56/140; 7 Ob 547/95).

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).