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OGH vom 19.01.1999, 1Ob299/98x

OGH vom 19.01.1999, 1Ob299/98x

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei L***** eingetragene Genossenschaft m.b.H, *****, vertreten durch Dr. Roland Gabl & Dr. Josef Kogler & Mag. Harald Papesch, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Avez M*****, vertreten durch Dr. Peter Keul und Dr. Alexander Burkowski, Rechtsanwälte in Linz, wegen Aufkündigung infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichts Linz als Rekursgerichts vom , GZ 11 R 309/98g-10, womit infolge Rekurses der klagenden Partei der Beschluß des Bezirksgerichts Linz vom , GZ 14 C 695/98h-6, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Am (Einlangen bei Gericht) kündigte die klagende Partei als Vermieterin das Bestandverhältnis mit der Beklagten als Mieterin einer Linzer Wohnung zum . Sie beantragte, der Bekagten aufzutragen, „dieser Aufkündigung bei Exekution rechtzeitig Folge zu leisten oder gegen die Aufkündigung längstens binnen vier Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses mündlich oder schriftlich ... Einwendungen anzubringen“. Überdies brachte sie vor, der Beklagten „aufzutragen, das ... Bestandobjekt längstens binnen nach dem bei Exekution zu übergeben ...“.

Das Erstgericht erließ die Aufkündigung unter Zugrundelegung des Antragswortlauts noch am selben Tag. Sie wurde der Beklagten am zu eigenen Handen zugestellt. Einwendungen unterblieben. Daraufhin trug das Erstgericht der klagenden Partei am auf, innerhalb von 3 Tagen bekanntzugeben, „binnen welcher Frist nach dem das Bestandobjekt zu übergeben ist“. Am teilte die klagende Partei telefonisch mit, das Bestandobjekt sei „binnen 14 Tagen“ zu übergeben. Aufgrund dieser Bekanntgabe berichtigte das Erstgericht seine Aufkündigung vom noch am dahin, daß es der Beklagten auftrug, dieser Aufkündigung „bei Exekution rechtzeitig, also binnen 14 Tagen nach dem Folge zu leisten ...“. Dieser Beschluß erwuchs in Rechtskraft. Am wurde der Beklagten eine berichtigte Ausfertigung der Aufkündigung vom zu eigenen Handen zugestellt. Am gab deren Bevollmächtigter „Einwendungen“ zur Post, beantragte die Aufhebung der Aufkündigung und brachte unter anderem vor, es liege „sowohl ein fehlerhafter Kündigungstermin als auch eine fehlerhafte Kündigungsfrist vor“, weil die „berichtigte Kündigung“ erst am (richtig ) zugestellt worden sei. Die klagende Partei erwiderte im Schriftsatz vom (Einlangen bei Gericht), die zufolge eines Schreibfehlers unterbliebene Konkretisierung des Räumungstermins sei belanglos, weil in einem solchen Fall ohnehin die gesetzliche Frist gemäß § 573 Abs 2 ZPO eingreife. Sie beantragte ferner die Übermittlung einer „rechtskräftigen und vollstreckbaren Ausfertigung der Aufkündigung“. Das Erstgericht wies diesen Antrag am deshalb ab, weil die Beklagte nach Zustellung der berichtigten Aufkündigung fristgerecht Einwendungen erhoben habe. Später hob es seine Aufkündigung mittels Urteils vom auf. Ein Berufungsverfahren ist anhängig.

Dementgegen bestätigte das Rekursgericht „die Rechtskraft und Vollstreckbarkeit der Aufkündigung vom “ und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu. Es erwog in rechtlicher Hinsicht, der Inhalt einer gerichtlichen Aufkündigung werde durch § 562 Abs 1 ZPO geregelt. Danach gehöre die Angabe eines bestimmten Räumungstermins bzw einer konkreten Räumungsfrist nicht zu den notwendigen Bestandteilen einer Aufkündigung. Ein unrichtiger Räumungstermin bzw eine unrichtige Räumungsfrist könne daher - im Gegensatz zum Kündigungstermin - nach einer entsprechenden Einwendung berichtigt werden. Ein solcher unwesentlicher Mangel der Aufkündigung rechtfertige nicht deren Aufhebung. Die Aufkündigung vom sei auch problemlos vollstreckbar, weil einerseits der Antrag, „der Aufkündigung rechtzeitig Folge zu leisten“, auf den Zeitpunkt der Beendigung des Bestandverhältnisses zu beziehen sei, und andererseits die Räumungsfrist von 14 Tagen gemäß § 573 Abs 2 ZPO an das Ende der Bestandzeit anknüpfe. Demgemäß könne die Zustellung einer in einem unwesentlichen Punkt berichtigten Aufkündigung keine neue Einwendungsfrist auslösen. Somit sei aber die Aufkündigung vom rechtskräftig und vollstreckbar.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist, wie sich aus den nachstehenden Ausführungen ergeben wird, gemäß § 528 Abs 1 und Abs 2 Z 1 ZPO in der Fassung der WGN 1997 BGBl 140 zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.

Nach ständiger, bereits vom Rekursgericht dargestellter Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs muß in einer gerichtlichen Aufkündigung unter anderem wohl der Zeitpunkt der (angestrebten) Beendigung des Bestandverhältnisses, aber nicht auch noch ein bestimmter Räumungstermin angegeben werden (MietSlg 46.710; MietSlg 19.543), weshalb die Richtigstellung eines unrichtig bzw undeutlich bezeichneten Räumungstermins zugelassen wird (MietSlg 46.710; MietSlg 34.785; MietSlg 18.690; MietSlg 18.689; EvBl 1960/283; EvBl 1952/360 ua). Diese Praxis beruht auf dem vom Gericht zweiter Instanz zutreffend erkannten Grundsatz, daß die gesonderte Angabe eines bestimmten Räumungstermins gemäß § 562 Abs 1 ZPO nicht notwendiger Inhalt einer gerichtlichen Aufkündigung ist. Das wird teilweise damit begründet, daß der Räumungstermin ohnehin mit dem Ende des letzten Tags des Bestandverhältnisses zusammenfalle (MietSlg 46.710; MietSlg 18.689; EvBl 1960/283), was etwa auch dann gelte, wenn - wie hier - ein Auftrag an den Kündigungsgegner angestrebt wird, „der Aufkündigung rechtzeitig Folge zu leisten“ (MietSlg 18.689).

Der erkennende Senat teilt die Ansicht, der Räumungstermin falle mit dem Ende des letzten Tages des Bestandverhältnisses zusammen, nicht, ordnet doch § 573 Abs 2 ZPO unmißverständlich an, daß eine Räumungsfrist von längstens 14 Tagen nach Ablauf der Bestandzeit auch dann besteht, wenn gegen die gerichtliche Aufkündigung bzw gegen den Auftrag zur Übergabe oder Übernahme des Bestandobjekts nicht rechtzeitig Einwendungen erhoben wurden. Der Auslegung Faschings (LB2 Rz 2153), ein allfälliger Auftrag zur Räumung bzw Übergabe des Bestandobjekts habe sich, falls die Bestandzeit noch nicht verstrichen sei, auf den Zeitpunkt der Beendigung des Bestandverhältnisses zu beziehen, steht, wie Rechberger (in Rechberger, Kommentar zur ZPO Rz 2 zu § 562 und § 573) zutreffend erläutert, der klare Gesetzeswortlaut entgegen (idS auch Rechberger/Simotta, ZPR4 Rz 944). Soweit Rechberger (aaO) der Ansicht Faschings (aaO) zubilligt, es sei „in der Tat schwer einzusehen, warum etwa dem Kündigungsgegner, der gegen die Aufkündigung keine Einwendungen“ erhoben habe, „neben der Kündigungsfrist auch noch zusätzlich die vierzehntägige Paritionsfrist zur Räumung des Bestandobjektes zur Verfügung stehen soll“, ist ihm zu erwidern, daß der Gesetzgeber einen Bestandnehmer, der sich mit einer gerichtlichen Kündigung ohne Erhebung von Einwendungen abfindet, offenkundig nicht schlechter stellen wollte als einen Bestandnehmer, der einen Kündigungsprozeß nach ungerechtfertigten Einwendungen verliert, aber das Bestandobjekt gemäß § 573 Abs 1 ZPO dennoch erst 14 Tage nach Wirksamkeit bzw Rechtskraft eines solchen Urteils (§ 409 Abs 3 ZPO) zu räumen hat, wenn die Bestandzeit im Zeitpunkt der Urteilsfällung schon verstrichen ist.

Daraus ist allerdings für die Rechtansicht der Beklagten, sie habe gegen die Aufkündigung vom rechtzeitig Einwendungen erhoben, nichts zu gewinnen. Grundlage für die Lösung des hier maßgeblichen Einzelfalls ist vielmehr nachstehender Rechtssatz:

Wird in einer gerichtlichen Aufkündigung der Zeitpunkt der (angestrebten) Beendigung des Bestandverhältnisses eindeutig bezeichnet und beantragt, dem Mieter aufzutragen, dieser Aufkündigung rechtzeitig durch Übergabe des Bestandobjekts Folge zu leisten, ist die Räumungsfrist, wenn der Mieter keine Einwendungungen gegen die gerichtliche Aufkündigung erhoben hat und die Bestandzeit noch nicht verstrichen ist, unmittelbar aus § 573 Abs 2 ZPO abzuleiten. Danach ist das Bestandobjekt längstens binnen 14 Tagen nach Ablauf der Bestandzeit - also 14 Tage nach dem in der gerichtlichen Aufkündigung angegebenen Termin der Beendigung des Bestandverhältnisses - geräumt zu übergeben. In einem solchen Fall kann das Gericht die Aufkündigung ohne weiteres durch Beisetzung der gesetzlichen Frist gemäß § 573 Abs 2 ZPO verdeutlichen.

Wird eine solche - als Voraussetzung der Vollstreckbarkeit gar nicht erforderliche - Verdeutlichung erst nach Erlassung der gerichtlichen Aufkündigung mittels Berichtigungsbeschlusses vorgenommen, löst die Zustellung einer berichtigten Ausfertigung der gerichtlichen Aufkündigung an den Kündigungsgegner keine neue Einwendungsfrist gemäß § 562 Abs 1 letzter Satz ZPO aus.

Das verstümmelte Kündigungsvorbringen der klagenden Partei, das später in Übereinstimmung mit § 573 Abs 2 ZPO ergänzt wurde und das Erstgericht zur Erlassung eines Berichtigungsbeschlusses veranlaßte, konnte daher die Rechtswirksamkeit der gerichtlichen Aufkündigung, die der Beklagten am zugestellt worden war, nicht beeinflussen, weil deren Wortlaut - kraft unmittelbarer Anwendbarkeit des § 573 Abs 2 ZPO mangels Benennung einer längeren Räumungsfrist - ohnehin so verstanden werden mußte, daß die Übergabe des Bestandobjekts binnen 14 Tagen nach dem zu erfolgen habe.

Dem Revisionsrekurs ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 41 und § 50 Abs 1 ZPO.