OGH vom 18.04.2007, 7Ob282/06f
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei „E***** GmbH, ***** vertreten durch Graff Nestl Baurecht Zorn Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei B***** AG, ***** vertreten durch Doralt Seist Csoklich Rechtsanwalts - Partnerschaft in Wien, wegen EUR 527.561,94 sA, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 216/05i-75, womit das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom , GZ 16 Cg 115/03s-71, aufgehoben wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Die Klägerin ist im Holz - Import-, Exportgeschäft tätig.
Die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die C***** AG (in der Folge kurz: Beklagte) war die Hausbank der Klägerin. Im Zuge ihrer Geschäftsbeziehung wickelten die Parteien über 100 Exportakkreditive ab, aber nur wenige Importakkreditive und diese nur für Geschäftspartner mit guter Bonität.
Die Klägerin bestellte bei einer ihr nicht weiter bekannten Gesellschaft mit dem Sitz in USA (in der Folge: Begünstigte) Holz. Zwischen den Vertragspartnern war die Bezahlung mittels Akkreditiv vereinbart. Die Klägerin wollte bei der Beklagten ein Akkreditiv eröffnen, wobei ursprünglich die Beklagte in Wien als Zahlstelle vorgesehen war. Die Begünstigte bestand jedoch auf rascher Zahlung, sodass auf deren Wunsch die B***** als Zahlstelle vereinbart wurde. Die B***** verlangte letztlich, Zahlstellen- und Bestätigungsbank zu sein. Eine derartige Konstellation (Zahlstellen- und Bestätigungsbank im Ausland) war der Klägerin bislang nicht bekannt, weshalb sie sich bei der Sachbearbeiterin der Beklagten erkundigte, ob für sie damit ein Risiko verbunden sei, was verneint wurde. Der Unterschied sei, dass die B***** nach Übernahme und Prüfung der Dokumente sogleich die Auszahlung vornehmen werde, sodass der Zinsenlauf früher beginne. Etwaige Risken bei der Einbringlichmachung von Forderungen in den USA erörterte die Mitarbeiterin der Beklagte nicht.
Die Klägerin beauftragte die Beklagte mit der Eröffnung eines den Wünschen der Begünstigten und ihrer Bank entsprechenden Akkreditives. Dem Geschäftsfall lagen die AGB der Beklagten, in denen sich ein Haftungsausschluss für leichte Fahrlässigkeit findet, und die ERA 500 (Einheitliche Richtlinien für Dokumentenakkreditive der Internationalen Handelskammer) zugrunde.
Die Beklagte eröffnete am das Akkreditiv und ersuchte die B***** um Bestätigung und Auszahlung. Folgende Dokumente wurden für die Auszahlung vorgeschrieben:
„Erforderliche Dokumente:
- Rechnung, gültig unterschrieben, die bestätigt, dass die Ware der Auftragsbestätigung entspricht, dass die Qualität den SPIB-Regeln entspricht, dass die Bündel nur die Nummern und keine anderen Markierungen oder Zeichen aufweisen und dass die Bündel mit mind. 3 x 32 mm Eisenband versehen sind
- das gesamte 'Clean on Board'-Konnossement, auf Bestellung ausgestellt und mit einem Blankoindossament versehen, beschriftet 'Zu verständigen: S***** Ltd. K***** (S*****), Hafen K*****, Tel ....', 'Zur freien Verfügung von H. B*****', 'Fracht im Voraus bezahlt und THC' Kosten zu Lasten des Absenders"
- Versicherungspolizze/Bestätigung in übertragbarer Form ausgestellt
- Packliste, dreifach auf neutralem Papier, die die Anzahl der versandten Kubikmeter, Stücke, Bündel enthält...., zum Nachweis, dass die Bündel in aufsteigender Reihenfolge markiert sind und dass jedes Bündel nur mit einer Breite/einer Länge ist, max 5 o/o der Menge...
- Pflanzengesundheitszeugnis in einem Original und einer Kopie, das bestätigt, dass das Material im Ofen getrocknet und frei von Schädlingen/schädlichen Insekten ist
- Ursprungsbestätigung
- Kopie der Versandanzeige (bzw Fax-Sendeprotokoll zur Vorlage), geschickt vom Begünstigten an den Akkreditivsteller innerhalb von zwei Tagen ab Versanddatum an ... (die Klägerin) per Telefax, wobei anzugeben sind:
Versandte Menge, Kubikmeter, Stück, Bündel; Name des Schiffes; Verfrachter in K*****; tatsächliches Datum des Versandes; ETA K*****; Bestätigung, dass alle Waren geprüft sind und der Bestellung entsprechen
- Kopie des Faxes zum Nachweis (bzw Fax-Sendeprotokoll zur Vorlage), dass die folgenden Dokumente vom Begünstigten innerhalb von 5 Tagen ab Versanddatum, das auf der Kopie der Versandanzeige aufscheint, an den Akkreditivsteller geschickt wurden:
Kopie der Handelsrechnung; Kopie der Packliste; Kopie der Versicherungspolizze/Bestätigung; Kopie des Pflanzengesundheitszeugnisses
Zusätzliche Bedingungen:
Falls die vorgelegten Dokumente nicht den Kreditbedingungen entsprechen, wird eine 'discrepancy fee' belastet.
Nach Erhalt der dem Kredit entsprechenden Dokumente wird mit Wert neun Werktage gemäß den Anweisungen der B***** überwiesen.
Sämtliche Spesen, die außerhalb von Österreich anfallen, sind vom Begünstigten zu tragen.
Die Dokumente sind innerhalb von 10 Tagen ab Versanddatum, wie es in den Transportdokumenten aufscheint, vorzulegen.
Die Dokumente sind an die..... (Beklagte) zu schicken.
Für dieses Dokumentenakkreditiv werden die 'Einheitlichen Richtlinien für Dokumentenakkreditive' (Publikation Nr 500, gültig ab 1994, der Internationalen Handelskammer) zugrunde gelegt. ..."
Aufgrund der Vorstellungen der B***** erfolgten folgende Abänderungen:
„Abänderung Nr 1 vom : Akkreditiv muss bestätigt werden;
Abänderung Nr 2 vom : Akkreditiv ist nun ausnutzbar bei der B*****; Ort der Gültigkeit lautet nunmehr jeder Ort in USA".
Die Klägerin war weiters mit dem Wunsch der Begünstigten einverstanden, dass die Zahlungsfrist auf drei Tage verkürzt werde. Es war offensichtlich, dass die Zahlung der B***** erfolgen würde, bevor die eingereichten Dokumente bei der Beklagten einlangen würden.
Die B***** bestätigte das Akkreditiv.
Die Begünstigte reichte die Akkreditivdokumente am bei der B***** ein, worauf diese Zahlung leistete, mit der sofort die Klägerin über die Beklagte belastet wurde.
Folgende Dokumente (geprüft nach dem Standard der internationalen Bankpraxis) wurden schließlich der Beklagten vorgelegt:
- Invoice Nr 76 vom ; dieses Dokument war „ordnungsgemäß gültig";
- Bill of Landing (B/L) Nr......, jedoch bezugnehmend auf ein Mast B/L #.... welches nicht vorgelegt wurde; dieses Dokument ist „unstimmig";
- Policy of Insurance; Ergänzungen wurden jedoch nicht authentisiert, weshalb das Dokument „nicht gültig" ist;
- Packing List im Umfang von 27 Seiten; diese wurde nicht durchgehend auf neutralem Papier abgedruckt und ist „nicht gültig";
- Certificate of Origin; dieses ist „ordnungsgemäß und gültig";
- Phytosanitary Certificate (jedoch ohne FPC Nr) mit angehängter Bestätigung zu FPC....., dass das Material im Ofen getrocknet wurde und frei von Schädlingen/schädlichen Insekten ist; es fehlt die Unterschrift, weshalb das Dokument „nicht gültig" ist;
- Copy of Fax der gewünschten (oben angeführten) Dokumente. Diese umfassen in Summe 38 Seiten. Zu den eingereichten Dokumenten sind zwei Sendeprotokolle vom an Fax Nr ... beigelegt. Ein Faxprotokoll bestätigt die Versendung von einer Seite, das zweite bestätigt die Versendung von fünf Seiten; die Dokumente sind „unstimmig".
Es kann nicht festgestellt werden, dass die Akkreditivdokumente bei der Beklagten eingingen und eine Prüfung durch sie möglich war.
Am rügte die Beklagte die Nichtübereinstimmung der Dokumente gegenüber der B***** wie folgt:
„ - 1. B/L bezieht sich auf eine Mast B/L, welches nicht vorgelegt wurde;
- 2. Packing List ist nicht akkreditivkonform;
- 3. Versicherungspolizze: Die Unterschriften waren nicht geprüft;
- 4. Copy of Fax - Faxprotokoll umfasst nur fünf Seiten anstatt 38 Seiten".
Nach den Gebräuchen des internationalen Akkreditivverkehrs weist die Rüge folgende Mängel auf:
Das unter 1) bezeichnete B/L verweist auf ein weiteres Mast B/L, welches einen Widerspruch zur vorliegenden Dokumentation hervorrufen könnte. In den Akkreditivbedingungen wird das gesamte Clean on Board-Konnossement gefordert, somit ist das B/L-Dokument in sich „unstimmig".
Die in Punkt 2. genannte Packing List wurde nur pauschal gerügt, ohne ins Detail zu gehen.
Die Versicherungspolizze wurde in Punkt 3. auch nach internationaler Übung richtig gerügt.
Das Copy of Fax ist in sich unstimmig und wurde in Punkt 4. nur pauschal gerügt.
Nach Rücksprache mit der Klägerin ergänzte die Beklagte am noch innerhalb einer Frist von sieben Tagen ab Erhalt der Dokumente die Rüge um die Fehler des Phytosanitary Certificate. Weiters teilte die Klägerin der B***** mit, dass sie die Dokumente zur Verfügung halten werde.
Die Ergänzung vom enthielt in Zusammenschau mit der ursprünglichen Rüge vom sämtliche Mängel der Akkreditivdokumente, die bei ordnungsgemäßer Prüfung festzustellen und zu rügen waren.
Die B***** teilte allerdings der Beklagten mit, sie sei nicht deren Rechtsmeinung und halte die Dokumente für akkreditivkonform. Sie berief sich dabei nicht auf eine unvollständige oder mangelhafte Rüge.
Es kann nicht festgestellt werden, warum die B***** die Dokumente nicht entsprechend den Vorschriften der ERA 500 prüfte und ungeachtet der Mängel Zahlung an die Begünstigte leistete. Die B***** ist eine international angesehene, kapitalkräftige Bank. Ein Fehler wie der vorliegende kommt nur äußerst selten vor.
In der Folge konnte die Klägerin die Ware (vorerst) nicht vom Schiff beheben, weil die Akkreditivdokumente unvollständig waren. Darüber hinaus war die Fracht nicht bezahlt. Nach Besichtigung der gelieferten Ware stellte sich diese auch als unbrauchbar heraus.
Die Klägerin begehrt den Klagsbetrag und bringt im Wesenlichen vor, dass das Akkreditiv ursprünglich in Wien hätte zahlbar sein sollen. Auf Wunsch des Begünstigten sei der Zahlungsort auf M***** umgestellt worden, sodass als Zahlstelle die B***** vorgesehen worden sei. Bevor es zu dem Zahlstellenwechsel gekommen sei, habe die Geschäfsführerin der Klägerin mit der Mitarbeiterin der Beklagten Rücksprache gehalten, ob ihr daraus Nachteile erwachsen könnten. Dies habe die Mitarbeiterin mit dem Hinweis verneint, dass lediglich die Zinsenbelastung früher eintrete. In der Folge habe die B***** die Zahlung an die Begünstigte geleistet und die Dokumente an die Beklagte übermittelt. Die Dokumente hätten jedoch eine Reihe von Akkreditivbedingungen nicht erfüllt. Die Beklagte habe hierauf unvollständige Einwände gegenüber der B***** erhoben, wobei aber ein Mangel richtig gerügt worden sei. Dies habe zur Folge gehabt, dass die Zahlstellenbank die nicht sofort gerügten Mängel nicht mehr gegen sich gelten lassen müsse. Die Beklagte habe überdies ihre Aufklärungspflichten verletzt, weil sie typische Risiken des internationalen Akkreditivverkehrs, die sich letztlich verwirklicht hätten, als nicht vorhanden abgetan habe. Wäre die Klägerin darauf hingewiesen worden, hätte sie einem Wechsel der Zahlstelle nicht zugestimmt. Die Klägerin sei von der Beklagten mit dem von der B*****ausgezahlten Betrag belastet worden, obwohl sie die Ware mit den mangelhaften Papieren nicht einmal habe auslösen können. Aufgrund des Aufklärungsfehlers und der mangelhaften Rüge durch die Beklagte sei ein Schaden in der Höhe des Klagsbetrages, bestehend aus Eröffnungsspesen, der Akkreditivsumme, Auszahlungsspesen sowie Dollarkontozinsen entstanden. Die Beklagte hafte für den Schaden auch, weil die B***** ihre Erfüllungsgehilfin gewesen sei.
Die Beklagte bestreitet das Klagebegehren mit der Begründung, die Klägerin habe im Zuge der Auftragserteilung den Wunsch geäußert, die B***** solle als Bestätigungsbank auftreten. Diese sei dazu nur bereit gewesen, wenn sie auch als Zahlstelle fungieren könne. Die Klägerin habe dieser Vorgangsweise zugestimmt. Es liege kein Aufklärungsfehler vor. Die Klägerin sei sehr wohl darauf hingewiesen worden, dass das Konto der Klägerin bereits bei Einreichung der Dokumente an der Zahlstelle mit der Akkreditivsumme belastet werde, bevor die Beklagte die Dokumente noch selbst prüfen könne. Die Klägerin habe zudem langjährige Erfahrung mit Import- und Exportakkreditiven. Das Risiko, dass eine international angesehene Bank unstimmige Dokumente aufnehme und später in ihrer unrichtigen Rechtsauffassung verharre, sei ganz atypisch. Gegenüber der B***** seien alle maßgeblichen Mängel der Dokumente gerügt worden. Auch habe sich die B***** niemals auf eine mangelhafte Rüge berufen. Die Beklagte hafte nicht für das Fehlverhalten der B*****, weil diese lediglich Substitutin sei. Einredeweise werde compensando ein Bereicherungsanspruch bis zur Höhe des Klagsbetrages eingewandt, weil die Klägerin die Ware, die mit dem Akkreditiv bezahlt worden sei, erhalten habe.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es vertrat die Rechtsansicht, dass zwischen den Streitteilen ein Geschäftsbesorgungsvertrag bestehe. Die Bank habe sich als Bestätigungsbank allerdings selbständig verpflichtet. Die B***** sei keine Erfüllungsgehilfin der Beklagten, zumal deren Auswahl der Klägerin oblegen sei. Auch ein Beratungsfehler der Beklagten liege nicht vor. Zwar sei der Klägerin das Risiko der gewählten Akkreditivform aus ihrer bisherigen Erfahrung nicht bekannt gewesen, die Beklagte habe jedoch die Klägerin über das Risiko, welches sich hier realisiert habe, nämlich dass „Rechtsunterworfene (wie die Bank) nicht immer das tun, was sie tun sollten.... und daher schadenersatzpflichtig werden könnten....." nicht aufklären müssen. Das Risiko, den in den USA situierten Lieferanten wegen Gewährleistung oder Schadenersatz vor einem ausländischen Gericht in Anspruch nehmen zu müssen, sei nämlich kein anderes als das der Geltendmachung von Schadenersatzforderungen gegen die Bank. Selbst bei einer allfälligen Verletzung einer Aufklärungspflicht liege von Seiten der Beklagten (nach den AGB als Haftungsgrund ausgeschlossene) leichte Fahrlässigkeit vor. Die Beklagte hafte nicht wegen mangelhafter Dokumentenrüge. Bereits im Zuge der ersten Rüge sei zumindest eines der nicht akkreditivgemäßen Dokumente hinreichend konkret gerügt worden. Schon deshalb hätte die B***** nicht auszahlen dürfen bzw den ausbezahlten Betrag zurückfordern müssen. Allfällige fehlerhafte Rügen durch die Beklagte seien daher für das Verhalten der B***** nicht kausal.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge, hob das erstinstanzliche Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es vertrat die Rechtsansicht, dass aufgrund des außer Streit stehenden, von der Beklagten jedenfalls ordnungsgemäß gerügten Dokumentenmangels die B***** nicht hätte auszahlen dürfen, sodass diese an die Beklagte den bezogenen Aufwandersatz hätte refundieren müssen. Eine etwaige Unvollständigkeit und damit Mangelhaftigkeit der ersten Rüge der Beklagten sei für die Weigerung der B***** nicht kausal gewesen. Die Frage, ob die B***** lediglich Zahlstellen- oder auch Bestätigungsbank gewesen sei, sei für ihre Eigenschaft als Erfüllungsgehilfin nicht relevant. Primärer Zweck der Bestätigung sei, dem Begünstigten Sicherheit dafür zu geben, dass das Akkreditiv bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen tatsächlich honoriert werde. Die Bestätigungsbank übernehme eine selbständige, vom Akkreditiv und auch von dem diesem zugrunde liegenden Geschäft unabhängige Verpflichtung. Die Zahlstellen- und die Bestätigungsfunktion der Zweitbank sei stets für sich allein rechtlich zu beurteilen. Der B***** komme in ihrer Funktion als Zahlstelle Erfüllungsgehilfeneigenschaft zu. Der Ansicht Avancinis in Avancini/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht II, Rz 4/196, sei zu entgegnen, dass die Merkmale eines Erfüllungsgehilfen jene eines Substituten überwiegen würden. Zwischen der Akkreditivbank und der Zahlstellenbank bestehe ein Auftragsverhältnis. Die Akkreditivdokumente könnten vom Begünstigten fristwahrend bei der Zahlstellenbank eingereicht werden, die Weiterleitung erfolge dann nicht mehr auf sein Risiko. Die Zahlstellenbank habe die eingereichten Dokumente auf ihre Akkreditivgemäßheit zu überprüfen und sie bei Mangelhaftigkeit unverzüglich zurückzuweisen. Die Zahlstellenbank werde dem Begünstigten auch durch eine fristgerechte Einreichung der Dokumente nicht verpflichtet. Verweigere sie die Honorierung des Akkreditives, könne der Begünstigte sich nur an die Akkreditivbank halten. Die Akkreditivbank werde von ihrer Verpflichtung gegenüber dem Begünstigten erst bei der Auszahlung durch die Zahlstelle befreit. Die Akkreditivbank setze die Zahlstellenbank (auch) dazu ein, die vom Begünstigten eingereichten Dokumente für sie zu prüfen und gegebenenfalls zu rügen. Wenn die Zahlstellenbank nun auftragswidrig nicht rüge, sei dies ein in der Sphäre der Akkreditivbank eingetretenes Versäumnis. Dem Auftragsrecht entsprechend müsse die Zahlstellenbank Weisungen der Akkreditivbank befolgen und zwar auch dann, wenn sie im Verhältnis zum Begünstigten rechtswidrig wären. Die Akkreditivbank könne sich gemäß Art 14c ERA 500 bei Unstimmigkeiten der Akkreditivdokumente wegen eines Verzichtes auf Geltendmachung derselben an den Auftraggeber wenden. Dieses Recht sei auch der Zahlstelle im Verhältnis zur Akkreditivbank zuzugestehen. Nicht zuletzt bestimme Art 14d iii ERA 500, dass die Akkreditivbank von der Zahlstellenbank, welche unstimmige Dokumente aufgenommen habe, den geleisteten Rembours samt Zinsen verlangen könne. Hingegen bestehe zwischen der Zahlstellenbank und dem Akkreditivauftraggeber keine direkte Rechtsbeziehung. Er könne ihr keine Weisungen direkt erteilen und müsse sich stets der Akkreditivbank bedienen. Die Akkreditivbank bleibe also alleiniger Vertragspartner des Akkreditiveröffners. Zwar sei die Zahlstelle selbständige Unternehmerin, doch sei sie der Akkreditivbank weisungsunterworfen. Bei der Prüfung der Dokumente werde die Zahlstelle für die Akkreditivbank tätig. Wiewohl diese bei der Dokumentenprüfung praktisch kaum in der Lage sei, Weisungen zu erteilen, ändere dies doch nichts an ihrer Befugnis dazu. Eine Einflussnahme sei nicht ausgeschlossen. Teil der - entgeltlichen - Aufgabe der Akkreditivbank sei die Auszahlung der Akkreditivsumme gegen Vorlage der richtigen Dokumente. Dass die Auszahlung durch die Zahlstelle nur bei der Einreichung ordnungsgemäßer Dokumente erfolge, könne der Akkreditiveröffner in diesem Zeitpunkt nicht beeinflussen. Lediglich die Akkreditivbank selbst könne im Rahmen ihrer Weisungsbefugnis Einfluss auf die Zahlstelle nehmen. Die Namhaftmachung der Zahlstelle durch den Akkreditivbesteller schade daher nicht. Es liege vielmehr an der Akkreditivbank, eine ihr nicht vertrauenswürdig erscheinende Zahlstelle abzulehnen. Diese Ansicht werde auch durch einen Teil der deutschen Lehre (vgl Canaris in Großkomm HGB, Bankvertragsrecht I, Rn 974) gestützt. Die Judikatur zum Giroverkehr, welche eine Erfüllungsgehilfeneigenschaft der Zweitbank verneine, könne nicht herangezogen werden. Die Haftung einer beauftragten Bank für ein zwischengeschaltetes Bankinstitut werde in der Rechtsprechung nämlich vor allem mit dem Argument verworfen, dass der Überweisungsverkehr dazu diene, „um den Zahlungsverkehr als Massenphänomen in angemessener Zeit und zu erträglichen Kosten überhaupt zu bewältigen". Die Erfüllungsgehilfeneigenschaft der Zweitbank würde für die erstbeauftragte Bank zu Risken führen, welche für diese weder beherrschbar noch überschaubar seien. Der Zweck des Akkreditives gehe über die reine Zahlungsfunktion hinaus; beim Giroverkehr liege kein vergleichbarer Sachverhalt vor. Die B***** sei daher Erfüllungsgehilfin der Beklagten, welche für deren Verhalten wie für ihr eigenes hafte. Der Schadenseintritt (dem Grunde nach) sowie die Kausalität und die Rechtswidrigkeit des Handelns der B***** sei nach den Feststellungen unproblematisch. Art 18a ERA 500 (auf dessen allfällige Sittenwidrigkeit nicht eingegangen werden müsse) werde durch die Unklarheitenregel durch die (für die Klägerin als Vertragspartnerin günstigeren) Bestimmungen der AGB der Beklagten verdrängt. Die Bestimmung der Z 8 der AGB betreffe nicht die Haftung bei Heranziehung von Erfüllungsgehilfen - diese werde in Z 9 geregelt. Die Beklagte hafte daher der Klägerin für nicht leicht fahrlässig verursachte Schäden. Die nicht ordnungsgemäße Prüfung durch die B***** sei aber als grob fahrlässig zu beurteilen. Auf Grund der Erfüllungsgehilfenhaftung der Beklagten brauche auf die von der Berufungswerberin vorgebrachten Argumente zum Vorliegen eines Beratungsfehlers der Mitarbeiterin der Beklagten daher nicht eingegangen werden. Da sich das Erstgericht mit der Schadenshöhe und der Gegenforderung nicht auseinandergesetzt habe, sei das Urteil aufzuheben und zur ergänzenden Sachverhaltsfeststellung an das Erstgericht zurückzuverweisen.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil zur Frage, ob eine Zahlstellen- oder Bestätigungsbank Erfüllungsgehilfin der Akkreditivbank sei, oberstgerichtliche Judikatur fehle.
Dagegen richtet sich der Rekurs der Beklagten mit einem Abänderungsantrag dahingehend, dass das erstinstanzliche Urteil wiederhergestellt werde.
Die Klägerin beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Der Rekurs ist zulässig, ihm kommt aber im Ergebnis keine Berechtigung zu.
Rechtliche Beurteilung
Die Beklagte ist Akkreditivbank, also jene Bank, die im Auftrag ihres Kunden, der Klägerin, das Akkreditiv eröffnet (2 Ob 344/97w). Unter einem Dokumentenakkreditiv versteht man die von einer Bank im Auftrag eines Kunden einem begünstigten Dritten gegenüber schriftlich eingegangene Verpflichtung, ihm für Rechnung ihres Auftraggebers unter bestimmten Voraussetzungen (Übergabe bestimmter Dokumente) eine Leistung zu erbringen (1 Ob 203/03i mwN; Avancini/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht II, Rz 4/1). In wirtschaftlicher Hinsicht erfüllt das Akkreditiv Zahlungs- und Sicherungsfunktion (1 Ob 203/03i, Avancini aaO, Rz 4/12f). Das Akkreditiv dient im Allgemeinen zunächst der bargeldlosen Zahlungsabwicklung. Der Akkreditivauftraggeber leistet im Wege über das Akkreditiv eine dem Begünstigten geschuldete Zahlung (Avancini aaO, Rz 4/12). Neben der Zahlungsfunktion hat das Akkreditiv eine Sicherungsfunktion, und zwar für beide Parteien des Grundgeschäftes. Der Begünstigte wird dadurch gesichert, dass er einen Anspruch gegen die Akkreditivbank begründet, der grundsätzlich sowohl von seinen Rechtsbeziehungen zum Akkreditivauftraggeber als auch von jenen zwischen Akkreditivbank und Akkreditivauftraggeber unabhängig ist. Es wird ihm einerseits das Risiko der Zahlungsunfähigkeit eines Geschäftspartners durch die Akkreditivbank abgenommen, andererseits verbessert sich seine Position dadurch, dass die Akkreditivbank ihm grundsätzlich keine Einwendungen aus dem Valutaverhältnis und aus dem Deckungsverhältnis entgegensetzen kann. Dem Akkreditivauftraggeber bietet das Akkreditiv dagegen die Sicherheit, dass die Akkreditivbank nur gegen die Vorlage der vorgeschriebenen Dokumente Zahlung an den Begünstigten leistet (Avancini, aaO, Rz 4/13).
Neben der das Akkreditiv eröffnenden Bank kann auch eine Zweitbank - üblicherweise mit Sitz im Land des Begünstigten - in die Akkreditivabwicklung eingeschaltet werden. Die Zweitbank kann (nur) avisierende Bank sein, die dem Begünstigten zufolge Art 7 lit a ERA 500 das Akkreditiv ohne eigene Verbindlichkeit avisiert, somit das Akkreditiv dem Begünstigten übermittelt, sie kann aber auch Zahlstelle im Sinne des Art 10 lit ERA 500 zwecks Abwicklung des Akkreditivs durch Zahlung, hinausgeschobene Zahlung, Akzeptierung oder Negoziierung sein, und sie kann schließlich Bestätigungsbank sein und die gesamtschuldnerische Haftung für die Erfüllung des Akkreditivs neben der Eröffnungsbank übernehmen (1 Ob 16/01m, Avancini aaO, Rz 4/11; Nielsen in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrecht-Handbuch III2 , 4095). Das Vertragsverhältnis zwischen der Akkreditivbank und der Zweitbank ist unabhängig davon, ob diese als Avis-, Zahlstellen- oder als Bestätigungsbank tätig wird, stets ein Auftragsverhältnis (1 Ob 16/01m mwN).
Bestätigt die Zweitbank das unwiderrufliche Akkreditiv aufgrund einer Ermächtigung oder eines Auftrages der eröffnenden Bank, so begründet dies grundsätzlich die eigene Haftung der Bestätigungsbank. Diese Bestätigung verstärkt die Sicherheit des Begünstigten, da ihm nun die Zweitbank solidarisch mit der Akkreditivbank für die Bezahlung solidarisch haftet. Es wird also ein eigener Anspruch des Begünstigten gegen die Zweitbank begründet (Avancini aaO, Rz 4/174; Baumbach/Hopt, HGB³², BankGesch K/2; Schütze, Das Dokumenten-Akkreditiv im internationalen Handelsverkehr5 , Rn 281).
In der Lehre besteht Einhelligkeit darüber, dass im Ergebnis die Akkreditivbank für das Verhalten der Bestätigungsbank nicht haftet. Dies wird einerseits damit begründet, dass die Bestätigungsbank grundsätzlich Substitutin (und nicht Erfüllungsgehilfin) der Akkreditivbank ist (Nielsen, Richtlinien für Dokumenten-Akkreditive², Rn 199; Schütze aaO, Rn 281; Gablenz, Die Haftung der Banken bei Einschaltung Dritter, 281; Einsele, Bank- und Kapitalmarktrecht, 115; Nielsen in Schimansky/Bunte/Lwowski aaO, 4126). Andererseits wird die Ansicht vertreten, dass die Bestätigungsbank weder Erfüllungsgehilfin noch Substitutin der Akkreditivbank sei, weil die Akkreditivbestätigung nicht mehr zur Ausführung des Auftrages, den die Akkreditivbank erhalten habe, gehöre. Die Bestätigungsbank erledige somit kein der Akkreditivbank obliegendes Geschäft, sondern führe einen Auftrag zur selbständigen Geschäftsbesorgung aus, den die Akkreditivbank von vornherein gar nicht erfüllen könnte (Avancini aaO, Rz 4/198, Canaris,Großkomm. Bankvertragsrecht4 , Rn 974; Mucke, Die Haftung der Bank für zwischengeschaltete Banken im Überweisungsverkehr und bei weiteren Bankgeschäften, 189).
Nach einhelliger Meinung liegt daher jedenfalls keine Erfüllungsgehilfeneigenschaft vor, sodass die Akkreditivbank für das Verhalten der Zweitbank in ihrer Funktion als Bestätigungsbank für deren Verhalten nicht haftet.
Im vorliegenden Fall war die Zweitbank nicht nur Bestätigungsbank, sondern auch Zahlstellenbank. Im Folgenden wird daher die Haftung der Beklagten für die B***** als Zahlstellenbank geprüft. Die Zahlstellenbank prüft selbständig im Auftrag der Akkreditivbank die Dokumente und zahlt die Akkreditivsumme aus (Mucke aaO, 187; Schütze aaO, 128; Nielsen in Schimansky/Bunte/Lwowski aaO, 4120). In ihrer Eigenschaft als Auftragnehmerin der Akkreditivbank muss die Zahlstellenbank Weisungen der Akkreditivbank befolgen (1 Ob 38/03z; Nielsen in Schimansky/Bunte/Lwowski aaO, 4121; Mucke aaO, 188; Avancini aaO, Rz 4/161).
In der Lehre herrscht Uneinigkeit darüber, ob eine Zahlstellenbank als Erfüllungsgehilfin im Sinne des § 1313a ABGB (vergleichbar im deutschen Recht § 278 BGB) oder als Substitutin nach § 1010 ABGB (vergleichbar im deutschen Recht § 664 BGB) zu beurteilen ist. Die Vertreter der Auffassung, dass die Zahlstellenbank Erfüllungsgehilfin sei (Canaris aaO, Rn 974; Schütze aaO, Rn 300; Einsele aaO, 114 f; Schlegelberger/Hefermehl, HGB, Anh § 365, Rn 195 [wobei allerdings eine Haftung auf Grund der damaligen ER (nun ERA) verneint wird]; Schinnerer in FS Reimer, Die Zahlstelle im Dokumenten – Akkreditiv, 243), begründen dies damit, dass die Akkreditivbank die aus dem Akkreditivvertrag typischen Pflichten wie Prüfung der Dokumente und Zahlung an die Zahlstellenbank weitergebe. Erfülle sie aber ihre Verpflichtungen nicht selbst, so sei die Zweitbank Erfüllungsgehilfin.
Demgegenüber vertritt der andere Teil der Lehre (Mucke, aaO, 188; Gablenz, aaO, 280 [er vertritt die einheitliche Zuordnung aller Fälle der Einschaltung einer Zweitbank unter die Substitutionsregelung, da die Funktion der Zweitbank primär von der wirtschaftlichen Stärke und Durchsetzungskraft der Parteien des Grundgeschäftes abhängig sei]; Nielsen, Richtlinien für Dokumenten-Akkreditive², Rn 198; Nielsen in Münchner Kommentar HGB, Band 5, ZahlungsV, H 78; Hakenberg in Ebenroth/Boujong/Joost, HGB II, BankR II, Rn 471) die Meinung, dass die Zahlstellenbank bei der Dokumentenprüfung und Auszahlung selbständig anstelle der Akkreditivbank tätig sei. Trotz ihrer grundsätzlichen Weisungsgebundenheit könne die Zahlstellenbank bei der Prüfung und Honorierung der Dokumente eine für die Akkreditivbank bindende Entscheidung treffen.
Avancini aaO, Rz 4/196, vertritt eine vermittelnde Auffassung und differenziert danach, ob die Akkreditivbank aufgrund der technischen Gegebenheiten eine andere Bank als Zahlstelle einschalten muss, weil sie an dem für die Dokumenteneinreichung bzw Akkreditivhonorierung vorgesehenen Ort über keine eigene Niederlassung verfügt. In diesem Fall sei die Zahlstellenbank Substitut. Die Einschaltung sei nach den Umständen unvermeidlich, sodass eine zulässige Substitution im Sinne des § 1010 ABGB vorliege. Könne aber die Akkreditivbank die der Zweitbank übertragene Tätigkeit selbst ausführen und erfolge überdies die Einschaltung der Zweitbank nicht auf Wunsch des Akkreditivauftraggebers, habe diese Bank die Stellung einer Erfüllungsgehilfin, bediene sie sich doch der Zweitbank zur Erfüllung ihr obliegender Pflichten.
Zahn, Zahlung und Zahlungssicherung im Außenhandel6 , Rn 2/158, meint, dass die Haftung der Akkreditivbank immer ausgeschlossen sei, wenn der Akkreditivauftraggeber durch seine Initiative die Auswahl der Zweitbank veranlasst.
Die Unterscheidung zwischen Substitution und Erfüllungsgehilfenschaft ist oftmals schwierig (4 Ob 2112/96h mwN). Ganz allgemein lässt sich sagen, dass der Substitut den Auftrag im Gegensatz zum Gehilfen in eigener Verantwortung, wenn auch nach den ihm von dem ersten Beauftragten mitgegebenen Weisungen, auszuführen hat; er unterstützt den Beauftragten nicht nur bei seiner Tätigkeit, sondern handelt selbständig, das heißt er entscheidet selbst über die zur Durchführung erforderlichen Maßnahmen und tritt daher bei der Ausführung an die Stelle des ersten Beauftragten (4 Ob 2112/96h, 2 Ob 49/02y; RIS-Justiz RS0104481). Die Übertragung eines Geschäfts zu eigener selbstverantwortlicher Besorgung ist mit dem Begriff eines Erfüllungsgehilfen nicht vereinbar. Ein solcher ist immer ein Gehilfe, also ein Werkzeug des Machthabers, dessen sich dieser zur Erfüllung des ihm aufgetragenen Geschäftes bedient, der aber vom Machthaber abhängig ist und unter dessen Aufsicht steht; den Substituten unterscheidet hievon die Unabhängigkeit von der Aufsicht des Machthabers (4 Ob 2112/96h; RIS-Justiz RS0019389; RS0019399). Derjenige, der sich eines Dritten als Erfüllungsgehilfen bedient, haftet für dessen Verschulden nach § 1313a ABGB wie für sein eigenes. Ist der Dritte hingegen Substitut, so haftet er nur für ein bei der Auswahl der Person begangenes Verschulden nach § 1010 ABGB. Zwischen dem Auftraggeber und dem Substituten des Auftragnehmers besteht keine unmittelbare vertragliche Beziehung (RIS-Justiz RS0019412). Die Weitergabe des Auftrages an den Substituten ist dann zulässig, wenn dies ausdrücklich gestattet wurde oder dies durch die Umstände unvermeidlich ist (§ 1010 ABGB). Die Substitution erfordert nicht notwendigerweise die gänzliche Weitergabe des Auftrages, es können auch nur einzelne wesentliche Ausführungshandlungen übertragen werden (4 Ob 2112/96h).
Art 18a ERA 500 sieht vor, dass Banken, wenn sie sich einer oder mehrerer (anderer) Banken bedienen, um die Weisungen des Auftraggebers auszuführen, dies auf Rechnung und Gefahr des Auftraggebers tun.
Im vorliegenden Fall erfolgte die Einschaltung der Zweitbank als Zahlstellen- und Bestätigungsbank in den USA über Wunsch der Klägerin als Akkreditivauftraggeberin. Entsprechend der Vereinbarung der Parteien des Grundgeschäftes sollte die Zahlstelle nicht in Wien am Sitz der Beklagten, sondern eben am Sitz der Zweitbank B*****, die auch Bestätigungsbank war, sein. Die Einschaltung der Zweitbank als Zahlstelle war also vom Auftrag der Klägerin umfasst. Für die Beurteilung als Substitut spricht, dass der Auftraggeber typischerweise nicht den Erfüllungsgehilfen bezeichnet, der die Verpflichtung des Geschäftsherrn erfüllen soll. Weiters konnte die Beklagte naturgemäß von vornherein nicht die Aufgabe als Zahlstelle selbst erfüllen. Dies allein würde bereits eine Substitution nach § 1010 ABGB zulässig machen. Beinhaltet der Auftrag ausdrücklich die Einschaltung einer Zweitbank als Zahlstelle, so wird damit die Weitergabe wichtiger Teile des Akkreditivauftrages an einen selbständigen Dritten im eigenen Wirkungsbereich vereinbart und ist dies überdies im Sinne des § 1010 ABGB als Substitutionsermächtigung des Auftraggebers zu verstehen. Die Zweitbank handelt bei der Dokumentenprüfung und Auszahlung grundsätzlich selbständig, mag sie auch im Auftragsverhältnis an Anweisung der Akkreditivbank gebunden sein. Das macht sie aber nicht zum von der Akkreditivbank abhängigen und gelenkten Werkzeug. In diesem Sinn ist auch Art 18a ERA 500 aufzufassen. Die Einschaltung einer Zweitbank als Zahlstellenbank über Auftrag des Akkreditivauftraggebers ist also als Substitution zu beurteilen, die nach § 1010 ABGB rechtmäßig erfolgt, weil einerseits eine Substitutionsermächtigung vorliegt und andererseits die Substitution auch deshalb notwendig ist, weil die Akkreditivbank hier die Funktion als Zahlstelle (Dokumentenprüfung und Auszahlung in den USA) von vornherein nicht selbst ausüben kann. Die Beklagte haftete daher nur für ihr Auswahlverschulden bzw für die unterlassene Warnung der Klägerin vor der Untauglichkeit der von ihr gewünschten Zahlstelle. Nach den Feststellungen ergibt sich aber kein Hinweis auf ein Auswahlverschulden, da die gewählte Zweitbank einen guten Ruf genießt. Eine Haftung der Beklagten wegen des Verhaltens der Zweitbank ist daher zu verneinen.
Zur Frage, ob die Beklagte zumindest einen Mangel in den Dokumenten bereits bei ihrem ersten Schreiben an die Zweitbank korrekt gerügt hat, ist der Klägerin zu erwidern, dass ein Verweis auf einen anderen Schriftsatz Rechtsmittelausführungen nicht ersetzen kann. Der Verweis ist unzulässig (RIS-Justiz RS0007029, RS0043616). Im Übrigen hat die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren zu Recht nie bezweifelt, dass die erste Dokumentenrüge der Beklagten den Fehler bei der Versicherungspolizze richtig bezeichnet hat. Im Hinblick auf die Feststellung, dass die Versicherungspolizze nicht authentisierte Ergänzungen aufwies, ist der Übersetzungsfehler des Sachverständigen, der zum Teil auch in die erstgerichtlichen Feststellungen eingeflossen ist, nicht entscheidungswesentlich, weil sich die Rüge im Originaltext genau auf diese Ergänzungen bezog. Wenn die Klägerin nun das Vorliegen von Ergänzungen in Zweifel zieht, so entfernt sie sich von den erstinstanzlichen Feststellungen. Damit ist die Frage, ob alle Dokumentenrügen gemeinsam geltend gemacht werden müssen oder ob innerhalb der Frist des Art 14d i ERA 500 die Dokumentenrüge ergänzt werden kann, nicht entscheidungsrelevant. Die Zweitbank hätte bereits aufgrund dieses einen gerügten Dokumentenfehlers nicht auszahlen dürfen. Allfällige Versäumnisse bei der ersten Dokumentenrüge der Beklagten sind daher für die Ablehnung der Rückzahlung durch die Zweitbank B***** nicht kausal, sodass sich eine Haftung der Beklagten aus der Rüge selbst nicht ergeben kann.
Die Klägerin stützt ihren Anspruch aber auch noch darauf, dass die Beklagte sie nicht korrekt und umfassend beraten habe.
Nach der Rechtsprechung ist ein sehr strenger Maßstab an die von einer Bank anzuwendende Sorgfalt anzulegen. Der Kunde darf darauf vertrauen, dass die Bank über spezifisches Fachwissen verfügt und ihn umfassend berät (7 Ob 37/04y; RIS-Justiz RS0026135). Dass er selbst sachkundig ist bzw sich für sachkundig hält, schließt seine Schutzbedürftigkeit nicht aus, sodass die behaupteten sekundären Feststellungsmängel nicht vorliegen. Entscheidend ist, ob nach der Lage des Falles eine Aufklärungsnotwendigkeit besteht. Die Anforderungen an die Aufklärungs- bzw Warnpflicht dürfen allerdings auch nicht überspannt werden. Primär muss einem Bankkunden zugemutet werden, dass er seine wirtschaftlichen Interessen ausreichend zu wahren weiß (7 Ob 37/04y mwN).
Es kommt also - entgegen der Meinung der Beklagten - nicht darauf an, ob die Klägerin mit Akkreditivabwicklungen mit Auslandsbezug bereits zu tun hatte oder nicht. Entscheidungsrelevant ist, dass die Klägerin von der Beklagten konkrete Aufklärung darüber verlangte, ob für sie ein Risiko damit verbunden sei, wenn eine Zweitbank im Ausland Zahlstellen- und Bestätigungsbank sei. Sie verlangte von der Beklagten im Hinblick auf ihr spezifisches Fachwissen Auskunft zu einer konkreten Fallgestaltung. Die Antwort der Mitarbeiterin der Beklagten entspricht nicht der Rechtslage und vor allem nicht ihrem eigenen Rechtsstandpunkt. Die Beklagte selbst vertritt ja selbst die Rechtsauffassung, dass sie nicht für das Verhalten der B***** hafte, weil diese Zahlstellenbank war und daher eine Erfüllungsgehilfenhaftung nicht in Frage kommt. Ist nämlich die Beklagte als Akkreditivbank auch Zahlstelle, so prüft sie selbst die Dokumente und zahlt aus, sodass sie der Klägerin für allfällige Fehler bei diesen Vorgängen haftet und Streitigkeiten jedenfalls im Inland ausgetragen werden. Im Fall der Zuziehung der B***** als Zahlstelle substituiert die Beklagte die Dokumentenprüf- und Auszahlpflicht an diese, sodass die Beklagte selbst nur mehr für Auswahlverschulden haftet und Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Zweitbank im Ausland ausgetragen werden müssen. Die Frage der Geschäftsführerin der Klägerin kann nur so verstanden werden, dass sie gerade über die Unterschiede in der Haftungssituation Aufklärung wünschte. Die Frage, ob die Unterschiede häufig oder selten von praktischer Bedeutung werden, ist eine gänzlich andere. Das Erteilen einer falschen Auskunft durch die Mitarbeiterin der Beklagten auf die konkret gestellte Frage, die noch dazu offensichtlich der Entscheidungsfindung der Klägerin diente sollte, ob sie den Wünschen ihres Vertragspartners aus dem Grundgeschäft nachgeben solle oder nicht, stellt ein Fehlverhalten dar, das jedenfalls über den minderen Grad des Versehens hinausgeht und für das die Beklagte zu haften hat. Der Sachverhalt ist bereits ausreichend festgestellt und bedarf keiner Ergänzung.
Keinen Streitpunkt bildet, dass die Dokumente der Begünstigten nicht akkreditivkonform waren und die B***** die Akkreditivsumme nicht hätte auszahlen dürfen.
Nicht feststeht hingegen, ob die Auskunft der Beklagten für den Eintritt des Schadens kausal war oder nicht, das heißt, ob die Klägerin bei Erteilen der richtigen Auskunft das Akkreditiv nicht eröffnet hätte oder ob sie sich aufgrund wirtschaftlicher Erwägungen (betreffend ihre Geschäftsbeziehungen zur Begünstigten) dennoch dazu entschlossen hätte. Dies wird im fortzusetzenden Verfahren zu klären sein. Sollte sich die Verletzung der Auskunftspflicht als für den Schaden kausal erweisen, so ist eine Ergänzung des Sachverhaltes im Sinne der berufungsgerichtlichen Entscheidung zur Schadenshöhe und zur Gegenforderung notwendig.
Der Rekurs ist daher im Ergebnis nicht berechtigt. Es hat bei der Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils zu bleiben.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.