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OGH vom 26.04.2019, 3Ob23/19g

OGH vom 26.04.2019, 3Ob23/19g

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr.

Hoch als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Roch und Priv.Doz. Dr. Rassi und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. A*****, vertreten durch Mag. Susanne HautzingerDarginidis, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. J*****, vertreten durch Dr. Gabriele Vana-Kowarzik, Mag. Michaela Schmotzer, Rechtsanwältinnen in Wien, wegen zuletzt 129.247,18 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 16 R 165/18d24, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom , GZ 18 Cg 5/17p18, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts einschließlich seiner Kostenentscheidung wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 3.351,28 EUR (hierin enthalten 558,55 EUR USt) bestimmten Kosten des Berufungs und des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile führten von Dezember 2003 bis August 2012 eine Lebensgemeinschaft, der eine im Jahr 2008 geborene Tochter entstammt. Die alleinige Obsorge für das Kind kam seit dessen Geburt der Beklagten zu.

Im Herbst 2012 stellte der Kläger beim zuständigen Pflegschaftsgericht einen Antrag auf Einräumung eines Kontaktrechts zum Kind. In der Verhandlung vom einigten sich die Streitteile auf ein begleitetes Besuchsrecht des Klägers im Ausmaß von zwei Stunden einmal pro Woche; Ort der Besuchsbegleitung sollte Wien sein. Mit Beschluss vom selben Tag wurde dem Kläger ein Kontaktrecht in der zwischen den Eltern vereinbarten Form eingeräumt, wobei ihm die Kosten der Besuchsbegleitung auferlegt wurden. In der Folge einigten sich die Streitteile darauf, die Besuchsbegleitung beim Wiener Familienbund durchführen zu lassen. Es kam auch zu den dort üblichen Erstgesprächen mit jedem einzelnen Elternteil, die (aus Gründen der Terminvergabe beim Familienbund erst) am mit dem Kläger und am mit der Beklagten stattfanden.

Die begleiteten Kontakte zwischen dem Kläger und seiner Tochter kamen jedoch in der Folge nicht zustande. Am hatte das Kind, das damals noch immer gestillt wurde (und dafür den Begriff „Brusti trinken“ verwendete) nämlich gegenüber der Beklagten, die an diesem Tag in seiner Gegenwart Schafe fütterte, erklärt: „Stimmt´s Mama, die kleinen Schafe können von Mama und Papa Brusti trinken?“. Die Beklagte verneinte dies und sagte, als das Kind auf seiner Meinung beharrte, „geh, so ein Blödsinn, du hast ja auch nie vom Papa Brusti bekommen“. Die Minderjährige meinte daraufhin: „oja, ich habe beim Papa Brusti getrunken!“. Nachdem die Beklagte diese Äußerung zunächst als Blödsinn abtat, wiederholte das Kind immer wieder und konsequent diesen Satz, sodass die Beklagte schließlich, als ihre Tochter auf ihrem Standpunkt beharrte, schließlich nachfragte: „Du hast vom Papa Brusti getrunken und da ist wirklich Milch herausgekommen?“ Diese Frage bejahte das Kind. Als die Beklagte nachfragte, wo denn das Papa-Brusti sei, nämlich dort, wo sie selbst die Brust habe oder so wie bei den Schafen zwischen den Beinen, meinte das Kind: „Wie bei den Schafen“. Auf nochmalige Nachfrage der Beklagten, ob da wirklich Milch herausgekommen sei, bejahte die Minderjährige abermals. Die Frage der Beklagten, wo sie denn mit dem Papa gewesen sei, als sie bei ihm Brusti getrunken habe, beantwortete sie mit „im Bett“.

In Anbetracht dieser für sie völlig glaubwürdigen Angaben ihrer Tochter geriet die Beklagte geradezu in Panik und konsultierte umgehend Univ.Prof. Dr. *****, der ihr erklärte, solche Aussagen des Kindes seien „höchst valide“, weil ein Kind in diesem Alter so etwas nicht erfinden könne. Er vermittelte die Beklagte zwecks genauerer Abklärung weiter an eine Ärztin am AKH Wien. Dort bekam die Beklagte mit ihrer Tochter erst am einen ersten Untersuchungstermin, darauf folgten noch weitere Termine. Am wurde der Beklagten im Rahmen einer abschließenden Befundbesprechung der Befundbericht übergeben, wonach das Kind auch gegenüber den Ärzten im AKH angegeben hatte, dass es beim Vater „Brusti getrunken“ habe und zusätzlich, dass es „beim Papa nicht so gut schmeckt“. Außerdem erwähnte das Kind im Zuge der Befundaufnahme, dass der Vater zu ihm gesagt habe, es solle an seinem Nabel „Brusti trinken“. Sie zeigte anhand einer schematischen Menschendarstellung, wo sie beim Papa „Brusti getrunken“ habe und wo sie dies bei der Mutter tue, und zwar auf den Nabel bzw auf die Brust. Im klinisch-psychologischen Befundbericht wurde zusammenfassend festgehalten, dass sich zum Untersuchungszeitpunkt keine eindeutigen Hinweise auf das Vorliegen eines sexuellen Übergriffs ergeben hätten und keine Hinweise auf eine Traumatisierung bestünden. Im Rahmen der Befundaufnahme im AKH sagte die Minderjährige spontan, dass der Kläger „uns [= sie und die Beklagte] nicht mehr mag“ und nicht mehr auf Besuch komme. Im Zuge der Befundbesprechung sagte die Ärztin zur Beklagten, dass sie nun genauso klug sei wie vor der Untersuchung, und riet ihr – ebenso wie Univ.Prof. Dr. ***** und die damalige Anwältin der Beklagten –, ein Gespräch mit dem Kläger zu suchen und, falls der Verdacht sich nicht entkräften lassen sollte, Anzeige zu erstatten.

Am stellte der Kläger beim Pflegschaftsgericht unter anderem den Antrag auf gemeinsame Obsorge für das Kind und – wegen des gegen ihn erhobenen Missbrauchsvorwurfs – auf Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Fachgebiet Kinderpsychologie. Die von der Beklagten konstruierte und befürchtete Schädigung des Kindes sei bei begleiteten Kontakten jedenfalls auszuschließen.

Die vom Pflegschaftsgericht beauftragte Sachverständige kam in ihrem Gutachten vom zum Ergebnis, dass bei der Minderjährigen eine schwere psychisch-emotionale Irritation bestehe. Sie identifiziere sich mit der Beklagten, mit der eine enge emotionale Beziehung bestehe und die für sie immer die wichtigste Bezugsperson gewesen sei. Die Sehnsucht nach dem Kläger dürfe nicht ausgelebt werden, was zu einer Gefühlskonfusion und einem schweren Loyalitätskonflikt führe. Im Zuge der Begutachtung habe sie spontan zu einer Puppenfigur gesagt, „das ist mein Papa, den darf ich aber nicht mögen“, was als Schlüsselsatz der Begutachtung zu interpretieren sei. Hinweise auf einen sexuellen Missbrauch durch den Kläger ergäben sich nicht. Die gemeinsame Obsorge wäre aktuell aufgrund der beharrlich ablehnenden Haltung der Beklagten nicht praktikabel, die Übertragung der alleinigen Obsorge an den Vater nicht dem Kindeswohl entsprechend, weil eine Trennung des Kindes von der Mutter als wichtigste Bezugsperson für das Kind eine nicht zumutbare emotionale Belastung darstellen würde. Die Beibehaltung der alleinigen Obsorge der Mutter sei jedoch mittel- bis langfristig kritisch zu hinterfragen, weil die Mutter erhebliche Defizite in der Bindungstoleranz aufweise, die emotionale Erschütterung ihrer Tochter, die sie durch ihre ablehnende und abwertende Haltung dem Vater gegenüber bewirkt habe, nicht erkenne, und ihre eigenen Bedürfnisse vor jene ihres Kindes stelle. Eine möglichst rasche Installierung von Besuchskontakten zwischen der Tochter und ihrem Vater werde dringend befürwortet. Besuchskontakte sollten zunächst einmal pro Woche für zwei Stunden begleitet stattfinden und nach drei Monaten in unbegleitete Kontakte für die Dauer eines Tages (Samstag oder Sonntag) alle zwei Wochen übergeleitet werden.

Auf Antrag der Beklagten, die massive Bedenken gegen die methodische Vorgangsweise der Sachverständigen und deren Ergebnis äußerte, fand in der Folge eine Tagsatzung zur Gutachtenserörterung statt, in deren Rahmen die Sachverständige erklärte, dass es unmöglich sei, im Rahmen einer einmaligen (oder auch mehrmaligen) Untersuchung den Missbrauchsvorwurf zu verifizieren oder zu falsifizieren, weil das bei einem Kind dieses Alters in diesem speziellen Fall nicht möglich sei. Die Äußerungen des Kindes, es habe beim Vater „Brusti getrunken wie bei den Schafen“ ließen keinerlei Rückschluss auf einen sexuellen Missbrauch zu. Bei der Mutter bestehe jedenfalls eine bedenkliche unkorrigierbare Überzeugung über einen erfolgten sexuellen Missbrauch. Es sollte mit begleiteten Kontakten ein Mal pro Woche für zwei Stunden so bald wie möglich begonnen werden. Die Parteien einigten sich in dieser Tagsatzung auf eine gemeinsame Mediation, deren Kosten gemeinsam getragen werden sollten.

Mit Beschluss vom räumte das Pflegschaftsgericht dem Kläger in Abänderung des Beschlusses vom ein vorläufiges (begleitetes) Kontaktrecht zum Kind jeden Freitag für zwei Stunden mit Besuchsbegleitung beim Wiener Familienbund ein. Der erste begleitete Besuchskontakt am verlief – ebenso wie die Interaktionsbeobachtung bei der Sachverständigen am – gut.

Mit Schriftsatz vom teilte der Kläger mit, dass die Beklagte den für diesen Tag vereinbarten Kontakttermin mit der Begründung einer Erkrankung des Kindes abgesagt habe, und beantragte, ihr für den Fall weiterer Kontaktrechtsvereitelungen die Verhängung einer Beugestrafe anzudrohen. Mit Schriftsatz vom teilte er mit, dass er am von einem bevorstehenden 25-tägigen Urlaub der Beklagten ( bis ) informiert worden sei, wodurch gleich vier Kontakttermine hintereinander ausfallen würden. Sollte die Beklagte keine Buchungsbestätigung vorlegen können, werde beantragt, ihr für den Fall von weiteren Kontaktvereitelungen (aus welchem Grund immer) die Verhängung einer Beugestrafe von 1.500 EUR anzudrohen.

Die Beklagte bestätigte mit Eingabe vom , dass sie mit ihrer Tochter auf Urlaub sein werde. Sie habe bislang versucht, auf den Kläger zuzugehen, und das Kind positiv auf die Kontakttreffen vorbereitet. Der Kläger hingegen beabsichtige offensichtlich, die bereits begonnene Mediation abzubrechen unter dem Vorwand, die Beklagte habe ihn „laufend“ beleidigt, was in dieser Form nicht richtig sei. Tatsächlich hatte sich der Kläger, nachdem in der Mediationssitzung am die Beklagte auf seinen Vorhalt, dass sie ihm nicht die Hand zur Begrüßung gereicht habe, gesagt hatte „dir zu begegnen ist etwas Widerliches und Grausliches“, entschlossen, vorerst keinen weiteren Mediationstermin zu vereinbaren.

In ihrem Ergänzungsgutachten vom , dem eine Interaktionsbeobachtung zwischen dem Kläger und seiner Tochter vorausging, hielt die Sachverständige fest, dass die Minderjährige sich ihrem Vater freudig und offen zugewendet habe, keine Scheu oder Angst vor ihm gezeigt habe und trotz der langen Trennung offensichtlich noch eine emotionale Beziehung zu ihm habe. Der Vater habe sich in der Interaktionsbeobachtung situationsadäquat, bemüht und dem Kind gegenüber liebevoll verhalten. Er sei in der Lage, sich auf dessen Bedürfnisse einzustellen. Das Gutachten betreffend die Besuchskontakte zwischen der Tochter und ihrem Vater werde daher vollinhaltlich aufrecht erhalten.

Der Kläger beantragte daraufhin, ihm beginnend mit der KW 7/2014 vorläufig ein Kontaktrecht in jeder ungeraden Kalenderwoche von Samstag 9:00 Uhr bis 20:00 Uhr und zusätzlich am Ostermontag von 9:00 Uhr bis 20:00 Uhr zu gewähren. Die Besuchsbegleitung finde nun seit statt, es könne somit ab Mitte Februar 2014 laut Empfehlung der Sachverständigen zu unbegleiteten Kontakten übergegangen werden. Weiters stellte er den Antrag auf Beteiligung an der gesamten Obsorge für das Kind.

Am legte die Beklagte eine Stellungnahme einer (anderen) Sachverständigen für Familien-, Kinder- und Jugendpsychologie vor, wonach das Gutachten der Gerichtssachverständigen aus fachlicher Sicht wegen gravierender Mängel nicht geeignet erscheine, als Grundlage für weitere Entscheidungen herangezogen zu werden. Die Beklagte beantragte daher ein weiteres Sachverständigengutachten zur Überprüfung der von ihr vorgebrachten und beschriebenen Befürchtungen eines sexuellen Übergriffs des Klägers in Auftrag zu geben.

Am fand eine weitere Tagsatzung vor dem Pflegschaftsgericht statt, in der die Sachverständige ihre ursprüngliche Einschätzung bekräftigte, wonach unbegleitete Besuchskontakte für die Dauer eines Tages, alle zwei Wochen, dem Kindeswohl entsprächen; das einzige Problem sei, dass die begleitende Mediation der Eltern mittlerweile abgebrochen worden sei. Die Beklagte erklärte, dass sie vor allem deshalb ein großes Problem damit habe, das Kind dem Kläger allein zu überlassen, weil der Missbrauchsverdacht aus ihrer Sicht nicht ausgeräumt sei. Die Sachverständige führte aus, dass prinzipiell ein unbefangenes Verhalten eines Kindes gegenüber einem Täter auch bei stattgefundenem Missbrauch möglich wäre. In dem beharrlichen Festhalten der Beklagten an dem Verdacht des sexuellen Missbrauchs und in den sich daraus ergebenden eigenen Ängsten der Mutter liege aber eine mittel- bis langfristige Kindeswohlgefährdung. Aus Sicht der Sachverständigen werde dieser Verdacht des sexuellen Missbrauchs jetzt von der Mutter dazu verwendet, das Besuchsrecht zum Vater abzuschneiden.

Am Ende der Tagsatzung vereinbarten die Streitteile, dass aufgrund eines Aufenthalts der Beklagten mit ihrer Tochter in Bad Schallerbach die Kontakte des Klägers mit dem Kind am 18. und am dort und ab wieder im Rahmen des Wiener Familienbunds wie gehabt stattfinden sollten. Die Beklagte erklärte, sie werde dafür Sorge tragen, dass entweder ihr Bruder oder ihre Schwägerin bei der Ausübung des Kontaktrechts in Bad Schallerbach anwesend sein würden.

Am beantragte die Beklagte die Einholung eines Obergutachtens und die Beauftragung eines Sachverständigen aus dem Fachbereich der Psychologie, Schwerpunkt Missbrauch. Daraufhin beantragte der Kläger am , der Beklagten die Obsorge für das Kind zu entziehen und sie ihm allein zu übertragen. Inzwischen sei evident, dass die Beklagte wegen des von ihr völlig verinnerlichten Missbrauchsvorwurfs niemals eine normale Bindung zwischen dem Kläger und seiner Tochter zulassen werde, weshalb zu befürchten sei, dass diese bei Fortsetzung dieser Lebensumstände kein korrektes Verhältnis zum männlichen Geschlecht aufbauen könne. Die Beklagte instrumentalisiere offenbar das Kind und stelle ihre eigene Bedürfnisbefriedigung über dessen Wohl. Es sei inzwischen hinreichend geklärt, dass die Beklagte an ihrem Missbrauchsvorwurf nicht aus taktischem Kalkül festhalte, sondern tatsächlich – entgegen allen Verfahrensergebnissen – davon überzeugt sei, dass der Kläger die gemeinsame Tochter missbraucht habe.

Am fand eine weitere Tagsatzung vor dem Pflegschaftsgericht statt, in der die Parteien, nachdem der Kläger vehement die Einräumung unbegleiteter Kontakt eingefordert hatte, insbesondere vereinbarten, die Kontakte des Klägers zum Kind beim Wiener Familienbund von je zwei auf je drei Stunden auszuweiten.

Die gerichtlich festgesetzten Kontakte zwischen der Minderjährigen und ihrem Vater fanden beginnend mit beim Wiener Familienbund regelmäßig statt. Anfangs dauerten sie je eine Stunde, bald darauf je zwei und in der Folge zweieinhalb bzw dreieinhalb Stunden. Termine fielen nur vereinzelt wegen Krankheit des Kindes oder wegen Urlauben der Beklagten aus. Der letzte Kontakt beim Familienbund Wien fand vor den Osterferien 2015 am statt.

Am beantragte der Kläger die Erlassung einer einstweiligen Verfügung zur Verhinderung der Verlegung des Wohnsitzes der Minderjährigen nach Neuseeland, nachdem die Beklagte ihm (ebenso wie der Besuchsbegleiterin des Familienbunds) mit EMail vom mitgeteilt hatte, dass sie aus beruflichen Gründen nach Neuseeland reisen habe müssen und derzeit dabei sei, ihren Wohnsitz und den des Kindes nach Neuseeland zu verlegen. Dieses EMail leitete die Beklagte am auch an die Pflegschaftsrichterin weiter und teilte ihr mit, dass sie, sobald sie eine fixe Zustelladresse habe, was wohl in den nächsten drei bis vier Wochen der Fall sein werde, diese bekannt geben werde.

Das Pflegschaftsgericht beauftragte in der Folge die Familiengerichtshilfe mit Erhebungen über den Aufenthalt des Kindes, weil dieser vom Kläger in weiteren Eingaben an das Gericht wiederholt bezweifelt wurde. Konkrete Informationen über die Adresse der Beklagten oder zur Frage, ob das Kind überhaupt bei ihr sei oder – wie vom Kläger ebenfalls für möglich gehalten – bei anderen Personen in Österreich untergebracht worden sei, gab es nicht.

Die Beklagte hatte unter dem Druck des Pflegschaftsverfahrens, insbesondere des offenen Obsorgeantrags des Klägers begonnen, in Übersee eine neue Arbeit für sich zu suchen. Ende Februar 2015 fand sie ein Jobangebot in Neuseeland, das für sie interessant gewesen wäre. Als sie in den Osterferien 2015 mit ihrer Tochter nach Neuseeland übersiedelte, hatte sie jedoch keinerlei fixe Jobzusage, sondern es waren vorerst nur Gespräche mit dem potenziellen Arbeitgeber geplant. Dennoch löste die Beklagte damals ihren Hausstand in Wien auf, vermietete in der Folge ihre Wohnung und meldete das Kind in der Volksschule per EMail aus Neuseeland ab, nachdem sie mit ihr bereits dorthin geflogen war. Von ihrem österreichischen Arbeitgeber ließ sie sich vor ihrer Übersiedlung karenzieren. Im Zeitpunkt der Reise nach Neuseeland plante sie nicht, in absehbarer Zeit wieder zurückzukommen. Sie übersiedelte nach Neuseeland und hielt ihre dortige Adresse geheim, weil sie hoffte, auf diese Weise das Kind (und sich selbst) dem österreichischen Pflegschaftsverfahren zu entziehen.

Da die Beklagte ihre neuseeländische Adresse geheim hielt, bezweifelte der Kläger vorübergehend, dass sich seine Tochter tatsächlich in Neuseeland aufhielt. Bereits am brachte er gegen die Beklagte eine Mahnklage auf Schadenersatz ein, dies in erster Linie in der Hoffnung, auf diese Weise ihren tatsächlichen Aufenthaltsort herauszufinden. Aufgrund des in Rechtskraft erwachsenen Zahlungsbefehls führte er in der Folge Exekution an der bisherigen Wohnadresse der Beklagten. Dadurch erhielt er schließlich die Information, dass an dieser Adresse eine fremde Familie wohnte. Seit hatte die Beklagte keinen aufrecht gemeldeten Hauptwohnsitz in Österreich mehr.

Nach der Übersiedlung der Beklagten nach Neuseeland gab es zwischen Mai und August 2015 (nur) vier Telefonkontakte zwischen dem Kläger und der Minderjährigen.

Am stellte der Kläger den Antrag auf Durchführung des Rechts zum persönlichen Umgang nach dem Haager Kindesentführungsübereinkommen (HKÜ). Die Adresse der Beklagten und des Kindes, die bis dahin weder dem österreichischen Pflegschaftsgericht noch dem Kläger bekannt war, wurde in der Folge vom neuseeländischen Gericht ausfindig gemacht. Der Kläger bekam kostenlos einen neuseeländischen Anwalt beigestellt, der ihm mitteilte, dass seine Anwesenheit bei der für den anberaumten ersten Verhandlung höchst angebracht sei, ebenso wie die Mitnahme allfälliger Zeugen. Der Kläger reiste daher zu der Gerichtsverhandlung nach Neuseeland an und nahm eine Lebens- und Sozialberaterin, die ihn seit Anfang 2013 in der Pflegschaftssache seiner Tochter betreute, als Vertrauensperson und mögliche Zeugin mit. Mit dem Kind hatte diese bis dahin keinen Kontakt gehabt, sie kannte den Sachverhalt nur aus den Unterlagen und Informationen, die der Kläger ihr zur Verfügung gestellt hatte, und aus dem (im Wesentlichen per Telefon und EMail durchgeführten) Coaching des Klägers.

Schon von Österreich aus ersuchte der Kläger über seinen neuseeländischen Anwalt, vor der Gerichtsverhandlung begleitete Besuchskontakte zum Kind haben zu können, was problemlos organisiert wurde. Die begleiteten Kontakte verliefen harmonisch, die Minderjährige freute sich, ihren Vater zu sehen. In der Gerichtsverhandlung gab die Beklagte unter dem Druck des dortigen Richters gegenüber dem Kläger ihre aktuelle Wohnadresse bekannt; zwei Tage später teilte sie diese auch dem österreichischen Pflegschaftsgericht per EMail mit. Das neuseeländische Gericht verfügte damals unbegleitete Kontakte zwischen der Minderjährigen und ihrem Vater während seines Aufenthalts in Neuseeland. Bei diesen Kontakten war mit Zustimmung des Gerichts die Lebensberaterin anwesend, auch diese Kontakte verliefen problemlos.

Bei einer weiteren Verhandlung vor dem neuseeländischen Gericht erstattete der Kläger auftragsgemäß einen Vorschlag, wie er in den österreichischen Sommerferien einen Urlaub mit dem Kind (in Neuseeland) verbringen wolle. Es wurde dann vorab festgelegt, dass der Kläger zwei Wochen lang in Neuseeland sein werde und in der ersten Woche sukzessive ausgeweitete Kontakte mit seiner Tochter, auch mit Übernachtung, haben und in der zweiten Woche eine Rundreise mit ihr machen werde. Ab dann gab es regelmäßigen Skypekontakt zwischen dem Kläger und dem Kind, der sehr gut funktionierte. Im Juli 2016 reiste der Kläger für den Ferienkontakt wieder nach Neuseeland, und zwar diesmal gemeinsam mit seiner Ehefrau. Die gerichtlich festgelegten Kontakte – inklusive der Rundreise, die fünf Tage dauerte und an der auch die Gattin des Klägers teilnahm – funktionierten gut.

Letztlich reisten die Parteien gemeinsam mit dem Kind am 28./ nach Österreich zurück. Mit Beschluss vom legte das Pflegschaftsgericht die gemeinsame Obsorge beider Eltern mit Hauptaufenthalt des Kindes bei der Beklagten fest. Letztlich schlossen die Parteien eine Vereinbarung über ein gestaffeltes (unbegleitetes) Kontaktrecht, beginnend mit , wobei die Kontakte sukzessive ausgedehnt werden sollten, sodass ab November ein Wochenendbesuchsrecht von Samstag, 14:00 Uhr, bis Montag Schulbeginn und alternierend ein Nachmittag unter der Woche stattfinden sollten. Seither besteht regelmäßiger unbegleiteter Kontakt des Klägers zur Minderjährigen, die Kontakte funktionieren gut.

Die Beklagte hielt sich während des gesamten Pflegschaftsverfahrens im Wesentlichen an die gerichtlichen Vorgaben und Entscheidungen. Wenn sie oder das Kind verhindert waren, Kontakte wahrzunehmen, teilte sie dies jeweils im Vorfeld mit, frustrierte Anreisen des Klägers zu Terminen gab es nicht. Sie war jedoch durchgehend der Überzeugung, dass ein sexueller Missbrauch durch den Kläger stattgefunden habe, weshalb sie sich stets gegen unbegleitete Kontakte aussprach.

Für seine erste Reise nach Neuseeland im März 2016 entstanden dem Kläger insgesamt (für Flüge, Hotels, Mietwagen und laufende Aussagen) Kosten von 10.996,99 EUR; rund die Hälfte davon entfiel auf die ihn begleitende Lebensberaterin. Für seinen zweiten Neuseelandaufenthalt mit seiner Frau (einschließlich der Rundreise mit dem Kind) zahlte der Kläger insgesamt 8.510,29 EUR. Welche konkreten Anteile dieser Kosten auf den Kläger bzw auf seine Frau entfielen, ist nicht feststellbar. Im Zuge des Verfahrens nach dem HKÜ hatte er (insbesondere Übersetzungs-)Kosten von insgesamt 4.589,56 EUR zu tragen. Ab Beginn des Kontaktrechtsverfahrens bis November 2016 entstanden ihm Anwaltskosten in Höhe von insgesamt 33.788,98 EUR. Während des Aufenthalts der Beklagten und des Kindes in Neuseeland liefen (anteilige) Anwaltskosten (für vom Erstgericht detailliert festgestellte Leistungen) von 3.840 EUR brutto auf.

Der begehrt nach Klageeinschränkung Schadenersatz in Höhe von 129.247,18 EUR sA. Die am vereinbarten Kontakte seien kein einziges Mal umgesetzt worden, die Beklagte habe die Vereinbarung konkreter Termine mit diversen Ausflüchten verzögert und letztlich den vermeintlichen Missbrauchsverdacht gezielt dazu genützt, Kontakte des Klägers zum Kind zu unterbinden oder, wenn überhaupt, nur begleitete Kontakte zuzulassen. Sie habe den Kläger dadurch auch ganz bewusst und gezielt der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung ausgesetzt. Er sei daher gezwungen gewesen, zur Verteidigung seiner Rechtssphäre und Wiederherstellung der Kontakte zum Kind nicht nur – für ein Kontaktrechtsverfahren weit überdurchschnittlich intensive – rechtsanwaltliche Hilfe, sondern auch sehr intensive Lebens- und Sozialberatung in Anspruch zu nehmen, weil ihn der gegen ihn erhobene Vorwurf emotional schwer belastet habe. Insgesamt habe er ab 2013 aufgrund der rechtswidrigen und schuldhaften Vorgangsweise der Beklagten 33.788,98 EUR an Anwaltskosten und 57.490 EUR an Kosten für die psychosoziale Beratung und Prozessbegleitung aufwenden müssen. Die von ihm allein zu tragenden Kosten der Besuchsbegleitung von insgesamt 9.080,76 EUR seien ebenfalls ausschließlich auf das rechtswidrige und schuldhafte Verhalten der Beklagten zurückzuführen. Für gerichtlich angeordnete gemeinsame Erziehungsberatung, die zu einer Gesprächsbasis beitragen hätte sollen, was die Beklagte jedoch regelmäßig vereitelt habe, habe er 1.190 EUR aufwenden müssen. Als das Pflegschaftsgericht im Frühjahr 2015 schließlich ein neues Sachverständigengutachten zur Beurteilung der Obsorgefrage in Auftrag gegeben habe, sei die Beklagte mit dem Kind mitten während des Schuljahres nach Neuseeland geflüchtet und habe beharrlich die Offenlegung ihres genauen Aufenthaltsorts verweigert, sodass der Kläger sogar gezwungen gewesen sei, einen Kontaktrechtsantrag nach HKÜ zu stellen. Im Verlauf dieses Verfahrens sei die Beklagte mit dem Kind erst im Dezember 2015 in Neuseeland lokalisiert worden. Ab diesem Zeitpunkt sei der Kläger gezwungen gewesen, das weitere Kontaktrechtsverfahren in Neuseeland zu führen. Dadurch seien ihm weitere 27.697,44 EUR (Einschränkung AS 99) an Reisespesen, Übersetzungskosten etc entstanden. Alle diese Vermögensschäden habe die Beklagte durch den rechtswidrig und schuldhaft erhobenen Missbrauchsvorwurf und ihr beharrliches und massives Zuwiderhandeln gegen das Wohlverhaltensgebot verursacht.

Die wendete ein, sie sei aufgrund der Äußerungen des Kindes überzeugt gewesen, dass eine Grenzüberschreitung durch den Kläger stattgefunden habe, weshalb sie jedenfalls nicht schuldhaft gehandelt habe. Aufgrund des im Pflegschaftsverfahren eingeholten Gutachtens hätten begleitete Kontakte stattgefunden. Es sei niemals zu einer Entfremdung zwischen dem Kläger und dem Kind gekommen, sie habe die Minderjährige nicht negativ gegen den Kläger beeinflusst. Die Kosten der Besuchsbegleitung seien keinesfalls auf ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten der Beklagten zurückzuführen, weil bereits mit dem ersten Beschluss des Pflegschaftsgerichts nur begleitete Kontakte zugelassen worden seien. Im Jahr 2015 sei sie nach Neuseeland gereist, weil sie ein gut dotiertes Jobangebot gehabt habe. Unmittelbar nach ihrer Ankunft in Neuseeland habe sie sowohl das Pflegschaftsgericht als auch den Kläger von ihrem Aufenthalt informiert, wobei sie zunächst noch keine eigene Wohnung gehabt habe.

Das verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von 18.803,21 EUR sA und wies das Mehrbegehren ab. Die Beklagte sei durchgehend der Überzeugung gewesen, dass ein sexueller Missbrauch ihrer Tochter durch den Kläger stattgefunden habe. Aufgrund dieser unbeirrbar beibehaltenen Meinung habe sie durchgehend darauf bestanden, nur begleitete Kontakte zuzulassen. Sobald solche Kontakte gerichtlich festgelegt gewesen seien, habe sie sich daran gehalten. Sie habe auch das Kind nicht gegen den Kläger beeinflusst. Die Beklagte habe sich den Anträgen des Klägers zwar stets mit den von der Rechtsordnung zur Verfügung gestellten Mitteln widersetzt, darin liege aber noch kein Rechtsmissbrauch. Der Kläger habe deshalb keinen Schadenersatzanspruch für seine Aufwendungen in der Zeit, in der sich die Beklagte mit dem Kind noch in Österreich aufgehalten habe. Anders sei die Situation hingegen ab der Übersiedlung der Beklagten nach Neuseeland. Diese sei unter dem Druck des Pflegschaftsverfahrens erfolgt und habe einen Versuch der Beklagten dargestellt, das Kind und sich selbst dem österreichischen Pflegschaftsverfahren zu entziehen. Auch wenn die Beklagte damals allein obsorgeberechtigt gewesen sei und auch das Recht gehabt habe, den Hauptaufenthalt des Kindes zu bestimmen, sei sie doch entsprechend dem Wohlverhaltensgebot des § 159 ABGB dazu verpflichtet gewesen, zumindest die vom Gericht festgesetzten Kontakte zwischen Vater und Kind weiter zu ermöglichen und die bestehende, grundsätzlich gute Beziehung nicht zu stören. Dadurch, dass sie quasi fluchtartig und ohne den Vater oder das Pflegschaftsgericht zu informieren, mit dem Kind ans andere Ende der Welt ausgewandert sei, habe sie gegen § 159 ABGB verstoßen und damit rechtswidrig gehandelt. Auch wenn sie immer noch der Meinung gewesen sei, Jahre zuvor habe ein sexueller Missbrauch durch den Kläger stattgefunden, hätte ihr bewusst sein müssen, dass ihre Übersiedlung nach Neuseeland ohne Bekanntgabe des Aufenthalts des Kindes massiv in die Rechte des Vaters (und auch des Kindes) eingreife. Schuldausschließungsgründe seien nicht erwiesen, zumal nicht etwa eine attraktive fixe Anstellung in Neuseeland, sondern der Druck des Pflegschaftsverfahrens der Grund dafür gewesen sei, dass die Beklagte Österreich verlassen habe. Ihre Vorgangsweise im Zusammenhang mit dieser versuchten Auswanderung sei daher sowohl rechtswidrig als auch schuldhaft gewesen, weshalb sie dem Kläger alle dadurch adäquat verursachten Schäden zu ersetzen habe. Dabei handle es sich um alle Kosten, die ihm nicht entstanden wären, wenn das österreichische Pflegschaftsverfahren weitergeführt worden wäre, das heißt seine Reisekosten – nicht aber auch jene der Lebensberaterin und seiner Ehefrau – nach (und in) Neuseeland (10.373,65 EUR), die Kosten im Zusammenhang mit dem Verfahren nach dem HKÜ (4.589,56 EUR) und jene Anwaltskosten von insgesamt 3.840 EUR brutto, die durch die überraschende Übersiedlung der Beklagten nach Neuseeland verursacht worden seien. Die in anderen österreichischen Verfahren als dem Pflegschaftsverfahren aufgelaufenen Anwaltskosten stünden hingegen in keinem ausreichenden Rechtswidrigkeitszusammenhang mit der Übersiedlung der Beklagten nach Neuseeland und seien daher nicht zu ersetzen.

Das gab der Berufung des Klägers gegen den abweisenden Teil des Ersturteils nicht Folge, wies infolge Berufung der Beklagten das Klagebegehren zur Gänze ab und ließ die ordentliche Revision mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zu. Die Begründung des Erstgerichts für die Teilabweisung sei richtig. Aber auch der vom Erstgericht dem Grunde nach bejahte Schadenersatzanspruch des Klägers für die Kosten aufgrund der Übersiedlung der Beklagten nach Neuseeland bestehe nicht zu Recht. Die Beklagte habe mit ihrer Übersiedlung nach Neuseeland keine Kindesentziehung iSd HKÜ bewirkt, weil ihr damals die alleinige Obsorge zustand. Sie habe damit zwar faktisch die Ausübung des gerichtlich festgelegten Kontaktrechts unmöglich gemacht, Kontaktrechtsregelungen unterlägen allerdings der Umstandsklausel. Angesichts der fundamental geänderten Umstände durch die Übersiedlung nach Neuseeland sei die Beklagte nicht mehr an die österreichische Kontaktrechtsregelung gebunden gewesen, sodass sie durch deren Nichteinhaltung nicht schadenersatzpflichtig werden könne. Die bloße Nichtbekanntgabe ihrer aktuellen Anschrift stelle keine aktive Handlung dar, deren Unterlassung von § 159 ABGB erfasst wäre. Außerdem diene das Informationsrecht nicht dem Schutz vermögensrechtlicher Interessen des nicht obsorgeberechtigten Elternteils.

Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche des Klägers, mit der er die gänzliche Stattgebung seines Klagebegehrens anstrebt.

Die Beklagte beantragt in der ihr vom Obersten Gerichtshof freigestellten , die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Die Revision ist wegen einer vom Obersten Gerichtshof aufzugreifenden Fehlbeurteilung und .

Rechtliche Beurteilung

:

1.1. Der Kläger steht auf dem Standpunkt, die Beklagte hafte (auch) für die ihm in diesem Zeitraum entstandenen Kosten und Aufwendungen, weil sie sich ganz bewusst und gezielt dazu entschieden habe, trotz wiederholter fachkundiger Verneinung des Missbrauchsvorwurfs diesen fortgesetzt dazu zu verwenden, das Kontaktrecht des Klägers zu seiner Tochter abzuschneiden bzw ganz wesentlich zu erschweren, dies im Wissen, dass ihm dadurch auch ein großer wirtschaftlicher Nachteil entstehe. Eine schikanöse Prozessführung liege nicht erst dann vor, wenn erwiesen sei, dass eine Prozessbehauptung objektiv unwahr sei, sondern bereits bei fahrlässigem Verhalten im Prozess, insbesondere wenn eine Partei (hier die Beklagte) den von ihr eingenommenen Prozessstandpunkt bei gehöriger Sorgfalt nicht nur für zweifelhaft, sondern für aussichtslos halten habe müssen. Dies sei nach objektiven Gesichtspunkten bereits seit der Erstuntersuchung des Kindes im AKH Anfang 2013 der Fall gewesen. Darüber hinaus hafte die Beklagte auch nach § 159 ABGB, weil kein Zweifel daran bestehen könne, dass ein grob sorgfaltswidrig und schuldhaft erhobener unrichtiger Vorwurf des sexuellen Missbrauch, der sogar gezielt dazu verwendet werde, das Kontaktrecht des anderen Elternteils abzuschneiden, als missbilligtes Verhalten zu Schadenersatzansprüchen führe.

1.2. Dem ist zu erwidern, dass die Beklagte aufgrund der festgestellten Äußerungen des Kindes ihr gegenüber, die es auch gegenüber Ärzten des AKH wiederholte, in Verbindung mit deren Bewertung durch den von ihr konsultierten Fachmann als „höchst valide“ durchaus alarmiert sein durfte (und musste). Der Beklagten kann auch nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass sie sich durch den schriftlichen Befundbericht des AKH, wonach es keine Hinweise auf einen sexuellen Übergriff gebe, in Verbindung mit den mündlichen Äußerungen der Ärztin, sie sei nun „genauso klug wie vor der Untersuchung“, noch nicht davon überzeugen ließ, dass tatsächlich kein sexueller Missbrauch durch den Kläger erfolgt sei. Die vom Erstgericht bestellte Sachverständige hielt zwar in ihrem schriftlichen Gutachten dezidiert fest, dass es keinen Hinweis auf einen sexuellen Missbrauch durch den Kläger gebe, musste allerdings im Rahmen der mündlichen Gutachtenserörterung einräumen, dass sie den Missbrauchsvorwurf im konkreten Fall weder verifizieren noch falsifizieren könne. Aufgrund dieser Umstände haben die Vorinstanzen die Weigerung der Beklagten, unbegleitete Kontakte des Klägers zum Kind zuzulassen, zutreffend als nicht rechtsmissbräuchlich angesehen. Der bloße Umstand, dass sich der obsorgeberechtigte Elternteil im Verfahren gegen Kontaktrechtsanträge des anderen Elternteils wehrt, führt für sich allein noch nicht zu einer schadenersatzrechtlichen Haftung, zumal auch die in § 107 Abs 5 AußStrG zum Ausdruck kommende Wertung des Gesetzgebers eine restriktive Haltung nahelegt (10 Ob 27/15s). Die Vorinstanzen haben daher den Schadenersatzanspruch des Klägers für diesen Zeitraum frei von Rechtsirrtum schon dem Grunde nach verneint.

:

2.1. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann keine Rede davon sein, dass das dem Kläger eingeräumte Kontaktrecht bereits durch die Übersiedlung der Beklagten nach Neuseeland „hinfällig“ gewesen wäre. Auch aus der in diesem Zusammenhang zitierten Entscheidung 6 Ob 253/10i ergibt sich nur, dass eine bindende Kontaktrechtsvereinbarung wegen nachträglich geänderter Verhältnisse abgeändert werden kann.

2.2. Nach den Feststellungen ist die Beklagte entgegen ihrer Prozessbehauptung nicht aus beruflichen Gründen (wegen eines attraktiven Jobangebots) ausgewandert, sondern vielmehr nach Neuseeland „geflohen“, um das Kind dem Pflegschaftsverfahren – und damit im Ergebnis natürlich auch der Ausübung des Kontaktrechts – zu entziehen. Damit hat sie – wie bereits das Erstgericht zutreffend erkannte – eindeutig gegen das Wohlverhaltensgebot des § 159 ABGB verstoßen.

2.3. Ein schuldhafter Verstoß des obsorgeberechtigten Elternteils gegen § 159 ABGB kann nach der Rechtsprechung Schadenersatzansprüche des nicht obsorgeberechtigten Elternteils, insbesondere im Bezug auf Ersatz von Verfahrenskosten, begründen (4 Ob 8/11x; RISJustiz RS0126872). Entgegen den in der Entscheidung 10 Ob 27/15s geäußerten Zweifeln sind aufgrund eines Verstoßes gegen § 159 ABGB aufgelaufene Kosten eines Obsorge- und/oder Kontaktrechtsstreits durchaus vom Schutzzweck dieser Bestimmung erfasst. Schuldausschließungsgründe sind nicht ersichtlich. Der Schadenersatzanspruch des Klägers besteht daher dem Grunde nach zu Recht.

2.4. Der Ersatzanspruch des Klägers umfasst aber nur seine (eigenen) vom Erstgericht detailliert ermittelten Kosten von insgesamt 18.803,21 EUR (Reisekosten; Anwaltskosten; Kosten des HKÜVerfahrens). Von ihm nach der Übersiedlung der Beklagten aufgewendete Kosten für andere österreichische Gerichtsverfahren, die er nur zum Zweck der Ermittlung des aktuellen Aufenthaltsorts der Beklagten einleitete, sind hingegen nicht ersatzfähig, weil sie, wie bereits das Erstgericht richtig erkannte, in keinem ausreichenden Rechtswidrigkeitszusammenhang mit dem Verstoß der Beklagten gegen § 159 ABGB stehen.

3. Insgesamt ist daher das Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 und § 43 Abs 1 iVm § 50 ZPO. Da der Kläger mit seinem Anspruch insgesamt nur zu rund 14 % durchgedrungen ist und seine Berufung gegen den abweisenden Teil des Ersturteils gänzlich erfolglos war, hat er der Beklagten zunächst die Kosten ihrer Berufungsbeantwortung ON 21 zur Gänze, jedoch nur auf Basis des Berufungsinteresses von 110.443,97 EUR, zu ersetzen. Hingegen hat er Anspruch auf Ersatz der Kosten seiner Berufungsbeantwortung ON 22 (auf Basis der richtig verzeichneten Bemessungsgrundlage von 18.803,21 EUR). Infolge seines nur teilweisen Obsiegens in dritter Instanz hat er der Beklagten weiters 72 % der Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2019:0030OB00023.19G.0426.000

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