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OGH vom 29.03.2017, 3Ob231/16s

OGH vom 29.03.2017, 3Ob231/16s

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Ö*****, vertreten durch Dr. Friedrich Schulz, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei D*****, vertreten durch Piaty Müller-Mezin Schoeller Rechtsanwälte GmbH & Co KG in Graz, wegen Exekution zur Erwirkung von Unterlassungen nach § 355 EO, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom , GZ 4 R 70/16t-101, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß

§ 78 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Verpflichtete ist nach einem gerichtlichen Vergleich vom gegenüber der Betreibenden zu zahlreichen Unterlassungen im Zusammenhang mit der Bewerbung zahnärztlicher Leistungen verpflichtet, ua zur Unterlassung von Plakatwerbung für zahnmedizinische Leistungen zB durch Aufschriften auf Einkaufswagen in Supermärkten oder auf Ableitern bei Kassaförderbändern in Supermärkten. Im Zuge der bereits seit November 2010 anhängigen Unterlassungsexekution wegen Verstößen gegen den Unterlassungsvergleich verhängte das Erstgericht über die Verpflichtete mit der Exekutionsbewilligung und zahlreichen Strafbeschlüssen Geldstrafen von 5.000 EUR (mehrfach), 7.500 EUR, 15.000 EUR, 20.000 EUR, 25.000 EUR, 37.500 EUR, 56.000 EUR und schließlich 100.000 EUR (drei Mal); die beiden letzten Strafaussprüche wurden – jeweils über Rekurs der Verpflichteten – auf 30.000 EUR und auf 50.000 EUR herabgesetzt.

Mit Strafantrag vom machte die Betreibende geltend, die Verpflichtete habe gegen das Plakatwerbeverbot verstoßen, weil sie seit dem durch Anbringung der Aufschrift „Z*****“ samt einem Logo (stilisierter Zahn) und einer Telefonnummer an der Fassade eines näher bezeichneten Gebäudes für den dort erreichbaren und ordinierenden, namentlich genannten Zahnarzt geworben habe.

Das Erstgericht ging von einem Verstoß gegen das Verbot der Plakatwerbung aus und verhängte eine Geldstrafe von 50.000 EUR.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Verpflichteten teilweise Folge, indem es die Verhängung einer Geldstrafe bestätigte, jedoch deren Höhe auf 30.000 EUR herabsetzte. Es bewertete den Entscheidungsgegenstand 30.000 EUR übersteigend und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zu.

Die Verpflichtete strebt mit ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs die Abänderung iSd der Abweisung des Strafantrags an; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt und die Herabsetzung der Geldstrafe auf 100 EUR beantragt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist trotz Bestätigung des vom Erstgerichts angenommenen Titelverstoßes durch das Rekursgericht wegen der abändernden Entscheidung zur Höhe der Geldstrafe nicht gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO iVm § 78 EO absolut unzulässig (3 Ob 7/12v mwN = RISJustiz RS0044527 [T67]).

Die Verpflichtete vermag allerdings keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO iVm § 78 EO aufzuzeigen, weshalb der Revisionsrekurs als nicht zulässig zurückzuweisen ist.

1. Den Ausführungen des Revisionsrekurses zur lauterkeitsrechtlichen Judikatur im Zusammenhang mit der Bindung von Nichtärzten an standesrechtliche Werbebeschränkungen ist zu erwidern, dass es in der Unterlassungsexekution gemäß § 355 EO für die Frage, ob die Exekution zu bewilligen ist oder ob Strafen zu verhängen sind, nicht darauf ankommt, was der Verpflichtete nach dem Gesetz, sondern darauf, was er nach dem Exekutionstitel zu unterlassen hat (RIS-Justiz RS0000279). Die titelmäßige Verpflichtung ist aufgrund des Wortlauts des Titels mit dem daraus hervorgehenden objektiven Wortsinn festzustellen (RIS-Justiz RS0000205 [T1], RS0000207; jüngst 3 Ob 196/16v).

2. Die Auslegung des Exekutionstitels im Einzelfall und die Frage, ob ein aus dem Vorbringen der Betreibenden entnehmbares konkretes Verhalten der Verpflichteten gegen den Exekutionstitel verstößt, gehen in der Regel nicht in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinaus und werfen daher keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 528 Abs 1 ZPO auf (RIS-Justiz RS0000595 [T4, T 10]; RS0004662 [T4]; RS0031869 [T4, T 5]). Ob die in einem Exekutionsantrag nach § 355 EO enthaltene konkrete Behauptung des Zuwiderhandelns ausreichend ist oder nicht, bildet gleichfalls keine erhebliche Rechtsfrage (RIS-Justiz RS0004745); das gilt auch für die Frage, wie eine Äußerung nach dem Eindruck der angesprochenen Kreise im Einzelfall zu verstehen ist (RISJustiz RS0031883 [T6, T 28]; RS0043000; jüngst 3 Ob 3/17p).

Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, aus dem Vorbringen im Strafantrag ergebe sich, dass die Internetadresse, die Telefonnummer und das Logo dem im Antrag genannten, im Gebäude erreichbaren und ordinierenden Zahnarzt zuzuordnen seien, sodass es sich um eine Werbung für diesen Zahnarzt und damit zugleich auch um eine – der Verpflichteten verbotene – Werbung für zahnmedizinische Leistungen handle, ist jedenfalls vertretbar: Wird doch schon durch die Angabe der Telefonnummer des damit erreichbaren Zahnarztes der notwendige Konnex zu diesem hergestellt. Die Angabe der Telefonnummer kann nämlich nur den Zweck verfolgen, die von der Werbung angesprochenen Kreise zu einem Anruf zu motivieren und so in Kontakt mit dem Zahnarzt zu treten, um die erwartbaren– zahnmedizinischen – Leistungen bei diesem in Anspruch zu nehmen.

3. Die Bemessung von Geldstrafen im Rahmen der Unterlassungsexekution wirft schon wegen der darin angeordneten Bedachtnahme auf Art und Schwere des jeweiligen Zuwiderhandelns gegen den Exekutionstitel, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Verpflichteten und das Ausmaß von dessen Beteiligung an der Zuwiderhandlung, also auf die konkreten Umstände des Einzelfalls, keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 528 Abs 1 ZPO auf (RISJustiz RS0012388 [T1]). Durch die verhängte Strafe soll der Verpflichtete für begangenes Unrecht wirksam zur Rechenschaft gezogen und von weiteren Verletzungen des Exekutionstitels abgehalten werden; bloß symbolische Geldstrafen scheiden daher aus (RISJustiz RS0010057 [insb T 3]).

Die Ausführungen im Revisionsrekurs zur Strafhöhe beschränken sich auf die (auch schon in erster Instanz) nicht näher dargestellte schlechte wirtschaftliche und finanzielle Situation der Verpflichteten und die unzulässige Neuerung, die inkriminierte Fassadengestaltung weise keinen Werbewert für einen bestimmten Zahnarzt auf.

Die Verpflichtete kann damit keinen vom Obersten Gerichtshof aufzugreifenden Ermessensmissbrauch des Rekursgerichts aufzeigen, zumal dabei ihr in der Vergangenheit gezeigtes unbelehrbares Verhalten trotz vergleichsweise eingegangener Unterlassungspflicht berücksichtigt werden muss.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2017:0030OB00231.16S.0329.000
Schlagworte:
Exekutionsrecht

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Fundstelle(n):
BAAAD-55556