OGH vom 26.04.1995, 3Ob21/95
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Pimmer, Dr.Zechner und Dr.Prückner als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Thusnelda K*****, vertreten durch Dr.Wilfried Plattner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die verpflichtete Partei Dr.Eduard D*****, vertreten durch Dr.Martin Zanon, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 965.212,24 s.A., infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom , GZ 1 R 491/94, 492/92, 492, 658, 659, 660/94-147, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innsbruck vom , GZ 7 b E 1126/85-105, teilweise abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Revisionsrekurswerberin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Mit Beschluß vom wurde der betreibenden Partei gegen den Verpflichteten zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von S 1,037.707,83 s.A. die Exekution der Pfändung und Überweisung der dem Verpflichteten auf Grund des Verkaufes der Liegenschaft EZ 1755 II KG H***** gegenüber Dipl.Vw.Herwig S***** zustehenden Leibrentenforderung von monatlich S 8.500,- bewilligt.
Der Verpflichtete beantragte unter Hinweis auf § 290 a Abs 1 Z 11
EO den Ausspruch der beschränkten Pfändbarkeit der
Leibrentenforderung, unter Belassung der nach § 291 a EO
unpfändbaren Freibeträge. Der Leibrentenvertrag vom sei zu Unterhaltszwecken errichtet worden, weil der Verpflichtete mit seiner Berufsunfähigkeitspension, die er seit erhalte, nicht das Auslangen finde (Protokoll vom , ON 16).
Im Schriftsatz vom (ON 10) hatte der Verpflichtete vorgebracht, er habe im Zuge der Veräußerung der Liegenschaft deshalb einen Leibrentenvertrag abgeschlossen, weil zu erwarten gewesen sei, daß eine ihm zustehende Berufsunfähigkeitspension nur von geringer Höhe sein werde. Nach zwei Herzinfarkten und längerem Spitalsaufenthalt habe der Verpflichtete am bei der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten einen Antrag auf Zuerkennung einer Berufsunfähigkeitspension gestellt; ab sei ihm eine Berufsunfähigkeitspension gemäß § 271 ASVG in Höhe von S 6.452,40 zuerkannt worden. Die Leibrente sei zu Unterhaltszwecken gegeben.
Mit Beschluß vom (ON 17) änderte das Erstgericht (in Punkt 1) den Exekutionsbewilligungsbeschluß dahin ab, daß für Leistungen, die am Tag des Inkrafttretens der EO-Novelle 1991, BGBl 1991/628, vom oder später fällig werden, die neuen Vorschriften gelten. Der gepfändete und überwiesene Betrag sei gemäß der EO idF BGBl 1991/628 beschränkt pfändbar (§ 290 a Z 11 EO). Die Beträge, die dem Verpflichteten als unpfändbar zu verbleiben haben, ergäben sich aus den mit Verordnung BGBl 1992/124 kundgemachten Tabellen. Der Verpflichtete habe dem Drittschuldner unverzüglich allfällige Unterhaltspflichten und das Einkommen der Unterhaltspflichtigen bekanntzugeben.
Das Erstgericht führte in der Begründung aus, das Bundesgesetz, mit dem die Bestimmungen der Lohnpfändung geändert wurden, sei mit in Kraft getreten. Für Leistungen, die am Tag des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes oder später fällig werden, gelten die neuen Vorschriften, auch wenn die Exekution vor diesem Zeitpunkt beantragt und bewilligt wurde. Nach § 290 a Abs 1 Z 11 EO seien wiederkehrende Leistungen, die auf Grund eines Ausgedingsvertrages oder eines Unterhaltszwecken dienenden Leibrentenvertrages zu gewähren sind, beschränkt pfändbar. Laut Regierungsvorlage erscheine nach der herrschenden Ansicht die unbeschränkte Pfändbarkeit der Leibrenten sachlich nicht gerechtfertigt. Nachdem die hier gepfändete Leibrentenforderung Unterhaltszwecken diene, sei dem Antrag des Verpflichteten stattzugeben.
Das Rekursgericht gab dem dagegen gerichteten Rekurs der betreibenden Gläubigerin Folge, hob den Beschluß des Erstgerichtes auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Das Erstgericht hätte vor seiner Entscheidung auch der betreibenden Gläubigerin Gelegenheit zur Stellungnahme geben müssen. Daß dies unterblieben sei, begründe eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz.
Der Verpflichtete brachte im Schriftsatz ON 84 vor, der Leibrentenvertrag sei ausschließlich zu dem Zweck abgeschlossen worden, den Unterhalt des Verpflichteten zu sichern. Zur Bescheinigung legte er den Kaufvertrag vom unter Hinweis auf Punkt III) und V) vor. Weiters führte er als Bescheinigungsmittel den Vertragsverfasser Rechtsanwalt DDr.Jörg Christian H***** als Auskunftsperson. Der Verpflichtete brachte weiters vor, er habe seit August 1979 kein Einkommen bezogen und sei im Zeitraum zuvor freiwillig weiterversichert gewesen. Während dieser Zeit der freiwilligen Weiterversicherung sei er keiner Tätigkeit nachgegangen, die der Versicherungspflicht unterlegen wäre. Der Verpflichtete habe den Leibrentenvertrag, der zu Unterhaltszwecken diene, damals auch über ausdrücklichen juristischen Rat des Vertragsverfassers Rechtsanwalt DDr.Jörg Christian H***** abgeschlossen; ihm sei die Auskunft erteilt worden, daß die Leibrentenforderung nicht pfändbar sei. Der Verpflichtete habe damals im Zuge des Verfahrens über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens sogar das Elternhaus verloren und habe sich als Gegenleistung diese Leibrentenforderung ausbedungen. Der Vertragsverfasser habe den Verpflichteten über den Unterschied zwischen einer Zeitrente und einer Leibrente aufgeklärt und habe ihm geraten, eine Leibrentenforderung zu vereinbaren. Rechtsanwalt DDr.Jörg Christian H***** sei bekannt gewesen, daß der Verpflichtete kein Einkommen habe und daher zu Unterhaltszwecken diese Leibrentenforderung abgeschlossen habe. Der Verpflichtete sei dann bis unsteten Aufenthalts gewesen und habe nur auf Grund privater Kontakte bei Frau S***** in ***** unterkommen können. Diese Leibrentenforderung des Verpflichteten gegenüber Dipl.Vw.Herwig S***** diente und diene daher ausschließlich zu Unterhaltszwecken. Neben der Vorlage weiterer Urkunden führte der Verpflichtete als Bescheinigungsmittel auch die Parteien an.
Am wurde Dipl.Vw.Herwig S***** beim Erstgericht einvernommen.
Die betreibende Gläubigerin brachte in ihrem am beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz ON 94 vor, die dem Verpflichteten zustehende Leibrentenforderung diene keinesfalls zu Unterhaltszwecken. Die Leibrentenvereinbarung sei ausschließlich als Kaufpreis für die Liegenschaft getroffen worden; dies gehe etwa aus Punkt III) des Kaufvertrags hervor. Bei der Tagsatzung am brachte die betreibende Partei vor, sie spreche sich gegen die beschränkte Pfändung der Leibrentenforderung aus, weil sie nicht zu Unterhaltszwecken diene. Dipl.Vw.S***** sei gegenüber dem Verpflichteten nie unterhaltspflichtig gewesen. Kapitalisiere man die Leibrente nach den Bewertungsgesetz 1995, ergebe sich beim damaligen Alter des Verpflichteten (58 Jahre) eine Berechnung der elffachen einjährigen Nutzung somit S 8.500,- mal 12 = S 102.000,- mal 11 = S 1,122.000,-, somit ein Gesamtkaufpreis von S 3,722.000,-. Dies entspreche dem damaligen Marktwert der Liegenschaft. Die Liegenschaft sei in einem Zwangsversteigerungsverfahren im Jahre 1979 ausschließlich Zubehör auf S 3,115.748,- geschätzt worden (7 E 33/79 des Bezirksgerichtes Innsbruck). Offenbar sei der Leibrentenvertrag deshalb errichtet worden, damit der Erwerber den Liegenschaftskauf günstiger finanzieren konnte. Leibrentenverträge würde oft aus Finanzierungsüberlegungen abgeschlossen und keineswegs, um den Verkäufer in irgendeiner Weise Unterhalt zu gewähren.
Das Erstgericht wies den Antrag des Verpflichteten ab, die gepfändete Leibrentenforderung unter Hinweis auf § 290 a EO als beschränkt pfändbare Forderung anzusehen und daher nur nach Maßgabe des § 291 a EO zu pfänden. Das Erstgericht führte nach Wiedergabe des wesentlichen Parteienvorbringens und der Aussage des Zeugen Dipl.Vw.Herwig S***** vom aus, aus dem von beiden Parteien vorgelegten Leibrentenvertrag vom sei keine ausdrückliche Unterhaltsverpflichtung ersichtlich. Eine Leibrente sei im allgemeinen einer Unterhaltsrente, die auf gesetzlicher Vorschrift beruht, nicht gleichzusetzen. Sie könne auch mit einem bäuerlichen Ausgedinge nicht gleichbehandelt werden. Wenn und insoweit durch die vereinbarte Leibrente allerdings eine gesetzliche Unterhaltspflicht erfüllt werde, könne die Leibrente als Unterhaltsrente, die auf gesetzlicher Vorschrift beruhe, beschränkt pfändbar sein. Ein Leibrentenvertrag liege gemäß § 1281 ABGB dann vor, wenn für Geld oder eine geldwerte Sache auf die Lebensdauer einer bestimmten Person wiederkehrende Entrichtungen versprochen werden. Der Zweck, für den diese Entrichtung dienen soll, gehöre nicht zum Wesen der Leibrente; es hänge vom einzelnen Fall ab, ob sie Unterhaltscharakter habe. Um das annehmen zu können, müsse der übereinstimmende Parteiwille darauf gerichtet sein. Dies sei notwendig, weil es das Wesen der Unterhaltsforderung ausmache, daß ihr Gegenstand nicht das Geld, sondern der durch das Geld bloß ausgedrückte und in seiner Höhe von vielen veränderlichen Umständen abhängige Inbegriff der zum Lebensunterhalt benötigten Lebens- und Bedarfartikel sei. Derartiges könne ohne Vertragswillen der Parteien nicht angenommen werden. Nicht der Verwendungszweck (zu Unterhaltszwecken dienend), sondern der Rechtsgrund (gesetzliche Unterhaltspflicht) müsse für die Frage der Pfändbarkeit von Leibrenten entscheidend sein; wenn mit einer Leibrente eine gesetzliche Unterhaltspflicht erfüllt werde, sei diese Leibrente beschränkt pfändbar. Wenn die Beweggründe dafür, daß überhaupt eine Leibrente vereinbart wurde, auseinander gingen, könne von einer Einigung nicht die Rede sein; es könne von einer Leibrente mit Unterhaltscharakter nicht gesprochen werden. Daß der Verpflichtete die Leibrentenbeträge von vornherein zu seinem Lebensunterhalt verwenden wollte, sei unwichtig. Diese Absicht habe nicht eine mit Willen beider Parteien als Unterhalt gegebene und daher in ihrem Umfang variable Leistung betroffen, sondern einen fixen Geldbetrag, den der Verpflichtete für seine Bedürfnisse verwenden wollte. Die Verwendung sei nicht Vertragszweck gewesen; damit könne die Leibrente nicht als Unterhaltsforderung angesehen werden.
Das Rekursgericht änderte diesen Beschluß in Stattgebung des Rekurses des Verpflichteten dahin ab, daß der vom Exekutionsbewilligungsbeschluß betroffene Leibrentenbezug des Verpflichteten gemäß § 290 a Z 11 EO beschränkt pfändbar sei; die dem Verpflichteten als unpfändbar zu verbleibenden Beträge ergeben sich aus den mit VO BGBl 1992/124, 1992/877 und 1994/40 kundgemachten Tabellen. Es könne in Auswertung der vorliegenden Verfahrensergebnisse als ausreichend gesichert davon ausgegangen werden, daß es sich bei den im Kaufvertrag vom nebst dem Barbetrag von S 2,600.000,- als Kaufpreisbestand ausbedungenen Leibrentenzahlungen um solche Leistungen handle, denen von Anfang an Versorgungscharakter zukommen sollte, eben für Zwecke der Bestreitung des Unterhalts des nunmehrigen Verpflichteten. Die Richtigkeit dieses vom Verpflichteten wiederholt beteuerten Standpunktes erhelle vor allem daraus, daß ihm, der bei Abschluß des Kaufvertrages tief verschuldet gewesen sei, nicht nur daran gelegen gewesen sein mußte, den drohenden Freihandverkauf der Liegenschaft und die Verwertung der Liegenschaft im Wege des bereits anhängigen Zwangsversteigerungsverfahren hintanzuhalten, sondern er wohl auch - nach Abdeckung der auf der Liegenschaft haftenden Verbindlichkeiten - ein vorrangiges Interesse daran haben mußte, sich mit der ihm verbleibenden Restkaufpreissumme seinen Unterhalt und seine Versorgung zu sichern, zumal er damals unwiderlegt ohne Einkommen und im Ungewissen über seinen künftigen Pensionsbezug gewesen sei. Auch Dipl.Vw.Herwig S***** habe in seiner Einvernahme nicht ausgeschlossen, daß der Verpflichtete von der von ihm zu reichenden monatlichen Leibrente "leben", also seine Versorgung bestreiten wollte, nachdem der Verpflichtete seinen Informationen nach über kein weiteres Einkommen verfügt habe. Die betreibende Gläubigerin habe zwar Gegenteiliges behauptet, jedoch nur auf den Vertragstext verwiesen. Es komme nur darauf an, ob die Leistung tatsächlich Unterhaltszwecken diene, mit anderen Worten Versorgungscharakter habe. Wollte man gegenteiliger Auffassung sein, würde dies bedeuten, daß die beschränkte Pfändbarkeit von Leibrenten nur einen Ausnahmefall bilden würde, erfolge doch das Versprechen einer Leibrente als Gegenleistung für den erworbenen Vermögensgegenstand im Regelfall gegenüber solchen Personen, die mit dem, der eine Leibrente verspricht in keinerlei unterhaltsrechtlicher Beziehung stehen, während von Personen, die in einer solchen unterhaltsrechtlichen Beziehung stehen, weitestgehend anderweitige rechtsgeschäftliche Formen der Vermögensübertragung gewählt werden. Der Umstand, daß der Kaufvertrag nicht ausdrücklich auf eine derartige Zweckwidmung Bezug nehme, sei nicht hinderlich, da vom Verpflichteten in ausreichender Weise bescheinigt worden sei, daß die Leibrentenzahlungen mit diesem Zweck in Zusammenhang gebracht werden müssen; dies habe insbesondere auch für den maßgeblichen Zeitpunkt der Pfändung Gültigkeit, zu dem der Verpflichtete noch nicht einmal den Antrag auf Zuerkennung einer Berufsunfähigkeitspension gestellt habe.
Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil zur Auslegung des Begriffes "Unterhaltszwecken dienenden" in § 290 a Abs 1 Z 11 EO eine Judikatur des Höchstgerichtes nicht ersichtlich sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der betreibenden Gläubigerin ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Nach § 290 a Abs 1 Z 11 EO dürfen wiederkehrende Leistungen, die
auf Grund eines Ausgedingsvertrags oder eines Unterhaltszweck
dienenden Leibrentenvertrags zu gewähren sind, nur nach Maßgabe des §
291 a EO oder des § 291 b EO gepfändet werden.
Nach den Gesetzesmaterialien (RV 181 BlgNR 18.GP 27) erschien die
nach der herrschenden Ansicht unbeschränkte Pfändbarkeit der
Leibrenten sachlich nicht gerechtfertigt. Nähere Ausführungen, wann
eine Leibrentenforderung gemäß § 290 a Abs 1 Z 11 EO beschränkt
pfändbar ist, fehlen bisher in Lehre und Rechtsprechung. Mohr
(Neuordnung des Lohnpfändungsrechts, RdW 1991, 207) und Eder (Der
Schuldnerschutz in der gerichtlichen Exekution 73) sprechen nur ganz
allgemein von Leistungen mit Versorgungscharakter. Fink/Schmidt
(Handbuch zur neuen Lohnpfändung 40) zählen unter den sonstigen
Leistungen mit Versorgungscharakter unter anderem die wiederkehrenden
Leistungen aus einem Ausgedings- oder Leibrentenvertrag auf, ohne
überhaupt die sich aus dem Gesetzeswortlaut ergebende
Differenzierung, daß der Leibrentenvertrag Unterhaltszwecken dienen
muß, zu beachten.
Auszugehen ist davon, daß nicht jede Leibrentenforderung beschränkt pfändbar ist; unter § 290 a Abs 1 Z 11 EO fallen nur solche wiederkehrende Leistungen, die auf Grund (eines Ausgedingsvertrags oder) eines Unterhaltszwecken dienenden Leibrentenvertrags zu leisten sind. Für eine Beschränkung auf die Fälle des gesetzlichen Unterhalts bildet der klare Gesetzeswortlaut - anders als in § 290 a
Abs 1 Z 10 EO - keine Grundlage.
Eine Beschränkung auf diejenigen Fälle, in denen der übereinstimmende Parteiwille darauf gerichtet war, daß der Leibrentenvertrag Versorgungszwecken dient, wäre sachlich nicht gerechtfertigt. Im - auch hier gegebenen - Regelfall einer Wertsicherung der Leibrente besteht für die Vertragsparteien keine Veranlassung, einen solchen Zweck der Leibrente zum Vertragsinhalt zu erheben. Der Umstand, daß ein Leibrentenvertrag zur Versorgung des Verpflichteten dient, hat nämlich bei vereinbarter Wertsicherung für die Höhe der zu leistenden Leibrentenzahlungen keinerlei Bedeutung.
Die Frage, ob einer Leibrente Unterhaltscharakter zukommt, war zwar
bisher bei der Lösung der Frage von Bedeutung, ob Leibrenten auch
ohne vereinbarte Wertsicherungsklausel aufgewertet werden können, von
Bedeutung. Ohne vereinbarte Wertsicherungsklauseln können Leibrenten
nur dann aufgewertet werden, wenn sie Unterhaltscharakter haben; das
ist nicht bei jeder Leibrente der Fall, sondern hängt vom
Parteiwillen und den Umständen des Falles ab (JBl 1959, 412; EvBl
1956/126; JBl 1954, 397; SZ 24/225; SZ 5/23; Krejci in Rummel,
ABGB2, Rz 15 zu §§ 1284 bis 1286). Diese Judikatur kann hier nicht
herangezogen werden. Vielmehr ist bei der Beurteilung, ob es sich um
eine beschränkt pfändbare Forderung im Sinn des § 290 a EO handelt,
auf die objektiv gegebene Einkommens- und Vermögenssituation des
Verpflichteten abzustellen.
Da für die Beurteilung des Versorgungscharakters einer Leibrente nicht maßgeblich ist, ob dies vom Vertragswillen der Parteien erfaßt war, besteht auch keine Veranlassung, hiebei auf die Umstände bei Vertragsabschluß abzustellen. Maßgeblich sind vielmehr die jeweiligen Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Verpflichteten, aus denen sich ergibt, ob der Verpflichtete die Leibrente zur Sicherung seines Unterhalts benötigt. Der Drittschuldner, dessen Zahlungsverpflichtung in ihrer Höhe unberührt bleibt, ist durch die Beschlußfassung nach § 290 a EO nicht beschwert, weil nicht die Höhe, sondern nur der Empfänger der Zahlungen geändert wird.
Nach den unbekämpften Feststellungen war hier der Verpflichtete bei Abschluß des Leibrentenvertrags tief verschuldet, ohne Einkommen und im Ungewissen über seinen künftigen Pensionsbezug; auch im Zeitpunkt der Pfändung hatte er noch keinen Antrag auf Zuerkennung einer Berufsunfähigkeitspension gestellt. Für eine Änderung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Verpflichteten, die zur Pfändbarkeit der Leibrente führen würde, besteht kein Anhaltspunkt; auch die betreibende Gläubigerin hat keine Behauptungen in dieser Richtung aufgestellt. Die Entscheidung des Rekursgerichtes ist daher rechtlich zutreffend.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO,§ 78 EO.