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OGH 10.11.1999, 7Ob272/99x

OGH 10.11.1999, 7Ob272/99x

Rechtssatz


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Normen
K-VergG §41
K-VergG §42
RS0113311
Während die Prüfung der Befugnis den Nachweis der Gewerbeberechtigung beziehungsweise Berufsausübungsbefugnis umfasst, also die Frage, ob der jeweilige Bieter überhaupt nach den gewerberechtlichen beziehungsweise berufsrechtlichen Vorschriften zur Erbringung der Leistungen berechtigt ist, geht es bei der Prüfung der technischen und fachlichen Leistungsfähigkeit um die technischen und fachlichen Kapazitäten zur Erbringung der konkreten Leistung. Weiters ist zwischen der Entscheidung über die Ausscheidung eines Angebotes, etwa weil der entsprechende Bieter nicht über die erforderliche Befugnis oder technische Leistungsfähigkeit verfügt und der Entscheidung über die Auftragsvergabe an den Bestbieter im Sinne des § 42 des Kärntner Auftragsvergabegesetzes zu unterscheiden.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Hon-Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei prot Firma Dipl. Ing. G*****-Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Helwig Keber, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Gemeinde S*****, vertreten durch Kaan, Cronberger & Partner, Rechtsanwälte in Graz, wegen S 481.808,24 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom , GZ 4 R 125/99f-13, womit der Berufung der beklagten Partei gegen das Zwischenurteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom , GZ 24 Cg 125/98h-9, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Am schrieb die beklagte Gemeinde die Generalunternehmerarbeiten (ausgenommen Einrichtung) für den Um- und Zubau ihres Tourismus-Informationszentrums aus. Als Frist für die Legung der Anbote wurde der gesetzt. Nach den Ausschreibungsbedingungen waren die Subunternehmer zu benennen. Die Beklagte behielt sich das Recht vor, diese abzulehnen. Die Klägerin, die über die Gewerbeberechtigung für das Bauträger-, nicht aber das Baumeistergewerbe verfügt, legte fristgerecht ihr Anbot betreffend die ausgeschriebenen Generalunternehmerleistungen über S 10,741.324,10 inclusive Mehrwertsteuer. Ihr Geschäftsführer ist HTL-Absolvent, freiberuflicher Ingenieurkonsulent für Raumordnung und Raumplanung und verfügt auch über die Berechtigung, als Architekt zu arbeiten. In ihrem Anbot hatte die klagende Partei sämtliche für die jeweiligen Gewerbe vorgesehenen Subunternehmer angeführt, auch für die Baumeisterleistungen.

Über Anfrage des Architekten der Beklagten betreffend die Gewerbeberechtigung wurde ihr jene der Klägerin als Bauträger übermittelt. Ihre Befugnis stand in weiterer Folge nicht zur Debatte.

Bei der Eröffnung der Anbote am  war das Anbot der Klägerin das billigste, gefolgt von zwei Mitbewerbern mit Anboten über S 10,971.627,60 und S 11,170.070.

Das zuletzt genannte Anbot enthielt auch ein Alternativanbot bei Entfall der vorgesehenen Blechfassade, eines konstruktiv geänderten Stiegenhauses und eines Lichtbandes statt einer Glasfassade sowie PVC-Türen und Fenster statt Aluminiumfenster und Türen mit einer Kostenreduktion um S 585.500 zuzüglich Mehrwertsteuer.

Die über Einladung erstellten neuen Anbote der Beteiligten unter Berücksichtigung von Kunststoff- statt Alufenstern und anderen Änderungen ergaben Anbotspreise der Klägerin von S 7,956.107,89 und des genannten Mitbewerbers von S 8,011.457,06. In weiterer Folge führte der Architekt der Beklagten, die bestrebt war, die Kosten weiter zu senken, Gespräche mit der Klägerin und dem Mitbewerber, ohne die Gegenseite jeweils von den Ergebnissen zu verständigen. Dabei schlug der Mitbewerber andere Bodenbeläge, billigere Innentüren und eine geschlossene Bauweise statt der Stiegenhausverglasung vor, was zu einer Kostenreduktion um ca S 200.000 führte und damit eine Anbotssumme auf S 7,811.457,06. Dies wurde der klagenden Partei nicht zur Kenntnis gebracht.

Der Gemeinderat der Beklagten beschloss am einstimmig die Auftragserteilung an den Mitbewerber, der die Bedenken einer Fraktion damit zerstreute, dass er erklärte, die Beklagte im Falle einer Schadenersatzklage schad- und klaglos zu halten.

In weiterer Folge hat dann eine am von der Beklagten als Alleingesellschafterin errichtete Kommunalbetriebsgesellschaft mbH das Projekt von der Beklagten übernommen.

Mit ihrer am eingebrachten Klage begehrt die Klägerin an Kosten der Teilnahme am Vergabeverfahren S 76.524,33 und den Entgang des Nettogewinns in Höhe von S 405.283,91 sA als ihr erwachsenem Schaden. Die beklagte Gemeinde habe die Vorschriften des Kärntner Auftragsvergabegesetzes und den Gleichheitsgrundsatz verletzt, weil sie den Auftrag nicht an die Klägerin als Bestbieter erteilt und weitere Varianten der Kostensenkung nur mit dem Mitbieter besprochen habe. Dessen späteres Angebot sei qualitativ minderwertiger gewesen.

Die Klägerin sei als Bauträger berechtigt, Bauvorhaben abzuwickeln und auch Generalunternehmerarbeiten zu übernehmen. Die Ausschreibung der Beklagten habe die Beiziehung von Subunternehmern erlaubt und die Beklagte habe die Befugnis der klagenden Partei zur Projektabwicklung nicht bezweifelt. Bei Einhaltung des Kärntner Auftragsvergabegesetzes, der Ö-NORM 2050 und der Allgemeinen Schutz-, Sorgfalts- und Aufklärungspflichten hätte die Klägerin den Auftrag zu erhalten gehabt.

Die Beklagte begehrte die Abweisung des Klagebegehrens und wandte im Wesentlichen die mangelnde Passivlegitimation ein, da das Projekt von der Kommunalbetriebsgesellschaft mbH übernommen worden sei. Auch habe es der klagenden Partei an der Befugnis zur Erbringung der Leistungen nach der Gewerbeordnung gemangelt.

Mit seinem Zwischenurteil vom , 24 Cg 125/98h-9, erkannte das Erstgericht das Klagebegehren als dem Grunde nach zu Recht bestehend. Die beklagte Gemeinde sei als Auftraggeber anzusehen und habe gegen das Kärntner Auftragsvergabegesetz verstoßen. Sie habe entgegen dessen § 41 Abs 1 während des Verfahrens Verhandlungen allein mit Mitbewerbern geführt. Da die Ausschreibung die Zulässigkeit der Vergabe von Subunternehmerleistungen nicht einschränke, sei die klagende Partei auch zur Teilnahme am Ausschreibungsverfahren befugt gewesen.

Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Zwischenurteil von der beklagten Partei erhobenen Berufung nicht Folge. Es ging davon aus, dass entsprechend dem § 33 Z 3 und § 36 GewO die Dienstleistungsgewerbetreibenden auch berechtigt seien, Gesamtaufträge im Rahmen ihrer Gewerbeberechtigung zu übernehmen, sofern ein wichtiger Teil der Arbeit ihrem Gewerbe zukomme und sie die ihnen nicht zustehenden Arbeiten durch befugte Gewerbetreibende ausführen lassen. Der Charakter des Betriebes als Dienstleistungsbetrieb müsse dabei erhalten bleiben. Nicht nur der Baumeister habe als Gewerbetreibender nach § 202 GewO das Recht, im Rahmen von Projektentwicklungen, -leitungen und -steuerungen sowie dem Projektmanagement Aufgaben zu übernehmen. Trotzdem komme der klagenden Partei als Bauträger nicht schon nach den §§ 33 Z 3 und 36 GewO die Befugnis zur Übernahme von solchen Generalunternehmeraufträgen zu, da es bei der Tätigkeit des Bauträgers im Rahmen der Gruppe der Immobilientreuhänder primär um organisatorische, wirtschaftliche und akquirierende sowie Abwicklungstätigkeiten gehe. Hier handle es sich aber um ein Bauvorhaben, das planerisch und organisatorisch bereits vorbereitet und hinsichtlich der Finanzierung und Verwertung keinerlei weiterer Tätigkeiten bedürfe. Daher mangle es an der Voraussetzung des § 33 Z 3 GewO, wonach zumindest ein wesentlicher Teil in das Gewerbe des Gesamtauftragnehmers fallen müsse. Auch verändere dieser Gesamtauftrag den Charakter der Tätigkeit des Bauträgers in einer § 36 GewO widersprechenden Weise. Das Erfordernis der gewerberechtlichen Befugnis ergebe sich aber nicht nur aus § 38 Abs 1 des Kärntner Auftragsvergabegesetzes, sondern auch aus Punkt 1.8 der Ö-NORM A 2050. Die dem Anbieter gegebenenfalls fehlende gewerberechtliche Befugnis, die nur dem Nachweis seiner technischen Leistungsfähigkeit diene, könne jedoch durch die entsprechend befugter Subunternehmer ersetzt werden. Die Ausschreibung der beklagten Gemeinde habe einen bestimmten Umfang an vom Bieter selbst zu verrichtenden Tätigkeiten nicht festgelegt, ebensowenig das Kärntner Auftragsvergabegesetz.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung von der Beklagten erhobene Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Im vorliegenden Fall erfolgte die Vergabe eines Bauauftrages an einen Generalunternehmer mit einem geschätzten Auftragswert von 7,5 Mio S, sohin unter der Schwelle der Richtlinie 93/37/EWG zur Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge.

Nach § 1 Abs 2 des Kärntner Auftragsvergabegesetzes gilt unter anderem für öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 9 lit a leg cit; das sind auch die Gemeinden, in einem solchen Fall der IV. Abschnitt des Gesetzes. Weiters kommen entsprechend § 1 Abs 3 leg cit auch die Abschnitte I, II, III und XI zur Anwendung.

Das bedeutet, dass neben den Allgemeinen Bestimmungen des Abschnittes I, den Grundsätzen des Vergabeverfahrens (II. Abschnitt), den Bestimmungen über die Ausschreibung, Anbot- und Zuschlagsverfahren (III. Abschnitt §§ 24 bis 45) auch die Besonderen Bestimmungen über die Vergabe von Liefer-, Bau- und Dienstleistungsaufträgen unterhalb der Schwellenwerte nach Abschnitt IV (§§ 46 bis 49) zu berücksichtigen sind.

Nicht heranzuziehen sind aber die Regelungen des X. Abschnittes über den Rechtsschutz für die Vergabe von Aufträgen oberhalb der Schwellenwerte und im Sektorenbereiche (§§ 80 bis 87), die unter anderem Bestimmungen über die Nachprüfungsverfahren und den Schadenersatz zum Gegenstand haben.

Allfällige nach Art 89 Abs 2 B-VG wahrzunehmende Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Regelung bestehen nicht, da auch der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , VfSlg 15.106 betreffend § 2 Abs 2 des Tiroler Vergabegesetzes sich nicht dagegen aussprach, dass der zuständige Gesetzgeber die Kompetenz zur Feststellung, ob der Zuschlag an den Bestbieter erteilt wurde oder nicht, bei den ordentlichen Gerichten belässt, auch wenn sonstige bestimmte Fragen einer besonderen Behörde, etwa einem Vergabeamt, zugewiesen werden.

Hauptangriffspunkt der Revision stellt die der klagenden Partei als Bauträger abgesprochene gewerberechtliche Befugnis zur Übernahme der ausgeschriebenen Generalunternehmerleistungen dar. Das Berufungsgericht sei zwar richtig davon ausgegangen, dass die klagende Partei zur Übernahme des Gesamtauftrages gewerberechtlich nicht befugt sei, im übrigen komme überhaupt nur dem Baumeistergewerbe die Befugnis zur Generalunternehmerschaft zu. Unzutreffend sei, dass die fehlende gewerberechtliche Befugnis durch entsprechend befugte Subunternehmer wettgemacht werden könnte. Die Übernahme eines Generalunternehmerauftrages setze voraus, dass der Generalunternehmer einen Teil der übernommenen Leistungen selbst ausführe. Jedenfalls müsse der Bieter selbst die Gewerbeberechtigung zur Übernahme von Generalunternehmeraufträgen als solche besitzen.

Auch sei es nach den Regelungen des § 24 Abs 7 des Kärntner Auftragsvergabegesetzes ebenso wie nach der Ö-NORM A 2050.2.3.3 unzulässig, den gesamten Auftrag weiterzugeben. Nicht weiter strittig ist also, dass die Beklagte gegen das Verhandlungsverbot des § 41 des Kärntner Auftragsvergabegesetzes verstoßen hat (vgl auch 10 Ob 212/98v mit zustimmender Besprechung von Heid in ecolex 1999, 87).

Das Kärntner Auftragsvergabegesetz LGBl Nr 65/1997 in der hier maßgeblichen Fassung vor der Novelle LGBl 23/1999 sieht in seinem 3. Abschnitt, den Bestimmungen über die Ausschreibung, Angebote und Zuschlagsverfahren, im § 24 Abs 4 vor, dass in der Ausschreibung die Eignungskriterien sowie die zum Nachweis der Eignung geforderten Unterlagen anzuführen sind. Weiters bestimmt § 24 Abs 7 leg cit, dass in der Ausschreibung auch Bestimmungen über die Zulässigkeit von Subunternehmerleistungen zu treffen sind und die Weitergabe von Teilen der Leistungen nur insoweit zulässig ist, als der Subunternehmer die für die Ausführung seines Teils erforderliche Eignung besitzt. Die Weitergabe des gesamten Auftrages wird, ausgenommen bei Kaufverträgen, ausgeschlossen. Der Auftraggeber hat auch vorzusehen, dass der Bieter in seinem Anbot die wesentlichen Teilleistungen anzugeben hat, die er an Subunternehmer weiterzugeben beabsichtigt und diese Unternehmen zu nennen hat. Die hier noch nicht anzuwendende Fassung des § 24 Abs 7 in der Fassung der Novelle 1999 LGBl 23 regelt, dass bei Bauaufträgen die Weitergabe des überwiegenden Teiles der Leistungen, die den Unternehmensgegenstand des Auftragnehmers bilden, unzulässig ist.

Entsprechend § 37 des Kärntner Auftragsvergabegesetzes sind Angebote von Bietern, die nicht über die erforderliche Eignung verfügen, auszuscheiden.

§ 38 Abs 1 legt dann als Eignungskriterien fest:

a) die Befugnis zur Erbringung der Leistung,

b) die Zuverlässigkeit,

c) die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und

d) die technische und fachliche Leistungsfähigkeit.

Hinsichtlich des Nachweises unter anderem für die Befugnis (lit.a) verweist § 39 Z 1 leg cit auf die beglaubigte Abschrift des Berufs- oder Handelsregister des Herkunftslands des Unternehmens.

§ 40 des Kärntner Auftragsvergabegesetzes trifft dann nähere Regelungen über den Nachweis der technischen und fachlichen Leistungsfähigkeit.

Im Folgenden finden sich dann noch Bestimmungen über das Verbot von Verhandlungen mit den Bietern, das Bestbieterprinzip sowie den Zuschlag und den Leistungsvertrag (§§ 41 ff des Kärntner Auftragsvergabegesetzes 1997).

Daraus lässt sich zweierlei ableiten:

Einerseits ist zu unterscheiden zwischen der Befugnis (lit a), eine bestimmte Leistung anzubieten und der technischen Leistungsfähigkeit (lit d). Während die Prüfung der Befugnis im wesentlichen den Nachweis der Gewerbeberechtigung bzw Berufsausübungsbefugnis umfasst, also die Frage, ob der jeweilige Bieter überhaupt nach den gewerberechtlichen bzw berufsrechtlichen Vorschriften zur Erbringung der Leistungen berechtigt ist (vgl dazu auch früher noch ausführlich § 31 des Kärntner Auftragsvergabegesetzes 1994, ebenso Elsner, Vergaberecht, Wien 1999, A 53), geht es bei der Prüfung der technischen und fachlichen Leistungsfähigkeit um die technischen und fachlichen Kapazitäten zur Erbringung der konkreten Leistung.

Weiters ist zwischen der Entscheidung über die Ausscheidung eines Angebotes, etwa weil der entsprechende Bieter nicht über die erforderliche Befugnis oder technische Leistungsfähigkeit verfügt und der Entscheidung über die Auftragsvergabe an den Bestbieter im Sinne des § 42 des Kärntner Auftragsvergabegesetzes zu unterscheiden (vgl auch zur Struktur vergleichbarer vergaberechtlicher Regelungen etwa Platzer-Öhlinger, EU-konforme Ausschreibungen, 95 ff, Elsner aaO, A 125 ff, Bundesvergabeamt vom , N-8/98-16; Slg 1988, 4635 ff Rz 15). Die beklagte Partei hat nun insoweit schon gegen die verfahrensrechtlichen Regelungen des Vergaberechts verstoßen, als sie eine solche Entscheidung über das Ausscheiden des Angebotes der klagenden Partei gar nicht getroffen hat. Obwohl nun die Regelung des § 84 Abs 2 des Kärntner Auftragsvergabegesetzes 1997, wonach kein Anspruch auf Schadenersatz besteht, wenn der Auftraggeber beweist, dass dem übergangenen Bewerber oder Bieter auch bei Einhaltung der verletzten Vorschriften der Zuschlag nicht erteilt worden wäre, nicht zur Anwendung gelangt (vgl auch § 1 des Kärntner Auftragsvergabegesetzes), ergibt sich dies schon aus den allgemeinen schadenersatzrechtlichen Regelungen, wonach der Einwand, dass auch ein rechtmäßiges Alternativverhalten zum gleichen Erfolg geführt hätte, grundsätzlich beachtlich ist (vgl MGA ABGB35 § 1295 E 146 = SZ 54/108). Allerdings wird dabei auch geprüft, inwieweit nicht den jeweiligen Schutznormen unmittelbar die Anordnung entnommen werden kann, dass pflichtgemäßes Alternativverhalten außer Betracht zu bleiben hat (vgl etwa SZ 54/108 oder SZ 59/141). Davon kann hier jedoch schon deshalb nicht ausgegangen werden, da ein spezieller Rechtsschutz im Hinblick auf die mangelnde Anwendbarkeit des Abschnittes X des Kärntner Auftragsvergabegesetzes nicht vorgesehen ist. Daß hier also Entscheidungen nur im Rahmen einer bestimmten verfahrensrechtlichen Kontrolle ergehen sollten, kann nicht angenommen werden (vgl auch Koziol, Haftpflichtrecht3, I Rz 8/65, SZ 59/141).

Damit stellt sich die Frage, ob die beklagte Partei berechtigt gewesen wäre, den klagenden Bauträger mangels gewerberechtlicher Befugnis zur Erbringung der Leistung im Sinne des § 38 Abs 1 Kärntner Auftragsvergabegesetz 1997 vom weiteren Vergabeverfahren auszuscheiden.

Die Regelungen des Bauträgervergabegesetzes BGBl I 1997/7 beziehen sich nur auf einen bestimmten Vertragstypus, und zwar jenen über den Erwerb des Eigentums, des Wohnungseigentums, des Baurechts, des Bestandrechtes oder eines sonstigen Nutzungsrechts einschließlich Leasing an zu errichtenden oder durchgreifend zu erneuernden Gebäuden, Wohnungen oder Geschäftsräumen, sie stellen aber nicht auf die allgemein gewerberechtliche Befugnis zur organisatorischen und kaufmännischen Abwicklung von Bauvorhaben im Sinn des § 225 GewO ab oder schränken diese insoweit ein. Vielmehr geht es um die Verstärkung des Konsumentenschutzes in einem Bereich der Immobilienbranche, und zwar primär der Absicherung des Vorauszahlungsrisikos (vgl dazu schon S. Bydlinski, Bauträgervertragsgesetz 1997, V; Degelsegger, Das Bauträgervertragsgesetz - Ein Überblick, WoBl 1997, 1; Böhm, Das neue Bauträger-Vertragsrecht, immolex 1997, 50).

Entsprechend § 225 Abs 4 der GewO umfasst die Tätigkeit des Bauträgers die "organisatorische und kommerzielle Abwicklung von Bauvorhaben (Neubauten, durchgreifenden Sanierungen) auf eigene oder fremde Rechnung sowie die hinsichtlich des Bauaufwandes einem Neubau gleichkommende Sanierung von Gebäuden. Der Bauträger ist auch berechtigt, diese Gebäude zu verwerten". Dieses Gewerbe wurde mit der Gewerberechtsnovelle 1988 BGBl Nr 399/1988 geschaffen und mit der Gewerberechtsnovelle 1997 BGBl I 1997/63 gemeinsam mit den Gewerben der Immobilienverwalter und Immobilienmakler unter dem Sammelbegriff "Immobilientreuhänder" zusammengefasst. Die Erfassung des Bauträgergewerbes durch die Gewerberechtsnovelle 1988 sollte Tätigkeiten, die bis dahin im Rahmen der bewilligungspflichtigen Gewerbe der Baumeister sowie der Immobilienmakler und der Immobilienverwalter ausgeübt wurden, zu einer Tätigkeit zusammenfassen, die früher Gegenstand eines freien Gewerbes (Bauorganisatoren bzw Wohnungseigentumsorganisatoren) war (vgl Feltl, Das System der Gewerbe nach der Gewerberechtsnovelle 1997, FJ 1997, 317 ff). Schon aus der historischen Entwicklung ergibt sich also, dass auch Teile der bisher vom Baumeister ausgeübten Tätigkeiten davon erfasst sein sollen. Letzterer ist nach § 202 Abs 3 der GewO auch berechtigt, Arbeiten anderer Gewerbe im Rahmen seiner Bauführung zu übernehmen, zu planen, zu berechnen und zu leiten. Bestimmte Arbeiten darf er dabei auch selbst ausführen, andere muss er an befugte Gewerbetreibende vergeben.

Auch nach den Richtlinien des Fachausschusses der Bauträger (ImmZ 1990, 341) umfasst die Tätigkeit des Bauträgers die organisatorische und kommerzielle Abwicklung von Bauvorhaben auf eigene und fremde Rechnung, wobei als Tätigkeit im Sinne dieser Regelung die Summe aller Maßnahmen gilt, die der Bauträger als Bauherr oder für den Bauherrn im eigenen Namen für eigene oder fremde Rechnung zur Vorbereitung oder Durchführung von Bauvorhaben setzt und für die er Vermögenswerte von Erwerbern, Mietern, Pächtern oder sonstigen Nutzungsberechtigten oder von Bewerbern um Erwerbs- oder Nutzungsrechte verwendet. Bei diesen Richtlinien handelt es sich aber nur um eine unverbindliche Verbandsempfehlung, sie können daher keine Einschränkung der gewerberechtlichen Befugnisse bewirken. Allerdings kommt ihnen insoweit Bedeutung zu, als bei der Auslegung des Umfangs der Gewerbeberechtigung im Zweifelsfall entsprechend § 29 GewO auch die in den beteiligten gewerblichen Kreisen bestehenden Anschauungen und Vereinbarungen zur Beurteilung des Umfanges der Gewerbeberechtigung heranzuziehen sind.

Insbesondere auch durch die Erweiterung der Gewerbeberechtigung der Baumeister mit der Gewerbeordnungsnovelle 1997 hinsichtlich der Projektentwicklung, Leitung und Steuerung und dem Projektmanagement ist eindeutig eine Überschneidung der beiden Gewerbeberechtigungen gegeben (vgl dazu auch Kallinger, Neue Gewerbeordnung - Abgrenzung des Gewerbes der Baumeister und der Bauträger, Österreichische ImmZ 1997, 345).

Konkret entscheidend für die gewerberechtliche Beurteilung ist nun die tatsächlich angebotene Tätigkeit. Dabei handelt es sich um die Übernahme eines Bauauftrages als Generalunternehmer, wobei für die einzelnen Ausführungsarbeiten jeweils konkrete Subunternehmer, darunter auch ein Baumeister, angegeben wurden. Wesentlich ist dabei, dass die beklagte Partei den Auftrag schon als Generalunternehmerauftrag ausgeschrieben hat. Der Generalunternehmer übernimmt die Herstellung eines Gesamtwerkes im eigenen Namen, bedient sich aber zur Erfüllung "aller oder einzelner Tätigkeiten" weiterer Unternehmen, also der Subunternehmer, die im Verhältnis zum Besteller seine Gehilfen sind (vgl dazu schon grundsätzlich Koziol-Welser, Bürgerliches Recht I10, 403, ähnlich Krejci in Rummel §§ 1165, 1166 Anm 44, Rebhahn in Schwimann ABGB2 § 1165 Anm 48 ua).

Allerdings ist hier auch auf die spezifischen vergaberechtlichen Bestimmungen Bedacht zu nehmen. Das Problem der Vergabe von Generalunternehmeraufträgen und die damit verbundene Befugnis zur Weitergabe an Subunternehmer war bereits im Stadium der Gesetzwerdung bekannt (vgl Aicher in Korinek/Rill, Zur Reform des Vergaberechts, 314 f). Dabei wurden neben der insgesamt positiven Beurteilung durch die Vergabepraxis als Probleme die Verteuerung durch den Generalunternehmerzuschlag, die mangelnde Durchgriffsmöglichkeit auf die Subunternehmer, die Qualifikation der Subunternehmer, das wirtschaftliche Machtgefälle zwischen Generalunternehmer und Subunternehmer sowie das Konkurs- und Ausgleichsrisiko der Subunternehmer und eine allfällige Marktverengung genannt.

Vor der dargestellten Novelle des § 24 Abs 7 des Kärntner Auftragsvergabegesetzes mit dem LGBl 23/1999 war jedoch im § 24 Abs 7 des Kärntner Auftragsvergabegesetzes nur vorgesehen, dass Bestimmungen über die Zulässigkeit der Heranziehung von Subunternehmern vorzusehen sind, dass Letztere über die erforderliche Eignung verfügen müssen und eine Weitergabe des gesamten Auftrages, ausgenommen bei Kaufverträgen, unzulässig ist (Elsner aaO A 92). Eine weitergehende Einschränkung, etwa in den Ausschreibungsbedingungen, ist nicht erkennbar.

Von der Weitergabe des gesamten Auftrages kann aber nicht gesprochen werden. Die beklagte Partei hat einen Generalunternehmerauftrag ausgeschrieben. Dieser umfasst unter anderem auch die zeitliche und technische Koordination der verschiedenen Werkleistungen umfasst. Das, was sonst der Bauherr zu übernehmen hat, übernimmt im Rahmen eines Generalunternehmerauftrages der Generalunternehmer (vgl SZ 64/144). Genau dabei handelt es sich eben um die organisatorische und kommerzielle Abwicklung des Bauvorhabens, die auch dem Tätigkeitsbereich des Bauträgers zugerechnet wird.

Konkret entscheidend ist aber für die gewerberechtliche Beurteilung, welche Leistungen tatsächlich angeboten wurden. Aus der Befugnis des Bauträgers, Bauvorhaben organisatorisch und kommerziell auch auf eigene Rechnung abzuwickeln, ergibt sich aber die Befugnis, dies auch anzubieten. Im Hinblick auf diese umfassende Befugnis der Bauträger zur gewerblichen Betätigung, die als solches schon das Recht umfasst, Gesamtleistungen anzubieten, bedarf es nicht des Rückgriffs auf die Regelungen des § 30 über fachübergreifende Leistungen oder des § 36 iVm § 33 Z 3 GewO über das Recht, Gesamtaufträge zu übernehmen.

Ginge man allerdings - so wie das Berufungsgericht - davon aus, dass der klagende Bauträger nicht über die gewerberechtliche Befugnis, für jene Tätigkeiten, die er als eigene Tätigkeiten konkret anbietet, verfügt, so könnte dies auch nicht durch eine entsprechende Gewerbebefugnis der Subunternehmer substituiert werden. Die Ausführungen von Platzer-Öhlinger, EU-konforme Ausschreibung, auf die sich das Berufungsgericht stützt, beziehen sich nur auf die "technische Leistungsfähigkeit", nicht aber die "Befugnis" des Bieters zur Erbringung der konkret angebotenen Leistung.

Im Ergebnis ist daher davon auszugehen, dass auch Bauträger im Sinne des § 225 Abs 4 GewO als Generalunternehmerleistungen ausgeschriebene Bauaufträge im Rahmen ihrer Befugnis zur organisatorischen und kommerziellen Abwicklung von Bauvorhaben anbieten können. Die Bedeutung der organisatorischen und kommerziellen Abwicklung zeigt sich etwa praktisch auch dadurch, dass hier die klagende Partei Billigstbieter war. Eine restriktive Auslegung der zur Übernahme von Generalunternehmeraufträgen berechtigten Unternehmen scheint weder im Hinblick auf die befürchtete Marktverengung (vgl Aicher aaO, 315) noch aus dem Grundsatz einer verfassungskonformen Interpretation der Bestimmungen der GewO (vgl MGA ABGB35 § 6 E 46 ff, SZ 62/129) geboten. Es sind keine öffentlichen Interessen ersichtlich, die eine Einschränkung des Grundrechtes der Erwerbsfreiheit unter den Aspekten des Gewerberechtes dahin erfordern würden, daß die Übernahme von Generalunternehmeraufträgen durch Bauträger ausgeschlossen ist, obwohl allgemein den Bauträgern die organisatorische und finanzielle Abwicklung von Bauvorhaben auf eigene und auch auf fremde Rechnung ermöglicht wird (vgl dazu, dass Einschränkungen der Erwerbsfreiheit durch das öffentliche Interesse geboten sein müssen und die Maßnahmen zur Zielerreichung adäquat und auch sonst sachlich zu rechtfertigen sind, etwa VfSlg 10.718/1985, 11.558/1987 uva).

Da die beklagte Partei aber mit ihren Verhandlungen mit dem Mitbewerber der klagenden Partei gegen § 41 des Kärntner Auftragsvergabegesetzes - im Revisionsverfahren auch gar nicht mehr strittig - verstoßen hat und nicht nachweisen konnte, dass auch bei rechtmäßigem Alternativverhalten die klagende Partei mangels entsprechender Befugnis im Sinne des § 38 Abs 1 lit a Kärntner Auftragsvergabegesetz auszuscheiden wäre, kommt der Revision keine Berechtigung zu.

Die Entscheidung über den Vorbehalt der Kosten gründet sich auf die §§ 393 Abs 4 und 52 Abs 2 ZPO.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei prot. Firma Dipl. Ing. G***** Bauträger-Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Helwig Keber, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Gemeinde S*****, vertreten durch Kaan, Cronberger & Partner, Rechtsanwälte in Graz, wegen S 481.808,24 sA, im Verfahren über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom , GZ 4 R 125/99f-13, womit der Berufung der beklagten Partei gegen das Zwischenurteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom , GZ 24 Cg 125/98h-9, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Urschrift und die Ausfertigungen des Urteils des Obersten Gerichtshofes vom , 7 Ob 272/99x werden wie folgt berichtigt:

Im Spruch hat es anstelle

"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 21.375,-- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 3.562,50 an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen."

zu lauten:

"Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt der Endentscheidung vorbehalten."

In der Begründung hat der letzte Absatz zu entfallen und es stattdessen zu lauten "Die Entscheidung über den Vorbehalt der Kosten gründet sich auf die §§ 393 Abs 4 und 52 Abs 2 ZPO."

Diese Berichtigungen sind der Urschrift des Urteiles beizusetzen und nach Tunlichkeit in den Ausfertigungen ersichtlich zu machen.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Nach § 419 ZPO kann das Gericht, das das Urteil gefällt hat, jederzeit Schreib- und Rechnungsfehler oder andere offenbare Unrichtigkeiten in dem Urteil oder in dessen Ausfertigungen berichtigen (Abs 1) und über die Berichtigung ohne vorhergehende mündliche Verhandlung mit Beschluss entscheiden (Abs 2). Da hier nur ein Zwischenurteil gefällt wurde, ist über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens noch nicht zu entscheiden (vgl §§ 393 Abs 4 iVm 52 Abs 2 ZPO SZ 23/243, SZ 65/7, SZ 68/196 RS 0035896).

Dies wurde durch den Verweis auf § 393 Abs 4 ZPO auch bereits in der Entscheidung ausgeführt.

Die offenbaren Unrichtigkeiten im Urteil und in dessen Ausfertigungen sind daher amtswegig zu berichtigen. Die Berichtigung ist der Urschrift des Urteils beizusetzen und nach Tunlichkeit in den Ausfertigungen ersichtlich zu machen (§ 419 Abs 2 ZPO).

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:1999:0070OB00272.99X.1110.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
EAAAD-55286