OGH vom 03.04.1986, 6Ob551/86
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch, Dr. Jensik, Dr. Schobel sowie Dr. Schlosser als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Agnes T***, Hausfrau, 8410 Wildon, Quellenweg 4, vertreten durch Dr. Wilfried Stenitzer, Rechtsanwalt in Leibnitz, wider die beklagte Partei Dusan T***, Schlosser, 8073 Feldkirchen, Triesterstraße 199, vertreten durch Dr. Friedrich Kern, Rechtsanwalt in Wildon, wegen Leistung des Unterhaltes (Streitwert S 90.000,--), infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgerichtes vom , GZ 1 R 56/86-14, womit die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom , GZ 31 C 175/85-9, zurückgewiesen wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Rekurskosten selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Die Ehe der Streitteile wurde mit Urteil des Oberlandesgerichtes Graz vom 27. Feber 1979 aus dem beiderseitigen gleichteiligen Verschulden geschieden. Im Vergleich vom selben Tag hatte sich der Beklagte verpflichtet, der Klägerin bis einschließlich Juli 1985 einen wertgesicherten monatlichen Unterhalt von S 1.500,-- zu zahlen. Mit der am eingelangten Klage begehrte die Klägerin vom Beklagten die Zahlung eines monatlichen Unterhaltsbeitrages von S 2.500,-- ab . Sie stützte ihr Begehren darauf, daß sie im Zeitpunkt des Abschlusses des Unterhaltsvergleiches zwar nicht berufstätig gewesen sei, jedoch bereits eine konkrete Beschäftigung in Aussicht gehabt und diese dann auch ausgeübt habe. Derzeit sei sie jedoch arbeitslos und werde nach dem nur mehr die Notstandshilfe beziehen. Im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses sei der Kläger für zwei Kinder sorgepflichtig gewesen und habe S 2.700,-- an Unterhalt leisten müssen, derzeit leiste er nur noch für ein Kind S 2.000,-- monatlich an Unterhalt. Das Einkommen des Beklagten betrage S 15.200,-- monatlich. Die Klägerin finde mit dem Arbeitslosenentgelt von rund S 3.000,-- monatlich nicht mehr das Auslangen. Sie habe sonst kein Einkommen und auch keine Erträgnisse aus dem Wohnhaus, das ihr und den Kindern je zur Hälfte gehöre.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Das Urteil wurde dem Rechtsfreund der Klägerin am zugestellt. Die von der Klägerin dagegen erhobene Berufung wurde erst am zur Post gegeben.
Mit dem angefochtenen Beschluß wies das Berufungsgericht die Berufung als verspätet zurück. Es führte aus, gemäß § 224 Abs 1 Z 4 ZPO seien Streitigkeiten über aus dem Gesetz gebührenden Unterhalt Ferialsachen. Die Gerichtsferien vom bis hätten daher auf die vierwöchige Berufungsfrist keinen Einfluß gehabt.
Gegen den Beschluß des Berufungsgerichtes richtet sich der Rekurs der Klägerin mit dem Antrag, den Beschluß aufzuheben und dem Berufungsgericht die Durchführung des Berufungsverfahrens aufzutragen.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist zwar gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO zulässig, jedoch nicht begründet.
Die Klägerin meint, § 224 Abs 1 Z 4 ZPO komme deshalb nicht zur Anwendung, weil es sich bei dem geltend gemachten Unterhalt um keinen aus dem Gesetz gebührenden handle, die Klägerin vielmehr ihren Anspruch aus einer vertraglichen Verpflichtung des Beklagten und hilfsweise aus § 68 EheG abgeleitet habe. Auch der Unterhalt nach § 68 EheG sei jedoch kein aus dem Gesetz gebührender sondern ein durch Richterspruch begründeter Unterhalt.
Dem kann nicht beigepflichtet werden.
Die Behauptung, daß die Klägerin ihren Anspruch auf eine vertragliche Verpflichtung des Beklagten gestützt habe, ist aktenwidrig. Die Klägerin schilderte zwar in der Klage den Abschluß des Vergleiches, stellte jedoch keine Behauptung darüber auf, daß sich der Beklagte auch über den Monat Juli 1985 hinaus zur Zahlung eines Unterhaltsbeitrages an sie verpflichtet habe. Ihr Vorbringen kann daher nur dahin verstanden werden, daß sie damit nach Auslaufen der vertraglichen Verpflichtung einen Anspruch nach § 68 EheG geltend machen wollte. Das Vorbringen in der Berufung, die Klägerin habe ihren Unterhaltsanspruch in erster Linie auf einen Vergleich gestützt, findet im erstinstanzlichen Vorbringen keine Deckung. Was aber den Anspruch nach § 68 EheG anlangt, wird zwar die Auffassung vertreten, daß nicht das Gesetz diesen Anspruch auf Unterhalt unmittelbar gibt, sondern der Richter ihn zubilligt (Schwind, Komm zum österr. Eherecht 2 , 280; SZ 27/210). Auch der abgeschwächte Anspruch des § 68 EheG ist jedoch ein solcher, der auf gesetzlicher Grundlage beruht (SZ 27/210, EFSlg. 43.746, 44.054 uva). Damit fällt er aber unter die Bestimmung des § 224 Abs 1 Z 4 ZPO. Denn der Grund für die Aufnahme der Streitigkeiten über den aus dem Gesetz gebührenden Unterhalt unter die Ferialsachen liegt darin, daß der Kläger auf Unterhaltsansprüche, welche ihm das Gesetz zubilligt, dringend angewiesen ist. Das war auch der Grund, warum durch die Zivilverfahrens-Novelle 1983 die Streichung der Bestimmung, wonach Unterhaltssachen keine Ferialsachen waren, wenn sie mit anderen Streitigkeiten verbunden waren, vorgenommen wurde (1337 BlgNr. XV. GP 11). Es wurde auch wiederholt ausgesprochen, daß ein gesetzlicher Unterhaltsanspruch im Sinne des § 224 Abs 1 Z 4 ZPO (früher Z 6 a) diese Eigenschaft auch dadurch nicht verliert, daß zwischen den Streitteilen ein Vergleich über die Höhe des Unterhalts abgeschlossen wurde (Fasching I 300; SZ 14/226 ua zuletzt EFSlg. 29.977). Alle diese Gründe gelten aber auch für Unterhaltsansprüche nach § 68 EheG, sodaß kein Grund besteht, solche Klagen nicht als Ferialsache zu behandeln.
Dem Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen.
Der Ausspruch über die Rekurskosten gründet sich auf die §§ 40, 59 ZPO.